Brot und Spiele

Konkurs des Kirch-Konzerns

Mit dem Wunsch nach "Gottes Segen" verabschiedete sich der Medienunternehmer Kirch per Rundschreiben von seinen Lohnabhängigen. Diese konservative Einstellung war für den Unternehmer charakteristisc

Kirch hatte ohne große Kapitalausstattung einen einflussreichen Medienkonzern aufbauen können, weil er frühzeitig auf die wachsende gesellschaftliche Bedeutung von Information und Kommunikation gesetzt hat. Aber im Erfolg liegen zugleich die Gründe für das Scheitern des Konzerns nach 45 Jahren.

Kirch hat immer neue Geschäftsfelder erschlossen. Die enorme Verschachtelung schlug letztlich in mangelnde betriebswirtschaftliche Effizienz um. Längere Zeit konnten die mit Verlust betriebenen Geschäftsfelder durch überhöhte interne Verrechnungskosten durchgeschleppt werden. Als letztlich nicht mehr zu finanzierendes Bleigewicht erwies sich die Sparte Pay-TV. Die Sendungen des Fernsehsenders Premiere waren zu teuer eingekauft und die angestrebte Zahl der Abonnenten war unrealistisch hoch angesetzt worden. Die Schere von zu hohen Kosten und zu geringen Erlösen beim Pay-TV führte letztlich zu einem Verlust von 2 Mio. Euro pro Tag, was selbst kapitalkräftigere Unternehmen stranguliert hätte.

Auch wenn es die Öffentlichkeit nicht gerne hört: Der Kirch-Konzern ist auch ein Opfer des zeitweiligen Booms der New Economy geworden, weil Film- und Sportrechte mit Blick auf eine überschätzte Konjunktur zu überhöhten Preisen eingekauft wurden. Die unzureichende Eigenkapitalquote wurde durch große Bankkredite kompensiert, was Gift war für die Wirtschaftsrechnung und die Finanzreserven des Konzerns. Auf den Zusammenbruch des Börsenbooms reagierte Kirch mit riskanten Optionsgeschäften, die das Kartenhaus schließlich einstürzen ließen.

Durch das Insolvenzverfahren wird das Unternehmen von den drängendsten Verpflichtungen aus dem Geschäft mit Optionen und dem Ankauf von Rechten entlastet. Allein die auf rund 900 Mio. Euro geschätzten Put-Optionen werden nachrangige Bestandteile der Insolvenzmasse, was letztlich bedeutet, dass der Springer-Konzern seine Forderung in Höhe von 767 Mio. Euro nicht einfach durchsetzen kann. Gelingt neben der Reduktion der Forderungen an Kirch zugleich eine betriebswirtschaftliche Neuordnung der Geschäftsfelder und können neue Investoren gewonnen werden, dürfte der Medienkonzern - erheblich verkleinert - als Kapitalgesellschaft eine Zukunft haben.

Logischerweise wird der spektakuläre Kirch-Konkurs zu einem Wahlkampfthema. Edmund Stoiber wollte seine wirtschaftliche Kompetenz zum zentralen Argument der Kampagne machen, was nunmehr aufgrund der starken Verwicklung der Bayrischen Landesbank in die Geschäftspolitik des Kirch-Konzerns wenig überzeugend wirkt. Neben dem Insolvenzantrag der Flugzeugfirma Fairchild Dornier wird das rot-grüne Lager auch versuchen, die Verlustabschreibungen bei etlichen gescheiterten Immobilienprojekten als Beleg dafür heranzuziehen, dass der bayerische Ministerpräsident ein wirtschafts- und unternehmenspolitischer Dilettant ist. Selbst wenn die Bayrische Landesregierung nachweisen könnte, dass die Kredite der Landesbank von fast 2 Milliarden Euro gut abgesichert sind, dürfte das Image von Stoiber als ökonomischer Supermann lädiert sein.

Schröder wollte weitere Punkte beim Wähler landen, indem er dem großen fußballbegeisterten Publikum die Sicherung der Übertragungsrechte versprach. Was in zurückliegenden Zeiten immer für einen Popularitätsimpuls gut war, erwies sich jetzt allerdings als Fehlschlag. Honoriert wird eine Politik, die das Gros der Arbeitsplätze beim Medienkonzern sichert. Nicht toleriert wird dagegen die öffentliche Alimentation überteuerter Fernsehrechte, undurchsichtiger Geschäftspraktiken der Spitzenvereine im deutschen Fußball und inflationärer Kicker-Gehälter.

Auch für die überteuerten Vermarktungsrechte der Formel 1 sind Korrekturen nicht auszuschließen. Wie hoch der spekulative Anteil im Preis für Schumacher & Co. ist, kann zwar nicht genau berechnet werden. Aber so viel ist sicher: Wenn es der Politik nicht gelingt, die wirtschaftliche Situation zu stabilisieren und die massiven Einbrüche beim privaten Verbrauch einzudämmen, dann werden sich die Unternehmen auch beim Konsum immaterieller Produkte auf Abstriche einstellen müssen. Es gibt also auch im hochentwickelten Kapitalismus der Vermögensbesitzer einen wirksamen Zusammenhang von Brot und Spielen.