Nationalismus: Jetzt auch in bunt

"Du bist Deutschland"

in (12.12.2005)

Am 26. September startete unter dem Titel "Du bist Deutschland" die größte Kampagne zum Aufpolieren des Images Deutschlands seit Bestehen der Bundesrepublik.

Rund 30 Promis aus Kino, Fernsehen, Literatur, Sport und Musik beteiligen sich - unbezahlt - an dieser Kampagne.

dieselbe alte deutsche scheisse

Organisiert wurde die Kampagne maßgeblich von der Bertelsmann AG unter Beteiligung von 24 weiteren Medienunternehmen, von Springer bis zur öffentlich-rechlichen ARD im Rahmen der "Inititative für Innovation" - einem Zusammenschluss von Bundesregierung und vor allem deutschen Großunternehmen. An der mehr als 30 Millionen Euro teuren Aktion sind weiterhin verschiedene Medienagenturen und einige Unternehmen beteiligt. Bis Ende Januar wird die Kampagne mit Fernseh- und Kinospots, Anzeigen, Plakaten und der interaktiven Website www.du -bist-deutschland.de, unterstützt durch ein professionelles Pressebüro und die Organisation dezentraler Aktionen, durchgeführt.

"Du bist das Wunder von DeutschlandÂ…."
Mit diesen Worten beginnt das "Manifest", das ein zentraler Baustein der Kampagne ist und - gesprochen von Promis - den Text des TV- und Kinospots abgibt, der allenthalben zu Primetime im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Diese Zeile macht die Stoßrichtung der Kampagne deutlich: Mit einer beinahe schon mythisch anmutenden Lyrik soll Identifikation mit Deutschland hergestellt werden. Dieses Kampagnenziel verdeutlicht ein weiterer Baustein. In zahlreichen Anzeigen werden die Worte "Du bist Â…" - und hier erscheint wahlweise der Name eines oder einer bekannten Deutschen, wie z.B. Albert Einstein - mit Bildern alltäglicher Situationen kontrastiert, so dass sich eine jede mittels bekannter Persönlichkeiten mit dem eigenen Land identifizieren kann.

"Egal, welche Position du hast. Du hälst den Laden zusammen. Du bist der LadenÂ…"

Doch die Identifikation ist nicht purer Selbstzweck. Eine weitere Botschaft der Kampagne ist, dass es gerade angesichts schwerer Zeiten notwendig sei, als Nation zusammenzuhalten. Hier darf die Toilettenfrau im Werbespot genauso zu Wort kommen wie der erfolgreiche Unternehmer oder Schauspieler - jede Deutsche ist Teil eines großen Ganzen. Dadurch wird versucht ein Zusammengehörigkeitsgefühl qua Nationalität zu erzeugen, das als Lösung aller gesellschaftlicher Probleme erscheint. Neben der Vorstellung, dass jeder es schaffen könne, wenn er sich nur anstrenge, tritt in der Kampagne ein dumpfer Nationalismus im frisch durchgestylten Gewand auf den Plan, mit dessen Hilfe manifeste gesellschaftliche Widersprüche verschleiert werden sollen.

"Geh runter von der BremseÂ…"

Der Zeitpunkt des Kampagnenstarts kann nicht verwundern. Nachdem die unter Rot-Grün durchgeführten arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Maßnahmen zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen Vieler geführt haben und der Unmut darüber sich nicht zuletzt in Protesten und auch dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl niedergeschlagen hat, ist der Kampagnenstart vor der neuen Regierungsbildung offensichtlich strategisch gewählt. Unter einer großen Koalition werden mutmaßlich die unter rot-grün begonnenen neoliberalen Reformen konsequent fortgesetzt werden und vor allem durch weitere Verschärfungen im Sozialrecht und einer konsequent unternehmensfreundlichen Steuerpolitik die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben forciert werden. Zudem sind massive Verschlechterungen im Arbeitsrecht zu erwarten, sowie ein weiteres Ansteigen der Deutschtümelei - innen- wie außenpolitisch. Gerade vor diesem Hintergrund stellt die Kampagne mit ihrem perfiden Nationalismus die perfekte Rückendeckung für zu erwartende schwarz-rote Reformen dar, die die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinanderklaffen lassen werden - und diejenigen, die Kritik üben, werden als Bremser diffamiert.

Und apropos Einstein: Einsteins Antrag auf Ausbürgerung aus dem preußischen Staatsverbund wurde 1934 abgelehnt, nur um ihn kurz darauf strafauszubürgern. Er lebte seitdem in den USA und ist bis zu seinem Tod 1955 nie wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Einstein war zudem überzeugter Sozialist - und wegen einer solchen Kampagne hätte er wahrscheinlich ein zweites Mal die Ausbürgerung beantragtÂ…