Heuschrecken in der Praxis

Seit dem 7.Oktober 2005 streiken die Beschäftigten der Catering Firma Gate Gourmet in Düsseldorf für einen neuen Tarifvertrag.

Gate Gourmet ist weltweit der zweitgrößte Caterer der Welt, und befindet sich mehrheitlich im Besitz des US-Finanzinvestors Texas Pacific.

Die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft NGG und dem Management von Gate Gourmet waren am 2.Oktober gescheitert, da die Gegensätze zu groß waren. Die NGG forderte eine Lohnerhöhung von 4,5%, während das Management massive Verschlechterungen wie die Streichung von drei Urlaubstagen und die Erhöhung der Arbeitszeit von 38,5, auf 40 Stunden durchsetzen wollte.

Die Belegschaft zählt insgesamt 120 Beschäftigte, die häufig durch Leiharbeitskräfte und Aushilfen aufgefüllt wurde und wird. Von diesen 120 Beschäftigten streiken etwa 80 Kolleginnen und Kollegen mit einem für diese Zeiten erstaunlichen Durchhaltewillen. Unter den Streikbrechern befinden sich auch vier Betriebsratsmitglieder, was die Situation sicherlich erschwert.

Eine besonders pikante Note bekommt diese Auseinandersetzung durch die Tatsache, dass es Gate Gourmet durch den vermehrten Einsatz von Leiharbeitern der Firma Goldberg & Avci gelingt, die Produktion der Mahlzeiten für die Passagiere aufrecht zu erhalten. Ist doch der Mitinhaber dieser Firma, Sevket Avci, für die SPD Vorsitzender des städtischen Beirats für Zuwanderung und Integration der Stadt Duisburg.

Die WASG Duisburg hat diese Tatsache zum Anlass genommen, Avci aufzufordern, den Vorsitz aufzugeben oder den Einsatz der Streikbrecher zu beenden. In einer üblen Antwort von Goldberg und Avci wird daraufhin der WASG, der NGG und Ver.di vorgeworfen, nur rumzuschwafeln und die Verquickung des Ehrenamts von Herrn Avci und seiner beruflichen Tätigkeit zu betreiben, ohne dass irgendein Zusammenhang bestünde.

Nach genau zwei Monaten Streik sah es am 7.Dezember so aus, als würde es eine Einigung geben. Die unter Leitung des Landesschlichters geführten Tarifverhandlungen endeten mit einem für beide Seiten "akzeptablen" Ergebnis: Der Vorschlag war weit weg von Forderungen Gate Gourmets, aber auch von denen der NGG. Er sah für 2005 und 2006 jeweils nur Einmalzahlungen und für 2007 eine Erhöhung der Löhne um lediglich 1% vor. Gleichzeitig sollten ein Teil der Schichtzuschläge gekürzt werden, sodass real ein Nullsummenspiel heraus gekommen wäre.

Während die NGG den Mitgliedern empfahl, dieses Ergebnis in der Urabstimmung anzunehmen, entschied das Management von Gate Gourmet, dieses Ergebnis nicht anzuerkennen. Damit war die Einigung wieder obsolet geworden und die Beendigung des Streiks in weite Ferne gerückt.

Über soviel Dreistigkeit der Bosse regte sich nun sogar der bravste Journalist und Bürger auf, und so ist es nicht erstaunlich, dass die Streikenden spätestens seitdem auf einer Welle der Sympathie schweben. War die Unterstützung für die Streikenden nach zähem Beginn immer breiter geworden, so ist nach dieser Absage die Unterstützung noch einmal gewaltig gewachsen. Nicht nur die Unterstützung vor Ort konnte ausgebaut werden, sondern vor allem der öffentliche Bekanntheitsgrad dieser Auseinandersetzung konnte massiv gesteigert werden. Kurz vor Weihnachten fanden Solidaritätsaktionen an mehreren deutschen Flughäfen statt und wurden für Frankreich und England angekündigt. Sogar der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Schneider, besuchte die Streikenden und sagte seine Unterstützung zu.

Die Unterstützung der Gewerkschaften vor Ort wie auch in der Region könnte jedoch besser sein. Auch wenn der DGB-Vorsitzende Sommer sein Versprechen auf der 140-Jahr-Feier der NGG einlöste und den Streikenden einen Besuch abstattete, könnte das Engagement der Gewerkschaften vor Ort doch ein Stück größer sein. Dabei geht es nicht um Solidaritätsadressen und Bekundungen, sondern mehr um die Präsenz am Streikort. So mancher Betriebsrat oder Vertrauensmann ließ sich am Flughafen kaum blicken.
Das machte sich auch am 16.Dezember bemerkbar, als die Belieferung der Flugzeuge für ein paar Stunden behindert werden sollte. Nur etwa 50 Personen fanden sich ein, um sich aktiv und solidarisch an dieser Blockade zu beteiligen. Immerhin konnte erreicht werden, dass es zu Verspätungen bei der Belieferung der Flugzeuge kam.

Die Streikenden sind weiterhin fest entschlossen, den Streik bis zum Abschluss eines Tarifvertrags durchzustehen. Solidarische Unterstützung von außen ist dabei nicht nur erwünscht, deren Möglichkeiten sind auch (fast) unbegrenzt.

Streikort: Gate Gourmet Düsseldorf-Flughafen, Luftfrachtterminal 8, A 44, Ausfahrt Düsseldorf-Lichtenbroich. Solidaritätsadressen an: region.bergischland-niederrhein@ngg.net. Solidaritätskonto: SEB Düsseldorf (BLZ 30010111) 1650217300, Stichwort: "Streik Gate Gourmet".