Italien: Die Rechte macht mobil

So war es auch in den 60er Jahren. Die Mitte-Links-Regierung sollte nach rechts gedrückt werden, um zu verhindern, dass das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit verschoben würde.

So war es auch in den 60er Jahren, obgleich die Umstände damals sehr anders waren und auch die politischen Kräfte, die damals agierten: Als die erste Mitte-Links-Regierung gebildet wurde (Moro/Nenni), die das politische Gleichgewicht im Land verschoben hat, weil damit das politische Monopol der Christdemokraten gebrochen wurde, gab es eine unmittelbare Reaktion: Die großen Machtzentren um die Großbourgeoisie herum, die damals von der Fiat unter der Führung des Ingenieurs Vittorio Valletta beherrscht wurde, bliesen sofort zum Gegenangriff und suchten die Regierung an allen Ecken und Enden zu behindern. Die Regierung hatte sich ein paar Reformen vorgenommen, die nicht sehr radikal waren, aber auch nicht schmerzlos (Verstaatlichung der Stromversorgung, Schule, Arbeitsrecht usw.).

Was war das Ziel? Die Mitte-Links-Regierung sollte so weit wie möglich nach rechts gedrückt und damit verhindert werden, dass eine neue Politik die Rendite- und Profitprivilegien angreifen und das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit verschieben würde. Es wurden die Geheimdienste und Teile der Carabinieri mobilisiert, es wurde ein Putschplan vorbereitet, die führenden Vertreter des linken Flügels der Christdemokraten und die Sozialisten wurden mit der Drohung eines Militärputsches konfrontiert - selbst der Staatspräsident Antonio Segni vom rechten DC-Flügel wurde eingespannt - und auf diese Weise wurde viel erreicht. Der anfängliche Reformimpuls der ersten Mitte-Links-Regierung kam sofort zum Erliegen.

Jetzt passiert dasselbe (zum Glück ohne Meutereien der Armee und hoffentlich mit anderem Ausgang). Ein sehr großes Lager politischer und sozialer Kräfte, große Teile des Bürgertums u.a. - also der große Machtbereich, der in den vergangenen Monaten davon geträumt hat, Berlusconi durch ein politisches Bündnis der Mitte zu ersetzen - hat sich in Bewegung gesetzt um zu verhindern, dass die neue Mitte-Links-Regierung eine Reformwende in Italien durchsetzt. Diese "Front der Mächtigen" hat nun verstanden, dass eine politische Zentrumslösung zumindest auf mittlere Sicht unmöglich ist, sie ist deswegen zu "Plan B" übergegangen: die Unione zu normalisieren. Zweierlei ist dafür erforderlich: die Neutralisierung von Rifondazione, die die große Neue in der Koalition ist und die viel (zuviel) Aktivität und Autonomie an den Tag legt; und die faktische Ausschaltung der Gewerkschaften, insbesondere der CGIL.

Auf einer Industriellentagung in Varese wurde der CGIL-Vorsitzende Guglielmo Epifani mehrfach durch Pfeifkonzerte unterbrochen, während er die wirtschaftspolitischen Leitlinien der Gewerkschaft darlegte. Epifani musste seine Rede abbrechen. Der Vorsitzende der Confindustria, der nach ihm sprach, fand kein Wort der Entschuldigung. Seine Rede gipfelte in der dreifachen Feststellung: Die Interessen der Arbeiter sind identisch mit den Interessen des Betriebs; die einzigen lebendigen Kräfte in Italien sind die Unternehmer; das Interesse Italiens liegt im Unternehmen...

Aus: Liberazione vom 6. Juni 2006