Märkte denken

Ideengeschichtliche und ideenpolitische Koordinaten

In den Sozialwissenschaften hat die Marktterminologie einen erstaunlichen Siegeszug hinter sich. Was einst als "ökonomischer Imperialismus" des Rational-Choice-Modells verunglimpft wurde, gilt inzwischen in fast allen Bereichen als ein legitimer Erklärungsansatz. Unter Rekurs auf das Modell des Marktes meint man heute eine Vielzahl von sozialen Phänomenen und Prozessen angemessen beschreiben oder in ihrer Wirkungsweise erklären zu können. Damit nicht genug, der Marktmechanismus des Wettbewerbs wird in immer mehr Bereichen des öffentlichen Lebens auch als normatives Ideal propagiert. Die ubiquitäre Verwendung des Marktmodells hat freilich einen Preis, der zwar entrichtet, aber nur selten benannt wird: Dieser Preis besteht in der Produktion generalisierter und deshalb wenig trennscharfer Aussagen, die sich in der Regel darauf beschränken, strukturelle Gemeinsamkeiten zu konstatieren und von diesen auf ähnliche Funktionsweisen und Wirkungen zu schließen.

Seit einiger Zeit aber mehren sich die Zweifel an der ungebrochenen Erklärungskraft des Marktmodells. "Die noch heute gültige Theorie des Marktes", so beispielsweise die kritische Bilanz von Nico Stehr, "entstammt einer Gesellschaft, die es nicht mehr gibt." (Stehr 2007: 9) Die Skepsis, die bei Stehr und anderen begegnet, rührt von einem neu erwachten Bewußtsein für den Umstand her, daß Märkte, nicht anders als andere soziale Institutionen auch, historischen Einflüssen unterworfen sind und weder einer zeit- noch ortsunabhängigen Funktionslogik gehorchen. Wenn dem aber so ist und der Wandel gesellschaftlicher Bedingungen nicht ohne Einfluß auf Märkte und ihre Mechanismen bleiben kann, dann erwächst den Sozialwissenschaften daraus die Aufgabe, Märkte immer wieder neu zu denken und zu beschreiben. Daß dies weder eine neue noch eine ungewöhnliche Aufgabe ist, beweist bereits ein kurzer historischer Rückblick auf die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Marktes. Im folgenden werden wir zunächst auf den Markt sowie die einfache und die komplexe Marktgesellschaft eingehen. Anschließend erörtern wir Bedeutungsdimensionen der "unsichtbaren Hand", der Leitmetapher des Marktdiskurses. Danach wenden wir uns gegensätzlichen Effekten des Marktes zu, um abschließend die Denkfigur der Autodestruktion des Marktes auf ihre theoretischen Gehalte zu befragen.

Vom Markt zur einfachen Marktgesellschaft

Als Ort sozialer Interaktion, d.h. als Platz des Handels und Austauschs von Gütern oder Waren, ist der Markt in Europa seit der Frühen Neuzeit weit verbreitet; und in dieser konkreten Bedeutung begegnet einem der Ausdruck seither auch in der Literatur. Als abstraktes Konzept sozialwissenschaftlicher Betrachtung aber ist der Markt ein Kind des 18. Jahrhunderts. Wie bei seinen Geschwistern, der Arbeitsteilung und der bürgerlichen Gesellschaft, die mit ihm zusammen das Licht der Welt erblickten, standen auch bei seiner Geburt die Vertreter der schottischen Aufklärung Pate. Den Anfang machte dabei Adam Ferguson, der in seinem Versuch über die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft (1767) bemerkt, daß "in diesem Zeitalter der Arbeitsteilungen" das Denken selbst "ein besonderer Beruf" zu werden vermag, der es dem findigen Mann erlaubt, statt der Früchte des Feldes oder der Produkte der Handarbeit "die Früchte des Scharfsinns" zu Markte zu bringen, da die Menschen "bereitwillig für alles [zahlen], was auch immer zu ihrer Unterweisung und ihrem Vergnügen dient" (Ferguson 1986: 341). Diese beiläufige und auf den ersten Blick unspektakuläre Beobachtung enthielt bereits den Kern zweier Gedanken, die bis heute einen festen Bestandteil der sozialwissenschaftlichen Analyse von Märkten bilden: die Vorstellung vom Markt als einer für Güter bzw. Waren aller Art offenen Arena, die es jedem findigen Unternehmer erlaubt, dort sein Glück zu machen, und die damit verbundene Feststellung eines Zusammenhangs von Nachfrage und Angebot. Dessen gesetzmäßiger Charakter blieb Ferguson freilich noch verschlossen. Auch die weitere Schlußfolgerung, daß dort, wo es ein Bedürfnis gibt, auch ein möglicher Markt vorhanden ist, zog er noch nicht.

Theoretisch durchdrungen und auf ihren Begriff gebracht wurden diese Zusammenhänge von Adam Smith, dem wichtigsten Vertreter der schottischen Aufklärung, in seinem epochemachenden Werk über den Wohlstand der Nationen, das nur neun Jahre nach Fergusons Versuch erschien. Zwar verwendet auch Smith den Begriff des Marktes an vielen Stellen seines Werkes noch in seiner konkreten Bedeutung zur Bezeichnung bestimmter Austausch- oder Handelsplätze, die er zudem nach den dort gehandelten Produkten unterscheidet. Daneben aber entwickelt er ein abstraktes Konzept des Marktes, das nicht mehr einen konkreten Umschlagplatz für Waren aller Art, sondern die abstrakte Summe aller möglichen Tausch- bzw. Handelsbeziehungen bezeichnet. Dieses abstrakte Konzept des Marktes eröffnet nicht nur neue Vorstellungs- und Verständnishorizonte1, sondern erlaubt es Smith auch, die vermeintlich auf allen Märkten in gleicher Weise wirksamen gesetzmäßigen Mechanismen und Wirkungen marktwirtschaftlicher Produktion zu formulieren: den Zusammenhang der Ausmaße von Markt und Arbeitsteilung, den Zusammenhang von Angebot und Nachfrage und den Zusammenhang von natürlichem Preis und Marktpreis (Smith 1974: 9ff.).

Smith zufolge sind es Anzahl und Wohlstand der potentiellen Kunden, die über die Größe des Marktes und den Umfang des auf ihm verfügbaren Angebots entscheiden, denn erst die Nachfrage erzeugt Absatzgelegenheiten, und erst ein bestimmtes Maß an kontinuierlicher Nachfrage ermöglicht gewinnbringende arbeitsteilige Produktion. Fehlt ein ausreichendes Maß an Nachfrage und ist Arbeitsteilung folglich nicht rentabel, steigt der natürliche Preis der Ware, d.h. die Summe der zu ihrer Erzeugung notwendigen Produktionskosten, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Marktpreis, d.h. ihren jeweils aktuellen Verkaufspreis. Ist hingegen ein ausreichend großes Maß an Nachfrage gegeben und arbeitsteilige Produktion möglich, kann die Ware zu einem geringeren natürlichen Preis hergestellt und folglich auch zu einem geringeren Marktpreis verkauft werden. Damit sich der Marktpreis aber auch tatsächlich dem natürlichen Preis annähert und nicht künstlich hochgehalten wird, bedarf es der Konkurrenz mehrerer Anbieter. Wo viele Anbieter miteinander konkurrieren, wird sich der Marktpreis dem natürlichen Preis weitgehend annähern; mangelt es hingegen an Konkurrenz, steigt die Gefahr überteuerter Marktpreise.

Dem von Smith skizzierten Marktmechanismus wohnt ein Versprechen inne, dessen Zauber auch heute, nach mehr als zweihundert Jahren, noch nicht verflogen ist, das Versprechen eines sich zum wechselseitigen Vorteil aller selbst regulierenden Wirtschaftssystems: Wo immer eine ausreichend große Menge von potentiellen Kunden und damit auch ein Markt vorhanden ist, wird dieser - dem freien Spiel der Kräfte überlassen - stets ein optimales Verhältnis von Anbietern und Kunden hervorbringen, das den einen kontinuierlichen Gewinn, den anderen günstige Preise und gute Produkte sichert. Um dieses Versprechen einzulösen, hat der nach merkantiler Auffassung zur beständigen Lenkung und Regulierung genötigte Staat Smith zufolge nichts anderes zu tun, als dafür zu sorgen, daß Anbieter und Kunden auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens in ausreichend großer Zahl miteinander in Kontakt treten können und das allein auf freiwilligen Vereinbarungen beruhende Marktgeschehen nicht durch externe Faktoren beeinflußt wird.

Damit Smiths Konzept des Marktes halten kann, was es verspricht, müssen jedoch zwei wichtige Vorbedingungen erfüllt sein: Es muß gewährleistet sein, daß alle potentiellen Anbieter und Kunden freien und ungehinderten Zugang zum Markt haben, und es muß sichergestellt sein, daß neben den produzierten Waren selbst auch alle zu ihrer Erzeugung nötigen Faktoren auf dem Markt gehandelt und der Preisbildung durch den Markt unterworfen werden - einschließlich der bis dahin nicht als Handelsobjekte verstandenen Faktoren Arbeit, Boden und Kapital (vgl. Polanyi 1978: 102ff.) Was letztere betrifft, so besteht die Pointe von Smiths abstraktem Konzept des Marktes gerade darin, daß es die neuen Märkte, d.h. den Arbeits-, den Grundeigentums- und den Kapitalmarkt, zu einem umfassenden Zusammenhang verknüpft.2 Smith zieht damit die theoretischen Konsequenzen aus jenen historischen Prozessen, die den Siegeszug des Merkantilismus begleitet hatten und ihn Ende des 18. Jahrhunderts über sich hinaustrieben: die von staatlicher Seite forcierte Abkehr vom Prinzip der Subsistenzwirtschaft, die Aufhebung lokaler korporatistischer Schranken und der Abbau örtlich begrenzter Handels- und Gewerbebeschränkungen sowie die Öffnung der zuvor gegeneinander abgeschotteten lokalen Märkte für neue Güter, Waren und Personengruppen und ihre Zusammenfassung zu einem zusammenhängenden Wirtschaftsraum. Daß diese Prozesse den Menschen und insbesondere der Landbevölkerung indes nicht nur neue Freiheitsspielräume eröffneten, sondern ihnen auch viel Elend brachten (vgl. ebd.: 87), dieser Umstand wurde von Smith nicht zum Problem gemacht.

Mit Smiths Konzept des Marktes und dem aus ihm abgeleiteten Ideal eines sich selbst regulierenden Systems marktwirtschaftlicher Produktion war ein neues Paradigma in der Welt, das sowohl das ökonomische als auch das gesamte soziale Denken revolutionierte: die Idee der Marktgesellschaft. Der Bereich der Wirtschaft, der seit Jahrhunderten in die geregelten Formen des sozialen Lebens eingebettet gewesen war, erschien der großen Mehrzahl der sozialwissenschaftlich interessierten Autoren fortan als ein autonomer, nach eigenen Gesetzen funktionierender Bereich, denen sich die Gesellschaft - zu ihrem eigenen Wohl - zu unterwerfen hatte (ebd.: 88f.). Hatte bisher die Gesellschaft den Märkten (im wahrsten Sinne des Wortes) ihren Platz angewiesen, so schickte sich nun der Markt an, zum bestimmenden Prinzip der Gesellschaft zu werden. Dieses Paradigma der Marktgesellschaft wurde für nahezu alle bürgerlichen Vertreter der politischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts bestimmend, und zwar auch für diejenigen unter ihnen, die mit Smith in zahlreichen Punkten nicht übereinstimmten und in der Folgezeit als seine Kritiker auftraten, wie u.a. Jeremy Bentham (1992), Thomas Malthus (1977), James Mill (1971), David Ricardo (2006), Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1970), Friedrich List (1982) oder Jean-Baptiste Say (1972). Ihre Einwände richteten sich nicht gegen die Vorstellung des sich selbst regulierenden Marktes als solche, sondern gegen den von Smith empfohlenen Verlauf der Grenze zwischen den Bereichen von Staat und Wirtschaft. Radikalliberale wie Bentham und Malthus vertraten die Auffassung, der Selbstregulierungsmechanismus des Marktes erfordere, um störungsfrei arbeiten zu können, eine noch strengere Beschränkung der staatlichen Aufsichts- und Interventionstätigkeit.3 Demgegenüber gaben gemäßigte Autoren wie Hegel oder List, die nicht die Freiheit des einzelnen Unternehmers, sondern den gesamtgesellschaftlichen Nutzen des Staates im Blick hatten, in ihren Werken einer ganz anders gearteten Skepsis gegenüber der langfristigen Selbstregulierungsfähigkeit des Marktes Ausdruck. Ihrer Meinung nach war der Staat aufgefordert, nicht nur die privatrechtlichen Bestandsvoraussetzungen des Marktsystems zu garantieren, sondern mittels direkter Gesetze und Verordnungen in den Marktprozeß zu intervenieren, wann immer dieser kontraproduktive, d.h. seine eigenen Grundlagen in Frage stellende Folgen zeitigte, wie z.B. Massenarmut oder Kartellbildung.

Sofern grundsätzliche Kritik an Smiths Modell laut wurde, richteten sich die Einwände fast immer gegen die Umwandlung der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital in marktförmige Waren und die dadurch hervorgerufenen tiefgreifenden Veränderungen in den sozialen Beziehungen. Obwohl es auch von konservativer Seite nicht an mahnenden Stimmen fehlte, erfolgten die heftigsten Attacken dieser Art von (früh-)sozialistischer Seite. Die (früh-)sozialistischen Kritiker zielten tatsächlich auf die tragenden privatrechtlichen Säulen des von Smith entwickelten Paradigmas, nämlich auf die Grundsätze der Vertragsfreiheit und des Rechtes auf Privateigentum (vgl. u.a. Hodgskin 1997; Marx 1983: 169ff.), und stellten damit nicht den Grenzverlauf zwischen Staat und Wirtschaft in Frage, sondern die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit der marktgesellschaftlichen Ordnung insgesamt. Zwei Kritikpunkte wurden dabei besonders deutlich herausgestellt: zum einen der Umstand, daß die von Smith und den ihm nachfolgenden bürgerlichen politischen Ökonomen propagierte "natürliche" Ordnung an ihrem Ursprung gewaltsam durchgesetzt worden war ("ursprüngliche Akkumulation"), zum anderen die extrem hohen sozialen Kosten der marktgesellschaftlichen Wirtschaftsform.

Was indes alle Kritiker Smiths nicht vermochten, war die Überwindung des von ihm vorgegebenen Verständnishorizonts der Marktgesellschaft: Das abstrakte Konzept des Marktes als der Summe aller möglichen Tausch- bzw. Handelsbeziehungen war seinen Bestandteilen - den einzelnen Märkten - nachgebildet und orientierte sich folglich an der auf diesen Märkten vorherrschenden Form einfacher Tauschbeziehungen als dem leitenden Prinzip des Wirtschaftslebens.4 Das für das 19. Jahrhundert charakteristische Paradigma der Marktgesellschaft ist also das in Analogie zum einzelnen Markt konzipierte Paradigma der einfachen Marktgesellschaft.

Von der einfachen zur komplexen Marktgesellschaft

Mit den drei Gruppen der Radikalliberalen, der gemäßigten Liberalen und der Sozialisten hatten sich die Lager herausgebildet, deren Auseinandersetzungen für die sozialwissenschaftliche Diskussion um den Markt bis ins 20. Jahrhundert hinein bestimmend waren. Neben den Kontrahenten blieben dabei allerdings für lange Zeit auch die Argumente mehr oder weniger unverändert. Mit einer gewissen Großzügigkeit, die sich auch vor gröberen Verallgemeinerungen nicht scheut, kann man sagen, daß die sozialwissenschaftliche Debatte um Markt und Marktgesellschaft erst in den 1930er Jahren eine grundsätzliche Neuorientierung erfuhr. Freilich erfolgte diese Neuorientierung nicht voraussetzungslos, sondern wurde durch eine Reihe von Faktoren vorbereitet und beeinflußt, von denen hier nur vier besonders hervorstechende genannt werden sollen: der Gewinn neuer Erkenntnisse hinsichtlich der Komplexität von Märkten, die Lösung der sozialen Frage, die Schwierigkeiten der Umsetzung planwirtschaftlicher Verfahren sowie die Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus.

Im Zuge der Industrialisierung und der beständigen Ausdehnung des Welthandels wuchs im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts das Wissen um die Komplexität des Marktgeschehens und der ihm zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten. Neben Einzelstudien, die - wie Walter Bagehots Schrift über Lombard Street (Bagehot 1996), das Londoner Zentrum des Geldhandels, oder Max Webers Abhandlung über Die Börse (Weber 1988a) - zentrale Institutionen des Wirtschaftslebens unter die Lupe nahmen, waren es dabei vor allem die Erkenntnisse einer Reihe von mathematisch orientierten Vertretern der politischen Ökonomie, deren Ergebnisse die überlieferte Vorstellung vom Marktgeschehen als Tauschprozeß wirkungsvoll in Frage stellten. Die Untersuchungen von William Stanley Jevons (1995), Carl Menger (1990), Léon Walras (1988) und Alfred Marshall (1989) setzten mit ihren Analysen zu den Problemen des Grenznutzens und der Wert- und Preisbildung neue Maßstäbe und lenkten die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung des Wettbewerbs, hoben jedoch auch das Abstraktionsniveau der Marktanalyse so weit an, daß die soziale Realität in den mathematischen Modellen zunehmend zum Verschwinden gebracht wurde: Die Marktgesellschaft wurde auf den reinen Markt reduziert. Von nicht minder großer Bedeutung war der zweite der o.g. Faktoren, die Einführung von Sozialversicherungssystemen in einem Großteil der westlichen Industriestaaten. Diese Maßnahme hatte die Not vieler Arbeiter und ihrer Familien ein wenig zu lindern vermocht und damit auch Zweifel an der von Marx und den in seiner Nachfolge auftretenden sozialistischen Kritikern als notwendig vorhergesagten Verelendung eben dieser Klasse geweckt. Hinzu kamen seit 1917 die praktischen Schwierigkeiten planwirtschaftlicher Verfahren, denen sich nicht nur die Sowjetunion, sondern u.a. auch die Weimarer Republik - letztere wenigstens teilweise - gegenübersahen, und die zudem von verschiedenen Theoretikern wie u.a. Ludwig von Mises (1996) zu prinzipiellen Argumenten gegen die Funktionsfähigkeit gemeinwirtschaftlicher Produktion zugespitzt wurden. Der letzte und - zumindest mit Blick auf das sozialistische Lager - gravierendste Faktor bestand jedoch in der Erfahrung eines nicht nur die Wirtschaft, sondern das gesamte soziale Leben umfassenden, weniger vom Staat als vielmehr von einer Partei ausgeübten Dirigismus, wie er in den totalitären Systemen des Nationalsozialismus und des Stalinismus zum Ausdruck kam. Diese Erfahrung hatte der sozialistischen Kritik der Marktgesellschaft zwar nicht ihre moralische Integrität, aber doch jede praktische Überzeugungskraft geraubt. Selbst radikale Kritiker der Marktgesellschaft und des Liberalismus wie Karl Polanyi sahen sich vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges nur noch in der Lage, der von Smith und seinen Nachfolgern verursachten Revolution, der Great Transformation, mit ohnmächtiger Wut eine horrende Verlustrechnung, aber keine praktische Alternative mehr zu präsentieren. Kreatives Denken über den Markt wurde fortan zu einer rein liberalen Angelegenheit.

Die radikalliberale Spielart des Liberalismus erfuhr ihre wichtigste Neubegründung dabei durch Ludwig von Mises, dessen Nationalökonomie 1940 erschien, also vier Jahre vor Polanyis Hauptwerk. Im Zentrum des Buches steht die Idee der Marktwirtschaft, die von Mises als "die auf Sondereigentum an den Produktionsmitteln und Arbeitsteilung beruhende Gesellschaftsordnung" charakterisiert wird, "in der die Einzelnen handeln, und nicht ein Zentraldirektorium allein" (v. Mises 1980: 232). Der letztgenannte Punkt ist dabei für von Mises insofern entscheidend, als er in der Freiheit der Marktteilnehmer zugleich auch den wichtigsten Garanten der gesellschaftlichen Freiheit ausmacht. Indem jeder unmittelbar für sich handelt, so von Mises, handelt er mittelbar immer auch für die anderen, deren Interessen er indirekt befördert, indem er seine eigenen zu verwirklichen sucht. Wie Smith geht von Mises davon aus, daß ein harmonisches Zusammenspiel der vielfältigen und konkurrierenden Interessen allein durch den Markt erfolgt: "Der Markt lenkt, der Markt bringt in das Getriebe Sinn und Ordnung." (Ebd.: 251) Als "Gesamtheit der Austauschbeziehungen der Glieder einer arbeitteilenden, auf dem Sondereigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Gesellschaft" (ebd.) bildet der Markt in seinen Augen nicht nur einen einheitlichen und unzerlegbaren Zusammenhang von Handlungen (ebd.: 291), sondern fungiert zudem als effektiver Mechanismus zur Verteilung der Produktionsmittel, die durch ihn in die Hände derer gelangen, die es verstehen, sie am besten, d.h. am zweckmäßigsten zur Erfüllung der Wünsche der Verbraucher einzusetzen (ebd.: 251). Als Motor des Marktgetriebes fungiert dabei für von Mises der Wettbewerb der Produzenten um die Gunst der Kunden (ebd.: 299), denen ihrerseits vermittels ihrer Wünsche die Lenkung des Marktes obliegt (ebd.: 271). Gestützt auf das Prinzip der Wirtschaftsrechnung regelt das "Spiel des Marktes" nicht nur Angebot und Nachfrage, sondern sorgt auch dafür, daß die Produktionsmittel der insgesamt nützlichsten Verwendung zugeführt werden (ebd.: 316). Bewegt sich von Mises mit dem Postulat einer sowohl zweckmäßigen als auch notwendigen Opposition von Staat und Markt ganz auf der Linie der von Smith gestifteten Tradition, so geht er in einem entscheidenden Punkt über sie hinaus: An die Stelle des Tausches als des maßgeblichen Marktprinzips tritt bei von Mises der Wettbewerb der Produzenten.

Diese Verschiebung vom Tausch- zum Wettbewerbsprinzip, die von Mises zwar nicht als erster, aber am konsequentesten entwickelt hat, ist auch für die Vertreter der sogenannten "Freiburger Schule" der Nationalökonomie leitend, die allerdings zu anderen politischen Schlußfolgerungen gelangen (vgl. Vanberg 2001a; Foucault 2004: 172ff.). Die führenden Köpfe dieser Schule, Walter Eucken und Franz Böhm, halten zwar an der Vorstellung vom Markt als einem sich über das Preissystem und den Modus des freien Wettbewerbs selbst regulierenden Verteilungsmechanismus fest, doch sind sie der Meinung, daß dieser Mechanismus die anspruchsvollen Voraussetzungen seines Funktionierens weder selbst hervorzubringen noch aufrechtzuerhalten vermag. Den entscheidenden Fehler des klassischen Liberalismus sehen sie in der Annahme, die Aufgabe der Politik sei bereits erfüllt, wenn die für ein freiheitliches Marktgeschehen notwendigen rechtlichen Voraussetzungen wie Privateigentum, Rechtsgleichheit oder Vertrags- und Gewerbefreiheit geschaffen seien, unter denen sich der Wettbewerb spontan entfalten könne (vgl. Böhm 1980: 200; Eucken 1990: 26f.). Demgegenüber vertreten sie die Auffassung, daß der Wettbewerb eines öffentlich-rechtlichen "Ordnungsrahmens" bedarf, der es dem Staat als "Hüter der Wettbewerbsordnung" (ebd.: 327) erlaubt, Fehlentwicklungen zu korrigieren und Formen der mißbräuchlichen Verwendung von Marktmacht - wie etwa im Fall von Monopolen oder Kartellbildungen - zu unterbinden. Dabei hat sich der Staat zwar auch ihrer Meinung nach unmittelbarer Eingriffe in das Marktgeschehen zugunsten oder zu Lasten einzelner Akteure unbedingt zu enthalten, doch steht er in der dauerhaften Verantwortung, die für alle Akteure gleichermaßen verbindlichen "Spielregeln" zu formulieren und - notfalls auch gegen Widerstand - durchzusetzen.

Im Unterschied zu von Mises und den Anhängern des Laisser-faire betrachten sie Staat und Wirtschaft jedoch nicht als zwei getrennte Bereiche und den Markt nicht als einen Ort, an dem sich Wettbewerb auf spontane, gewissermaßen "natürliche" Art und Weise einstellt. Indem sie die Aufmerksamkeit auf die anspruchsvollen rechtlichen, politischen und sozialen Voraussetzungen eines funktionierenden Wettbewerbs lenken, machen sie vielmehr deutlich, daß Wettbewerb nur dann und nur so lange funktioniert, wie der Staat durch beständige aktive Gesetzgebung dafür sorgt, daß die entsprechenden Rahmenbedingungen auch erfüllt sind. Aus der Sicht der Ordo-Liberalen kann der Staat mit Blick auf die Marktbedingungen also gar nicht anders, als zu intervenieren. Auch wenn er sich entscheidet, nichts zu tun, hält er sich nicht aus dem Markt heraus, sondern entscheidet sich lediglich dafür, die bestehenden Marktverhältnisse so zu belassen, wie sie sind. In einem wichtigen Punkt aber plädieren auch die Vertreter der "Freiburger Schule" für Zurückhaltung, nämlich mit Blick auf die Erteilung von Privilegien oder Ausnahmeregelungen (vgl. Böhm 1980: 141, 158). Erliegt der Staat den beständig vorgetragenen Wünschen einzelner Interessengruppen, ihnen durch die Gewährleistung exklusiver rechtlicher Regelungen Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Anbietern zu verschaffen, droht die Gefahr einer "Refeudalisierung" der Wirtschaftsordnung, wodurch der Staat, ungeachtet seiner umfassenden Regelungskompetenzen, in immer größere Abhängigkeit von wirtschaftlich mächtigen Interessengruppen gerät und somit seine eigene Autorität untergräbt. Die Gewährleistung offener Märkte und eines fairen Wettbewerbs, in dem allein Qualität und Leistung der am Markt tätigen Produzenten über ihren Erfolg oder Mißerfolg entscheiden, werden damit zu Daueraufgaben des Staates, denen er nur durch eine aktiv gestaltende "Wirtschaftsverfassungspolitik" nachzukommen vermag.

Eine sowohl durch von Mises als auch durch den Ordo-Liberalismus geprägte Position nimmt Friedrich August von Hayek ein (vgl. Vanberg 2001b: 77ff.; Foucault 2004: 241ff.). Mit den Vertretern der "Freiburger Schule" teilt von Hayek die Auffassung, daß Märkte keinen vom Staat abgegrenzten, sondern durch den Staat zu regelnden Bereich der Gesellschaft bilden. Mit von Mises teilt er hingegen die Überzeugung, daß Preise und ihr Einfluß auf Angebot und Nachfrage den effektivsten Mechanismus für eine gesamtgesellschaftlich erfolgreiche Regulierung des Marktes darstellen. Das Grundübel staatlicher Politik sieht von Hayek in der Absicht, mittels gezielter Interventionen in den Wirtschaftsprozeß bestimmte Zwecke oder Ziele - wie z.B. kontinuierliches Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung oder faire Löhne - verwirklichen zu wollen. Alle solche Formen planender Gesetzgebung fallen für von Hayek mehr oder weniger unter das Verdikt einer verfehlten Form der Planwirtschaft (1971a: 101ff.), die ihre Fähigkeiten zur rationalen Umgestaltung der Gesellschaft überschätzt. In schroffem Gegensatz zu allen optimistischen Vorstellungen von den Möglichkeiten wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Steuerung ist von Hayek davon überzeugt, daß weder Menschen noch Institutionen vollständiges Wissen über die Bedingungen und die Folgen ihrer Handlungen zu erreichen vermögen. Diese notwendige Unwissenheit und die mit ihr einhergehende Unsicherheit machen nun in seinen Augen einerseits die Existenz staatlicher Regeln für das Zusammenleben der Menschen zwar erforderlich, verlangen aber andererseits die strikte Beschränkung dieser Regeln auf rein formale Vorschriften. Als Garant der Freiheit hat der Staat, so von Hayek, somit zwar die Rolle eines Schiedsrichters zu spielen, der den korrekten Ablauf überwacht, aber nicht die eines Entscheidungsträgers, der das Ergebnis zu beeinflussen sucht. Dieser Aufgabe vermag er am besten gerecht zu werden, wenn er sich - in der Tradition der rule of law - darauf besinnt, nur solche Richtlinien zu verabschieden, "die die Bedingungen bestimmen, unter denen die vorhandenen Produktionskräfte verwendet werden dürfen", wobei er "den Individuen die Entscheidung darüber, für welche Zwecke sie sie verwenden wollen, überläßt" (v. Hayek 1971a: 59). Daß diese Richtlinien zudem von bestimmter Art sein müssen, um einen funktionierenden, freien Wettbewerb zu gewährleisten, versteht sich.5 Entscheidend ist für von Hayek dabei jedoch in letzter Konsequenz weniger, daß der Wettbewerb vorteilhafte Folgen für die gegenwärtig lebenden Generationen hat, als vielmehr, daß er weiterhin zukunftsoffen abläuft und keine Ergebnisse zeitigt, die die Freiheitsspielräume jetziger und künftiger Generationen einengen. Für von Hayek - im Unterschied sowohl zu von Mises als auch zu den Ordo-Liberalen - geht es am Markt nicht nur um die Interessen der Konsumenten, sondern um die Freiheit der Bürger, die auf Dauer nur erhalten werden kann, wenn die Möglichkeit spontaner, unvorhergesehener Entwicklungen durch staatliche Lenkung und Umverteilung nicht unnötig und unzulässig eingeschränkt wird.

Die Frage, die von Hayek und seine liberalen Kontrahenten aufgeworfen und diskutiert haben, ist auch heute noch aktuell; es ist die Frage nach Wesen, Reichweite und Grenzen der Freiheit in einer komplexen Marktgesellschaft (vgl. Vanberg 2001a,b,c). In dieser Kontroverse gehen die Anhänger eines Liberalismus der uneingeschränkten Marktfreiheit (free-market liberalism) - repräsentiert etwa durch Denker wie Murray N. Rothbard (1970), Robert Nozick (1976) oder Milton Friedman (1976) - davon aus, daß Individuen ihre Freiheit dann am besten verwirklichen können, wenn sie als Marktteilnehmer ungehindert durch staatliche Eingriffe miteinander auf freiwilliger Basis kooperieren können. Dem halten die Anwälte eines konstitutionellen Liberalismus (constitutional liberalism) - prominent vertreten durch John Rawls (1975), James M. Buchanan (1990, 1991) oder Viktor J. Vanberg (1994) - entgegen, daß sich die Wahl- und Kooperationsfreiheit der Einzelnen nicht nur auf Märkte und die dort geltenden Regeln erstreckt, sondern auch auf die staatliche Ordnung und die die einzelnen Märkte jeweils konstituierenden politischen Regeln, d.h. die Verfassung. Als voraussetzungsreiche Ordnungen müssen freie Märkte von freien Bürgern eines freien Gemeinwesens mithin allererst gewollt werden, um als legitim zu gelten und effektiv wirken zu können.6 Im Gegensatz zu den liberalen Aposteln der uneingeschränkten Marktfreiheit, denen jede staatliche Vorschrift unweigerlich als Eingriff in die individuelle Autonomie erscheinen muß, sind ihre konstitutionellen Widersacher in der Lage, in freiwillig vereinbarten gesetzlichen Schranken des Marktes ebenfalls Ausdrucksformen der Freiheit zu erkennen.

Marktmetaphorik - die "unsichtbare Hand"

Dem Markt haftet etwas Mythisches an. Diesen Eindruck kann man jedenfalls gewinnen, wenn man prominente Ansichten von Befürwortern und Kritikern Revue passieren lässt. Der Markt gilt als Ort von Handel und Gewerbe, als Umschlagplatz von Waren und Dienstleistungen, ohne den wir unser Leben kaum imaginieren könnten (Taylor 2004); er erscheint als Ort der Bewährung, gar als "Scharfrichter" wirtschaftlichen Erfolges, als Geschehen, als Mechanismus, als Gefängnis (Lindblom 1982), als Gleichmacher, als Abschußrampe für die "Artillerie der wohlfeilen Ware" (Marx). Ähnlich emphatisch und gegensätzlich werden die Wirkungen des Marktes umschrieben: Er setzt Kreativität und Innovation frei und erscheint als der natürliche Verbündete von Freiheit und Leistung; er fördert Wandel und Dynamik und verhindert Stillstand, Statik und Bevormundung; er verfeinert die Sitten und pazifiziert die Völker, bringt aber auch Ungleichheiten, Krisen und soziale Verwerfungen hervor.

Die berühmteste Metapher, die unsere Vorstellung vom Wirken des Marktes bis heute in ihren Bann schlägt, ist zweifellos die der "unsichtbaren Hand" von Adam Smith. Sie ist so verbreitet und wirkmächtig, daß es sich lohnt, einen Moment bei ihr zu verweilen und ihre unterschiedlichen Bedeutungsschichten hervorzukehren, zumal viele der diesbezüglich von der Forschung zutage geförderten Erkenntnisse kaum Allgemeingut sind.7 Im Unterschied zu naiven Vorstellungen, die Metaphern nur den Rang einer Versinnbildlichung oder gar nur von rhetorischen Tricks zuschreiben, sagen sie und ihr Gebrauch uns viel über das spezifische Denken einer Zeit und ihrer Theoretiker. Folgt man dem Metaphorologen Hans Blumenberg (1996), so enthalten sie oft mehr an Sinn und Bedeutung, als ihren jeweiligen Nutzern klar ist. In diesem Sinne gilt es, Metaphern - und vor allem politische Metaphern - hinsichtlich ihrer Hintergründe und Gegenbilder auszuleuchten.

Als die Metapher der unsichtbaren Hand bei Smith auftaucht, hat sie bereits eine lange Vorgeschichte hinter sich, die von Homer und Horatius bis zu Shakespeare und Voltaire reicht und in deren Verlauf ihr auch theologische Konnotationen zukamen. So fungierte die unsichtbare Hand neben dem allsehenden Auge als eine der Versinnbildlichungen, die dazu dienten, das Wirken Gottes in der Welt vorzustellen. Smith selbst bedient sich der Metapher in seinem gesamtem ÂŒuvre nur drei Mal. Zuletzt verwendet er sie in seinem Essay zur History of Astronomy (1795). Dort heißt es mit Bezug auf die polytheistischen "Wilden" früherer geschichtlicher Zeiten, sie hätten nicht nach der unsichtbaren Hand, der Gravitation gefragt, die Jupiter leitet und ihn seine Bahn ziehen läßt (Smith 1980: III, 2, 49; vgl. Macfie 1971). Fast vierzig Jahre zuvor hatte Smith die Metapher in seinem philosophischen Hauptwerk Theorie der ethischen Gefühle (1759) eingesetzt. Dort diente sie ihm allerdings nicht zur Erklärung eines verdeckten Naturphänomens, sondern zur Beantwortung der Frage, wie die ungleiche Verteilung des Bodens gleichwohl zu guten Ergebnissen führte (Smith 1994: 316f.), was er u.a. mit dem Wirken der Vorsehung in Verbindung brachte.

Der locus classicus findet sich jedoch im Wohlstand der Nationen (1776), wo es heißt: "Nun ist aber das Volkseinkommen eines Landes immer genau so groß wie der Tauschwert des gesamten Jahresertrags [...] Wenn daher jeder einzelne soviel wie nur möglich danach trachtet, sein Kapital zur Unterstützung der einheimischen Erwerbstätigkeit einzusetzen und dadurch diese so lenkt, daß ihr Ertrag den höchsten Wertzuwachs erwarten läßt, dann bemüht sich auch jeder einzelne ganz zwangsläufig, daß das Volkseinkommen im Jahr so groß wie möglich werden wird. Tatsächlich fördert er in der Regel nicht bewußt das Allgemeinwohl, noch weiß er, wie hoch der eigene Beitrag ist. Wenn er [...] dadurch die Erwerbstätigkeit so fördert, daß ihr Ertrag den höchsten Wert erzielen kann, strebt er lediglich nach eigenem Gewinn. Und er wird in diesem wie auch in vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, um einen Zweck zu fördern, den zu erfüllen er in keiner Weise beabsichtigt hat [...] ja, gerade dadurch, daß er das eigene Interesse verfolgt, fördert er häufig das der Gesellschaft nachhaltiger, als wenn er wirklich beabsichtigt, es zu tun. Alle, die jemals vorgaben, ihre Geschäfte dienten dem Wohl der Allgemeinheit, haben meines Wissens niemals etwas Gutes getan [...] Der einzelne vermag ganz offensichtlich aus seiner Kenntnis der örtlichen Verhältnisse weit besser zu beurteilen, als es irgendein Staatsmann oder Gesetzgeber für ihn tun kann, welcher Erwerbszweig im Lande für den Einsatz seines Kapitals geeignet ist und welcher einen Ertrag abwirft, der den höchsten Wertzuwachs verspricht." (Smith 1974: 370f.)

In systematischer Hinsicht fungiert die invisible hand bei Smith als Gegenstück zur Arbeitsteilung; ihre spezifische Leistung liegt in der erfolgreichen und effizienten Koordination des Handelns der einzelnen und untereinander nicht verbundenen Akteure. Dabei wird das klassische Verständnis von Individualinteresse und Gemeinwohl (public benefit) durch Smith geradezu umgekehrt. Hatte man im Anschluß an das Erbe der republikanischen Tradition lange Zeit behauptet, auch auf wirtschaftlichem Gebiet müsse das Gemeinwohl von den Individuen intendiert werden, so beinhaltet der "semantische Coup des Liberalismus" (Karsten Fischer) das Versprechen, auf die Tugend des Einzelnen verzichten und das Gemeinwohl unabhängig von den Motiven der Akteure gewissermaßen als Nebenprodukt des Wirtschaftsprozesses "wie von selbst" herstellen zu können.

Allerdings darf man nicht übersehen, daß Smith, anders als seine neoliberalen Verehrer und Apostel heute, das segensreiche Wirken dieses Mechanismus nicht auf alle Sphären der Gesellschaft bezogen wissen wollte. Ihm geht es nämlich an besagter Stelle um eine Abgrenzung der wirtschaftlichen Sphäre, d.h. des kommerziellen Bereichs der Gesellschaft, vom Einfluß der Politik. Um Smiths Intention richtig zu verstehen, muß man sich eine andere politische Metapher seiner Zeit und ihre Bedeutung vergegenwärtigen, die des body politic, des politischen Körpers. Im Bedeutungshorizont dieser Metapher spielen Intentionen eine zen-trale Rolle: Der politische Körper - bzw. seine Repräsentanten - handelt bewußt und zielorientiert nach einem vorgefaßten Plan. Dieser Vorstellung stellt Smith nun seine Überzeugung entgegen, daß die Wirtschaft ein derart komplexes Handlungssystem darstellt, daß eine funktionierende Ordnung hier nicht bewußt geschaffen werden kann, sondern die "natürliche" Ordnung der Dinge aus der Vielfalt der Prozesse gleichsam wie von selbst erwachsen muß.

Will man eine Metapher verstehen und ihre Tragfähigkeit erkunden, kommt man nicht umhin, auch nach Gegenmodellen und Bezügen zu fragen. Offensichtlich ist das Gegenmodell, das Smith vor Augen stand, die visible hand, die sichtbare Hand. Sie findet bei Smith u.a. Erwähnung im Zusammenhang mit der Figur eines Schachspielers, der alles plant und überlegt und Individuen wie Marionetten bewegt (Smith 1994: 396). Eine andere, nur gelegentlich bemerkte Situation, bei der sich die Hand zeigt, ist ein typischer Alltagsvorgang des Handelsgeschehens, nämlich der Handschlag bei Geschäftsabschluß auf dem Markt. Demgegenüber ist die invisible hand unpersönlich und unsichtbar. Die unsichtbare Hand ordnet nicht nur das Marktgeschehen, sondern bringt, indem sie dies tut, die "natürliche" Ordnung der Gesellschaft als ganzer hervor. Hier nun sind, um im Feld des Gegensatzes von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit zu bleiben, die rechtlichen und politischen Voraussetzungen des Marktes angesprochen, die bei Smith nur am Rande thematisiert werden. Der größte Teil dessen, was man heute unter dem Stichwort der institutionellen Einbettung des Marktes zu fassen und theoretisch aufzuhellen sucht, wird von ihm vielmehr als Ausdruck der natürlichen Ordnung invisibilisiert.

Nimmt man die Metapher beim Wort - und das sollte man mit jeder guten Metapher tun können -, so stellen sich mit Blick auf das Wirken der unsichtbaren Hand natürlich eine Reihe von Fragen: Wo ist der Arm, der die Hand bewegt? Wo ist der Körper, an dem der Arm hängt? Und wie verhält es sich mit dem Kopf, der den Arm steuert? Erhebt sich hinter der Metapher der unsichtbaren Hand nicht wieder die Silhouette des body politic? Auf diese Fragen läßt sich auf zweifache Art antworten: Zum einen kann man entgegnen, daß die entsprechenden Gliedmaßen gleichfalls in der natürlichen Ordnung der Dinge invisibilisiert, aber damit eben doch vorhanden sind. Rechtsvorschriften, Verfahren, soziale Rollen u.a.m. sind ja - wie die gesellschaftlichen Verhältnisse überhaupt - nicht unmittelbar sichtbar, sondern oft nur in Form symbolischer Repräsentationen, wie z.B. Gesetzesbücher und tafeln, präsent. Zum anderen kann man in der Tat auf das Gegenbild des body politic verweisen und argumentieren, daß die unsichtbare Hand nur der Ausdruck für die Wirkungen ist, die sich einstellen, wenn die sichtbare Hand des politischen Körpers ruht.

Das damit aufgeworfene Problem einer Visibilisierung der unsichtbaren Hand hat schon etliche Theoretiker beschäftigt. So sind Stefan Hopp (2004) zufolge die schon von Jean Baptiste Say untersuchten Handelsspezialisten, die die Märkte beobachten und sortieren, in jüngerer Zeit als "sichtbare Finger" der unsichtbaren Hand bezeichnet worden. Folgt man dieser Spur, tut sich ein großes Feld für weitere Variationen über das Verhältnis von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit auf. Märkte sind nicht erst virtuell, seit es das Internet gibt. Die virtuelle Dimension des Marktgeschehens wird deutlich, wenn man die Aufmerksamkeit den Antizipationen und Risiken der Marktakteure zuwendet. Langfristige Investitionen sind eine Wette auf die Zukunft. Das damit verbundene Geschäft der Spekulation fing klein an, nahm unter den Bedingungen des Handelskapitalismus erhebliche Ausmaße an und ist heute im Zeitalter von Venture-Kapital für den Laien kaum noch zu übersehen und zu durchschauen. Handelsspezialisten als Finger der unsichtbaren Hand vorzustellen, ist eine Möglichkeit; eine andere ist die Etablierung von Märkten zweiter oder dritter Ordnung, auf denen Wissen über Primärmärkte gehandelt wird. Von solchen Gebilden - man denke etwa an Rating-Agenturen, die, nebenbei bemerkt, selbst "geratet" werden sollten, wie der jüngste Bankenskandal zeigt - ist die Finanzwelt heute beinahe übervölkert.

Eine weitere Variante der Visibilisierung der unsichtbaren Hand hat Alfred D. Chandler (1977) in einem ökonomischen Bestseller diskutiert. Er kommt zu dem Schluß, der Übergang zu großen und komplexen Firmen habe den Markt einfacher Produkte, den Smith weitgehend vor Augen hatte, zum Verschwinden gebracht. In enormem Ausmaß würden nach der Firmen- und Managerrevolution Produkte nun innerhalb von Firmen zirkuliert - ein Trend, der trotz Tendenzen zum out-sourcing von Produktions- und Distributionsaufgaben aus großen Firmenverbänden mittlerweile durch multinationale Firmen noch gesteigert worden ist. Freilich hat die Globalisierung dabei neue Räume und Felder für Märkte erschlossen.

Kommt man auf die Grundüberlegungen von Smith zurück, so kann man festhalten: Das Bild der unsichtbaren Hand ist so sehr mit der personalen Metaphorik verbunden, daß es sich von dieser nicht lösen läßt, auch wenn - oder gerade weil - die Gestalt, deren Vorstellung sie evoziert, stets nur schattenhaft erscheint. Daher gerät ein Aspekt oft aus dem Blick, der für Smith von zentraler Bedeutung war: nämlich die Idee der Selbstregulation und die mit ihr verbundene Möglichkeit von sich selbst regulierenden Systemen, die Smith in seinem Bild der unsichtbar und ungesteuert wirkenden Hand vorwegnimmt, ohne sie freilich auf den Begriff zu bringen. Der Siegeszug der Dampfmaschine und des Selbstregulierungsgedankens setzt erst 100 Jahre später ein.8

Sucht man der Leistungen der unsichtbaren Hand mit dem begrifflichen Instrumentarium der modernen Sozialwissenschaften habhaft zu werden, so lassen sie sich im Vokabular sowohl der Ordnungs- als auch der Systemsemantik ausbuchstabieren. Der Markt ist demzufolge ein Prozeß, der ordnet und zugleich eine Ordnung schafft. Aus systemtheoretischer Sicht generiert er selbstregulierende Systeme und funktioniert selbst als ein solches. Beide Deutungen sind freilich in postdarwinistische Vorstellungswelten eingebettet und schon deshalb nur bedingt geeignet, den historischen Bedeutungsgehalt der Metapher voll auszuschöpfen.

Gleichwohl gibt es gute Gründe, an der Metapher der unsichtbaren Hand auch unter den gewandelten Marktbedingungen der Gegenwart festzuhalten - freilich nicht zu Zwecken der Erklärung, sondern zur Erhellung von Zusammenhängen. Die Anwendung der Metapher unter neuen und veränderten Bedingungen ist stets nicht nur eine Probe auf ihre Tragfähigkeit, ja mitunter auch Dehnungsfähigkeit, sondern bietet immer auch eine Gelegenheit zur Entdeckung gewandelter Sinnmomente und Bedeutungsgehalte. Wenn es nun beispielsweise nicht den einen Markt, sondern eine Vielzahl von Märkten gibt, wenn Märkte eine komplexe Architektonik haben, neue Märkte entstehen und überkommene Märkte, Produkte und Regulierungsformen vergehen - ist es dann sinnvoll, die Metapher der unsichtbaren Hand ihrerseits zu multiplizieren und von vielen unsichtbaren Händen zu sprechen? Möglicherweise läuft dies auf eine Überdehnung der Metapher hinaus, doch schon eben dieser Frage nachzugehen, eröffnet neue Ein- und Aussichten auf die zugrundeliegende Problematik.

Eine weitere Erklärung für die anhaltende Faszination der invisible hand liegt schließlich in ihrer Fähigkeit zur Komplexitätsreduktion, d.h. in ihrer Eignung zur Übermittlung pointierter Botschaften. Smith suchte diese Stärke zu nutzen, um der Regelungswut des Staates Einhalt zu gebieten. Daß man die unsichtbare Hand auch gegen andere Gegner erheben und mit ihrer Hilfe auch andere politische Botschaften transportieren kann, zeigt etwa der von Fritz Kuhn griffig postulierte Übergang der Grünen zum marktfreundlichen Denken, den er unlängst mit dem Satz: "Die unsichtbare Hand wird grün!" zum Ausdruck gebracht hat. Mindestens ebenso schön, aber tiefsinnig ist die paradoxe Formulierung, die der Ökonom und Analytiker systematischer Informationsasymmetrien Joseph Stiglitz in seinem Buch über die Roaring Nineties gewählt hat, um das Problem der (fehlenden) Regulierung von Märkten zu veranschaulichen: Stiglitz kommt zu dem Schluß, "daß die unsichtbare Hand womöglich deshalb unsichtbar [ist], weil es sie gar nicht gibt" (Stiglitz 2004: 36). Im Unterschied zu Stiglitz scheinen einige Ökonomen freilich nach wie vor an die Macht der kollektiven Suggestion zu glauben.

Die Metapher der unsichtbaren Hand - so kann man den Exkurs resümieren - berührt also die Frage der Konstituierung des Marktes und seiner Leistungen. Im Spannungsfeld von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit läßt sie eine Vielzahl von Problemen und Zusammenhängen aufscheinen, die der Deutung und der Gestaltung gleichermaßen bedürfen. Was Märkte ausmacht, zeigt sich erst, wenn man den Versuch unternimmt, den von Smiths Metapher eröffneten Raum des Unsichtbaren zu erschließen und inhaltlich auszufüllen. Smiths Metapher der unsichtbaren Hand gelingt somit eine paradoxe Leistung: Sie verweist von sich aus auf die Probleme, die in ihr verborgen sind.

Märkte und ihre divergierenden Effekte

Ob die Mechanismen des Marktes und seine sozialen Konsequenzen rationaler oder irrationaler Art sind, ob sie als geordnet, anarchisch oder gar pathologisch verstanden werden müssen, dies sind in der Moderne vieldiskutierte Fragen. Sie werden sowohl mit Blick auf den Einzelnen als auch die Gesellschaft gestellt und machen auch vor der Natur des Menschen nicht halt. Was letztere betrifft, so hat die Diskussion ihren theoretisch bedeutsamsten Niederschlag in der Kontrastierung der Modelle des homo politicus und des homo oeconomicus gefunden. Später gesellte sich zu diesen beiden bekanntlich noch der homo sociologicus - eine Gestalt, die erst mit der Genese der Soziologie, also um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstand. Die historischen Phänomene, die den Auseinandersetzungen um die Mechanismen des Marktes und seine positiven oder negativen Begleiterscheinungen zugrunde liegen, lassen sich jedoch bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen: Die bis dahin unbekannte wirtschaftliche Dynamik einer von ständischen und staatlichen Beschränkungen weitgehend befreiten Wirtschaft, die seit 1835 immer wiederkehrenden Handels-, Produktions- und Finanzkrisen, sowie die prekären Beschäftigungsverhältnisse machten die Frage nach dem Leistungsvermögen des Marktes zu einem Gegenstand andauernder Kontroversen. Während die Mehrheit der Ökonomen und die Vertreter des Freihandels in der vollständigen Freiheit des Marktes den entscheidenden Schlüssel zur Steigerung der wirtschaftlichen Dynamik und letztendlich auch zur Verbesserung der sozialen Verhältnisse sahen, plädierten kritische Vertreter der politischen Ökonomie (Linkssmithianer, Linksricardianer u.a.), Sozialisten und Konservative für eine Begrenzung des Marktgeschehens, um den Einzelnen und die Gesellschaft vor den ihrer Meinung nach destruktiven Folgen eines schrankenlosen Marktes zu schützen. In diesem Zusammenhang ist an den bereits eingangs festgestellten Befund zu erinnern, daß in diesen Kontroversen auffällig oft vom Markt in der Einzahl die Rede ist, die entstehende Gesellschaft des 19. Jahrhunderts mithin schon von den Zeitgenossen primär als eine einfache Marktgesellschaft vorgestellt wurde, d.h. als eine Gesellschaft, die durch einen einheitlichen Typus von Ware-Geld-Beziehungen reguliert wird. Diese - freilich noch nicht auf den Begriff gebrachte - Vorstellung förderte im Hin und Her der Meinungen erstaunliche Einsichten in Wirkmechanismen des Marktes zutage, verstellte aber zugleich den Blick auf die Verschiedenartigkeit der Märkte und ließ die Differenz von internen bzw. externen Leistungen und Effekten von Märkten für lange Zeit in den Hintergrund treten.

Die Tugenden des Marktes

An Fürsprechern des Marktes, die seiner Rationalität, seiner Dynamik und seiner Kreativität huldigen, herrscht in der Ideengeschichte kein Mangel. Von den vielen Lobliedern, die ihm gesungen wurden, waren einige zuvor schon auf die wohltuenden Wirkungen des Handels angestimmt worden. Besonders großer Beliebtheit unter den Vertretern der Aufklärung erfreute sich im 18. Jahrhundert die insbesondere von Montesquieu popularisierte Melodie, der zufolge er "störende Vorurteile" beseitigt, die Sitten der Barbaren "glättet und mildert" und die Völker "zum Frieden geneigt" macht (Montesquieu 1992: Bd. 2, 2f.). Doch nicht nur die Verfeinerung der Sitten und des Umgangs traute man dem Handel zu, vielmehr versprach man sich von ihm auch einen entscheidenden Fortschritt auf dem Weg zum Frieden zwischen den Völkern. Condorcet, Thomas Paine, Immanuel Kant - sie alle wurden nicht müde, das Thema von der die Völker verbindenden Kraft des Handels wieder und wieder zu modulieren: Condorcet erschien der Handel als ein "Feind von Gewalttat und Unordnung" (Condorcet 1976: 148); Paine galt er als "ein friedliches System, welches dahin wirkt, das Menschengeschlecht einander vertraut zu machen, indem es sowohl Nationen als Einzelne einander nützlich macht" (Paine 1973: 254), und auch Kant sah im "Handelsgeist, der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann" (Kant 1964: 226), das sicherste, von der in der Natur waltenden Vorsehung bereitgestellte Mittel, die Menschen und Völker zum Frieden zu erziehen.

Während das Lob der pazifizierenden Kraft des Handels nach den gewaltsamen Kolonisierungsprozessen des 19. und 20. Jahrhunderts verstummte, erfreuen sich andere Motive wei-terhin großer Beliebtheit. Dazu gehört z.B. die Vorstellung vom Markt als einem Kreativität freisetzenden Prozeß. Der schon von Bentham (1992) oder Bagehot (1996) als Mann der Zukunft gefeierte Typus des "projectors" bzw. des "new man" - des gewitzten Projektemachers, den sein Wunsch nach Wohlstand dazu antreibt, neue Produkte zu erfinden und neue Märkte zu erschließen - gilt heute immer noch als einer der Heroen der Marktgesellschaft. Nicht minder angesehen sind seine Brüder, der rastlose Unternehmer und der ehrbare Kaufmann, die ihrerseits ebenfalls als Verkörperungen bestimmter Tugenden gelten, die nur der beständige Wettbewerb am Markt hervorzubringen vermag. Werden Kreativität und Unternehmergeist in der Regel wegen der vorteilhaften Wirkungen für die Konsumenten gepriesen, so mischen sich in den Chor der Freunde des Marktes doch auch immer wieder Stimmen, die die betreffenden Tugenden nicht um ihrer Wirkungen, sondern um ihrer selbst willen schätzen. Den Takt zu dieser Melodie hat Max Weber vorgegeben, für den der freie und selbständige Unternehmer zusammen mit dem um Gefolgschaft für seine politischen Überzeugungen kämpfenden Politiker einen der letzten Repräsentanten menschlicher Individualität in einer zunehmend verwalteten Welt bildete (vgl. Weber 1984: 465f.).

Ein anderes, bis heute verbreitetes Motiv zum Lob des Marktes handelt davon, daß die Kreativität, die der Markt freisetzt, in Form von Innovationen auf diesen zurückwirkt. Diesem Motiv zufolge befindet sich der Markt in einem Prozeß des beständigen Wandels, in dessen Verlauf nicht nur immer neue, sondern aufgrund des selektiv wirkenden Wettbewerbsdrucks auch immer effizientere Verfahren und hochwertigere Produkte entwickelt werden. Besonders prominent vertreten wurde diese These von der "schöpferischen Zerstörung" des Marktgeschehens im zurückliegenden Jahrhundert von Joseph Schumpeter. "Die Eröffnung neuer, fremder oder einheimischer Märkte und die organisatorische Entwicklung" illustrieren in seinen Augen den "Prozeß einer industriellen Mutation [...] der unaufhörlich die Wirtschaftsstruktur von innen heraus revolutioniert, unaufhörlich die alte Struktur zerstört und unaufhörlich eine neue schafft" (Schumpeter 1993: 137f.).

Bedeutsam für die Gegenwart ist schließlich auch das Motiv, welches von Hayek im Anschluß an von Mises vorbrachte: Märkte seien mittels des Preissystems besser in der Lage, eine Vielzahl komplexer Informationen schneller zu kommunizieren und effektiver zu verarbeiten, als planende Institutionen (v. Hayek 1971b: 295f.). Dabei fungiere der anarchische Informationsfluß nicht nur als Garant der effizienten Allokation und Zirkulation von Gütern und Leistungen, sondern biete auch besonders günstige Voraussetzungen für das Entstehen neuer Ideen, Strategien oder Verfahren (ebd.: 47, 49-64).

Anarchie des Marktes?

Der Topos der Anarchie des Marktes geht ideengeschichtlich auf Johann Gottlieb Fichte zurück (vgl. Reese-Schäfer 2005). Zu einem bedeutenden Gegenstand theoretischer Auseinandersetzung ist er freilich erst von Kritikern der Ökonomie wie Sismondi (1971/1975, 2 Bde.) und Karl Marx gemacht worden; von letzterem insbesondere im Rahmen seiner Krisentheorie. Dem großen akademischen Außenseiter und freelancer Marx zufolge erstreckt sich die Anarchie des Marktes dabei nicht nur auf die Prozesse der Zirkulation und Distribution von Waren bzw. Gütern, sondern auf alle Bereiche der Wirtschaft. Zwar seien die Unternehmen und Fabriken rational und auf Profit hin organisiert, die Produktion insgesamt aber verlaufe gleichwohl chaotisch. Dem hält einer der frühen Protagonisten des Marktes, nämlich Frederic Bastiat, in seinen Harmonies economiques Mitte des 19. Jahrhunderts entgegen: "Im ganzen Lexikon der Volkswirtschaft gibt es kein Wort, welches so sehr die Wut der modernen Weltverbesserer erregt hat, als: die Konkurrenz, oder wie man sie auch näher zu bezeichnen pflegt, um sie noch gehässiger zu machen, die anarchische Konkurrenz." Und er fährt fort: "Die Konkurrenz, die wir ganz füglich schlechtweg ‚Freiheit‘ nennen könnten, ist trotz der Anfeindungen, welche sie tagtäglich erfährt, in der Tat das eigentlich demokratische Gesetz. Von allen Kräften, auf denen der Fortschritt der Menschheit beruht, ist sie am wirksamsten; sie gleicht am meisten die Unterschiede in der Gesellschaft aus; sie erst ruft wirkliche Gemeinschaft in derselben hervor." (Bastiat 1850: 324)9

In die hier einander exemplarisch gegenübergestellten Positionen von Marx und Bastiat sind bereits eine ganz Reihe der begrifflichen und normativen Entgegensetzungen eingelassen, die für den Deutungsrahmen der Auseinandersetzungen über die Kräfte und Wirkungen des Marktes bis heute bestimmend sind. Zu den Fragen, die unter Rekurs auf diese Entgegensetzungen immer wieder formuliert und diskutiert werden, zählen u.a. die folgenden: ob das Marktgeschehen rationalen oder irrationalen Motiven gehorcht, ob es Tugenden prämiert oder untergräbt, integrative oder auflösende Folgen zeitigt, schöpferisch oder zerstörerisch wirkt, ob der Markt Gleichheit oder Ungleichheit, Freiheit oder Unfreiheit hervorbringt, ob er Kooperation oder Konkurrenz befördert, und schließlich, ob er der Natur des Menschen gemäß oder ihr zuwider ist.10

Wichtiger für den hier interessierenden Zusammenhang ist allerdings, daß der Topos der Anarchie des Marktes auch schon die Gretchenfrage der Marktwirtschaft impliziert: ob nämlich Marktversagen bzw. Marktbereinigungen und die mit ihnen verbundenen ökonomischen und sozialen Konsequenzen wie Krisen, Massenarbeitslosigkeit, soziale Depravation u.a.m. zu den unvermeidlichen Begleiterscheinungen des Marktgeschehens gehören oder nicht. Diejenigen, die von den negativen Auswirkungen dieser und ähnlicher Phänomene betroffen sind, verurteilen sie einhellig; und nicht wenige Kritiker des Marktes springen ihnen bei und sprechen in derartigen Fällen von Pathologien des Marktes. Aber ist das sinnvoll? Ist alles, was nicht erwünscht ist, deshalb schon pathologisch? Und was wäre dann als normal zu bezeichnen? Wo liegt der Maßstab, mit dessen Hilfe sich Ablauf und Wirkungen von Marktprozessen in funktionaler bzw. normativer Hinsicht bewerten lassen sollen? Darauf läßt sich ohne Rekurs auf umfassendere Vorstellungen sozialer Organisation und Ordnung unmöglich antworten. Zusammen mit dem Problem der Deutung und Bewertung des Marktes stellt sich somit immer auch die Frage ein, welche Art gesamtgesellschaftlicher Rationalität und welches Ausmaß an staatlicher Planung und Steuerung für möglich und für vertretbar gehalten wird.11

Worauf die Pathologien von Märkten beruhen, wird außerordentlich verschieden erklärt.12 Liberale jeder Couleur beklagen vor allem den zu großen Einfluß und die ungezügelte Regelungswut des Staates und fordern eine konsequent "wettbewerbsorientierte" Politik. Von Seiten des Ordo-Liberalismus verweist man in diesem Zusammenhang außerdem gern auf die Bedeutung günstiger, d.h. einem freiheitlichen Marktgeschehen zuträglicher, sozio-kultureller Rahmenbedingungen und einer entsprechenden "Gesellschaftspolitik" (vgl. Foucault 2004:185ff.). Von sozialdemokratischer Seite wird demgegenüber gerade das Fehlen staatlicher Regulierungen als Ursache der wichtigsten Probleme benannt. In jüngeren Debatten hat diese Sichtweise ihren wirkmächtigen Ausdruck vor allem in der These von der abnehmenden Steuerungsfähigkeit des Staates unter Bedingungen globalisierter Märkte gefunden.13 Marxisten schließlich sehen den entscheidenden Defekt in der Eigentumsordnung, im Privateigentum, und zwar vor allem dem Privateigentum an Produktionsmitteln. Das mag für das 19. Jahrhundert noch teilweise treffend gewesen sein, heute ist es das in dieser Form jedoch gewiß nicht mehr. Das Eigentum und die Verfügungsgewalt über dasselbe ist in enormer Dichte reguliert. Jeder Haus- und Wohnungseigentümer, aber auch ein großer Teil der Mieter kennen aus eigener Erfahrung die Fülle und Reichweite rechtlicher Regulierung. Solche und darüber hinausgehende gesellschaftliche Definitionsprozesse von Eigentum, und zwar bürokratischer, politischer und ökonomischer Art, von denen inzwischen ja viele in Brüssel verfertigt werden, sind interessante Forschungsfelder.

Pathologien des Marktes?

Ein erster, für jede Auseinandersetzung mit der Frage nach Pathologien des Marktes relevanter Fragenkomplex betrifft das Verhältnis von Märkten, Gütern und Arbeit. Dabei geht es u.a. um die Umwandlung von Gütern und Arbeit in Waren bzw. in Nicht-Waren (die Prozeßkategorien dafür sind Kommodifizierung und Dekommodifizierung), um die Einbettung bzw. Entbettung von Märkten und deren Regulierungsmöglichkeiten, sowie um die Frage, ob der Gegensatz von privaten und öffentlichen Gütern geeignet ist, die Vielzahl und Verschiedenartigkeit der Güter hinreichend zu erfassen. Diese Fragen sollen hier nicht beantwortet, sondern lediglich anhand ausgesuchter Beispiele exemplarisch vorgestellt und in ihrer Komplexität zur Sprache gebracht werden, um die Notwendigkeit eines empirisch genauen und phänomenologisch sensiblen Umgangs mit Märkten in der Vielzahl ihrer Erscheinungsformen zu unterstreichen.

Daß der Kapitalismus als die gewinnorientierte Form der Marktwirtschaft bzw. der Marktgesellschaft dazu tendiert, alles in Waren zu verwandeln, diese weitverbreitete Ansicht wird oft Marx zugeschrieben. Er steht damit am Beginn einer illustren Ahnengalerie, die sehr verschiedene Geister umfaßt und in der Gegenwart u.a. durch Gary S. Becker und sein Konzept eines "ökonomischen Imperialismus", demzufolge alle Beziehungen nach dem Marktmuster gedacht werden sollten, fortgesetzt wird.14 MarxÂ’ berühmte Formulierung im Manifest der Kommunistischen Partei, in dem es von der Bourgeoisie heißt, sie habe "die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose ‚bare Zahlung‘" (Marx/Engels 1962: 464), ist jedoch selbst nicht ohne Vorläufer. Sie geht auf den englischen Publizisten Thomas Carlyle zurück. Dieser moderne Konservative sah bereits Anfang der 1840er Jahre die Gefahr der Auflösung aller sozialen Beziehungen in den "Cash-Nexus" und attackierte den "Mammonism", d.h. die Kommerzialisierung der Gesellschaft.15 Damit reagierte er wie die sozialistischen Kritiker auf die große Dynamik der Monetarisierung und Kommerzialisierung, den einsetzenden Megatrend des 19. Jahrhunderts, in dessen Verlauf sich die Warenform in zuvor nicht gekannter Weise ausbreitete und auf bis dahin nicht vermarktete Faktoren des sozialen Lebens wie Arbeit und Boden übergriff.16 Sieht man von der geschichtsphilosophischen Überhöhung der Problematik durch Marx einmal ab, hat die Frage nichts von ihrer Berechtigung verloren. Im Gegenteil: Überblickt man einen längeren Zeitraum, so spricht in der Tat einiges für die Annahme, daß heute eine zunehmend größere Anzahl von Gütern in Waren verwandelt und eine stetig wachsende Zahl von sozialen Beziehungen vermittels des Geldes reguliert wird. Die Beispiele, die sich anführen lassen, reichen von Partnerschaftsanbahnungs- und Trennungsagenturen, Heirats- und Adoptionsinstituten über die Vermittlung von Leihmüttern und Leihomas oder Ghostwritern zur Erstellung akademischer Qualifizierungsarbeiten bis hin zur Patentierung und Vermarktung von Pflanzen und Genen.

Gegen diesen Trend richten sich eine Vielzahl von Kampagnen, deren Bestreben es ist, bestimmte Güter oder Beziehungen für nicht-kommodifizierbar zu erklären. Zu den Gütern, um die derzeit besonders heftig gestritten wird, zählen etwa Wissen und Information. Ging man lange Zeit davon aus, diese seien gewissermaßen "von Natur aus" frei und nicht in Warenform überführbar, so ist man heute eines Besseren belehrt und weiß - nicht zuletzt infolge einer Vielzahl kritischer Untersuchungen17 - um den prekären Charakter auch des geistigen Eigentums und die Notwendigkeit seines rechtlichen Schutzes.

Eine ebenfalls bedeutende Rolle in den Auseinandersetzungen um Arbeit, Güter, Waren und die Grenzen des Marktes spielen schließlich diejenigen Dekommodifizierungsprozesse, die traditionell mit den Begriffen der Vergesellschaftung bzw. Verstaatlichung belegt sind. Diese Thematik ist in den zurückliegenden Jahren insbesondere durch die Arbeiten des Sozialstaatsforschers Gøsta Esping-Anderson (u.a. 1990) neuerlich zu einem Gegenstand verstärkter Aufmerksamkeit geworden. Der norwegische Forscher nimmt dabei einen Gedanken von Karl Polanyi auf, der bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert in seiner bahnbrechenden Studie The Great Transformation darauf hingewiesen hatte, daß Arbeit bzw. Arbeitskraft keine Ware im eigentlichen Sinne sei (v. Polanyi 1978: 102ff.) und vor den Folgen ihrer Umwandlung in eine "fiktive Ware" gewarnt hatte. Esping-Anderson zeigt, wie man in den westlichen Wohlfahrtsstaaten dazu übergeht, die restlos weder mögliche noch gewollte Kommodifizierung der Arbeit konzeptuell so in die Entwicklung des Sozialstaates einzuführen, daß die Garantie sozialer Rechte als Dekommodifizierung erscheint, d.h. als Eingrenzung der Warenförmigkeit durch soziale Ansprüche.

Abgesehen von der Arbeit bzw. der Arbeitskraft, deren Warencharakter seit Einführung der Lohnarbeit im Frühkapitalismus bis heute heftig befehdet wird, sind es insbesondere natürliche Ressourcen wie Luft und Wasser, die gegenwärtig im Zentrum heftiger Debatten stehen. Was etwa das Gut des Wassers betrifft, dessen Privatisierung seit einigen Jahren kontrovers diskutiert wird (vgl. u.a. Barlow/Clarke 2002; Snitow u.a. 2007; Pearce 2007; Dobner 2007a), so glaubte man lange Zeit, daß hier prinzipielle Schranken technischer wie normativer Art existierten. Die Privatisierung von Wasserwerken und Wasserquellen sowie der ruinöse Raubbau an Aquiferen (unterirdischen natürlichen Wasserspeichern) sprechen jedoch mittlerweile eine andere Sprache. Wenngleich die Privatisierung - vor allem in ärmeren Ländern - viele soziale Kosten mit sich bringt, so haben sich staatliche Lösungen doch keinesfalls immer als besser erwiesen - man denke in diesem Zusammenhang nur an die krasse und verbreitete Gigantomanie von Staudammbauten. Auch die von den Gegnern der Ökonomisierung und Kommerzialisierung des Wassers vorgebrachte Forderung nach einem Menschenrecht auf Wasser (Dobner 2007b) bleibt eine überzeugende Antwort auf die drängende Frage nach den Möglichkeiten einer effektiven Bewirtschaftung und Distribution des knappen Gutes bislang schuldig. Welche besonderen politischen Regeln für die Bewirtschaftung lebenswichtiger strategischer Ressourcen gelten sollen und wie diese gegebenenfalls auch unter externem Druck aufrechterhalten werden können, wenn eben diese Ressourcen beispielsweise anderenorts in Waren verwandelt werden, ist derzeit noch völlig unklar (vgl. Heynen u.a. 2007). Auch die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Umwandelbarkeit von Arbeit und Gütern in Waren entpuppt sich somit als Frage nach den elementaren Regeln sozialen Zusammenlebens.

Verkomplizierend kommt hinzu, daß die in der Auseinandersetzung um diese Fragen beliebte Dichotomie von privaten und öffentlichen Gütern ihrerseits selbst nicht unproblematisch ist. Bei manchen Gütern hängt die Zuordnung zu einer der beiden Kategorien schließlich nur davon ab, in welchem Kontext sie gebraucht werden. Einen interessanten Mittelweg in der heiklen Debatte um Kommodifizierung und Dekommodifizierung beschreitet Margaret Radin (1996). Für sie gibt es umstrittene Waren, die unvollständig kommodifizierte Güter, also gleichzeitig Waren und Nicht-Waren sind. Die krassen Beispiele, auf die sie in diesem Zusammenhang verweist, sind Prostitution und Baby-Handel. In diesen Fällen, so Radin, existierten einerseits massive rechtliche und moralische Bedenken gegen eine komplette Kommodifizierung, andererseits aber ließen die geltenden juridischen und moralischen Normen und anhaltende Praktiken oft eine eindeutige Entscheidung gar nicht zu. Moralische Ächtung von Prostitution, selbst die Publikation von Freiern im Internet, wie sie in den USA eine Zeitlang betrieben wurde, haben die marktförmige Prostitution nicht zum Verschwinden gebracht. Eingebettet ist dieser brisante Befund bei Radin in die Unterscheidung zwischen wirklichen und metaphorischen Märkten. Wirkliche Märkte sind demnach notwendig mit geldvermittelten Tauschbeziehungen verbunden, während metaphorische Märkte darauf beruhen, daß Beziehungen nach dem Marktmodell vorgestellt werden. Pure ökonomische Nutzenkalkulationen von Individuen bedeuten noch lange nicht, daß reale Märkte oder entsprechende Strukturen existieren.

Relativiert wird der anhand der vorstehenden Beispiele skizzierte Trend einer wachsenden Reduktion sozialer Beziehungen auf den Cash-Nexus schließlich auch durch Anreicherungen des Marktmodells infolge alltagssoziologischer Bobachtungen. So hat etwa die Soziologin Viviana A. Zelitzer (1997) gezeigt, daß selbst Geld - für gewöhnlich als das abstrakte Tauschmedium schlechthin betrachtet - je nach seinem Gebrauch unterschiedliche Bedeutungen annehmen kann. Berücksichtigt man den pragmatischen Kontext des Geldes, dann, so Zelitzer, ist zu erkennen, daß Geld in bestimmten Situationen, in denen es eine stark zweckbezogene Verwendung erfährt, seinen ubiquitären Charakter verliert. Zu den Beispielen, auf die sie in diesem Zusammenhang verweist, gehören geheiligtes Geld für Begräbnisse, extra gespartes Geld, etwa für Spenden oder für die Ausbildung der Kinder, u.a.m. In all diesen Fällen ist das Medium Geld in symbolischer und sozialer Hinsicht besonders aufgeladen und allen alternativen Verwendungsweisen bewußt entzogen.

Daß sogar die Liebe, dieser residuale Hort von Intimität, heutzutage eng mit verschiedenen Formen von Konsum verbunden ist, hat unlängst die an der Hebrew University of Jerusalem lehrende Soziologin Eva Illouz (2003) in einer schönen Studie über die Rolle von Konsum in Partnerbeziehungen herausgearbeitet. Illouz zufolge fällt der Gegensatz von Liebe als exzeptioneller sozialer Beziehung und Geld als universalem Tauschmittel in der Realität keineswegs so strikt aus, wie in der Theorie vielfach behauptet. Dabei geht es ihr nicht um den gegenwärtigen Boom von Heirats- und Partnerbörsen, sondern vielmehr um das Phänomen der zunehmend konsumvermittelten Anbahnung von Liebesbeziehungen. Demnach spielen Konsum und über Konsum vermittelte Zeichensysteme sowohl für das erste Rendezvous als auch für weitere "Dates" eine wichtige, mitunter entscheidende Rolle. Liebesbeziehungen, die ein erhebliches Ausmaß an Autonomie und eigener Kontrolle ermöglichen, sind - so der paradoxe Befund - von den "Sprachen des Marktes eingerahmt" (ebd.: 277). Die Vielfalt marktvermittelter Waren und Güter und der mit ihnen verbundene Distinktionszwang verwandeln sich in den Händen der Liebenden so zu Bausteinen einer gemeinsamen Paar-Identität. Bastiats Vorstellung von der gemeinschaftsstiftenden Kraft der Konkurrenz erfährt damit eine ebenso späte wie ungewöhnliche Bestätigung. Die identitätsstiftende Kraft von Marken läßt sich jedoch nicht nur anhand von Zweierbeziehungen, sondern auch in größeren Zusammenhängen beobachten. So hat in der jüngeren Konsumforschung etwa Kai-Uwe Hellmann (2006) ein überprüfbares Konzept zur Erforschung von Konsumenten- und Markengemeinschaften entwickelt. Das ist im Prinzip eine Inversion, eine Umkehrung eines ganzen Argumentationsstranges, dessen Anfang wir bei Marx und Carlyle ausgemacht hatten. Diese Autoren nahmen an, daß Ware-Geld-Beziehungen Gemeinschaftsbindungen auflösen; demgegenüber wird nun die gemeinschaftsstiftende und identitätsbildende Rolle des geldvermittelten Konsums von Markenwaren untersucht.

Sind die sozialwissenschaftlichen und -philosophischen Debatten um den Markt, seine Leistungen und seine Grenzen also nicht über Bastiat und Marx hinausgekommen? Sind die heutigen Liebhaber des Marktes und seine Verächter nicht klüger als ihre geistigen Ahnen? Die vorstehenden Ausführungen sollten, ungeachtet ihres skizzenhaften Charakters, deutlich gemacht haben, daß zu so viel Skepsis kein Anlaß besteht. Die differenzierte Betrachtung von Monetarisierungs-, Kommerzialisierungs- und (De-)Kommodifizierungsprozessen, wie sie die zeitgenössische Forschung praktiziert, hat, wo nicht zu neuen Erkenntnissen, so doch zumindest zu neuen Fragestellungen geführt und neue Horizonte eröffnet: Ein Markt ist nicht wie der andere, und Geld ist nicht gleich Geld. Nicht alle Tauschbeziehungen lassen sich in Ware-Geld-Relationen überführen, und nicht alle Güter und sozialen Beziehungen lassen sich "restlos" in Waren verwandeln. Über Märkte, ihre Leistungen, ihre Grenzen und ihr mögliches Versagen muß und wird man weiterhin streiten. Will man dabei aber nicht nur die Schlachten der Vergangenheit nachstellen, kommt man nicht umhin, die im einzelnen erreichten Differenzierungsgewinne theoretisch und methodisch zu verarbeiten. Dem Eigensinn sozialer Beziehungen und Güter und der Eigenlogik ihres Austausches wird dabei - insbesondere von den Vertretern einer sich selbst als "kritisch" verstehenden Sozialwissenschaft - künftig wieder mehr Aufmerksamkeit beigemessen werden müssen (vgl. Greven 1991; 2006). Welche Geländegewinne sich dabei mittels eines mehr an Produktions- bzw. Distributionsverhältnissen orientierten Ansatzes gegenüber einem vordringlich an Kommunikationsbeziehungen interessierten Theoriedesign erzielen lassen, haben von verschiedenen Seiten her Michael Walzer (1992) und Nancy Fraser (2001) gezeigt (vgl. auch Fraser/Honneth 2003).

Autodestruktion des Marktes?

Abschließend verdient noch eine Denkfigur Erwähnung, die vor allem die Kritiker des Marktes immer wieder in ihren Bann gezogen hat, nämlich die Idee der Autodestruktion. Wenn man, wofür wir plädieren, mit der Rede von Pathologien des Marktes vorsichtig sein sollte, so gilt es auch hier wiederum genauer hinzuschauen. So lassen sich ideengeschichtlich zwei wirkmächtige Ausdeutungen von Autodestruktion unterscheiden.18 In der ersten, bis zu Max Webers Studien über Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1988b) zurückreichenden Tradition geht man davon aus, daß die Marktwirtschaft langsam, aber sicher die Ressourcen aufzehrt, die ihren historischen Siegeszug einst begründet hatten. Hierzu zählt man in erster Linie bestimmte, Leistungsorientierung und Triebverzicht begünstigende sozio-moralische Ressourcen, beispielsweise sittliche, kulturelle oder auch religiöse Einstellungen und Verhaltensmuster. In der Auslegung dieses Vorganges scheiden sich jedoch abermals die Geister: Die einen halten, durchaus mit konservativer Attitüde, diesen Vorgang für problematisch und riskant. Ihnen scheint die Marktwirtschaft auf einen katastrophalen Kollaps zuzusteuern, weil sie die letzten Wertbestände einer vergangenen Zeit aufzehrt, ohne für Nachschub sorgen zu können. Weil das Postulat der Unentbehrlichkeit sozio-moralischer Ressourcen aus vorkapitalistischer Zeit nach rund zwei Jahrhunderten Kapitalismus nicht mehr ohne weiteres zu überzeugen vermag, wird dieses Argument mittlerweile oft dahingehend variiert, daß man auf die Notwendigkeit der Reproduktion entsprechender Gegenkräfte jenseits des Wirtschaftssystems, also im sozialen und kulturellen Bereich verweist. Dieser Variante zufolge besteht die autodestruktive Gefahr dann im Risiko der Austrocknung oder "Kolonialisierung" (Habermas 1981) lebensweltlicher Zusammenhänge durch das Wirtschaftssystem und seine expansive Marktlogik. Glaubte der prominente amerikanische Soziologe Daniel Bell in den 1970er Jahren noch, der Bereich der Kultur bilde mit seinen expressiven und hedonistischen Orientierungen im modernen Kapitalismus einen Gegensatz zum Bereich der Wirtschaft mit ihren Rationalitäts- und Effizienzanforderungen (Bell 1976)19, so konstatiert die sozialwissenschaftliche Forschung gegenwärtig nicht ohne Staunen die kulturelle Anverwandlungsfähigkeit des Kapitalismus. So kommen Luc Boltanski und Eve Chiapello (2003) nach eingehender Lektüre neuerer Managementliteratur zu dem Schluß, daß die hedonistisch-kulturelle Orientierung mittlerweile in das Herz des Kapitalismus eingezogen sei. Der moderne Manager von heute werde anhand von Ratgebern, die zugleich als Lifestyle-Fibeln fungierten, dazu angehalten, Leistung und Erfolg als Formen innerer Erfüllung anzusehen.

Weber selbst hat sich in dieser Frage interessanterweise nicht eindeutig festgelegt. So hält er die sozio-moralischen Ressourcen des Kapitalismus durchaus für entbehrlich, da er davon ausgeht, daß Wirtschaft, Arbeitsteilung und Bürokratie sich im Laufe der Zeit von ihnen abkoppeln und den kulturellen Quell, aus dem sie entsprangen, so gleichsam ‚vergessen‘. Diese ‚kulturelle Amnesie‘ des Kapitalismus bringt dann den oft zitierten Typus des "Fachmenschen ohne Genußfähigkeit" (Weber 1988b: 204) - bei dem es sich übrigens um einen Nachfahren von Nietzsches "letztem Menschen" handelt - und das "stahlharte Gehäuse" (ebd.: 203) hervor. Folgt man dieser ebenfalls von Weber ausgelegten Spur, so gelangt man zur zweiten Denkfigur von Autodestruktivität und der mit ihr verbundenen Diagnose. Demnach droht die Marktwirtschaft nicht an der schleichenden Aufzehrung ihr äußerlicher Ressourcen zu scheitern, sondern an ihrem Erfolg. Eine derartige Vorstellung von Autodestruktivität erkennt für die nicht nach einem grand design geschaffene Marktwirtschaft die Gefahr, im Zuge ihrer Ausdehnung die Fundamente ihres kontingenten Bauplans langsam, aber sicher zu überlasten. Die Steigerung von Produktionskapazitäten, das Wachstum des Kapitals und seine ebenfalls gestiegene Flexibilität sowie die Schaffung grenzüberschreitender Märkte und Wirtschaftsräume setzen demnach eine Entwicklung in Gang, in deren Verlauf das ganze System sich grundlegend wandelt, es also - mit Hegel gesprochen - zu einem Umschlag von Quantität in Qualität kommt.

Die erwähnte Fluchtpunktperspektive von Weber hat insbesondere Joseph Schumpeter Mitte des vergangenen Jahrhunderts auf interessante Weise abgewandelt. Seiner Meinung nach stellt die moderne Entwicklung des Kapitalismus auf lange Sicht nicht nur die Konkurrenz zwischen den Unternehmern in Frage, sondern vor allem die Figur des eigenständigen Unternehmers selbst. Weil Unternehmer und Firmen im Zuge der von wachsenden Absatzmärkten diktierten Expansion mehr und mehr Kapital in Forschung und Innovation investieren müssen, werden sich, Schumpeter zufolge, mit der Zeit nur noch Großkapitalisten am Markt halten können. Die heroische Figur des individuellen Unternehmers, der Ideen aufgreift und umsetzt, muß ihre Selbständigkeit in diesem Verdrängungswettbewerb notwendig verlieren (Schumpeter 1993). Ungeachtet der Popularität, der sich Schumpeters Prognose zwischenzeitlich erfreute und die zu weiteren Abwandlungen führte - man denke nur an C. Wright MillsÂ’ These des alles kontrollierenden "militärisch-industriellen Komplexes" (Mills 1956) -, hat sich auch sie nicht bewahrheitet. Gleichzeitig ist die Universalisierung der Unternehmerfigur in Moralunternehmer, politische Unternehmer, "Arbeitskraftunternehmer" etc. ebenso abstrakt wie jene purer generalisierter Ware-Geld-Beziehungen. Die Vielfalt der Märkte und ihrer widersprüchlichen, nicht selten sozial problematischen Wirkungen scheint sich also nicht nur gegen große theoretische Verallgemeinerungen zu sträuben (vgl. u.a. Hall 2001), sondern auch gegen voreilige Totsagungen.

Anmerkungen

1 So war es Smith möglich, nicht nur - wie traditionell üblich (vgl. u.a. Justi 1993: § 199) - die Stadt als "eine ständige Messe oder ein[en] Markt" (Smith 1974: 313) zu begreifen, sondern sowohl die Gesamtheit der Märkte eines Staates als auch die Gesamtheit der Austausch- und Handelsbeziehungen verschiedener Staaten mit ihresgleichen und ihren Kolonien auf den Begriff des Marktes zu bringen. Amerika ist für Smith zuvorderst "ein neuer Markt", ebenso wie Europa, dessen Staaten Smith zufolge einen gemeinsamen "europäischen Markt" bilden (ebd.: 173). Die Rede vom "europäischen Markt" - bezeichnenderweise im Zusammenhang mit dem Sklavenhandel - begegnet einem auch schon bei John Millar, dem Dritten der großen Schotten, und zwar in dessen sechs Jahre zuvor veröffentlichten Erörterungen Vom Ursprung des Unterschieds in den Rangordnungen und Ständen der Gesellschaft (Millar 1967: 139, 236). Doch erst bei Smith gewinnt der Ausdruck durch seine Verbindung mit dem abstrakten Konzept des Marktes eine theoretisch anspruchsvolle Bedeutung. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Beobachtung von Michel Foucault, der mit Blick auf Smith schreibt, daß sich in seinem Werk "Europa zum ersten Mal als Wirtschaftseinheit, als Wirtschaftssubjekt der Welt präsentiert oder sich die Welt so vorstellt, daß sie ihr Wirtschaftsgebiet sein kann und soll." (Foucault 2004: 86)

2 "In der Praxis bedeutet dies, daß es für jedes Element der Produktion Märkte geben muß, daß jedes dieser Elemente auf diesen Märkten in eine Angebots- und eine Nachfragegruppe eingeteilt ist, und daß jedes Element einen Preis hat, der sich durch Nachfrage und Angebot bildet. Diese Märkte - es sind unzählige - sind untereinander verbunden und bilden einen einzigen großen Markt." (Polanyi 1978: 107)

3 Vgl. etwa Benthams Kritik an den staatlichen Bestimmungen zum Schutz vor Wucher oder MalthusÂ’ scharfe Ablehnung jeglicher Armengesetzgebung.

4 In diesem Sinne äußert sich auch Foucault: "Das Modell und das Prinzip des Marktes war der Tausch, und die Freiheit des Marktes, das Nichteingreifen eines Dritten, irgendeiner Autorität, a fortiori einer Staatsautorität, war natürlich deshalb nötig, damit dieser Markt annehmbar und die Äquivalenz wirklich eine Äquivalenz ist. Allerhöchstens verlangte man vom Staat, das richtige Funktionieren des Marktes zu überwachen, d.h. er sollte bewerkstelligen, daß die Freiheit der am Tausch Beteiligten geachtet wurde." (Foucault 2004: 170) Bestätigt wird diese Sichtweise auch durch zahlreiche Äußerungen von Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts, wie etwa der von Thomas Paine, dem zufolge der Handel "nichts weiter [ist] als ein Umtausch unter zwei Personen, nach Verhältnis ihrer Zahl vervielfacht" (Paine 1973: 254).

5 Zu den wichtigsten dieser Richtlinien gehören nach von Hayek "die Verhütung von Gewalt und Betrug, der Schutz des Eigentums und die Erzwingung von Verträgen, und die Anerkennung gleicher Rechte für alle Individuen, in beliebigen Mengen zu erzeugen und zu beliebig festgesetzten Preisen zu verkaufen" (v. Hayek 1971b: 294).

6 "The free-market liberal may readily agree that the distinction between the issue of voluntariness in agreements within rules and the issue of voluntariness in agreements on rules applies to private constitutional contracts, such as contracts that govern employment relations or relations among the members in a partnership. The constitutional liberal insists that it must be extended to public constitutional contracts as well, and that it applies equally to the rules of the market itself. What legitimizes the market as a constitutional order is, in the last resort, its voluntary acceptance as a constitutional order, and that legitimacy is not provided by the voluntary transactions that are carried out within the market order" (Vanberg 2001c: 35).

7 Die Literatur ist kaum überschaubar. Ottow 1991 unterscheidet gegensätzliche Modelle nach den Rezeptionslinien von Shaftesbury und von Mandeville; grundlegend für die Zeit vor Adam Smith: Hirschman 1987; aufschlußreich zu Smith auch Macfie 1967; Mino-witz 1993; Rothschild 2001; Kennedy 2005; Smith 2006.

8 Allerdings sollte man nicht unterschätzen, wie weit die Idee der Selbstregulierung schon im 18. Jahrhundert entwickelt war. Vgl. dazu, und zur Variation der Idee von Regieren und Regulieren, Bohlender 2007: 77ff.

9 Das ist antiständisch gedacht, aber auch naiv, weil Konkurrenz Formen der Gemeinschaft nicht nur erzeugt, sondern auch zersetzt. Weiter heißt es bei Bastiat: "Das persönliche Interesse ist jene unbezwingbare Gewalt des Individuums, welche uns von einem Fortschritt zum anderen treibt, zugleich aber auch dazu, ihn für uns allein auszubeuten. Die Konkurrenz dagegen ist jene andere, nicht weniger unvertilgbare Kraft, welche sich des Fortschritts bemächtigt, um ihn aus dem Besitztum des Einzelnen zum gemeinsamen Gut der ganzen Menschheit zu machen. Diese beiden Kräfte kann man jeweils für sich bekritteln, in ihrem Zusammenhang aber begründen sie die Harmonie der Gesellschaft" (Bastiat 1850: 331).

10 Zu einigen dieser Gegensätze vgl. Buchanan 1985.

11 Hier braucht man nur an die großen geistigen Schlachten um die Planwirtschaft oder die französische "Planification" der 1950er bis 1970er Jahre zu erinnern. Wer den Plan und die Planung hoch schätzt, kann dem Markt wenig(er) abgewinnen. Freunde von Kreativität und Innovation werden demgegenüber die entsprechenden (internen und externen) Vorteile des Marktes betonen.

12 Pathologien des Marktes und des Kapitalismus können getrost als ein Hauptthema der Kritischen Theorie bezeichnet werden, ungeachtet des von Seiten ihrer Vertreter jüngst unternommenen Versuchs, semantisch auf Paradoxien umzustellen (vgl. Honneth 2002). Der in diesem Theoriecamp obwaltende ökonomische Sachverstand bleibt dabei allerdings leider häufig defizitär. Das betrifft nicht nur die Analyse des Marktgeschehens selbst, sondern auch dessen Voraussetzungen.

13 Daß dieser Befund keineswegs eindeutig ist, es mit Blick auf die Frage der Handlungs- und Steuerungsfähigkeit des Staates vielmehr differenzierter Betrachtungen bedarf, verdeutlichen die Beiträge in Levy 2006.

14 Vgl. die populäre Schrift Becker/Becker 2007.

15 Carlyle spricht sowohl in Past and Present wie auch in Chartism wiederholt vom bloßen "Cash-payment" bzw. "Cash-Nexus"; vgl. Carlyle 2004: 146, 347, 363.

16 Dazu immer noch lesenswert: Polanyi 1978.

17 Von den zahlreichen Publikationen seien hier nur erwähnt: Adorno/Horkheimer 2006; Burke 2001; Stehr 2007.

18 Vgl. zum folgenden auch Hirschman 2003, sowie zu Hirschman: Pies/Leschke 2006.

19 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Bluhm 2006: 49ff.

Literatur

Adorno, Theodor W./ Horkheimer, Max (162006): Dialektik der Aufklärung: Philosophische Fragmente (1947). Frankfurt a.M.: Fischer

Bagehot, Walter (1996): Lombard Street: A Description of the Money Market (1873). Düsseldorf: Wirtschaft und Finanzen

Barlowe, Maude/ Clark, Tony (2002): Blaues Gold. Das globale Geschäft mit dem Wasser. München: Antje Kunstmann

Bastiat, Frederic (1850): Volkswirtschaftliche Harmonien. Berlin: Hempel

Becker, Gary S./ Becker, Guity Nash (2007): Die Ökonomik des Alltags. Tübingen: Mohr Siebeck

Beckert, Jens (2002): Vertrauen und die performative Konstruktion von Märkten, in: Zeitschrift für Soziologie 31 (1), 27-43

Beckert, Jens (2007): Die soziale Ordnung von Märkten; http://www.mpifg/Publications/DiscussionPapers

Bell, Daniel (1976): Die Zukunft der westlichen Welt. Kultur und Technologie im Widerstreit. Frankfurt a.M.: Fischer

Bentham, Jeremy (1992): Defence of Usury (1787). London u.a.: Routledge u.a.

Bluhm, Harald (2006): Figuren einer intellektuellen Bewegung - Irving Kristol, Daniel Bell, Leo Strauss und der Neokonservatismus, in: Ders./ Walter Reese-Schäfer, Die Intellektuellen und der Weltlauf. Schöpfer und Missionare politischer Ideen in den USA, Asien und Europa nach 1945. Baden-Baden: Nomos, 39-60

Blumenberg, Hans (1996): Paradigmen zu einer Metaphorologie (1960), in: Theorie der Metapher, hg. v. Anselm Haverkamp. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 285-315

Böhm, Franz (1980): Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft, in: E.-J. Mestmäcker (Hg.), Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft. Baden-Baden: Nomos

Bohlender, Matthias (2004): Von der Rhetorik des Vertrages zur Rhetorik des Tauschs. Zur Anthropologie der ‚Marktgesellschaft‘, in: Jahrbuch Rhetorik, hg. von Manfred Beetz/ Joachim Dyck/ Wolfgang Neuber/ Gert Ueding, Bd. 23: Rhetorik und Anthropologie. Berlin: Niemeyer, 26-40

Bohlender, Matthias (2007): Herrschen, Disziplinieren und Regulieren, in: Politische Theorie und Ideengeschichte. Lehr- und Textbuch, hg v. Marcus Llanque und Herfried Münkler. Berlin: Akademie Verlag, 50-95

Boltanski, Luc/ Chiapello, Eve (2003): Der neue Geist des Kapitalismus, Konstanz: UVK

Buchanan, Allen (1985): Ethics, Efficiency and the Market. Totowa, NJ: Rowman & Allanheld

Buchanan, James M. (1990): The Domain of Constitu-tional Economics, in: Constitutional Political Economy 1 (1), 1-18

Buchanan, James M. (1991): The Economics and the Ethics of Constitutional Order. Ann Arbor: The University of Michigan Press

Burke, Peter (2001): Papier und Marktgeschrei. Die Geburt der Wissensgesellschaft. Berlin: Wagenbach

Carlyle, Thomas (2004): Past and Present, Chartism, and Sartor Resartus (1856). New York: Harper & Brothers

Chandler, Alfred D., Jr. (1977): The Visible Hand. The Managerial Revolution in American Business. Cambridge, Mass./London: Belknap Press

Coase, Ronald H. (1990): The Firm, the Market, and the Law, in: Ders., The Firm, the Market and the Law. Chicago/London: University of Chicago Press, 1-31

Condorcet, Marie Jean Antoine Nicolas Caritat de (1976): Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Dobner, Petra (2007a): Wasserpolitik. Habilschrift, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (unveröff. Ms.)

Dobner, Petra (2007b): Menschenrecht auf Wasser, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 1, 9-13

Esping-Anderson, Gøsta (1990): The Three Worlds of Welfare Capitalism. Princeton, NJ: Princeton University Press

Eucken, Walter (61990): Grundzüge der Wirtschaftspolitik (1952). Tübingen: J.C.B. Mohr

Ferguson, Adam (1986): Versuch über die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft (1767). Hg. u. eingel. v. Zwi Batscha u. Hans Medick. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Fligstein, Neil (2001): The Architecture of Markets. An Econ-omic Sociology of Twenty-First Century Capitalist Societies. Princeton, NJ, u.a.: Princeton University Press

Foucault, Michel (2004): Geschichte der Gouvernementalität II. Die Geburt der Biopolitik. Vorlesungen am Collège de France 1978-1979. Hg. v. Michel Sennelart. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Fraser, Nancy (2001): Die halbierte Gerechtigkeit. Schlüsselbegriffe des postindustriellen Sozialstaats. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Fraser, Nancy/ Honneth, Axel (2003): Umverteilung oder Anerkennung? Eine politisch-philosophische Kontroverse. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Friedman, Milton (1976): Kapitalismus und Freiheit. München: dtv

Greven, Michael Th. (1991): Was ist aus den Ansprüchen einer kritisch-emanzipatorischen Politikwissenschaft vom Ende der 60er Jahre geworden? Eine Skizze des Paradigmas und seines Scheiterns, in: Gerhard Göhler/ Bodo Zeuner (Hg.), Kontinuitäten und Brüche in der deutschen Politikwissenschaft. Baden-Baden: Nomos, 221-246

Greven, Michael Th. (2006): Aktualität und Bedeutung einer kritischen Politikwissenschaft nebst Bemerkungen zur Pluralismustheorie, in: Rainer Eisfeld: Streitbare Wissenschaft. Baden-Baden: Nomos, 7-16

Habermas, Jürgen (1981): Theorie des kommunikativen Handelns. 2 Bde. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Hall, Peter A. (Hg. 2001): Varieties of Capitalism. The Institutional Foundations of Comparative Advantage. Oxford: Oxford University Press

Hayek, Friedrich August von (1971a): Der Weg zur Knechtschaft. München: Verlag moderne Industrie

Hayek, Friedrich August von (1971b): Die Verfassung der Freiheit. Tübingen: Mohr

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1970): Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse (1821), In: Werke, Bd. 7. Frankfurt am Main: Suhrkamp

Hellmann, Kai-Uwe (2006): Die Geburt der Marke aus dem Geist des Kapitalismus, in: Berliner Debatte Initial 17 (6), 76-80

Heynen, Nik u.a. (2007): Neoliberal Environments: False Promises and Unnatural Consequences. Milton Park u.a.: Routledge

Hirschman, Albert O. (1987): Leidenschaften und Interessen. Politische Begründungen des Kapitalismus vor seinem Sieg. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Hirschman, Albert O. (2003): Der Streit um die Bewertung der Marktgesellschaft, in: Ders., Entwicklung, Markt und Moral. Abweichende Betrachtungen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 192-225

Hodgskin, Thomas (1997): Labour Defended Against the Claims of Capital (1825). London u.a.: Routledge u.a.

Honneth, Axel (Hg.) (2002): Befreiung aus der Mündigkeit. Paradoxien des gegenwärtigen Kapitalismus. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Hopp, Stefan (2004): Die unsichtbare Hand - und vier Versuche, sie sichtbar zu machen. Eine kritische Analyse der allgemeinen Gleichgewichtstheorie und ausgewählter ideengeschichtlicher Vorläufer. Dissertation,Universität Bamberg; http://elib.uni-bamberg.de/volltexte/2004/11/ disshopp.pdf

Illouz, Eva (2003): Der Konsum der Romantik. Liebe und die kulturellen Widersprüche des Kapitalismus. Frankfurt a.M./New York: Campus

Jevons, William Stanley (1995): The Theory of Political Economy (1871). Düsseldorf: Wirtschaft und Finanzen

Justi, Johann Heinrich Gottlob von (1993): Grundsätze der Policeywissenschaft (1756). Düsseldorf: Wirtschaft und Finanzen

Kant, Immanuel (1964): Zum ewigen Frieden (1795), in: Werke in sechs Bänden, hg. v. Wilhelm Weischedel, Bd. VI. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 191-251

Kay, John (22004): The Truth about Markets. Why some Nations are Rich, but Most Remain Poor. London: Penguin

Kennedy, Gavin (2005): Adam SmithÂ’s Lost Legacy. Basingstoke u.a.: Palgrave Macmillan

Levy, Jonah D. (Hg.) (2006): The State after Statism. New State Activities in the Age of Liberalization. Cambridge, Mass. u.a.: Harvard University Press

Lindblom, Charles E. (1982): The Market as Prison, in: The Journal of Politics 44 (2), 324-336

List, Friedrich (1982): Das nationale System der politischen Ökonomie (1841). Berlin: Akademie-Verlag

Macfie, Alec Lawrence (1967): The Individual in Society: Papers on Adam Smith. London: Allen & Unwin

Macfie, Alec Lawrence (1971):The Invisible Hand of Jupiter, in: Journal of the History of Ideas 32, 595-599

Malthus, Thomas Robert (1977): An Essay on the Principle of Population (1798). Oxford u.a.: Oxford University Press

Marshall, Alfred (1989): Principles of Economics (1890). Düsseldorf : Wirtschaft und Finanzen

Marx, Karl (1983): Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, in: MEW, Bd. 42. Berlin: Dietz-Verlag

Marx, Karl/ Engels, Friedrich (1962): Manifest der Kommunistischen Partei, in: MEW, Bd. 4. Berlin: Dietz-Verlag, 459-493

Menger, Carl (1990): Grundsätze der Volkswirtschaftslehre (1871). Düsseldorf: Wirtschaft und Finanzen

Mill, James (1971): Elements of Political Economy (1826). Hildesheim/New York: Olm

Millar, John (1967): Vom Ursprung des Unterschieds in den Rangordnungen und Ständen der Gesellschaft (1771). Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Mills, C. Wright (1956): The Power Elite. New York: Oxford University Press

Minowitz, Peter (1993): Profits, Priests, and Princes. Adam SmithÂ’s Emancipation of Economics from Politics and Religion. Stanford, Calif.: Stanford University Press

Mises, Ludwig von (1980): Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens (1940). München: Philosophia

Mises, Ludwig von (1996): Die Gemeinwirtschaft. Untersuchungen über den Sozialismus (1922). Düsseldorf: Wirtschaft und Finanzen

Montesquieu, Charles Louis de Secondat, Baron de (21992): Vom Geist der Gesetze, 2 Bde. Tübingen: Mohr

Nozick, Robert (1976): Anarchie, Staat, Utopia. München: mvg

Ottow, Raimund (1991): Modelle der unsichtbaren Hand vor Adam Smith, in: Leviathan, Heft 4, 558-574

Paine, Thomas (1973): Die Rechte des Menschen (1791). Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Pearce, Fred (2007): Wenn die Flüsse versiegen. München: Antje Kunstmann

Pies, Ingo/ Leschke, Martin (2006): Albert Hirschmans grenzüberschreitende Ökonomik. Tübingen: Mohr Siebeck

Polanyi, Karl (1978): The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen (1944). Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Radin, Margaret Jane (1996): Contested Commodities. Cambridge, Mass.: Harvard University Press

Rawls, John (1975): Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Reese-Schäfer, Walter (2005): Marx und die Furcht vor der Anarchie des Marktes, in: Karl MarxÂ’ kommunistischer Individualismus, hg. v. Ingo Pies u. Martin Leschke. Tübingen: Mohr Siebeck, 99-111

Ricardo, David (22006): Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung (1817). Marburg: Metropolis

Rosanvallon, Pierre (1989): Le libéralisme économique: histoire de lÂ’idée de marché. Paris: Editions du Seuil

Rothbard, Murray N. (1970): Man, Economy, and State: A Treatise on Economic Principles, 2 Vols. Los Angeles: Nash Publishing

Rothschild, Emma (2001): Economic Sentiments. Adam Smith, Condorcet, and the Enlightenment. Cambridge, Mass.: Harvard University Press

Say, Jean-Baptiste (1972): Traité dÂ’économie politique (1841). Paris: Calmann-Lévy

Schumpeter, Joseph A. (71993): Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Tübingen u.a.: Francke

Sismondi, Jean Charles Leonard Simonde de (1971, 1975): Neue Grundsätze der Politischen Ökonomie oder vom Reichtum in seinen Beziehungen zur Bevölkerung (1819), hg. v. A. Toepel, 2 Bde. Berlin: Akademie-Verlag

Smith, Adam (1974): Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen (1776). München: C.H. Beck

Smith, Adam (1980): History of Astronomy (1795), in: Ders., Essays on Philosophical Subjects, ed. by W.P.D. Wightman/J.C. Bryce; The Glasgow Edition of the Works and Correspondence of Adam Smith 3. Oxford: Clarendon Press, 33-129

Smith, Adam (1994): Theorie der ethischen Gefühle (1759), übers. u. hg v. Walther Eckstein. Hamburg: Felix Meiner

Smith, Craig (2006): Adam SmithÂ’s Political Philosophy: The Invisible Hand and Spontaneous Order. London: Routledge

Snitow, Alan/ Kaufmann, Deborah/ Fox, Michael (2007): Thirst: Fighting the Corporate Theft of Our Water. San Francisco, Cal.: Jossey Bass

Stehr, Nico (2007): Die Moralisierung der Märkte. Eine Gesellschaftstheorie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Stiglitz, Joseph (2004): The Roaring Nineties. Der entzauberte Boom. München: Siedler

Taylor, Charles (2004): Modern Social Imagineries. Durham u.a.: Duke University Press

Vanberg, Viktor J. (1994): Rules and Choice in Economics. London: Routledge

Vanberg, Viktor J. (2001a): The Freiburg school of economics: predecessor of constitutional economics, in: Ders., The Constitution of Markets. Essays in Political Economy. London/New York: Routledge, 37-51

Vanberg, Viktor J. (2001b): HayekÂ’s theory of rules and the modern state, in: Ders., The Constitution of Markets. Essays in Political Economy. London/New York: Rout-ledge, 77-88

Vanberg, Viktor J. (2001c): Markets and regulation: the contrast between free-market liberalism and constitutional liberalism, in: Ders., The Constitution of Markets. Essays in Political Economy. London/New York: Routledge, 17-36

Walras, Léon (1988): Eléments dÂ’économie politique pure ou theorie de la richesse sociale (1874). Düsseldorf: Wirtschaft und Finanzen

Walzer, Michael (1992): Sphären der Gerechtigkeit. Frankfurt a.M./New York: Campus

Weber, Max (1984): Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland, in: Zur Politik im Weltkrieg. Schriften und Reden 1914-1918, hg. v. Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit m. Gangolf Hübinger. Tübingen: Mohr, 432-596

Weber, Max (21988a): Die Börse (1894), in: Ders., Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik. Tübingen: Mohr, 256-322

Weber, Max (81988b): Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1904/05), in: Ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie 1. Tübingen: Mohr, 17-206

Zelitzer, Viviana A. (1997): The Social Meaning of Money. Pin Money, Paychecks, Poor Relief, and other Currencies. Princeton, NJ: Princeton University Press

Prof. Dr. Harald Bluhm, Politikwissenschaftler, Universität Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Karsten Malowitz, Politikwissenschaftler, Universität Hamburg

aus: Berliner Debatte INITIAL 18 (2007) 6, S. 4-25