Der neue Kaukasuskrieg

Eindimensionales Denken dominiert nicht nur die Berichterstattung der Medien

Kommentar

 

August 2008. Es war der von US-Militärberatern umgebene georgische Staatschef, der durch einen militärischen Überfall auf Südossetien den neuen Kaukasuskrieg begonnen hat. Saakash­vili hat versucht, die nach Unabhängigkeit strebende Bevölkerung Südossetiens durch militärischen Terror zu vertreiben. Das ist offensichtlich, auch wenn das von NATO-nahen Medien (wie z.B. der taz) oft ausgeblendet wird.

 

Die „grün-alternativen“ NATO-Fans

Wer die taz-Berichterstattung zum Kaukasus-Krieg im August 2008 verfolgt hat, kann sich über die dort betriebene Desinformationskampagne, die Hetze gegen den vermeintlich einzigen Aggressor Russland und die „Georgien muss in die NATO“-Rufe (taz, 18.8.08) nur ärgern. Die NATO als Friedensbringer? „Russlands Ängste vor der NATO sind unbegründet“, so taz-Redakteur Do­nath am 18. August. Vergessen sind all die Bomben, die die NATO-“Friedens“-Staffeln z.B. über dem ehemaligen Jugoslawien, über Afghanistan und dem Irak abgeworfen haben. Dass die taz sich als undifferenziertes Kriegspropagandablatt gebärdet, weckt Erinnerungen an den Jugosla­wienkrieg 1999. Schon im Vorfeld und während der NATO-Bombardements gegen die Menschen in Jugoslawien trat die taz damals vehement für diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ein. Bis auf zwei Redak­teurInnen stand die gesamte Redaktion stramm hinter Joseph Fischer und dem von ihm und seiner grünen Partei „zur Verhinderung eines zweiten Ausschwitz“ mitgeführten Krieg.

Wer sich an diesen kriegstreiberischen Journalismus der taz nicht erinnern kann, lese bitte die Studie des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung: Margret Jäger / Siegfried Jäger (Hg.): Medien im Krieg. Der Anteil der Printmedien an der Erzeugung von Ohnmachts- und Zer­rissenheitsgefühlen (ISBN 978-3927388796).

Aber nicht nur das „grün-alternative“ taz-Spektrum leidet an Realitätsverlust:

 

Die marxistischen Russland-Fans

Mitte August besuchte eine Bundestagsabge­ordnete der Linkspartei die GWR-Redaktion. Es kam zu einer kontroversen Diskussion u.a. über den Kaukasus-Krieg, wobei sie Position für das „antiimperialistische“ Russland einnahm, Putin lobte, den Untergang der Sowjetunion und die verbrecherische Politik der NATO beklagte. Mit dieser Position steht die ansonsten durchaus sympathische Politikerin nicht allein da. Ähnliches wird von vielen Alt-MarxistInnen, so­wie AutorInnen und LeserInnen der Tageszeitung „junge Welt“ vertreten.

Es ist ernüchternd, wie viele Linke diesen Hang zum eindimensionalen Denken haben. Putin, der z.B. für den immer noch andauernden Völkermord in Tschetschenien mitverantwortlich ist, ein Friedensengel?

Russland macht in Ge­orgien im Prinzip nichts anderes als der imperiale Konkurrent NATO z.B. im Kosovo. Es betreibt Großmacht- und Kriegspolitik. Russlands militärisches Eingreifen dient nur vordergründig den Menschen in Südosse­tien.

Menschen sind dem Staat und seinen Führern naturgemäß egal. Das hat Putin nicht zuletzt mit seinem Krieg gegen die nach Unabhängigkeit von Russland strebenden Menschen in Tsche­tschenien bewiesen. Putin und Medwedew streben nach „Höherem“, sie wollen „Ruhm und Eh­re“ für sich und ihren Staat. Russland rüstet auf, es soll wieder eine starke Nation sein, eine Supermacht wie einst die Sowjetunion. Es will seine Vorherrschaft im Kaukasus und in den ehemaligen „Bruderstaaten“ absichern beziehungsweise zurückerobern.

Für MarxistInnen, die dem untergegangenen Staatskapitalismus sowjetischer Prägung nachtrauern, die die kriegerische Politik Moskaus leugnen oder beschönigen, waren DDR und Sowjetunion die Arbeiter- und Bauernparadiese, wie sie sonst nur noch in den Cartoons des Satirema­gazins Titanic existieren.

Dass die Ostblockstaaten repressive, militaristische Diktaturen waren, die die Menschenrechte mit Füßen getreten haben, ist für sie kein Thema. Die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 durch Truppen des Wahrschauer Pakts, der Krieg der Sowjetunion, durch den die Menschen in Afghanistan schon in den 1980er Jahren in die Steinzeit zurückgebombt wurden,... all das war aus Sicht vieler DKP- und heutiger Linkspartei-An­hängerInnen nichts weiter als „antiimperialis­tischer Kampf“ gegen den bösen Satan USA.

 

Fazit

Jeder Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit, und wer Kriege führt, wie z.B. Bush, Schröder, Putin und Saakashvili, wird zum Verbrecher gegen die Menschheit.

Unsere Aufgabe ist es nicht, uns mit einer der Kriegsparteien gemein zu machen. Stattdessen müssen wir global Verbündete aus den sozialen Bewegungen suchen, die wir unterstützen können. Dabei denke ich an Menschen, die sich der nationalistischen Kriegspropaganda und dem Militarismus widersetzen, Kriegsdienstverwei­gererInnen, DeserteurInnen, PazifistInnen, Fe­ministInnen, AnarchistInnen,... Und die gibt es überall auf der Welt, auch wenn sie in den hiesigen Massenmedien kaum Gehör finden.

Unser Traum ist nicht „nationale Größe“, sondern eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft, eine grenzenlose Welt, ohne Staat, Krieg und Militär, eine Welt in der alle Menschen unter menschenwürdigen Bedingungen leben können.

 

Bernd Drücke

 

Artikel aus: Graswurzelrevolution Nr. 331, 37. Jahrgang, September 2008, www.graswurzel.net