Die praktische Schwierigkeit der Utopie

Staatliche Reformversuche am Beispiel des Oberstufen-Kollegs in Bielefeld

In Deutschland wurde seit über hundert Jahren jede größere Schulreform verhindert und außerparlamentarische Bemühungen, die sich für eine bessere Schule einsetzten, wurden fast ausnahmslos ignoriert. Das Oberstufen-Kolleg in Bielefeld galt insofern lange Zeit als eine der wenigen Ausnahmen dieser Regel und stand für den Versuch, eine innovative fortschrittliche Schulpolitik in der Praxis umzusetzen und zu erproben.

Die Schullandschaft sollte durch die Gründung von Gesamtschulen nicht nur strukturell verändert werden, sondern auch neue pädagogische Impulse bekommen. Die Einrichtung einer Gesamtschule, deren SchülerInnenschaft einem Querschnitt durch die Bevölkerung entspräche und von der Vorschule bis zum Übergang an die Universität alle schulischen Bereiche neu gestalten sollte, wurde angedacht.

Im Jahr 1968 kam die Fakultät für Pädagogik der Universität Bielefeld dieser Vorstellung nach. Sie richtete einen Ruf an den Reformpädagogen Hartmut von Hentig[1], seine Stellung an der Universität Göttingen aufzugeben und nach Bielefeld zu kommen. Dort wurde er mit der Errichtung zweier Versuchsschulen beauftragt. Diese sollten Laborschule (LS) und Oberstufen-Kolleg (OS) genannt werden. Das Kabinett des Landes Nordrhein-Westfalen sagte die Finanzierung der Projekte zu, nachdem erste Pläne vorgelegt worden waren.

Die Schulprojekte sollten Reforminstitutionen sein, um neue pädagogische Konzepte zu erproben, die sich zu einem späteren Zeitpunkt eventuell auf das Regelschulsystem übertragen ließen. Im September 1970 konstituierte sich die „Aufbaukommission Laborschule/Oberstufen-Kolleg". Als Ergebnis ihrer Arbeit wurden die LS und das OS 1974 eröffnet. Die ersten Jahrgänge - an der LS der Jahrgang Null und am OS der Jahrgang Elf - wurden aufgenommen und die neu gebauten Gebäude auf dem Campus der Universität Bielefeld bezogen.

Die Ideen und Ziele der Versuchsschulen

Hartmut von Hentig forderte eine stärkere Konzentrierung der deutschen Schulen auf das Individuum. Die wichtigsten Schwerpunkte lagen demnach auf der individueller Förderung und Freiheit der SchülerInnen, der demokratischen Verfassung der Schule, der Eingrenzung der Autorität von LehrerInnen und SchulleiterInnen, dem Verzicht auf Noten und dem Hervorheben der praktischen und ganzheitlichen Erfahrung vor der rein theoretischen Bildung.

Dabei sollte es in Bielefeld anstatt der Aufteilung in Grund-, Haupt-, Sonder-, Realschule und Gymnasium nur zwei Schulen geben, in denen alle SchülerInnen gemeinsam unterrichtet werden sollten: Die LS von der nullten bis zur zehnten Klasse, die den Vor- und Grundschulbereich sowie die Sekundarstufe bis zum Erreichen der mittleren Reife beinhaltete und das OS von der elften bis zur vierzehnten Klasse, an dessen Ende das Abitur und ein abgeschlossenes Grundstudium standen. Die Versuchsschulen stellten selbstverständlich ein Projekt der Anhänger linker Bildungspolitik dar. Das deutsche Schulsystem, das sich seit Bismarck nicht wesentlich verändert hatte, sollte endlich eine grundlegende Reform erfahren. Es sollte demokratischer und gerechter werden. Die von Adorno geforderte neue Erziehung der künftigen deutschen Generationen spielte ebenfalls eine Rolle. Die Belegschaft der Projekte sollte sich dementsprechend vor allem aus dem 1968er-Umfeld rekrutieren.

Die Reformpädagogikbewegung, die nach dem zweiten Weltkrieg zunächst von Wolfgang Edelstein und Hartmut von Hentig gemeinsam begonnen wurde, spaltete sich damit ab diesem Zeitpunkt auf. Edelstein gründete das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, um über diesen Weg die Bildungsreform zu erreichen. Von Hentigs Weg waren dagegen die Versuchsschulen, die durch ihre Qualität und ihre Praktikabilität überzeugen sollten. Ihm schlossen sich damals Otto Herz, Bernhard Bueb und Ludwig Huber an, um nur einige auch heute noch bekannte Pädagogen zu nennen.

War die Laborschule dabei nicht ganz so revolutionär, da Maria Montessori[2] und andere ReformpädagogInnen ähnliche Konzepte im Gesamtschulbereich bereits entwickelt hatten, stellte das OS etwas vorher in Deutschland nie da gewesenes dar. Eine Schule, die an das amerikanische College angelehnt zur Vorbereitung auf die Universität diente und dabei zugleich einen fließenden Übergang zur Universität anbot.

Der Start des Oberstufen-Kollegs

Das OS startete als eine Schule ohne Noten, Prüfungen und herkömmliche Unterrichtssituationen. Die Architektur des Gebäudes war von Anfang an so angelegt, dass es keine geschlossenen Unterrichtsräume gab. Gelernt wurde im Kreis sitzend auf drei großen mit Teppichboden belegten Feldern. Dabei teilten sich mehrere Unterrichtsgruppen ein Feld. Die Begriffe „Lehrer" und „Schüler" wurden durch die Begriffe „Lehrende" und „Lernende" ersetzt, wobei Lehrende auch immer Lernende sein sollten und umgekehrt.

Die Einrichtung sollte sowohl Lern- als auch Erfahrungs - und Lebensraum sein. Der Prozess der Selbstfindung war dabei ebenso wichtig, wie der Prozess der Qualifikation. Leistungsdruck, Konkurrenz und Selektion als Merkmale der herkömmlichen Schule galt es zu überwinden. Sie sollten durch gemeinsames Lernen und solidarische Arbeit unterbunden werden. Formale Hierarchien wurden abgeschafft und die notwendigen Entscheidungen in Gremien gemeinsam getroffen. Von Beginn an gab es individuelle Rückmeldungen statt Noten. Dabei war die  bestimmende Konferenz die Hauptkonferenz, in der KollegiatInnen- und LehrendenvertreterInnen paritätisch versammelt waren. Für die KollegiatInnen gab es zusätzlich die Vollversammlung, in der basisdemokratisch diskutiert und entschieden wurde.

Von Anfang an war auch die Heterogenität der KollegiatInnenschaft ein bestimmendes Element. Ein differenziertes Auswahlverfahren unter den BewerberInnen sollte sicherstellen, dass - der Bevölkerungsstruktur Nordrhein-Westfalens entsprechend -  6 % der KollegiatInnen aus der Oberschicht, 44 % aus der Mittelschicht und 50 % aus der Arbeiter- und Unterschicht kamen. Zu je 50 % wurden männliche und weibliche BewerberInnen genommen und zu je 33 % ehemalige GymnasiastInnen, RealschülerInnen und HauptschülerInnen. 33 % der KollegiatInnen sollten zusätzlich schon einmal einer Erwerbsarbeit nachgegangen sein. Ein Qualifikationsvermerk, also eine Berechtigung, die gymnasiale Oberstufe besuchen zu dürfen, wurde und wird nicht verlangt. Weiterhin sollte sich die Verbindung von Schule und Universität auch in der Rolle der Lehrenden widerspiegeln. Wie an der Hochschule sollten Forschung und Lehre verbunden werden. Das Kolleg erhielt Forschungsdeputate, die sich die Lehrenden aufteilten. Statt dem Staatsexamen war die Aufnahmebedingung eine erfolgreiche Promotion. Es wurde ein Forschungs- und Entwicklungsplan erarbeitet. Die ständige interne Weiterbildung der Lehrenden steht bis heute auf dem Programm.

Neue Ideen vs. Kultusbürokratie

Hartmut von Hentig und die Aufbaukommission interessierten sich von Anfang an weniger für die organisatorisch-juristische Struktur der Einrichtungen als für deren pädagogisches Konzept. Was für die Laborschule nicht so dramatisch war, wirkte sich beim OS umso schlimmer aus. Mit seinem Status zwischen dem Schul- und Hochschulrecht geriet das OS schnell in die Fänge des Anpassungszwangs von ministerieller Seite. Verstieß es auf der einen Seite gegen das Schulgesetz, passte es auf der anderen Seite auch nicht zu normalen universitären Einrichtungen. Schon kurz nach der Aufnahme des ersten Jahrganges 1974 gab es Probleme.

Im Februar 1975 lehnte das Ministerium für Wissenschaft und Forschung den Satzungsentwurf des OS ab. Schule und wissenschaftliche Einrichtung sollten getrennt, die Mitbestimmungsrechte der KollegiatInnen eingeschränkt werden. Es folgte ein Proteststreik der KollegiatInnen und ein offener Brief von Hentigs an den Minister für Wissenschaft und Forschung, Johannes Rau, in dem er seinen Rücktritt androhte.

Die Auseinandersetzungen zwischen Reformschule und Ministerium setzten sich auch in den nächsten Jahren fort: 1977 fand eine Demonstration als „eintägige Studienfahrt" von ca. 500 KollegiatInnen, Eltern und Lehrenden nach Düsseldorf statt, da das ohne Abschlussprüfung und Noten erteilte Abiturzeugnis von der Kultusministerkonferenz (KMK) nicht anerkannt wurde. Daraufhin erarbeitete das Kultusministerium die ersten Entwürfe für eine Prüfungsordnung. Die Übernahme der KollegiatInnen in höhere Semester an der Universität war allerdings weiterhin gefährdet, so dass ein Warnstreik der Lehrenden stattfand.

Als 1978 das Wahlfach Medizin abgeschafft wurde und damit die erste Eingrenzung der Curricula des OS stattfand, klagten sich zahlreiche in Medizin ausgebildete KollegiatInnen in die Hochschule ein. Zahlreiche weitere Streiks und Protestaktionen folgten, als die neue Prüfungsordnung (benotete Abiturprüfungen und Projektarbeiten) eingeführt werden sollte. Die Situation eskalierte und das Kultusministerium entsandte 1979 den Staatskommissar Josef Krauthausen zunächst für ein halbes Jahr als Leiter an das OS.

Die Leitungstätigkeit Krauthausens wurde von vornherein boykottiert. Eine äußerst kreative Widerstandskultur etablierte sich am OS. Über Wandmalereien, Flugblätter und Streiks bis hin zur Einmauerung des Leitungsbüros ließen sich die KollegiatInnen und Lehrenden einiges einfallen, um den ungeliebten Schulleiter zu verjagen. Drei Tage nach Amtsantritt zeigte sich das Ministerium kompromissbereit und entschärfte die geplante Prüfungsordnung. Insbesondere wurde erreicht, dass es keine pflichtmäßige Prüfung in den Kernfächern Englisch und Mathematik geben würde.

Nach dem Abgang Josef Krauthausens verbesserte sich auf die Initiative von Hentigs das Klima zwischen den Ministerien und dem OS. Seine alten Freundschaften mit Johannes Rau und anderen Spitzenpolitikern kamen ihm dabei zugute. 1980 wurde eine Grundordnung für das OS durch den Landtag verabschiedet. Sie sollte dem Kolleg von nun an einen sicheren Status verleihen.

Nach vielen weiteren Verhandlungen und Auseinandersetzung wurde letztlich auch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für das OS verabschiedet. Die Proteste verloren an Intensität und 1987 verließ Hartmut von Hentig die Schulprojekte, um seinen Ruhestand zu genießen. Ab dem Wintersemester 1995 setzte dann eine Diskussion über eine grundlegende Veränderung des OS ein. Einige Jahre später sollte diese schließlich vollzogen werden. Regierung und OS beschlossen einvernehmlich die Einführung des „Neuen Oberstufen-Kollegs" (NeOS). Dieses sollte nur noch drei Jahrgänge beinhalten, kein Grundstudium mehr ermöglichen und wesentlich mehr Benotungssituationen schaffen als das vorherige Modell des „alten" OS.

Bologna-Prozess, KMK-Bestimmungen und das NeOS

Mit den Bologna-Beschlüssen und den Beschlüssen der KMK entwickelte sich schließlich eine Bewegung, die den Reformen der 60er und 70er Jahre und damit dem OS diametral entgegen steht. Die Öffnung und Demokratisierung der Schulen und Hochschulen wurde nun durch eine Verschulung der Universitäten und eine Rückführung des Leistungs- und Grundkurssystems auf ein Kernfächerabitur (Mathe, Deutsch, eine Fremdsprache und ein naturwissenschaftliches Fach) abgelöst. Der Entwurf einer demokratischen, extreme Wahlfreiheiten ermöglichenden und die Schule mit der Universität verknüpfenden Oberstufe ist bei diesen Bemühungen denkbar unangebracht. Selbst das Konzept des NeOS, durch welches das OS der Regelschule angenähert wurde, ist da nicht ausreichend.

Das OS verfolgt zurzeit das Konzept frei wählbarer Studienfächer (ähnlich den Leistungskursen, jedoch wissenschaftspropädeutisch den Curricula des Grundstudiums angeglichen) und fächerübergreifender, themenbezogener und frei wählbarer Grundkurse und Projekte. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung schreibt jedoch bestimmte Pflichtbelegungen vor, um eine Zulassung zu den Abiturprüfungen zu erreichen. Der Umgang mit den Regeln ist dabei der Eigenverantwortung der KollegiatInnen überlassen.

Die LS und das OS haben in reformpädagogischen Kreisen sehr häufig ihre Qualität bewiesen.  Aufgrund anhaltender Kritik durch das Ministerium, sowie die konservativen politischen Kräfte im Land, erklärten sich die Versuchsschulen jedoch schließlich auch bereit, ebenfalls an allgemeinen Leistungsevaluationen teilzunehmen: Die Leistungen liegen dabei laut PISA-Studie und anderer Vergleichtests über dem durchschnittlichen Gymnasialniveau, obwohl beide Einrichtungen Gesamtschulen sind. Im Zentralabitur erzielen die KollegiatInnen Spitzenleistungen. Die Empfehlungen von AbgängerInnen an die Studienstiftung des deutschen Volkes mit einem Abiturdurchschnitt von 1,0 übersteigen die der Gymnasien in Ostwestfalen bei weitem. Die ohne Qualifikationsvermerk aufgenommenen KollegiatInnen erreichen zum Großteil das Abitur, die AbbrecherInnenqoute ist gering. Die Forschungsreputation der wissenschaftlichen Einrichtungen erzeugt einen Massentourismus von PädagogikstudentInnen an die Versuchsschulen und zahlreiche Konzepte, gerade der Laborschule wurden für die Regelschulen übernommen.

Die Vorwürfe der konservativen Landtagsfraktionen und des Ministeriums, die Schulen hielten dem von ihnen propagierten Leistungssystem nicht stand, wurden also entkräftet. Trotzdem blieb das OS weiterhin ein Dorn im Auge der ministeriellen Verwaltung, was sich angesichts der Zahlen nur durch eine politisch motivierte und scheinbar unverbesserliche Ablehnungshaltung erklären lässt.

Mit dem Regierungswechsel 2005, der eine Koalition aus CDU und FDP in NRW an die Macht brachte, verschlechterten sich die Zukunftsaussichten des OS erheblich. War nach Einführung des NeOS die Hoffnung entstanden, das OS könne sich von diesem Standpunkt aus selbstständig weiterentwickeln, sollte diese kurze Zeit später zerstört werden. Unmittelbar nach der Übernahme des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung durch den FDP-Politiker Pinkwart forderte dieser die Schließung des Oberstufen-Kollegs und strich zunächst die Mittel aus dem Haushaltsplan. Durch ausgedehnte Lobbyarbeit wurde aber eine Übernahme des OS in den Haushaltsplan des Kultusministeriums doch noch erreicht. Dies bedeutete jedoch auch, dass das OS von da an dem Schulgesetz voll entsprechen musste. 

Derzeit befinden sich die Gremien des Kollegs in Verhandlungen mit dem Schulministerium, um ein neues Konzept zu erarbeiten, dass sowohl dem Schulgesetz als auch den KMK-Bedingungen gerecht wird. Dass dabei so gut wie nichts mehr vom ursprünglichen Konzept erhalten werden kann, ist selbstredend. Hartmut von Hentig distanzierte sich dann auch öffentlich von dem Oberstufen-Kolleg und sagte, er wolle nicht weiter mit ihm in Verbindung gebracht werden.[3] So wurde das Kind nun auch vom Vater verstoßen, nachdem die KollegiatInnenvertretung schon resigniert die „Kapitulation" des Oberstufen-Kollegs und damit die unverzügliche Schließung forderte.

Erfahrungen aus dem Reformversuch

Was lässt sich also die Geschichte des OS beurteilen? Zum einen könnte man anführen, dass „die Macht" der Reform feindlich gegenüber stand und sie letztendlich beseitigte. Dieser Erklärungsversuch wäre allerdings etwas zu einfach. Was sich am OS abspielte war nicht nur eine Machtdemonstration der Bürokratie sondern vielmehr eine Geschichte der freiwilligen Unterwerfung. Was Foucault als die subtile Funktionsweise der Macht beschreibt,[4] lässt sich hier exemplarisch beobachten.

So kamen wegweisende Vorstöße aus der Mitte des Kollegiums und wurden durch das Schweigen der KollegiatInnen begleitet: Anwesenheitslisten und ein 10-Punkte Programm zur Steigerung der Pünktlichkeit von KollegiatInnen wurden völlig selbstständig und ohne Mithilfe durch die Landesregierung entwickelt. Das Problem war hier nicht etwa ein bestehender Druck von außen, sondern ein den Personen innewohnender Wille zur Normalität. Die Akteure schafften es nicht, in ihrem immer bürgerlicher werdenden Umfeld die Ideale des OS selber zu leben. Im September 2008 war wieder ein solcher Prozess zu beobachten: Eine Gruppe von Lehrenden forderte die Einführung von Kursnoten, also eine Bewertung von mündlicher Mitarbeit und ähnlichem, die es bisher am OS nicht gegeben hatte. Als Grund gaben sie eine Steigerung der Gerechtigkeit in der Leistungsbewertung an. Dass eine Schaffung von Gerechtigkeit durch Noten sich selbst widerspricht muss hier nicht erläutert werden. Eine viel ehrlichere Erklärung lieferte dann ein Lehrender im Kurs: „Ich wünschte, ich könnte euch allen jetzt eine sechs geben, wenn ihr hier nur so herumsitzt und nicht mitarbeitet!" Der Grund war also kein reformpädagogischer, sondern der sehr traurige Grund der Verzweiflung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Scheitern des OS nicht nur, wie so gerne von den Lehrenden verkündet an der Landesregierung lag, sondern auch und vor allem daran, dass die Beteiligten in ihrer Mehrheit nicht bereit waren, die persönlichen Veränderungen durchzumachen, die man für die Verwirklichung der Utopie von der guten Schule braucht. Sowohl bei KollegiatInnen als auch bei Lehrenden war die Kraft der Sozialisation stärker als die der revolutionären Idee. Eine Lehre, die eine Warnung an alle linken Projekte darstellen könnte.

Christian Ziebertz (geb. 1989) ist Kollegiat am Oberstufen-Kolleg mit den Studienfächern Jura und Soziologie und im KollegiatInnenrat aktiv.

 

Weiterführende Literatur:

Below, Irene / Fuchs, Peter, Die schönen Zeiten sind vorbei - Die schönen Zeiten hat es nie gegeben: Politische Kultur von unten in einer Reforminstitution, 1984.

Von Hentig, Hartmut, Das Bielefelder Oberstufen-Kolleg, 1971.

Von Hentig, Hartmut, Die Krise des Abiturs und eine Alternative, 1980.

[1] Hartmut von Hentig, Prof. em. an der Universität Bielefeld. Unter anderem: Von Hentig, Mein Leben - bedacht und bejaht, 2007.

[2] Maria Montessori, italienische Reformpädagogin und Erfinderin der Montessori-Schulen. Unter anderem: Fuchs, Birgitta, Maria Montessori - ein pädagogisches Porträt, 2003.

[3] Interview mit v. Hentig in: Der Spiegel 34/2007 158 - 161.

[4] Foucault, Michel, Wie wird Macht ausgeübt?, in: Seitter, Walter, Das Spektrum der Genealogie, 1996, 29 ff.