Die letzte Konjunktur: organische Krise und „postneoliberale" Tendenzen

Mittlerweile, mehr als zwanzig Jahre nach Reagan und Thatcher, ist weithin anerkannt, dass die Ära des Fordismus passé ist und sich - je nach theoretischem Ansatz - ein „neues Produktionsregime" (Dörre), ein finanzmarktgetriebenes Akkumulationsregime bzw. sogar ein Finanzmarktkapitalismus (Aglietta, Chesnais), eine postfordistische Gesellschaftsformation (Hirsch), ein globales Empire (Hardt/Negri) bzw. ein transnationaler Hightech-Kapitalismus (Haug) als neue Produktions- und Lebensweise herausgebildet haben, die jeweils wesentlich durch den Neoliberalismus (Harvey) geprägt sind. Ein Versuch, diese Konstellation umfassend zu begründen, endete aber 2004 bereits mit den Hinweis: „Es mehren sich Zeichen für eine organische Krise des Neoliberalismus [...] Damit deutet sich bereits der ,Postneoliberalismus‘ an." (Candeias 2004: 357 ) Und tatsächlich: Seit einiger Zeit mehren sich die Krisenzeichen auf den unterschiedlichsten Feldern, es deutet sich eine in immer kürzeren Perioden stattfindende Häufung und Verdichtung der verschiedenen Krisen an, nicht an den Rändern der inneren und äußeren Peripherien, sondern in den Zentren des neoliberalen Kapitalismus - dies wird gegenwärtig besonders deutlich an den sich überstürzenden Ereignissen im Zuge der Weltwirtschafts- und Finanzkrise (vgl. Candeias 2009b).

Es deuten sich „unheilbare Widersprüche" (Gramsci, Gef. 7: 1557) in der Struktur der Gesellschaft an, die zu Widersprüchen und Blockierungen innerhalb des herrschenden Blocks an der Macht führen. Der Neoliberalismus konnte mitnichten als reine Destruktivkraft (Bourdieu) oder „konservative Restauration" (Bischoff et al. 1998) begriffen werden. Marx hatte immer die widersprüchliche Verschmelzung von Destruktiv- und Produktivkräften in der kapitalistischen Entwicklung betont. Auch mit dem neoliberalen Management im Übergang zur transnationalen informationstechnologischen Produktionsweise - seiner zentralen, die Gesellschaft vorantreibenden Funktion, die ihm zugleich als hegemoniale Basis diente - entfalteten sich durchaus produktive Kräfte: die Rücknahme extremer (tayloristischer) Arbeitsteilung in der Produktion konnte die Arbeit der Beschäftigten von Monotonie befreien, neue Produktionsformen konnten deren Wissen integrieren, Computerisierung und Automatisierung von schwerer körperlicher Arbeit entlasten.

Die Internationalisierung von Kultur- und Warenwelt brach nationale Borniertheiten auf, Entstaatlichung die Bevormundung durch den Staat. So griff der Neoliberalismus beispielsweise Forderungen der Frauenbewegung auf, „befreite" die Hausfrauen aus patriarchalischen Familienverhältnissen und zwang sie auf den Arbeitsmarkt. Die Früchte dieser Kräfte wurden und werden jedoch ungleicher verteilt als jemals zuvor seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Seine progressiv-vorantreibende gesellschaftliche Funktion im Management des Übergangs zur transnationalen informationstechnologischen Produktionsweise hat der Neoliberalismus bereits verloren. Letztere bietet unter neoliberalen Bedingungen kaum noch ausreichend Expansions- und Entwicklungsmöglichkeiten, um sowohl den Akkumulationsbedürfnissen wie den gesellschaftlichen Bedürfnissen der Bevölkerung nach Verbesserung ihrer Lage nachzukommen. Die Potenziale sind da, ihre Realisierung scheint blockiert zu sein.

Den aufbrechenden Krisenerscheinungen und ihrer Verschränkung hat der bestehende Block an der Macht keine produktiven Lösungen mehr entgegenzusetzen, die die Interessen der Subalternen und damit den aktiven Konsens zum neoliberalen Projekt wiederherstellen könnten: beginnend mit der weitestreichenden Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren, eng verbunden mit Ernährungs- und Energiekrisen, mit der Vernichtung von Arbeitsplätzen und damit der weiteren Verschärfung einer Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen, die große Teile der Gesellschaft in wachsende Unsicherheiten stößt und zunehmend zu Revolten unter den am stärksten Betroffenen an den äußeren und inneren Peripherien führt. Protest und Widerstand formiert sich auf allen Ebenen, noch fragmentiert und ohne klare Richtung, aber periodisch wachsend. Bereits im Alltag manifestiert sich die ökologische Krise, die in Form von Katastrophen nicht nur das Leben von Millionen Menschen durch Stürme, Überschwemmungen und Dürren bedroht, sondern auch zu einer massiven Kapitalvernichtung führt. Insbesondere an den Peripherien, hier vor allem in Südamerika, haben sich ganze Bevölkerungsmehrheiten und Regierungen vom Neoliberalismus losgesagt und suchen nach neuen Wegen einer autonomen Entwicklung.

Der sog. Washington Consensus und seine Institutionen, aber auch Ansätze der Good Governance werden von immer mehr Staaten des globalen Südens offen abgelehnt - wer es sich leisten kann, zahlt vorzeitig seine Schulden zurück und verabschiedet sich von der Einflussnahme des IWF. Damit verbunden sind globale politische und ökonomische Verschiebungen in den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen, mit den sog. BRIC- [Brasilien, Russland, Indien, China] und Golf-Staaten entwickeln sich neue kapitalistische Zentren. In den alten Zentren wiederum wenden sich wachsende Teile der Bevölkerung von Parteien und Regierungen ab, zum Teil sogar von der formalen Demokratie als solcher, was zu einer anhaltenden Krise der Repräsentation führt, die seit Längerem ungelöst bleibt. International sind die Grenzen der zwangs- und gewaltförmigen Sicherung neoliberaler Globalisierung und die Überlastung der USA als globalem Gewaltmonopolisten, der diese Aufgabe im Interesse des transnationalen Blocks und des eigenen wahrnimmt, längst sichtbar geworden: Die Niederlage im Irak ist nur das deutlichste Beispiel.

Auch im Inneren der Staaten erweisen sich Verstärkung von Sicherheitsdiapositiven, Verpolizeilichung und prisonfare (Wacquant) als unzureichend, um die gesellschaftliche Ordnung zu gewährleisten, geschweige denn Zustimmung der Subalternen zu organisieren. Ökonomisch für den Block an der Macht am problematischsten ist vielleicht, dass die Akkumulation auf erweiterter Stufenleiter seit einigen Jahren nicht mehr gewährleistet ist: Eine Studie der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zeigt, dass das Wachstum nach jeder Krise niedriger ausfiel als nach der letzten Krise. Beispielsweise wurde in den USA erst 2006 wieder die ökonomische Wirtschaftskraft erreicht, die vor der Krise der New Economy 2001 erzielt worden war. Die BIZ spricht vom „Mythos ökonomischer Erholung": „Wenn die Wirtschaftsleistung sinkt, tendiert sie dazu, nach der Erholung weit unter ihrem vorherigen Niveau zu bleiben" (Cerra/Saxena 2007: 16).

Insbesondere in Ländern mit starker Liberalisierung von Kapitalverkehr und Finanzmärkten vollzog sich die wirtschaftliche Erholung langsamer. Nach jeder Finanzkrise müsse mit langen Erholungsphasen gerechnet werden, oft zu lang, um zum alten Niveau zurückzukehren, bevor die nächste Krise hereinbricht. Dieser Mythos bringt es mit sich, dass steigende Renditen nur noch durch fortwährende Umverteilung des Mehrwerts zulasten der Lohnabhängigen, des Staates und der national oder regional beschränkten Kapitale realisierbar sind und immer größere Bereiche der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, der öffentlichen Infrastruktur, der sozialen Dienste austrocknen. Während die Überakkumulation nicht nachhaltig abgebaut werden kann, sich nicht ausreichend neue Investitionsfelder eröffnen, spitzt sich eine Reproduktionskrise des Gesellschaftlichen zu, die auch die Grundlagen kapitalistischer Akkumulation selbst gefährdet (mangelnde Infrastrukturen, mangelnde Qualifikationen, mangelnder Zusammenhalt, mangelnde Profitaussichten etc.).

Angesichts dieser Verschränkung tief greifender Krisenprozesse ist von einer strukturellen bzw. organischen Krise auszugehen. Die Reserven des nach wie vor dominierenden Neoliberalismus als organisierender Ideologie im Übergang zur informationstechnologischen transnationalen Produktionsweise sind erschöpft - weder ein neuer Akkumulationsschub noch ein neuer gesellschaftlicher Konsens sind von ihm zu erwarten. Seine Institutionen werden noch lange fortwirken (ähnlich wie nach dem Ende des Fordismus), ihre Position ist nur noch eine „herrschende", keine „führende" (Gramsci, Gef. 2: 354).

Ähnlich wie in der Krise des Fordismus seit 1968 verdichten sich unterschiedliche Krisenmomente, denen mit einer Intensivierung der alten Regulationsmechanismen begegnet wird, während bereits Neues am Entstehen ist: Der Keynesianismus kam erst im Moment der Krise zu seiner vollen Entfaltung, während von neoliberaler Seite bereits das Ende des „embedded liberalism" und seiner Institutionen (Regime der festen Wechselkurse, Kapitalverkehrskontrollen etc.) vorbereitet und der alte Klassenkompromiss aufgekündigt wurde. In ähnlicher Weise werden nun die Folgen von mehr als 30 Jahren Liberalisierung und Umverteilung von „unten" nach „oben" mit einer Intensivierung dieser Umverteilung durch die Rettung der Banken und die Sozialisierung von Schulden und Risiken bekämpft. Zugleich zeichnet sich noch im Krisenmanagement ein neuer Staatsinterventionismus ab, der bereits das Konfliktfeld um „post-neoliberale" Regulationsformen eröffnet, denn das Krisenmanagement innerhalb des Neoliberalismus kommt an seine Grenzen.

Auch wenn der Block an der Macht Regierungspositionen hält - die kulturelle Hegemonie jenseits eines passiven Konsenses und Konsumismus droht er zu verlieren. Darüber vertiefen sich Widersprüche innerhalb des Machtblocks, die eine Neukonfiguration erwarten lassen und Anknüpfungs- und Interventionsmöglichkeiten für linke Positionen eröffnen können. Denn die Ablösung des Neoliberalismus wird global durch heftigste gesellschaftliche Kämpfe geprägt sein. Doch es wäre vermessen, auf den Sturz des Neoliberalismus zu vertrauen und zu denken, die Krise würde der Linken in die Hände spielen. Von unterschiedlichster Seite wird an Projekten, Tendenzen, Szenarien zu Wiederherstellung und/oder Entwicklung bürgerlich kapitalistischer Herrschaft gearbeitet. Folgende Tendenzen innerhalb des Neoliberalismus, die zugleich über ihn hinausweisen, entwickeln sich derzeit parallel:

- Neuer Staatsinterventionismus: Die Finanzkrise brachte das Ende von Deregulierung und Liberalisierung und gibt der Staatsintervention eine andere Richtung und Bedeutung. Angesichts der drohenden „Kernschmelze" des Finanzsystems werden neoliberale Glaubenssätze reihenweise über Bord geworfen: Aufblähung der Geldmenge, Verstaatlichung von Banken, Staats- und Zentralbankkredite ohne Sicherheiten, antizyklische Konjunkturprogramme, Aufhebung aller staatlichen Verschuldungsgrenzen einschließlich des ehemals sakrosankten Stabilitätspakts und der Maastricht-Kriterien, schärfere Kontrollen, Begrenzung von Managergehältern und Eingriff in die Bonussysteme, vor allem aber in Investitions- und Kreditpolitik, eventuell Teilverstaatlichung von Industrieunternehmen etc. Für „harte" Neoliberale ist dies gleichbedeutend mit Sozialismus.

Tatsächlich handelt es sich eher um den Versuch des „ideellen Gesamtkapitalisten", für den Kapitalismus einzuspringen. In den Worten der F.A.Z.: „Der Staat rettet den Kapitalismus" (5.10.2008: 38f.) - nicht ganz freiwillig, eher gezwungenermaßen, durch den Druck von Märkten, Kapital und die Angst vor Legitimationsverlusten. Dieser Staatsinterventionismus funktioniert zwar nicht mehr im Sinne neoliberaler Dynamisierung der Märkte, aber doch in guter alter Manier eines flexiblen liberalen Keynesianismus, der Marktversagen kompensiert und die Umverteilung und Aneignung von Mehrwert für die Vermögenden (über die Sozialisierung von Schulden und Risiken) zunächst weiter befördert, zugleich aber in die Investitions- und Akkumulationsstrategien des Kapitals direkt eingreift, insbesondere über Kapitalbeteiligungen. Der Kampf um die Rolle der Staatsintervention ist voll entbrannt: die Regierenden - besonders in Deutschland - sind unentschieden, ob die aktivere Rolle des Staates nur vorübergehend einzusetzen sei oder dauerhaft; die beteiligten Kräfte drängen in unterschiedliche Richtungen. Zweifelhaft ist, ob etwa die weitgehenden Verstaatlichungen im Banken- und Versicherungssektor der USA überhaupt mittelfristig rückgängig zu machen wären; langfristige Konzepte für staatlich geführte Finanzinstitute existieren dort aber noch nicht.

- Relegitimierung des Neoliberalismus oder ein Bretton Woods II: Besonders deutlich zeigen sich Kämpfe um die Zukunft in der Suche um Formen der Re-Regulierung des globalen Finanzsystems: Hier greifen restaurative Kräfte, die den Staat zur Wiederherstellung der alten Ordnung nutzen, seine Finanzen ausplündern wollen, ineinander mit reformerischen Initiativen, die deutlich über den Status quo ante hinausgehen. Darin manifestiert sich zugleich der Versuch der Relegitimierung neoliberaler Weltfinanzmärkte wie ihrer regulativen Einhegung. Als Hauptverursacher der Krise haben die USA, aber auch die G7/G8, ihre Legitimation bei der Schaffung einer neuen globalen Finanzarchitektur eingebüßt. Daher musste der Kreis der Beteiligten erweitert werden: die G20. Auch wenn es diesen nach wie vor an einer demokratischen Legitimation (etwa durch die UNO) fehlt, ist dies gegenüber der kleinen Gruppe der G7/G8 doch ein erheblicher Fortschritt: Immerhin stellen die G20 nicht nur fast 90 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, sondern vor allem 63 Prozent der Weltbevölkerung und ca. 50 Prozent der Armen dieser Welt. Klar scheint, dass die USA nach diesem Debakel nicht mehr länger allein die Regeln des Spiels dominieren können. Ökonomisch wird sich das Modell hoher Konsumraten, auf Pump finanziert durch massive Kapitalimporte aus aller Welt, nicht restaurieren lassen (ebenso wenig wie das deutsche oder chinesische Modell, die einseitig auf Exportwachstum setzten und die Binnennachfrage vernachlässigten).

Der Washington Consensus für freien Kapitalverkehr nach US-Vorbild ist diskreditiert. Die Europäer wiederum sind sich uneinig: Vor allem die Deutschen bleiben immer noch weitgehend den neoliberalen Vorstellungen verhaftet, während die Franzosen für autoritäre Staatseingriffe plädieren. Darüber hinaus werden nun die neuen kapitalistischen Zentren China, Indien, Brasilien und die arabischen Öl-Staaten ein Wort mitreden - sie alle plädieren auf unterschiedliche Art für offene, aber kontrollierte Finanzmärkte. Mit ihrer offiziellen Einbeziehung erkennt der Westen endlich die veränderten ökonomischen und politischen Machtverhältnisse in der Welt an. Der IWF hat es in diesem Prozess nicht geschafft, sich zu relegitimieren und die zentrale Rolle bei der Neuordnung der Finanzmärkte zu übernehmen - die BRIC-Staaten verweigern, gestützt von den kleineren Ländern des Südens, die Gefolgschaft. Auch wenn die Beschlüsse der G20 bislang bescheiden ausfallen und noch unklar ist, wie weit tatsächlich ein Bruch mit dem Neoliberalismus vollzogen wird, stehen die umfassendsten Reregulierungen seit 30 Jahren an. Die Unwägbarkeiten der Weltwirtschaftskrise lassen erwarten, dass der Druck die bisher nur leichten Verschiebungen hin zur Re-Regulierung weiter vorantreiben wird, ebenso wie die Widersprüche zwischen den beteiligten Staaten und Kapitalgruppen. Obama hat sich vorgenommen, dabei die treibende Kraft zu werden - das Ergebnis ist offen. Die transnationalen Kapitalfraktionen fühlen sich herausgefordert und gründen die B20, als Versuch, eine Führungsrolle bei der Lösung der Krise und der Gestaltung der Nachkrisenordnung zu reklamieren. Vergleichbare Kämpfe um die Restauration des Neoliberalismus mit nur kleinen Zugeständnissen und minimalen politischen Veränderungen (dominant etwa in Deutschland) versus weitergehender Re-Regulierungsversuche lassen sich auch auf nationaler Ebene beobachten. Gelingt es, den Neoliberalismus mit nur leichten Anpassungen und Regulierungen (auch nur vorübergehend) zu relegitimieren und zu restaurieren und damit eine weitergehende Neukonstruktion der Weltwirtschafts- und -finanzverhältnisse, der Produktion und Konsumption, zu blockieren, so wird sich die Krise weiter verschärfen.

- New Public Deal: Über den Finanzsektor hinaus greift das Projekt eines New Public Deal unterschiedliche Krisenprozesse auf. Mit der Erneuerung und dem Ausbau des Öffentlichen, vor allem durch die neuen Investitionsprogramme in öffentliche Infrastrukturen, Bildungs- und Gesundheitssysteme und die Schaffung neuer Jobs in den betreffenden Branchen, versuchen bestimmte Gruppen um Präsident Obama den Absturz der US-Ökonomie aufzufangen und zugleich die (in den USA besonders tiefe) Reproduktions- und Jobkrise anzugehen, als auch neue Konsensangebote an die Subalternen zu unterbreiten. Die Stärkung des Staates, Steuerreformen und leichte Umverteilung nach unten sollen Unmut, gar Revolten im Zaum halten, die Hoffnung auf Wandel befördern und Zustimmung sichern. Darüber hinaus dienen die Maßnahmen der Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen durch Infrastrukturen und Requalifizierung sowie der Profitmöglichkeiten durch privat-öffentliche Partnerschaften (sog. PPPS, bei denen der Staat als Finanzier und Eigentümer fungiert, private Investoren den Bau und Betrieb übernehmen, während der Staat ihre Rendite garantiert).

Unklar erscheint, wer die Träger eines solchen Projektes sein mögen. Geht es nur um eine neue Konjunktur des Neoliberalismus mit nur leichten Veränderungen und Zugeständnissen oder um ein Element „postneoliberaler" Projekte (was mit dem Begriff New Deal ja nahegelegt wird)? Werden die Investitionen angesichts eines fehlenden gesellschaftlichen Drucks von links ausreichen, auch um die Überakkumulation ausreichend zu absorbieren?

- Green New Deal: Die allgemeine Umorientierung von Investitionen in Richtung Energieeffizienz und Reduzierung von CO2-Emissionen wäre die notwendige technologische und Akkumulationsbasis zur Schaffung von Millionen von Arbeitsplätzen und für einen neuen gesellschaftlichen Konsens, einen bereits lautstark geforderten „grünen New Deal" als Antwort auf Finanz- und Wirtschaftskrise, Reproduktions-, Job- und ökologische Krise - und zur Relegitimierung der Marktwirtschaft (ausführlich Candeias/Kuhn 2008). Dieses Projekt wurde u.a. von der Green New Deal Group, einem Zusammenschluss von Publizisten, Partei- und NGO-Funktionären, als Lösung einer „dreifachen Krise" vorgeschlagen, einer „Kombination aus kreditgetriebener Finanzkrise, dem beschleunigten Klimawandel und steigenden Energiepreisen vor dem Hintergrund von peak-oil".1 Befördert wurden diese Vorstellungen nicht zuletzt durch den Stern-Report zum Klimawandel 2006, die Analysen des IPCC und transnationaler Forschungsgruppen sowie die populären Aktivitäten des Nobelpreisträgers Al Gore. Verfechter sind neben den europäischen Grünen Parteien (die deutschen Grünen fassten im November einen Parteitagsbeschluss, der einen grünen New Deal zur Überwindung der Finanzkrise forderte; zur Kritik des Konzepts vgl. Candeias 2007) große NGOs wie der WWF oder Friends of the Earth, transnationale Netze von Umweltwissenschaftlern und die UN - und Obama, der die drei Posten des Energieministers, der Umweltministerin und der Vorsitzenden des Umweltrates im Weißen Haus mit ausgewiesenen Bekennern einer ökologischen Wende besetzte. Dahinter stehen auch Kapitalgruppen wie Internet- und IT-Unternehmen (Google, MySpace oder Microsoft, die zu den wichtigen Beratern des neuen Präsidenten in diesen Fragen zählen), Pharma-, Bio- und Gentech-Unternehmen, die Branche der regenerativen Energien (einschließlich der „grünen" Ableger der großen Energieversorger und des Maschinenbaus), die großen Versicherungskonzerne, Automobilkonzerne wie Toyota oder Renault, Nanotech- und Chemieunternehmen wie BASF (die neue, leichte und energieeffiziente Werkstoffe entwickeln), selbst Ölkonzerne wie BP (die sich in ‚Beyond Petrol‘ umbenannt haben) sowie Venture-Capital Fonds oder die kleine, aber wachsende Branche der ethischen Investoren (einschließlich großer Pensionsfonds und anderer Fondsgruppen).2

Ein grüner New Deal könnte mehr sein als ein ökologisch konnotiertes, kurzfristiges Programm zur Einhegung der Krise. Er beinhaltet vielmehr einen staatlich initiierten und massiv subventionierten Übergang (Transformation) zu einer „ökologischen" Produktionsweise, die neue Akkumulationsfelder für das nach Investitionsmöglichkeiten suchende Kapital erschließt: das weitere Zur-Ware-Machen von natürlichen Ressourcen im Bereich von Biodiversität oder Gentechnologie; Technologien zur ökologischen Effizienzsteigerung in Produktion und Energieversorgung; neue Investitions- und Absatzmärkte im Zertifikats- bzw. Emissionshandel und im ökologischen Konsum (Bio-Lebensmittel, ökologischer Hausbau, umweltfreundlichere Autos usw.). Der Markt für Investitionen in emissionsarme Energien und grüne Technologien verspricht auf etliche Billionen Dollar anzuwachsen. Natur- und Umweltschutz werden zur Ware, was die Möglichkeiten zur Lösung der ökologischen Krise beschränkt.3 Der grüne Kapitalismus ist also nicht die Lösung der ökologischen Krise, sondern vielmehr ihre Bearbeitung im Sinne der Wiederherstellung von erweiterter kapitalistischer Akkumulation und Hegemonie unter Einbeziehung progressiver oppositioneller Gruppen und Interessen der Subalternen. Eine Umwälzung der gesamten Produktionsstruktur, der Praxis und Kultur des Konsumismus, der Ökonomie der Autogesellschaft, der Struktur unserer Städte, unseres gesellschaftlichen Verhältnisses zur Natur, ohne die kapitalistische Produktionsweise als solche anzutasten, reproduziert deren Widersprüche (z.B. die Gefahren einer „grünen" Finanzblase; Janszen 2008).

Probleme: Angesichts der zu bewältigenden Aufgaben, der schnellen Überwindung einer Weltwirtschaftskrise und der noch gewaltigeren Aufgabe für Industriestaaten, bis 2050 die Treibhausemission um 80 Prozent zu reduzieren, also die gesamte Wirtschaft binnen drei Jahrzehnten vom über 150 Jahre alten fossilistischen Zeitalter in eine solare Zukunft zu katapultieren, wird dies außerdem nicht ohne Brüche und Krisen möglich sein. Dieser Zeitfaktor produziert zum Beispiel Entscheidungsprobleme zwischen einer konsequenten Umstellung bei Vernichtung alter Branchen/Kapitale, der Gefahr ökonomischer Krisen oder einer zu langsamen Umstellung bei Verschärfung von Umwelt- und sozio-ökonomischen Folgekrisen. Darüber hinaus führt die Einschließung der Ökologisierung in die Wertform zur Begrenzung der Lösungsmöglichkeiten der Krise durch Konzentration auf weitere Verwertung, weiteres Wachstum, weiteren Ressourcenverbrauch und zugleich Vernachlässigung der nicht-profitablen Bereiche.

- Varieties und Konkurrenz der Postneoliberalismen: Der Washington Consensus war schon vor der Krise delegitimiert, nach der Krise wird er verschwunden sein. Weder können die USA oder Europa weiter allein die Spielregeln bestimmen, noch ist ein transnationaler Konsens erkennbar. Zu deutlich haben sich sowohl südamerikanische Länder wie die BRIC-Staaten (jeder für sich) schon länger auf die Suche nach „postneoliberalen" Formen der Integration in den Weltmarkt und der ökonomischen und sozialen Politik in den betreffenden Ländern gemacht. In Südamerika haben starke soziale Bewegungen Regierungen gestürzt, Mitte-Links-Regierungen an die Macht gebracht, Ansätze partizipativer Politiken und solidarischer Ökonomien etabliert, indigene Bewegungen einen anderen Umgang mit Repräsentation, Öffentlichkeit und Eigentum erzwungen. Initiativen, die auf unterschiedliche und widersprüchliche Weise von den betreffenden Regierungen aufgenommen wurden: von Venezuelas Öl-Sozialismus des 21. Jahrhunderts über die stark von Indigenen getragenen linken Staatsprojekte in Bolivien und Ecuador, die links-sozialdemokratischen Projekte von Lula und Kirchner etc. Auf sehr verschiedene Weise setzen sie alle - trotz zum Teil verschärfter Exportorientierung - im Inneren auf Verschiebung der Kräfteverhältnisse, mehr Partizipation, progressive Reformen und stärkere Politiken des sozialen Ausgleichs, die die Handlungsfähigkeit subalterner Gruppen partiell erweitern - auch wenn die Probleme von Ungleichheit, Armut und beschränkten Entwicklungsmöglichkeiten der Menschen fortbestehen.

Auch in Indien haben sich starke Bewegungen formiert, der Bauern, der Landlosen, der Dalits, globalisierungskritische Netzwerke. Sie sind jedoch, abgesehen von sehr widersprüchlichen Erfahrungen in den maoistisch kontrollierten Gebieten oder in kommunistisch regierten Bundesstaaten wie Kerala, nicht in Verbindung zu einem linken Staatsprojekt. Dennoch nimmt der Staat in Indiens Hightech-Mixed-Economy eine andere Rolle ein als in den Neoliberalismen der USA oder Europas. Noch deutlicher versuchen Chinas Staatskapitalismus oder die staatlichen Investitionspolitiken der Golfstaaten - sozusagen von oben - kapitalistische Dynamik und staatlich kontrollierte Entwicklung mit selektiver Öffnung in ein anderes Verhältnis zu bringen und damit eigenständig(er) über die Zukunft des Landes zu bestimmen.

Auch in Skandinavien haben sich trotz neoliberaler Hegemonie unterschiedliche Ansätze eines anderen Typus von Kapitalismus entwickelt. Dieser hat sich dem Trend zur Liberalisierung nicht verschlossen, ist vielmehr außergewöhnlich erfolgreich auf dem Weltmarkt und hat zugleich zumindest höhere Arbeits- und Sozialstandards aufrechterhalten. Er legt einen stärkeren Fokus auf öffentliche und soziale Infrastrukturen, Bildung und staatliche Intervention als andernorts und garantiert so für große Teile der Bevölkerung einen höheren Lebensstandard. Die skandinavischen Erfahrungen sind mit Blick auf verallgemeinerbare „postneoliberale" Reformen in den Industriestaaten - auch kritisch - aufzunehmen.

International formierte sich schon vor Jahren innerhalb der WTO eine andere G20+, als lockerer Verbund von Ländern des „globalen Südens", um der Verhandlungsmacht Europas, der USA und Japans etwas entgegenzusetzen, durch Stärkung der Position des globalen Südens zu befördern. Nach dem Scheitern der WTO-Verhandlungen in Cancun/Mexiko 2003 setzten Brasilien, China oder Südafrika verstärkt auf sog. Süd-Süd-Kooperationen. Sie wollen sich nicht abkoppeln, sondern eigenständig über die Bedingungen und Formen der weiteren Integration ihrer Volkswirtschaften in den Weltmarkt mitbestimmen und zugleich die Abhängigkeit von den alten kapitalistischen Zentren reduzieren. Durch Diversifizierung des Außenhandels konnte etwa Brasilien den Anteil des Exports in die USA, in die EU und nach Japan in nur fünf Jahren um 12 Prozent verringern, obwohl der Export auch in diese Länder deutlich zunahm. Dieses Vorgehen strahlt aus auf die kleineren, zum Beispiel afrikanischen Länder, die sich durch Kooperationen mit China oder Brasilien von einseitiger Abhängigkeit gegenüber der EU, den USA oder dem IWF befreien wollen. Als Gegengewicht zu den transnationalen Institutionen wie IWF, Weltbank oder WTO werden darüber hinaus regionale Integrationsprojekte wie der Mercosur oder die ALBA in Lateinamerika vorangetrieben, Kooperationen zwischen China, Japan und Südkorea oder den Asean-Staaten schrittweise vertieft, regionale Entwicklungsbanken wie die Banco del Sur gegründet. Nicht in jedem Fall funktionieren die transregionalen Institutionen bereits, vor allem in Afrika stehen Integrationsprojekte vor schier unüberwindlichen Hürden. Gelingende Projekte werden jedoch andere nach sich ziehen.

Die Krise der Weltwirtschaft und des Neoliberalismus befördern die Abwendung von blinder Liberalisierung, Privatisierung und extremer Exportorientierung sowie die Suche nach alternativen Entwicklungsweisen. Wie allen stark exportorientierten Ökonomien setzt die Krise auch den genannten Ländern massiv zu: Rückgang der globalen Nachfrage, Verfall von Rohstoff- und Ölpreisen, Abziehen von Kapital aus den alten kapitalistischen Zentren etc. Umso mehr wird entscheidend sein, ob es ihnen gelingt, den sozialen Ausgleich mit einer Reorientierung auf die Binnenwirtschaft voranzutreiben, deren produktive Potenziale zu entfalten, sie zu einem selbsttragenden ökonomischen Faktor zu entwickeln und dafür - sofern vorhanden - ihren Ressourcen- und Ölreichtum zu nutzen. Dafür bedarf es - insbesondere in China und Venezuela (oder den Golfstaaten) - auch einer Stärkung der Elemente der Selbstorganisation, der Zivilgesellschaft und Demokratie. Die BRIC-Staaten und die Länder der Peripherien müssen dies mit Politiken der Gewährleistung von Ernährungssicherheit, konsequenten Landreformen und ökologischer Umorientierung verbinden. Andernfalls drohen die ohnehin scharfen gesellschaftlichen Spannungen, ob in China, Indien, Südafrika oder Bolivien, zu eskalieren. Zugleich soll die Neuorientierung aus Sicht der Regierenden erfolgen, ohne die weltmarktorientierten Kapitalgruppen und Investoren vor den Kopf zu stoßen - angesichts der Wachstumsaussichten der BRIC-Staaten stehen die Chancen dafür gar nicht schlecht.

- Autoritarismus: Die letzte Konjunktur wurde bereits als autoritärer Neoliberalismus bezeichnet: Seit Jahren lässt sich eine Hinwendung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen nach „rechts" beobachten (Evangelikale in den USA oder Rechtsextreme in Europa). Mit der Prekarisierung von Arbeits- und Lebensweisen und der Ausdünnung der Mittelklassen ist die Rückkehr von harten Abgrenzungs- und Respektabilitätsgrenzen, autoritären Erziehungs- und Leistungsvorstellungen, mit der Verschärfung von Migrationspolitk und Ausgrenzung verbunden. Mit der Regierungsübernahme durch rechtsextreme Regierungen (Österreich, Frankreich, Italien, USA unter Bush) wird über nationalistische Anrufungen versucht, einen gesellschaftlichen Konsens zwischen oben und unten zu schmieden, der auf Abgrenzung von anderen setzt und zulasten von Minderheiten aller Art geht. Nach außen werden imperiale Politiken, der Kampf gegen den Terror als Kampf der Kulturen betont und mit der Verschärfung von Sicherheits- und Kontrollpolitiken verbunden. Repressive Maßnahmen werden gegen Oppositionelle (Gewalt und strafrechtliche Verfolgung) wie in der Sozialpolitik („fordern statt fördern") verstärkt eingesetzt: Verpolizeilichung und „Bestrafung der Armen" (Wacquant) sollen ihre Anpassung gewährleisten und Unruhen unterbinden. Bei Krisen und wachsenden sozialen Spannungen wächst die Neigung, sie durch autoritäre Maßnahmen und einen national-chauvinistischen Konsens einzudämmen bzw. international militärisch einzuhegen.

Angesichts der Schwierigkeiten einer Restauration des Neoliberalismus, aber auch von New Public Deal und Green New Deal, vor allem mit Blick auf globale Konkurrenzen und ungeahnte Folgen der Krise, ist nicht auszuschließen, dass autoritäre Tendenzen an Bedeutung gewinnen werden - bei gleichzeitiger Rücknahme der imperialen, kulturkämpferischen oder antiterroristischen Rhetorik. Allerdings wird die imperiale Absicherung der ungehinderten Aneignung von Öl und Ressourcen wesentliches Ziel der alten und neuen kapitalistischen Kernländer bleiben. Die ungleiche Verteilung der unvermeidlichen Folgen von Weltwirtschaftskrise wie Klimakrise auf die gesellschaftlichen Klassen und Gruppen sprechen für eine Betonung von Sicherheitspolitiken von Seiten der Herrschenden: „Niemand hat eine Ahnung", so Mike Davis (2008), wie „ein Planet voller Slums4 mit wachsenden Ernährungs- und Energiekrisen [...] sein reines Überleben sichern kann", noch wie die Menschen in den Slums reagieren werden. Er geht eher von einer „selektiven Anpassung" aus, die „den Erdenbewohnern der ersten Klasse auch weiterhin einen komfortablen Lebensstil ermöglicht", in „grünen, streng eingezäunten Oasen des permanenten Überflusses auf einem ansonsten öden und unwirtlichen Planeten".

Für ein eigenes hegemoniales Projekt ist der Autoritarismus sicher nicht ausreichend, da Attraktivität und ökonomisches Potenzial begrenzt bleiben. Schon jetzt belasten die enormen Kosten der Sicherheitsapparate, die imperiale Überdehnung und die voraussichtlichen Kosten von Naturkatastrophen die Haushalte mindestens so stark wie die globale Finanzkrise. Insofern sind die Möglichkeiten eines neuen Militärkeynesianismus für die Entfaltung einer neuen Dynamik begrenzt. Ebenso wie öko-diktatorische Maßnahmen nur als Tendenz innerhalb anderer hegemonialer Projekte oder für begrenzte und umgrenzte Räume vorstellbar sind, können Militärkeynesianismus oder generell Autoritarismen aber komplementär zu anderen Projekten Wirkung entfalten, indem sie diese stützen. Keine wünschenswerte Entwicklungstendenz, aber rechnen muss die Linke mit ihr, um sich frühzeitig dagegen zu positionieren und emanzipative Antworten zu finden.

Sozialistische Transformation und revolutionäre Realpolitik

Angesichts der Blockierung innerhalb und der Ausfransung an den (globalen) Rändern der Machtblöcke wird sich aus den unterschiedlichen, sich parallel entwickelnden Tendenzen und Projekten voraussichtlich eine Konstellation des Übergangs ergeben, in der sich die Krise über längere Zeit, vielleicht ein Jahrzehnt lang, hinziehen kann, bis sich aus der Konkurrenz der Bearbeitungs- und Lösungsversuche eine hegemoniale Richtung herauskristallisiert, die eine gewisse Bandbreite von differenten Wegen einschließt, jedoch Terrain und Entwicklungsrichtung der varieties weitgehend bestimmt. „Postneoliberalismus" (vgl. Brand et al. 2009) bezeichnet also keine neue Periode kapitalistischer Entwicklung, sondern vielmehr eine Übergangsperiode, in der vielfältige Suchprozesse stattfinden und in welcher um die zukünftige Gestaltung der Gesellschaft gestritten wird. Sobald sich eine hegemoniale Richtung andeutet, muss ein neuer Begriff gefunden werden. Meiner Ansicht nach scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur ein Projekt hegemoniefähig, das die dafür nötigen Ressourcen, Akkumulationsdynamiken und Konsenspotenziale hervorbringen könnte: ein Green New Deal, eine Periode grünen Kapitalismus' An seiner Kritik gilt es bereits jetzt zu arbeiten, von links Positionen zu entwickeln, die interventionsfähig sind, und zugleich eine radikale Realpolitik in Richtung auf sozialistische Transformation zu entwickeln. Denn noch sind wir in einer relativ offenen geschichtlichen Situation, in der noch keine hegemoniale Richtung eingeschlagen wurde.

Gegenüber verkürzten Vorstellungen von Reformen auf der Ebene der Zirkulation des Geldes warnte bereits Marx: Es sei „unmöglich", die „Verwicklungen und Widersprüche, die aus der Existenz des Geldes" hervorgehen, aufzuheben, „solange der Tauschwert die gesellschaftliche Form der Produkte bleibt. Es ist nötig, dies klar einzusehen, um sich keine unmöglichen Aufgaben zu stellen und die Grenzen zu kennen, innerhalb deren Geldreformen und Zirkulationsumwandlungen die Produktionsverhältnisse und die auf ihnen ruhenden gesellschaftlichen Verhältnisse neu gestalten zu können" (Marx 1983: 80). Es genügt also nicht, länger nur eine wichtige und unverzichtbare Re-Regulierung der Finanzmärkte zu fordern.5 Auch die Ausweitung der Akkumulation in neue Räume, neue Branchen etc. hat in den vergangen 30 Jahren nicht gereicht, um die Überakkumulation nachhaltig abzubauen. Ein marktförmiger und finanzgetriebener „grüner Kapitalismus" wird mit neuen Spekulationswellen einhergehen, vermutet Susan George. Auch das deutsche Wachstumsmodell immer weiter steigender Exporte bei dahinsiechender Binnennachfrage wird sich ebenso wie das chinesische oder US-amerikanische nicht einfach restaurieren lassen. Hier bedarf es deutlich weitergehender Projekte, mithin Schritten zu einer sozialistischen Transformation (Beispiele in Candeias/Kuhn 2008), um dem Problem von Überakkumulation und zahlreichen gesellschaftlichen Krisen zu begegnen.

Das Vertrauen der Bevölkerung in Märkte und Regierungen ist deutlich angekratzt, der Neoliberalismus ist diskreditiert, seine Dogmen zerbröckeln. Dies eröffnet diskursiven Raum für linke Alternativen im Sinne radikaler Realpolitik, die bisher aber kaum genutzt werden konnten. Die Linke hat in den letzten Jahren von der sozialen Krise profitiert, von der Finanzkrise jedoch nicht. Die globalisierungskritische Bewegung der Bewegungen, die zu Beginn der 1990er Jahre einen neuen Zyklus transnationaler Kämpfe und eine Suche nach Wegen einer anderen Globalisierung anstieß, scheint ihren Zenit überschritten zu haben bzw. befindet sich im Moment der Krise neoliberaler Herrschaft selbst in einer Krise (beispielhaft etwa die Stagnation bzw. Erosion von Aktiven bei Attac). Auch konnten zumindest in Europa bislang in zahlreichen Ländern die alten links-sozialistischen oder kommunistischen Parteien nicht wesentlich von den Schwierigkeiten der Parteien des neoliberalen Blocks an der Macht profitieren: in Frankreich, Italien oder Spanien werden sie mit der Sozialdemokratie in den Abgrund gerissen oder an den Rand gedrängt und zermürbt. Eine Ausnahme bilden vielleicht einige kleinere Länder wie die Niederlande oder Norwegen - und die Bundesrepublik: Auf die Erfolge der Partei Die Linke beziehen sich zahlreiche Hoffnungen der Linken in Europa. Insofern steht das Verständnis eines produktiven Verhältnisses von Partei und Bewegung, von Selbstorganisation, Partizipation und Repräsentation bzw. Zivilgesellschaft und Staat vor ungelösten und neuen Fragen.

Doch ein „Weiter so" mit den alten Forderungen kann es angesichts der Verwobenheit von Krisenprozessen, der drohenden Verschlimmerung der Krise, aber auch der vielfältigen Initiativen zur Bearbeitung der Krise von herrschender Seite, nicht geben.6 Die Forderungen nach mehr Geld oder simpler Verstaatlichung tragen nicht, wenn sie nicht stärker inhaltlich gefüllt werden: zum Beispiel mit einer Forderung nach Bindung der Rettungs- und Konjunkturpakete an ökologische Konversion, Ausweitung der Partizipation, Ausbau des Öffentlichen, Verbot von Entlassungen etc. Sie muss den Zusammenhang zwischen den multiplen Krisen deutlich machen, zwischen Finanz- und sozialer Krise, zwischen ökonomischer und ökologischer Krise, zwischen all diesen Krisen und der kapitalistischen Produktions- und Lebensweise. Ein Zusammenhang, der vom herrschenden Block immer wieder parzelliert wird, um gesellschaftliche Probleme und Veränderungen zu trennen, die Probleme und sozialen Gruppen zu vereinzeln. Darüber hinaus muss die Linke sich strategisch neu ausrichten auf die veränderte Situation, die weitergehende Entwürfe und Fantasie verlangt und zugleich - aus einer Minderheitenposition heraus - realisierbare Einstiegsprojekte benennt. Andernfalls werden die Forderungen der Linken von den Regierenden überholt. Vor allem muss jenseits der Größenordnungen über inhaltliche Vorstellungen und Perspektiven in der öffentlichen Debatte interveniert werden.

- Sozialisierung der Investitionsfunktion: Wer entscheidet eigentlich über den Einsatz der Ressourcen in der Gesellschaft und darüber, welche Arbeiten gesellschaftlich notwendig sind? Der Markt als effizientester Allokationsmechanismus für Investitionen hat sich blamiert. Das neoliberale Kredit- und Finanzsystem sammelt zwar noch die vereinzelten (latent produktiven Geld-)Kapitale ein, es gelingt jedoch nicht mehr, sie in ausreichend produktive Investitionen zu lenken. Stattdessen produziert die Überakkumulation von Kapital Wellen spekulativer Blasen, gefolgt von Kapital- und Arbeitsplatzvernichtung, während immer größere Bereiche gesellschaftlicher Reproduktion (Erziehung und Ausbildung, Umwelt, Hungerbekämpfung, Infrastrukturen und öffentliche Dienstleistungen) liegenbleiben bzw. kaputtgespart werden. Dann muss auch die Investitionsfunktion stärker zur öffentlichen Aufgabe werden.

- Um- und Ausbau des Öffentlichen: Privatisierung als effiziente Form der Bereitstellung öffentlicher Güter und Dienstleistungen hat sich als untauglich erwiesen. Sie bewirkte die Ausdünnung öffentlicher Beschäftigung, Umwandlung von regulären in prekäre Arbeitsverhältnisse, Verteuerung notwendiger, ehemals erschwinglicher öffentlicher Dienstleistungen, Einschränkung sozialer Rechte und demokratischer Entscheidungsmöglichkeiten (vgl. Candeias et al. 2009). Um der Reproduktionskrise zu begegnen bedarf es daher des Ausbaus physischer und sozialer Infrastrukturen. Um einen Beitrag der Entprekarisierung von Beschäftigten und Arbeitslosen zu leisten, bedarf es der Ausdehnung öffentlicher Beschäftigung.

- Radikale Ökologisierung: Beim ökologischen Umbau der Produktion und Beschäftigungssicherung hat die private Wirtschaft versagt, insbesondere im Verkehrs- und Energiesektor. Daher bedarf es einer radikalen Ökologisierung der Produktions- und Lebensweise, nicht durch Inwertsetzung und damit Privatisierung von natürlichen Ressourcen, sondern durch Erhalt des allgemeinen und öffentlichen Charakters der natürlichen Commons und anderer grundlegender Reproduktionsbedingungen (public goods) sowie den Ausbau kollektiver kostenloser/kostengünstiger öffentlicher Leistungen (Ausbau eines kostenlosen ÖPV statt einfacher Stützung der Autokonzerne).

- Solidarische Care Economy: Bildungsmisere und mangelnde Kindergartenplätze, wachsende Armut und ökologische Degradierung wurden weithin beklagt, aber über Jahrzehnte verschlimmert. Die bereits angedeutete Reorientierung auf Ausbau des Öffentlichen mit Blick auf Gesundheit, Erziehung und Bildung, Forschung, soziale Dienste, Pflege, Naturschutz etc. ist zugleich ein Beitrag zur Ökologisierung unserer Produktionsweise (da diese Arbeit mit Menschen und am Erhalt der Natur selbst wenig Umweltzerstörung mit sich bringt) wie zur Bearbeitung der Krisen von Arbeit und Reproduktion, ihrer Dekommodifizierung und zur Zurückdrängung des Marktes, wie auch zur emanzipativen Gestaltung von Geschlechterverhältnissen durch den zentralen Blick auf reproduktive Funktionen. Die damit verbundene Binnenorientierung, die partielle Tendenz zu Deglobalisierung und Regionalisierung der Wirtschaft tragen auch zum Abbau der Exportfixierung sowie von Leistungsbilanzungleichgewichten bei.

- Solidarische Sozialversicherung und globale soziale Rechte: Die staatliche Rente im Umlagesystem ist ineffizient und teuer, daher muss auf Kapitaldeckung umgestellt und privat vorgesorgt werden (Riester-Rente), predigten die Neoliberalen - die Verluste der Pensionsfonds in den USA sind allerdings noch höher als zu Zeiten des Enron-Skandals und des Crashs der New Economy. In Deutschland hat ohnehin nur eine Minderheit privat vorgesorgt, und die Euphorie über „Volksaktien" wie Telekom oder Deutsche Bahn ist längst verflogen. Benötigt wird ein Rettungspaket für eine erneuerte solidarische Sozialversicherung für alle statt privater Eigenvorsorge, und zwar im Sinne einer umfassende Idee eines sozialen Europa und transnationaler sozialer Rechte, nicht nur im nationalen Rahmen.

- Demokratisierung des Staates: Der Ausbau des Öffentlichen muss zugleich eine partizipative Veränderung des Staates sein. Weder der wohlmeinende paternalistische und patriarchalisch-fordistische Wohlfahrtsstaat noch der autoritäre Staatssozialismus und schon gar nicht ein neoliberaler Umbau von öffentlichen Diensten auf Wettbewerb und reine betriebswirtschaftliche Effizienz waren besonders emanzipativ. Ein linkes Staatsprojekt muss also die Erweiterung der Partizipationsmöglichkeiten und Transparenz realisieren (hin zur Absorption des Staates in die Zivilgesellschaft). Die Entscheidungen über öffentliche Haushalte und Finanzen müssen stärker demokratisiert werden; partizipative Haushalte sind ein möglicher Ansatz hierfür. Die Repräsentations- und Legitimationskrise des politischen Systems hat viel damit zu tun, dass wesentliche Bedürfnisse der Bevölkerung nicht berücksichtigt werden, die Menschen selbst nicht mitwirken können. Daher geht es um die Neudefinition und Neuverteilung dessen, was wir als gesellschaftlich notwendige Arbeit verstehen - nicht durch immer weitere Ausdehnung warenförmiger Lohnarbeit, sondern durch Ausdehnung kollektiver, öffentlich finanzierter Arbeit, orientiert an der Effizienz zum Beitrag menschlicher Entwicklung, dem Reichtum allseitiger Beziehungen, nicht an der Produktion von Mehrwert. Wofür wollen wir unsere gesellschaftlichen Ressourcen einsetzen, was halten wir für eine unverzichtbare Grundlage, die jeder und jedem kostenlos oder preisgünstig zur Verfügung gestellt werden sollte, die gemeinschaftlich genutzt werden müsste etc. - darüber sollte möglichst alltagsnah gemeinsam debattiert und entschieden werden.

- Demokratisierung der Wirtschaft: Die Politik sollte sich aus der Wirtschaft weitgehend heraushalten, hieß es jahrelang. Doch die „Leistungen" von Management und shareholder value-Konzepten in der Unternehmensführung sind angesichts von Kurzfristdenken, Skandalen um Managergehälter, Steuerhinterziehung, Pleiten und Massenentlassungen in Zweifel geraten. Auch die klassische Mitbestimmung konnte dem Druck transnationaler Konkurrenz, finanzdominierter Kontrolle nicht ausreichend begegnen, geriet manchmal selbst in Verwicklungen von Kollaboration und Korruption. Die Umverteilung von Reichtum durch stagnierende Reallöhne und soziale Leistungen in Richtung Unternehmen und Vermögende hat erst die enorme Überakkumulation befördert, die zur Finanzkrise führte. Es ist also Zeit für eine über die klassische Mitbestimmung hinausgehende Demokratisierung der Wirtschaft, für eine echte Partizipation von Beschäftigen, Gewerkschaften, Bevölkerung/Konsumenten und anderen Stakeholdern an Entscheidungen in Betrieben (und zwar entlang der gesamten, transnationalen Produktionskette). Denn Unsicherheit und Kurzfristigkeit, mangelnde Mitsprache blockieren Produktivität, Kreativität und Entwicklung der Einzelnen und damit der Gesellschaft.

Die Tiefe der Krise sowie der Kampf um die Form ihrer Bewältigung werden für die nächsten Jahre bestimmend sein. Mithin markiert die Krise erneut einen historischen Bruch in der kapitalistischen Entwicklung. Daher geht es im Sinne radikaler Realpolitik um das Ganze, um die Frage der gemeinsamen Verfügung über die unmittelbaren Lebensbedingungen. Diese Ausrichtung auf das Ganze ist dabei mehr als ein Fernziel; vielmehr ist sie ein notwendiges Element, um die Verengung oder den Rückfall auf korporativistische, also enge Gruppeninteressen, oder auf Einzelreformen, zu vermeiden, was regelmäßig zur Verschärfung der Subalternität führt, die immer dann droht, wenn Kämpfe nicht als Hegemonialkonflikte um die gesellschaftliche Anordnung selbst begriffen werden. Dann passiert, wie so oft, die partikulare kompromissförmige Integration in den herrschenden Block. Das lässt sich auch schwer vermeiden. Bedingungen für zumindest partielle Schritte nach links sind jedoch günstig in Momenten wie diesen, wenn der aktive Konsens erodiert ist und Brüche zwischen den Gruppen im herrschenden Machtblock seine Handlungsfähigkeit blockieren oder reduzieren und die Suche nach neuen gesellschaftlichen Koalitionen begonnen hat. Eine Chance und zugleich ein besonders schwieriger und gefährlicher Moment für linke Kräfte.

 

 

Anmerkungen

1          Das Schlagwort des „grünen New Deal" bezeichnete in der BRD allerdings schon vor mehr als 15 Jahren den Versuch, „zu einer ‚nachhaltigen‘ ökonomischen Expansion zu kommen, ohne die kapitalistische Akkumulation [...] als solche aufzuheben" (Brüggen 2002: 1063). Anfang der 1990er Jahre hofften sowohl die Grünen als auch der sozialökologische Flügel der SPD, mit dem grünen New Deal eine reformpolitische Lösungsstrategie für die auch damals manifeste ökologische Krise zu entwickeln, die außerdem die Grundlage für ein „neues Bündnis zwischen verteilungspolitisch orientierter Arbeiterbewegung und eher lebensweltlichen Interessen von Mittelschichten" schaffen sollte (ebd.: 1064). Zentral für damalige Entwürfe eines grünen New Deal waren neben ökologischen Investitionsprogrammen und Effizienzsteigerungen wachstumskritisch motivierte Vorschläge einer radikalen Arbeitszeitverkürzung. Heutige Entwürfe verzichten weitgehend auf solche Ansätze und konzentrieren sich auf Strategien der Kapitalisierung ökologischer Ressourcen zur Erschließung neuer Akkumulationsfelder und auf Steigerung der Ressourceneffizienz in der Produktion zur Verringerung der Umweltzerstörung.

2          Die Finanz- und Wirtschaftskrise senkt zwar vorübergehend die Emissionen und den Rohstoff- und Ölverbrauch, blockiert jedoch zugleich die ökologische Modernisierung durch fehlende Kredite, stornierte Börsengänge, Rücknahme von Investitionen gerade in den Bereichen von Umwelttechnologien. So sagte z.B. Toyota ausgerechnet den Bau einer Fabrik für Hybrid-Fahrzeuge in den USA ab, und die Aktienkurse im Bereich der Öko-Energien fielen schneller als der Aktienmarkt insgesamt - vor allem aber durch Verzicht der Regierungen auf verschärfte Umweltgesetze und Rückfall in klassische Industrie- und Wachstumspolitiken.

3          Die „Lösung" ist auch gar nicht beabsichtigt: Das allgemeine Ziel der G8, den Anstieg der globalen Temperatur auf ein akzeptables Maß von zwei Grad zu beschränken, bedeutet laut „Stern-Report", allein in Afrika 40 bis 60 Millionen Opfer in Kauf zu nehmen - „Opfer mit minderem ökonomischen Wert" (Kaufmann 2008: 2).

4          In den nächsten 40 Jahren wird laut Prognosen die Hälfte der Weltbevölkerung in Slums leben; heute sind es bereits mehr als eine Milliarde Menschen.

5          Bei Fragen der Reregulierung ist die globalisierungskritische Linke inhaltlich am weitesten (vgl. Wahl 2009) - von der Beendigung weiterer Liberalisierungsvorhaben etwa im EU-Rahmen, der Verschärfung und Deprivatisierung von Banken- und Finanzkontrollen, der Schließung von Steuerparadiesen und Offshore-Zentren oder der Einführung von Börsenumsatzsteuern und Kapitalverkehrskontrollen bis zur Etablierung einer Internationalen Clearing-Union, Konzepten für zukunftsorientierte Konjunktur- und Investitionsprogramme oder einem neuen UN-basierten Bretton-Woods-Abkommen, das Kapital- und Technologietransfers, einen Ausgleich der Leistungsbilanzen, nachhaltige Entwicklung, soziale und politische Mindeststandards global gewährleistet.

6          Noch vor Kurzem diskutierte die Partei Die Linke heftig, ob ein 20 Mrd.-Investitionsprogramm sinnvoll ist oder doch die Haushaltsdisziplin wichtiger, und Attac stritt sich über Reregulierungskonzepte. Nun sind die Neoliberalen, die heute keine mehr sein wollen, vorbeigeprescht, haben quasi links überholt. Rhetorisch wie praktisch kann die Linke gar nicht so schnell etwas entgegensetzen, wie von den Regierenden Altes über den Haufen geworfen wird: restriktive Geld- und Hochzinspolitik - passé; Stabilitätspakt und Maastrichtkriterien - nicht so wichtig; Verstaatlichung von Risiken und Banken - warum nicht?; Bürgschaften höher als die Staatshaushalte - machen wir; Konjunkturprogramme - wie viel darf‘s sein?; ein neues Bretton-Woods - mindestens; europäische Wirtschaftsregierung - wird Zeit; Verstaatlichung von Schlüsselindustrien - war das nicht irgendwie sozialistisch? Die Herrschenden präsentieren sich als Kapitalismuskritiker und beherzte Retter, scharen die von Job- und Vermögensverlust verängstigte Bevölkerung um sich und predigen eine globale soziale Marktwirtschaft - oder eben den grünen New Deal.

 

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Dr. Mario Candeias, Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin

 

aus: Berliner Debatte INITIAL 20 (2009) 2, S. 12-24