Der "Krieg gegen die Drogen" löst nichts

Dass die Gewalt in Mexiko und Zentralamerika in den letzten Jahren erschreckend zugenommen hat, ist ein Thema, das auch bei uns in den gängigen Medien behandelt wird, die sonst kaum über die Region berichten.
 

„Drogenmafia hängt Leichen an Autobahnbrücke auf“


Mit Überschriften wie „Drogenmafia hängt Leichen an Autobahnbrücke auf“ behandeln diese Berichte fast ausschließlich den so genannten Drogenkrieg in Mexiko und stellen dann häufig grausige und makabere Details ins Zentrum. Neben schrecklichen Verbrechen erfahren die Leser_innen in solchen Artikeln auch die Namen von Drogenkartellen, wie „Los Zetas“ und Sinaloa-Kartell. Auch mit den Namen und Spitznamen der Drogenbosse werden sie vertraut gemacht und erfahren, dass Joaquín Guzmán „El Chapo“ ist und dass einer der Bosse der „Los Zetas“ El Taliban genannt wird. Wenn die mexikanische Armee den Tod eines prominenten Mitglieds der Drogenkartelle, wie vor kurzem den von Heriberto Lazcano vom Zeta-Kartell verkündet, dann steht das bei uns in der Zeitung. Und wenn kurz darauf dessen Leiche verschwindet, wird daraus selbstverständlich auch eine Meldung: „Bewaffnete entführen Leiche von Drogenboss“.
Damit soll nicht behauptet werden, dass die Berichterstattung nur auf das Spektakuläre abzielt und nur an der Oberfläche bleibt. Nein, die Dimension des Problems wird schon skizziert und ein Teil der politischen Zusammenhänge wird angedeutet. So erwähnen die Artikel in der Regel, dass der mexikanische Präsident Felipe Calderón (2006 – 2012) vor sechs Jahren dem Drogenhandel den „Krieg“ erklärt hatte, dass die Regierung dafür Polizei und Militär ausbaute und dass dies die Ursache dafür ist, dass Mexiko seither mehr als 60.0001  Tote zu beklagen hat. Auch dass dieser „Krieg“ dem Drogenhandel in keinster Weise geschadet hat, dass der US-amerikanische Markt vielmehr unvermindert mit Kokain versorgt wird, erfahren die Leser_innen. Daher ist die Beurteilung der Politik des mexikanischen Präsidenten durch die deutschen Medien auch eindeutig: Der „Drogenkrieg“ ist gescheitert.
 

Wer führt da gegen wen Krieg?


Aber diese gängige Berichterstattung erklärt zu wenig und muss ergänzt werden. So ist die Bezeichnung „Drogenkartelle“ ungenau, denn Drogen sind nur das wichtigste Geschäftsfeld dieser Kartelle. Laut Edgardo Buscaglia „schmuggeln sie Waffen, bringen Migranten illegal über die Grenze, organisieren die Prostitution, handeln mit Raubkopien und Organen. Sie sind in die Internetkriminalität involviert und für unzählige Entführungen und Erpressungen verantwortlich.“2  Schon wenn man sich ein wenig mehr mit dem Thema beschäftigt, führen diese Berichte zu einer Unzahl offener Fragen. Zum Beispiel: Wer führt da eigentlich gegen wen Krieg? Angeblich wird das organisierte Verbrechen so intensiv bekämpft, dass sogar die Armee eingesetzt werden muss. Aber die Armee kämpft sozusagen gegen sich selbst. Jedes Jahr desertieren mehrere zehntausend Militärangehörige.3  Viele von ihnen wechseln einfach die Seite und stehen jetzt im Dienst der besser bezahlenden Kartelle. Der spektakulärste Fall ist das Kartell „Los Zetas“. Die Führungsgruppe besteht aus ehemaligen Angehörigen der GAFE (Grupo Aeromóvil de Fuerzas Especiales) – einer mexikanischen Elitetruppe, die unter anderem in den USA eigens zur Drogen- und Aufstandsbekämpfung ausgebildet wurde.
 

Wer sind die mehr als 60.000 Toten?


Oder eine andere Frage, die sich aufdrängt: Wer sind eigentlich die mehr als 60.000 Tote? Wenn sie nicht Angehörige der Sicherheitskräfte sind, dann werden sie von den Behörden gewöhnlich als Verbrech-er_innen oder „Kollateralschäden“ identifiziert.4  Von vielen Menschenrechtsorganisationen, wie zum Beispiel Human Rights Watch (HRW), wurden aber Fälle belegt, wo die Toten von den Sicherheitskräften hingerichtet worden waren, manche, nachdem man sie zuvor gefoltert hatte. HRW geht davon aus, dass die extreme Gewalt in Mexiko zum größten Teil zu Lasten des organisierten Verbrechens geht. Bei den Kämpfen um Einflusszonen und gegen die Sicherheitskräfte kommen die meisten Menschen um. Aber der Krieg, den die Regierung gegen das organisierte Verbrechen führt, hat die Lebenssituation der Bevölkerung eindeutig verschlimmert. Oder mit den Worten von HRW, „der von Calderón entfesselte Krieg hat es geschafft, in weiten Teilen des Landes ein immer schlimmeres Klima von Gewalt, Chaos und Furcht zu erzeugen.”
 

Wieso muss gegen Verbrechen die Armee in den Krieg ziehen?


In Mexiko tragen die korrupte Polizei und Justiz, deren Aufgabe die Verbrechensbekämpfung ist, nichts zu derselben bei. Die Bevölkerung hat resigniert: Umfragen haben ergeben, dass nur 25 Prozent aller Delikte überhaupt angezeigt werden, weil es die Betroffenen als Zeitverschwendung ansehen. Im Endeffekt werden nur ein bis zwei Prozent aller Verbrechen bestraft.5  Das kann man nur als Straflosigkeit bezeichnen. Die Regierung vertritt nun die abwegige Meinung, dass hier der Einsatz der Armee helfen könnte. Aber allein die Tatsache, dass die mexikanische Militärgerichtsbarkeit vorschreibt, dass von Militärange-hörigen gegenüber der Zivilbevölkerung begangene Verbrechen ausschließlich vor Militärgerichten verhandelt werden, macht die Sache nur noch schlimmer. HRW hat festgestellt, dass vor Militärgerichten die Aufklärungsrate noch geringer ist. Sie lag in der Zeit seit 2007 bei 0,5 Prozent. Diese totale Straflosigkeit schwebt auch als großer Unsicherheitsfaktor über den Schätzungen der Opferzahlen.

 

Wer ist der Feind?


Auch die Antworten, die man durchaus auf die sich aufdrängenden Fragen findet, lassen einen die Hintergründe und Facetten des so genannten Drogenkrieges nicht unbedingt verstehen. Dieses Gemisch aus Gewalt und Korruption, angetrieben von riesigen Gewinnmöglichkeiten auf der einen und sozialem Elend auf der anderen Seite, ist kaum zu entwirren. Die Theatergruppe Telón de Arena aus Ciudad Juárez, die sich seit Jahren mit dem von Gewalt geprägten Leben in ihrer Stadt beschäftigt, hat dazu das Stück „El Enemigo“ („Der Feind“) entwickelt. Es ist dem Schmerz der Angehörigen der Opfer des „Drogenkrieges“ gewidmet. Unsere Ratlosigkeit findet sich in den Worten der Autorin des Stückes, Perla de la Rosa, wieder: „Es ist aus Fragmenten einer Realität entstanden, die wir nicht verstehen können. Es sind Fünkchen inmitten einer unüberwindbaren und chaotischen Dunkelheit: Wer ist der Feind? Wer ist dieses Monster der tausend Köpfe? Was ist sein Gesicht?“

Wir verwenden den Begriff Drogenkrieg nicht in dem Sinne, wie ihn die mexikanische Regierung verwendet. Aber das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung sieht in den Ereignissen im Norden Mexikos sehr wohl einen Krieg.6  Die vielen Toten, deren Zahl allein schon eine Ungeheuerlichkeit ist, und die riesige Zahl der Menschen, die inzwischen vor den bewaffneten Auseinandersetzungen aus ihren Wohnorten geflohen sind, qualifizieren das Geschehen als Krieg. Offizielle Zahlen zu den Vertriebenen gibt es nicht. Aber Untersuchungen der Presse und der Forschung gehen inzwischen von über einer Million aus. In der Zeitschrift emeequis wird von einer Umfrage berichtet, nach der allein ab Mitte 2010 innerhalb eines Jahres 700.000 Menschen vertrieben worden seien.7  Das sind Zahlen, wie wir sie sonst nur aus dem Irak oder Syrien kennen.
Diese Zahlen beziehen sich auf das konkrete Leben von Menschen. Für sie ist das, was wir als gruselige Zeitungsnachrichten erleben, gelebter Alltag.
 

Gelebter Alltag


Im Augenblick läuft bei uns der mexikanische Film „Miss Bala“ (Mexiko 2011, Regie: Gerardo Naranjo). Der Film hat den „Drogenkrieg“ zum Thema, zeigt ihn aber aus der Perspektive von Menschen, die ihn erleiden, die gegen ihren Willen hineingezogen werden und dann nur noch ums Überleben kämpfen können. In Tijuana, an der Grenze zu den USA, sucht eine junge Frau ihre Chance in einem Schönheitswettbewerb, Miss Baja California. Dabei gerät Laura zufällig in einen Überfall und wird dann als Zeugin des Verbrechens zum Spielball zwischen Mafia und Polizei. Der Film zeigt das Geschehen konsequent aus Lauras Perspektive: die alltägliche Gegenwart von Waffen schon vor dem Moment des Überfalls, der ihr Leben aus der Bahn wirft; dieses auf sich allein gestellt sein, da die Polizei in diesem „Drogenkrieg“ keinerlei Schutz bedeutet, sondern nichts anderes ist als die andere Gefahr im Leben der Bevölkerung; diese Hilflosigkeit in einem Geschehen, das sie niemals durchschauen kann und das sie nur mit Überlebenswillen überstehen kann, wobei Moral zum Luxus wird.
Dass der Film tatsächlich einen Ausschnitt aus dem Alltagsleben von Mexikaner_innen zeigt, die an der Grenze zu den USA leben, ist spätestens dann klar, wenn man erfährt, dass er aus Sicherheitsgründen nicht in Tijuana gedreht werden konnte. Gedreht werden konnte er überhaupt nur, weil man gegenüber den Behörden vorgab, es handele sich um eine Komödie.
 

Eine Fernsehserie mit Fortsetzung


Ganz anders war der Fall, als sich im Mai Jahr 2011 in Mexiko das Medium Fernsehen mit dem Thema Drogenkriminalität beschäftigte. Der Medienkonzern Televisa startete damals eine neue Serie: »El equipo« („Das Team“). Der Versuch, das Image der Polizei aufzupolieren, war aber so lachhaft realitätsfern, dass die Sendung nach drei Wochen eingestellt werden musste. (siehe auch den Text von Anne Huffschmid in diesem Heft)
Inzwischen hat die Wirklichkeit eine bemerkenswerte Fortsetzung geschrieben: Am 20. August 2012 wurden achtzehn Mexikaner_innen beim Grenzübertritt von Honduras nach Nicaragua festgenommen. Sie behaupteten, Journalist_innen von Televisa zu sein, und wollten nach Managua, um von einem Drogenprozess zu berichten. In den doppelten Böden der sechs Kleinbusse fand die Polizei 9,2 Millionen US-Dollar. Die Festgenommenen waren Drogenhändler_innen, die im südlichen Teil Zentralamerikas Kokain einkaufen und es nach Mexiko transportieren wollten. Es war schon ihre siebzehnte Einkaufstour innerhalb von zwei Jahren. Televisa bestritt jegliche Beteiligung, aber inzwischen gibt es erdrückende Beweise: Einige der Beschuldigten bestehen darauf, Angestellte von Televisa zu sein und es scheint auch erwiesen, dass die Fahrzeuge von Televisa zugelassen worden sind.
 

Verlagerung der Handelsrouten nach Zentralamerika


Dieses Ereignis aus den letzten Monaten wirft nicht nur ein grelles Licht auf die innige Verflechtung von Drogenhandel und Institutionen in Mexiko, sondern zeigt auch, dass der „Drogenkrieg“ in Mexiko direkte Auswirkungen in Zentralamerika hat.
Wie schon gesagt: Der „Krieg“ der mexikanischen Regierung gegen die Kartelle hat dem Handel nicht geschadet, hat ihn aber verändert. Die direkten Handelsrouten des Kokains zwischen Kolumbien und Mexiko wurden durch die Regierungsmaßnahmen behindert und deshalb durch neue Routen über Zentralamerika ersetzt.
Dadurch hat die Karibikküste in Honduras und Nicaragua in den letzten Jahren eine große Bedeutung für den Kokaintransport von Kolumbien in die USA bekommen. Das hat nicht nur mit den geografischen Gegebenheiten zu tun: Die Küste ist von der kolumbianischen Inselgruppe San Andrés nicht weit entfernt und demzufolge von dort aus gut mit Motorjachten und Kleinflugzeugen zu erreichen. Wichtiger noch ist, dass sie relativ menschenleer und vor allem frei von staatlichen Institutionen ist. In beiden Ländern wird die Küste von den indigenen Gemeinschaften der Miskitos bewohnt und das von ihnen bewohnte Gebiet ist sowohl in Nicaragua als auch in Honduras der ärmste Teil des Landes.
 

 

Karibikküste Nicaragua


Roberto Orozco hat die Situation in Nicaragua untersucht8  und festgestellt, dass an der Karibikküste der Drogenhandel inzwischen eine „soziale Legitimation“ gewonnen hat. Diese Erkenntnis hat nichts Überraschendes, wenn man bedenkt, dass über 60 Prozent aller Nicaraguaner_innen vom informellen Sektor leben. Dieser funktioniert nur, weil ein Großteil der dort getätigten Geschäfte illegal ist. Es werden Schmiergelder gezahlt, falsche Markenprodukte, unlizenzierte CDs und Schmuggelwaren verkauft und Steuern hinterzogen. Orozco vertritt die Meinung, dass Drogenhandel als eine weitere Variante in dieser Palette informeller und illegaler wirtschaftlicher Aktivitäten angesehen werden kann.
Für die Miskitos ist diese neue wirtschaftliche Möglichkeit besonders attraktiv. Die Erfahrung hat ihnen gezeigt, dass sie vom Staat nichts zu erwarten haben. In den seltenen Fällen, wo er sich bei ihnen zeigte, war dies verbunden mit der Ausbeutung ihrer Ressourcen, mit Abholzung und Abbau von Bodenschätzen, ohne dass sich ihre Lage dadurch geändert hätte. In dieses Gemenge von staatlichem Desinteresse und sozialer Misere ist der Drogenhandel gestoßen. Für die Versorgung mit Treibstoff, Lebensmitteln und Sicherheit zahlen die Drogenhändler_innen viel Geld. Orozco betont, dass die indigenen Gemeinden nicht den Drogenhandel unterstützen, sondern die neuen finanziellen Möglichkeiten, die dieser ihnen bietet.
Unterstützen heißt auch verteidigen, notfalls auch mit Waffen. Solch ein seltener Fall ereignete sich im September 2009 in der Gemeinde Walpasiksa. In der Nähe des Ortes war ein Kleinflugzeug abgestürzt, weshalb sich Militär und Polizei dorthin begaben. Sie wurden mit Schüssen empfangen, ein Soldat und ein Polizist starben. Die Behörden hatten nichts davon gewusst, dass der Ort schon längere Zeit Stützpunkt von kolumbianischen Drogenhändler_innen war. In späteren Untersuchungen wurde eine Liste mit Personen entdeckt, die regelmäßige Geldzuwendungen von den Kolumbianer_innen erhalten hatten. Auf der Liste stand auch der evangelische Pfarrer.
Solche Vorfälle, die in Nicaragua bisher ausgesprochen selten sind, sind in den Nachbarländern im Norden fast alltäglich. Auch bei der Alltagskriminalität ist die Situation in Nicaragua lange nicht so dramatisch wie bei den nördlichen Nachbarn. Nicaragua ist das sicherste Land Zentralamerikas. Das hat auch damit zu tun, dass Polizei und Armee, die beide in der Bevölkerung ein hohes Ansehen genießen, aus einer siegreichen Revolution hervor gegangen sind.
 

Honduras und El Salvador, die beiden Länder mit den höchsten Mordraten der Welt


Auch wenn die soziale Lage in den Landesteilen, die die Miskitos bewohnen, sehr ähnlich ist, so unterscheidet sich die Situation hinsichtlich der Gewalt, wenn man Nicaragua und Honduras insgesamt vergleicht, ganz erheblich. Honduras gilt als das „gefährlichste“ Land der Welt. Das Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung der Vereinten Nationen UNODC führt Honduras als das Land mit der höchsten Mordrate überhaupt, ein Wert, der sich von 2006 bis 2011 mehr als verdoppelt hat.9  El Salvador hat die zweithöchste Mordrate. Im Unterschied zu Honduras hat sich der Wert aber im selben Zeitraum kaum verändert. Diese Zahlen verweisen zum Teil auf ähnliche soziale Probleme, zum Teil spiegeln sie die ganz verschiedenen politischen Entwicklungen der letzten Jahre in den beiden Ländern wider.
In beiden Ländern gibt es seit Jahren die drückende Problematik der Jugendbanden, die Maras genannt werden. Im Falle El Salvadors hat das Infoblatt mehrfach über die sozialen Hintergründe und die erfolglosen repressiven Maßnahmen der Regierung berichtet. Das Thema Maras treibt die Gesellschaft um, spielt eine große Rolle in der politischen Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links und lädt einzelne Politiker_innen ein, sich damit zu profilieren. Seit März herrscht „vorläufiger Waffenstillstand“ zwischen den verfeindeten Mara-Gruppen MS-13 und B-18. Auch wenn das Ganze politisch sehr undurchsichtig ist (siehe Artikel von Angela Reyes), für die Menschen ist es von unschätzbarem Wert, dass die Zahl der Morde seitdem stark zurückgegangen ist.

In Honduras ist das Problem der Jugendbanden ähnlich gravierend wie in El Salvador, wird aber überlagert von anderen Einflüssen. Die Verlagerung der Handelsrouten des Kokains und die damit verbundene Drogenkriminalität hat vor allem in Honduras Auswirkungen. Es wird davon ausgegangen, dass 80 Prozent des Kokains für den US-Markt durch Honduras geschleust werden. Mit Sicherheit spiegeln die Statistiken auch die Zunahme der Repression seit dem Putsch gegen Manuel Zelaya im Juni 2009 wider. Hauptinteresse der Regierung ist es aber, das neoliberale Modell gegenüber der wachsenden Kritik aus den Basisorganisationen abzusichern. Jugendbanden und Drogenhandel dienen ihr dabei zur Rechtfertigung für die Ausweitung des Repressionsapparates.


Bei den Themen organisiertes Verbrechen und Gewalt überlagern sich also mehrere Schichten und lassen daher keine einfachen Erklärungen und damit auch keine schnellen Lösungen zu. Ob Lösungen, die politische und soziale Ursachen in Betracht ziehen, überhaupt erwünscht sind, ist eine offene Frage. Der „Drogenkrieg“, der im Augenblick von Mexiko nach Zentralamerika ausgedehnt wird, ist mit Sicherheit nicht die Lösung des Problems.



 1    Es gibt Schätzungen von über 100.000 Toten. 60.000, die am häufigsten zu lesende Zahl, ist eine untere Grenze.
 2    NarcoZones, 2012, Edgardo Buscaglia, Das Paradox der Repression
 3    Peter Clausing, Mexiko: Simulierte Demokratie im Belagerungszustand
 4    Human Rights Watch, Ni Seguridad, Ni Derechos, Ejecuciones, desapariciones y tortura en la “guerra contra el narcotráfico” de México, 9 November 2011
 5    Justice Reform in Mexico, Change & Challenges in the Judicial Sector, David A. Shirk
    Conflict Barometer 2011
 7    Emeequis Nr. 261
 8    Envio Nr. 345, Dezember 2010: “Está creciendo la legitimación social a las actividades del narcotráfico”
Envio Nr. 365, August 2012 “El narcotráfico ya ha desarrollado mucho músculo y está generando mucho dinero”
  9    Die Organisation UNODC der vereinten Nationen - United Nations Office on Drugs and Crime – weist für Honduras 91,6 Morde im Jahr 2011 und 43,0 im Jahr 2006 bezogen auf 100 000 Einwohner aus. Für El Salvador gibt UNODC die Werte 69,2 Morde im Jahr 2011 und 64,7 im Jahr 2006 an. In Nicaragua liegt der Wert seit Jahren fast unverändert viel tiefer. Für 2011 wird die Zahl 12,6 angegeben. Global Study on Homicide 2011