Commons: Zur Relevanz von „Gemeinheiten“ für die Soziale Arbeit

Die Instandhaltung und der Ausbau der sozialen und kulturellen Infrastruktur wird im Zuge der seit der globalen Krise ab 2007 praktizierten Austeritätspolitik durch die Kürzung öffentlicher Mittel be- bzw. verhindert. Öffentliche Daseinsvorsorge wird verstärkt auf private Träger ausgelagert, Städte werden auf ihre Attraktivität für profitorientierte Investoren hin zugerichtet. Durch die Veräußerung öffentlicher Räume, Gebäude und Einrichtungen wird die Möglichkeit mit verkauft, demokratisch über das, was mit ihnen passieren soll, zu entscheiden.

Mit der Durchsetzung des aktivierenden Sozialstaats im Zuge der neoliberalen Agenda-Politik wurden auch die Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit sowie ihre inhaltliche Ausrichtung maßgeblich verändert: Parallel zu einem Rückbau der (sozial-)pädagogischen Angebote in der Gemeinwesenarbeit und der offenen Kinder- und Jugendarbeit findet eine zunehmende Ausrichtung der Sozialen Arbeit auf ordnungs- und kontrollpolitische Ziele statt. Damit einher geht die Etablierung einer (Verhaltens-)Präventionsorientierung, mit der vorrangig auf die Behandlung individueller Defizite bzw. die Abwehr von (vermeintlichen) Gefahren und nicht auf Bildung, Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und Einflussnahme auf gesellschaftliche Verhältnisse gezielt wird. Das neoliberale Leitbild des „Vermarkte Dich selbst!“ bröckelt jedoch zusehends und kann nur mit Zwang und Sanktionen (z.B. Hartz IV) mehr schlecht als recht aufrechterhalten werden.

Kritisch-emanzipatorische Soziale Arbeit, also Sozialarbeit und Sozialpädagogik, die nicht Disziplinierung und Anpassung ihrer Adressat*innen betreiben, sondern einen Beitrag zur Befreiung aus (personalen wie strukturellen) Unterdrückungsverhältnissen leisten will, benötigt eine Perspektive, die über den Status Quo hinausweist. Dazu gehört die Perspektive einer Überwindung bzw. Aufhebung von Entfremdung, die sich aus der kapitalistischen Logik von Privateigentum, Lohnarbeit und Profitmaximierung ergibt.

Als Emanzipation verstehen wir im Anschluss an Oelschlägel (1978, zit. nach Boulet, Krauss und Oelschlägel 1980: 322) gleichermaßen „jeden Schritt und jede Bemühung, die auf dieses Ziel gerichtet sind. Sie ist also Prozeß und Ziel zugleich. […] [J]ede Handlung und Erkenntnis, die Menschen materiell, sozial und psychisch freier macht, sie vom entfremdeten Bewußtsein zum Bewußtsein von der Entfremdung bewegt, individuelle Verhaltenszwänge und Kommunikationsbehinderung soweit als möglich beseitigt, [ist] wichtig und notwendig, ein Teil von Emanzipation, insbesondere dann, wenn dadurch die Bedingungen für solidarisches, politisches Handeln gefördert werden.“

 

Kritisch-emanzipatorische Soziale Arbeit reflektiert die Lebensbedingungen der Menschen in den jeweiligen Gemeinwesen in ihrem Wechselverhältnis zu den einzelnen Individuen und verfolgt das Ziel, ihre Adressat*innen bei der kritischen demokratischen Vergesellschaftung zu unterstützen, die Verfügung über die gemeinsamen Lebensbedingungen zu erweitern und freiwillige solidarische Kooperation zu fördern. Wenn wir in diesem Beitrag von Demokratie sprechen, so ist damit – in Anlehnung an John Dewey – vor allem Demokratie als Lebens- und nicht als Herrschaftsform gemeint (vgl. Richter 2011). Es geht um die Aneignung der gemeinsamen Lebensbedingungen und die aktive Verfügung über deren Gestaltung. In diesem Zusammenhang sind Theorie und Praxis der Commons, der gemeinsamen Schaffung unserer Lebensbedingungen, von Interesse und Bedeutung, was im Verlauf dieses Beitrags ausgeführt und begründet werden soll.

 

Commons – Zu Geschichte und Begrifflichkeit

 

Das englische Adjektiv, Verb und Nomen common(s) stammt, so wie auch das deutsche Adjektiv gemein, vom lateinischen communis. In diesem Sinne gemein waren im Mittelalter weite Teile des Landes (Wiesen, Forste und Moore), die sich unter dörflicher oder gemeindlicher Verfügung befanden und gemeinschaftlich zur Subsistenzproduktion genutzt und verwaltet wurden: die Allmende bzw. die Gemeinheit. Mit dem Begriff Allmende wurde jedoch nicht nur das gemeine Land bezeichnet, sondern auch die Gemeinschaft derjenigen, die es verwalteten und nutzten. So bestimmten Jakob und Wilhelm Grimm die Allmende in ihrem Deutschen Wörterbuch von 1854 als „de[n] verein, die gemeinschaft freier männer, die sich in wald und weide zulängst erhielt“ (Grimm & Grimm 1854)[1]. Das englische Verb to common bezeichnet die Tätigkeit im Rahmen einer Allmende (Nutzung, Verwaltung, Pflege): „Generally a man may common in a forest“ (Coke 1650, zit. nach Linebaugh 2008: 79).

Die mit dem Aufkommen des Kapitalismus einhergehende Etablierung und Durchsetzung des Privateigentums-Regimes und der Lohnarbeit ging mit einer weitreichenden Zerstörung der auf Basis von Gemeineigentum organisierten gesellschaftlichen Bereiche einher (Einhegung, Enclosure Movement, vgl. Muhl 2013: 35ff.). Dieser Prozess verlief über Jahrhunderte und war immer wieder Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen: von den Bauernkriegen des 16. Jahrhunderts über die Bewegung der Levellers und Diggers im England des 17. Jahrhunderts, die frühe Arbeiter*innenbewegung des 19. Jahrhunderts bis zu Kämpfen gegen die Zerstörung von Allmenden heute, z.B. in Form von Land Grabbing oder im Bereich der digitalen Commons.

Parallel zu dieser Entwicklung, die mit dem Entstehen des modernen Staates einherging, wurde jedoch durch Klassenkämpfe die – auch im Sinne der verbesserten Reproduktions-, und damit auch Ausbeutungsfähigkeit funktionale – Herstellung öffentlicher (staatlicher und kommunaler) Infrastruktur wie Sozialwohnungen, Gesundheits- und Wasserversorgung und Bildungseinrichtungen durchgesetzt.[2] Diese öffentlichen Einrichtungen sind jedoch nicht identisch mit Commons. Laut David Harvey (2013: 136f.) tragen sie „zwar wesentlich zur Qualität der Gemeingüter bei, doch die Bürger und Menschen müssen politisch aktiv werden, um sie sich anzueignen oder erst zu solchen zu machen“.[3] Öffentliche Einrichtungen können zu Commons werden und/oder dazu beitragen, Commons einfacher möglich zu machen, sind jedoch nicht per se damit identisch.

„Weder der Staat noch der Markt ist stets ein Garant für nachhaltige und produktive Nutzung der Naturressourcen“ (E. Ostrom 1999: 1) ist eine der zentralen Aussagen Elinor Ostroms, die sich über Jahrzehnte hinweg mit vielen Facetten von und unzähligen Fallstudien über Commons auseinandergesetzt hat. Ihre Forschungen zielen darauf, zu belegen, dass „Einzelne kluge und ausgesprochen sinnvolle kollektive Verfahren entwickeln können (und dies auch häufig tun), um gemeinschaftliche Ressourcen zum individuellen und kollektiven Vorteil zu verwalten“ (Harvey 2013: 129). Ostrom erforschte, warum Menschen in einigen Fällen sehr erfolgreich darin sind bzw. waren und es in anderen Fällen nicht funktionierte. Damit wollte sie die Dichotomie zwischen Staat und Markt aufbrechen. In ihren Schriften macht sie deutlich, dass sich auf Grundlage von Commons die langfristig nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen realisieren lässt.[4] Das wechselseitige Beeinflusst-sein anerkennend, differenziert Ostrom klar zwischen Commons, staatlichen und marktförmigen Ansätzen. Es geht bei Commons um selbstverwaltete (im englischen Original self-governing) Institutionen (E. Ostrom 1999: 2), Meretz (2014a) spricht von Selbstorganisation.

Etwas ist nicht einfach aufgrund naturgegebener Eigenschaften ein Commons, sondern es ist immer (menschen)gemacht (vgl. Helfrich 2012). Der dem Historiker Peter Linebaugh, bspw. von Bollier (2011), zugeschriebene Ausspruch „There is no commons without commoning“ bringt dies auf den Punkt: Etwas wird erst zu einem Commons, wenn sich Menschen auf eine bestimmte Art auf etwas beziehen. Bei dieser Art menschlichen Wirkens, dem Commoning, werden idealerweise die Umgangsformen und Regeln des je spezifischen Miteinanders auf Augenhöhe und auf Grundlage der Bedürfnisse der Beteiligten ausgehandelt. Solche Formen des Gemeinsamen sind in allen Teilen der Welt zu finden. Commoning ist dabei nicht eine konstante, immergleiche soziale Praxis, sondern sie wird je konkret von den involvierten Menschen im Verhältnis zu den verwendeten Ressourcen und den angestrebten Zielen bestimmt.

„Traditionale“ Commons, wie sie E. Ostrom untersuchte, sind vornehmlich auf Ressourcenextraktion und -nutzung ausgerichtet. Neu entstehende, sogenannte „emerging“ Commons wie Wikipedia, Linux oder Open-Hardware unterscheiden sich dadurch, dass Neues geschaffen wird, was wiederum Input desselben oder anderer Commons-Projekte sein kann (Meretz 2012). Insbesondere im Falle von emerging Commons-Projekten lässt sich ein Trend in Richtung Co-Produktion feststellen – die Nutzer*inwerdung von Produzent*innen bei gleichzeitiger Produzent*inwerdung der Nutzer*innen. In der Wikipedia, zum Beispiel, schreiben viele Nutzer*innen Artikel und die Autor*innen nutzen die Online-Enzyklopädie ebenso. Auch bei urbanen Gärten und in Community-Supported Agriculture-Projekten lässt sich dieses Phänomen beobachten.[5]

Die soziale Organisationsform besteht laut Exner und Kratzwald (2012: 23) konstitutiv aus drei Elementen: 1. einer Ressource (stofflich oder immateriell); 2. den Menschen (den Commoners), die diese Ressource nutzen; und 3. dem Aushandlungsprozess darüber, wie die Ressource genutzt werden soll, also den Aneignungsregeln. „Commons sind eine soziale Beziehung und sie entstehen aus einer sozialen Praxis, die wir Commoning nennen“ (ebd.).

 

Eine Gesellschaft basierend auf Commons?!

 

Commons unterscheiden sich in Bezug auf ihre innere Logik und Erscheinung von der Warenform. Die Funktion der Ware im Kapitalismus und das Potential von Commons beschreibt Dyer-Witheford (2007: 82) wie folgt: “If the cell form of capitalism is the commodity, the cellular form of a society beyond capital is the common. A commodity is a good produced for sale, a common is a good produced, or conserved, to be shared”.[6] Während die Warenform die Elementarform des heute existierenden kapitalistischen Gesellschaftssystems ist, können Commons allenfalls als Keimform angesehen werden, als der Keim einer Elementarform, die das Potential hat, Grundlage eines Gesellschaftssystems jenseits des Kapital(ismu)s zu sein. In diesem Keim ist schon angelegt, was das Neue werden kann, es ist allerdings noch nicht zur Gänze entfaltet, wie dies erst in der Elementarform der Fall wäre (vgl. Meretz 2014b).

Commoning ist eine Art der Lebensbedingungsherstellung, die nach grundlegend anderen Mechanismen funktioniert als kapitalistische Ware-Tausch-Beziehungen. Ausgehend von einem Verständnis von Commons als Alternative zur Warenform[7] werden von diversen Theoretiker*innen Konzepte wie polyzentrische und stigmergische Selbstorganisation entwickelt, die die Umrisse einer Gesellschaft basierend auf Commons vorstellbar machen. Diese Argumentation werden wir im Folgenden versuchen, in aller Kürze nachzuzeichnen.

Wenn Commons die entscheidenden Elemente einer anderen Produktions- und Vermittlungsweise sein könnten – Benkler (2006) hat den in diesem Zusammenhang häufig verwendeten Begriff „peer production” geprägt – dann stellt sich die Frage, wie das gesamtgesellschaftlich aussehen könnte. Naheliegend, jedoch u.a. angesichts der Urbanisierung nicht sonderlich überzeugend wäre ein Szenario vieler, quasi-autarker Kommunen und Dorfgemeinschaften: Commons-Projekte als räumlich abgrenzbare, autonome Einheiten, die sich solidarisch aufeinander beziehen, allerdings wenige Berührungspunkte haben. Dies wäre eine Vision, die eher mit traditionalen Commons kompatibel ist. Einerseits scheint es dem Stand der Technik zu widersprechen, andererseits ist die räumliche Fokussiertheit schwer mit einem hohen Grad an Autonomie und Arbeitsteilung vereinbar. Emerging Commons jedoch passen schlecht in dieses Bild. Eine „Commons-Gesellschaft“ auf dem gegenwärtigen Stand der Produktivkraftentwicklung wäre vielmehr als ein komplexes und dynamisches Netz von Commons-Projekten zu denken, das teilweise räumlich fluide ist und in denen Menschen das tun, was sie für richtig und wichtig halten und zu dem sie Lust haben – auf der Basis von Selbstorganisation.

Letztlich ist die Warenform nur ein Weg, eine Art und Weise, wie Menschen sich und ihre Umwelt nutzen und verändern. Sie ist nur eine mögliche Antwort auf die Frage, wer weshalb was wie für wen produziert. Die daraus resultierenden sozialen Beziehungen (bspw. Äquivalententausch auf Wettbewerbsmärkten) sind die Links, die Verbindungselemente, eines großen Netzwerkes, des Gesellschaftssystems Kapitalismus. Wenn die Links jedoch der Logik einer auf Commons basierenden Gesellschaft unterliegen sollen, dann müssten sie auf Freiwilligkeit basieren, auf den Bedürfnissen und Wünschen der Beteiligten. In traditionalen Commons wird dies oft auf der Basis direkter Reziprozität gelöst: Menschen kennen sich, sie vertrauen sich in ausreichendem Maße und haben ein übergeordnetes Ziel: das Funktionieren des Gemeinwesens bzw. des gemeinsamen Projekts. Eine globale Gesellschaft, die auf direkter Reziprozität aufbaut, hätte jedoch schwerwiegende Skalierungsprobleme zu lösen. Gruppen könnten nicht unendlich groß werden, da die menschliche Kapazität, direkte und vertrauensvolle Beziehungen zu haben, limitiert ist.

In einer arbeitsteiligen Gesellschaft mit unterschiedlichen Menschen funktionieren größere Netzwerke jedoch besser. Die anstehenden Aufgaben können durch die größere Anzahl von unterschiedlichen Menschen besser erledigt werden, da es mehr Menschen gibt, die genau das gewünschte können und gerne tun. Indirekte Reziprozität funktioniert nach dem Schema: Ich gebe etwas in das Netzwerk hinein und habe gute Gründe anzunehmen, dass ich, wenn ich etwas brauche, dies aus dem Netzwerk beziehen kann (nicht unbedingt, wie im Falle der direkten Reziprozität, von einer bestimmten Person) (vgl. Euler, im Erscheinen). Je größer das Netzwerk, desto größer die Chance, dass jemand in der Lage und bereit ist mir zu helfen. Während direkte Beziehungsstrukturen sicherlich immer Bestand haben werden, ist die gesellschaftliche Vermittlung eher auf Basis indirekter Reziprozität zu verstehen (vgl. Meretz 2013).

Ein theoretisches Konzept, das ausgehend von konkreten Praxen als Grundlage einer commons-basierten Gesellschaft bestimmt wurde, ist das der Stigmergie (abgeleitet vom griechischen stigma (Zeichen)) (Siefkes 2009: 7). Stigmergie ist eine zeichenbasierte Methode der Kommunikation und Verbreitung von bestimmten Informationen (z.B. Aufgaben und deren Erledigung). In der Wikipedia wird dieses Prinzip erfolgreich angewandt. Stigmergie könnte auch als eine Methode dienen, die nicht nur Aktivitäten innerhalb, sondern auch zwischen verschiedenen Commons-Projekten zu koordinieren hilft. Das Ziel von Stigmergie ist die kohärente und umfassende Organisation und Vermittlung von lokalen Aktionen, in anderen Worten: die “Koordination in großen dezentralen Systemen durch lokale Informationen” (Meretz 2013). Die Struktur eines solchen komplexen, dezentral organisierten Gesellschaftssystems lässt sich mit dem Begriff „Polyzentrizität“ bezeichnen. Als 'polyzentrisch' bezeichnen V. Ostrom, Tiebout und Warren (1961: 831) „many centers of decision making that are formally independent of each other”. Viele, funktional miteinander verbundene Zentren können vor Machtmonopolisierung schützen und eine resiliente Form der Organisation darstellen.[8]

 

Commons und Kritische Soziale Arbeit

 

Vor dem Hintergrund von Commoning als bereits heute vorfindlicher sozialer Praxis und Commons als möglicher Grundlage einer anderen Gesellschaftsform wollen wir uns nun Kritischer Sozialer Arbeit zuwenden. Wenn von Commons die Rede ist, dann geht es um die Aneignung und Nutzung von sowie die Verfügung über gesellschaftliche Ressourcen, die entsprechenden Umgangsformen und damit elementar um die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen. Commons-Projekte stellen soziale Verhältnisse dar, in denen auf Grundlage gemeinsamer Belange und (direkt und indirekt) reziproker zwischenmenschlicher Beziehungen Dinge gemeinsam verwaltet und (re-)produziert werden. Ansätze egalitärer Formen des Miteinanders sind insbesondere in Assoziationen wie Vereinen, Kooperativen bzw. Genossenschaften zu finden, was von hoher Relevanz für kritisch-emanzipatorische Soziale Arbeit ist.

Soziale Arbeit, die nicht Kontrolle und Individualisierung (im Sinne von Vereinzelung), sondern die Emanzipation und kritische Vergesellschaftung von Menschen fördern und die Stärkung ihrer Assoziation in transversalen Sozialitäten[9] bzw. im Gemeinwesen erreichen will, kommt nicht umhin, die weit verbreitete Haltung einer Überlegenheit der „Professionellen“ über ihre „Klient*innen“ (welche sprachlich häufig sozialtechnologisch zu „Fällen“ degradiert und in erster Linie als Träger von zu behandelnden Defiziten betrachtet werden) zu überwinden. Eine Alternative zu solch vereinzelnder Sozialen Arbeit formuliert Timm Kunstreich mit dem „Arbeitsprinzip Partizipation“ (Kunstreich 2001: 298ff.). Als zentrale Komponenten dieses verständigungsorientierten Prinzips gelten:

 

1. Problemsetzung als sozialräumliche Erkundung: eingreifendes Begreifen der aktuellen Situation von und in Sozialitäten, um herauszufinden, was für wen warum ein Problem ist;

2. Entformalisierung von Konflikten: Dialog mit Adressat*innen und auf die Zukunft gerichtete Handlungsorientierung der Professionellen, die die Adressat*innen (in und mit ihren/seinen Sozialitäten) in ihrer Federführung stärkt;

3. Assistenz der Professionellen bei der Festigung von Mitgliedschaften in Sozialitäten oder als Beitrag zum Finden neuer; und

4. Verständigung der Akteure untereinander – als egalitäre Praxis und Form der Evaluation.

 

Historische Bezugspunkte für eine solche Praxis Sozialer Arbeit sind etwa das „Hull House“ im Chicago des ausgehenden 19. Jahrhunderts (vgl. Elsen 2011) oder die „Volkshäuser“ (case del popolo) in Italien (vgl. Kohn 2003). Orte der Arbeiter*innenbildung wie diese waren häufig genossenschaftlich organisiert und basierten auf einem „Konzept der Verbesserung von Lebens- und Arbeitsbedingungen durch tätige und häufig auch aggressive Selbsthilfe und Selbstorganisation im Stadtteil und am Arbeitsplatz“ (C.W. Müller 2006: 50). Sie können anregend für die Entwicklung heutiger Initiativen kritisch-emanzipatorischer Sozialer Arbeit sein.

Eine andere Form und konkrete Praxis, die sich (in der Regel ohne die Unterscheidung zwischen „Professionellen“ und „Klient*innen“ zu machen) insbesondere der Frage, warum Menschen bestimmte Probleme haben, widmet, entspringt der Kritischen Psychologie im Anschluss an Klaus Holzkamp (1995). Anhand konkreter Fälle anwesender Personen wird unter dem Namen Kollektive Selbstverständigung gesellschaftstheoretisch reflektiert versucht, die Handlungsmöglichkeiten und Handlungsbeschränkungen der anderen sowie je eigenen Lebenslage zu ergründen. Durch den Bezug auf die gemeinsame gesellschaftliche Grundlage und durch die Zielsetzung erhöhter allgemeiner bzw. verallgemeinerter Handlungsfähigkeit sind alle Teilnehmenden gleichzeitig Professionelle und Betroffene.

Informelle Assoziationen von Menschen (Sozialitäten) können genauso wie stärker formalisierte (z.B. Vereine oder Genossenschaften) Commons-Projekte Zusammenhänge solidarischer, verständigungsorientierter Kooperation und bedürfnisorientierter Produktion sein.[10] Die Mitgliedschaft ist freiwillig, die Mitglieder sind gleichberechtigt und es zählt im Konfliktfall idealerweise das bessere Argument.

Hilfreich ist in diesem Zusammenhang folgende Definition des Begriffs 'Verein', die über das Alltagsverständnis von Vereinen als in erster Linie juristisch definierten Assoziationen hinausweist: „Der Verein ist [...] eine soziale Gruppe (bzw. Organisation), die sich anhand der freiwilligen, formalen, nicht ausschließenden Mitgliedschaft abgrenzt, ein gemeinsames Vereinsziel und Mitgliederhandeln aufweist, sich lokal begrenzt und dauerhaft angelegt sein soll [...] und [die] über ein gewisses Maß an 'Öffentlichkeit' verfügt“ (Bühler et al. 1978, zitiert nach Richter 1998: 217).[11]

 

Im Hinblick auf das Verhältnis von Vereinen zu Commons-Projekten lässt sich festhalten, dass nicht alle real existierenden Vereine als Commons-Projekte, aber alle Commons-Projekte als Vereine im oben genannten Sinne aufgefasst werden können. In seinem Ansatz der Kommunalpädagogik weist Richter (2001) auf das in der Mitgliedschaft in Vereinen liegende Potential für eine bildungs- und verständigungsorientierte Sozialpädagogik hin. Er kritisiert die gegenwärtige „Nichtachtung von [in Vereinen] vorhandenen Demokratiepotentialen“ (2001: 218), die durch die Hinwendung zur Kunden- und Dienstleistungsorientierung bei Abwendung von der Mitgliederorientierung zum Ausdruck kommt.

Die solidarische Assoziation und das Commoning in Vereinen ermöglicht die Herausbildung einer Praxis, die „statt Konkurrenz, Auslese und Selektion Kreativität, Einmaligkeit und Reziprozität erlebbar macht“ (Kunstreich 2005: 107) und zur Realisierung elementarer sozialer, politischer, kultureller und ökonomischer Grundrechte beiträgt. Sie können schon im Gegenwärtigen zur Verbesserung der Lebensbedingungen beitragen, indem Entfaltungsmöglichkeiten geschaffen, zu produktivem (u.a. politischem) Handeln ermuntert und ein solidarisches Miteinander gefördert wird und kann aus diesem Grund als Mittel und Ziel kritisch-emanzipatorischer Sozialer Arbeit gelten.

Soziale Arbeit kann wertvolle Beiträge zum Schaffen neuer Commons-Projekte leisten, indem sie sich (mit) dafür engagiert, dass die institutionellen Rahmenbedingungen erhalten, verteidigt und/oder neu geschaffen werden (bspw. durch die rechtliche Anerkennung von Commons-Projekten). Auch die Ermächtigung der Menschen zum Commoning, etwa als Hilfe zur Selbsthilfe, kann eine Rolle spielen, ebenso wie die Schaffung von Räumen, in denen Commoning praktiziert und erlernt werden kann. In diesem Sinne wäre als Aufgabe Sozialer Arbeit zu bestimmen, an bereits bestehende institutionalisierte Formen von Assoziation anzuknüpfen und beim (kooperativen) Aufbau neuer Institutionen, die es den Menschen leichter machen, vor Ort solidarisch und inklusiv zu kooperieren, unterstützend zu wirken.

Für Kritische Soziale Arbeit ist Commoning also aus (mindestens) zwei Perspektiven von Relevanz. Einerseits kann Commoning als eine alternative soziale Praxis aufgefasst werden, die zu einer Überwindung herrschaftsförmiger Verhältnisse führen bzw. beitragen kann. Diese Perspektive ist als Orientierungsmöglichkeit von Belang. Andererseits bietet Commoning darüber hinaus die Möglichkeit, die Leben von Menschen sehr konkret im Hier und Jetzt zu verbessern. Commoning bietet Möglichkeiten zur Entfaltung und freiwillig-produktivem Handeln. So können Räume der Selbstorganisation und damit humane Strukturen geschaffen werden. Damit ist Commoning auch als Perspektive für die „alltägliche Lebensführung“ (Holzkamp 1995) von Bedeutung für Kritische Soziale Arbeit.

 

Fazit

 

Commons weisen zwar mit ihrer auf Selbstorganisation und Selbstverwaltung basierenden Eigenlogik über Markt und Staat hinaus, sie sind jedoch nicht unabhängig von den gegenwärtigen Machtverhältnissen zu verhandeln. Einige Commons-Theoretiker*innen weisen darauf hin, dass eine wichtige Voraussetzung für das Bestehen und die Entwicklung von Commons(-Projekten) eine starke demokratische Öffentlichkeit und die Verteidigung des Bestands öffentlicher Infrastrukturen sind (vgl. Harvey 2013: 137, vgl. von Winterfeld et al. 2012: 43).

Vor diesem Hintergrund bekommt die Theorie und Praxis der Commons als Theorie und Praxis einer anti- und a-kapitalistischen Vergemeinschaftung eine neue Bedeutung. Sie spielt etwa bei den internationalen Bewegungen für ein „Recht auf Stadt“ eine wichtige Rolle, die auf ganz unterschiedliche Weise gegen den Ausverkauf der öffentlichen Infrastruktur, für den Erhalt und die Ausweitung des Öffentlichen (im Sinne von 'unter demokratischer Kontrolle stehend' bzw. 'under the power of the common people') streiten. Parallel zu Abwehrkämpfen wie z.B. den um den Gezi-Park in Istanbul sind in den letzten Jahren weltweit eine Vielzahl von sozialen Bewegungen entstanden, deren gemeinsamer Bezugspunkt u.a. das Schaffen und der Ausbau von Commons sind (vgl. Kratzwald 2014).

Commons(-Projekte) können Basis der (Selbst-)Ermächtigung, des Widerstands und einer commonistischen Perspektive sein, sie können jedoch auch vom Kapital vereinnahmt werden. Ein Beispiel ist der selbstorganisierte und gegen Widerstände durchgesetzte 'Park Fiction' in Hamburg St. Pauli und seine spätere Indienstnahme für Zwecke des Stadtmarketings. (vgl. Muhl 2013: 75f.). Unter den gegenwärtigen kapitalistischen Rahmenbedingungen wohnt Commons eine Ambivalenz inne. Ihre Logik ist einerseits teilweise funktional für das bestehende System, andererseits sind sie letztlich inkompatibel mit der Warenproduktion (Meretz 2011) und weisen über diese hinaus. Gleichzeitig besteht die Gefahr der politischen und ökonomischen Instrumentalisierung von Commons für das Vorantreiben von Deregulierung und Privatisierung (vgl. von Winterfeld et al. 2012: 42). Dennoch beinhalten Commons-Projekte als solidarische Assoziationen von Menschen auch das Potential, zu einer Radikalisierung der Demokratie bzw. der Demokratisierung der Lebensbereiche beizutragen.

Eine wichtige Aufgabe der Gegenwart ist laut Harvey (2013: 160), die Suche nach und Schaffung von Möglichkeiten, „Produktion, Verteilung, Austausch und Konsum so zu organisieren, dass sie menschlichen Wünschen und Bedürfnissen auf antikapitalistischer Basis gerecht werden“. Als Handlungsperspektive unter den gegebenen Bedingungen formuliert er die Notwendigkeit eines „zweigleisige[n] politische[n] Angriff[s]“ (ebd.: 161): Der Staat müsse dazu gezwungen werden, „mehr und mehr öffentliche Güter für öffentliche Zwecke zur Verfügung zu stellen, und Bevölkerungsgruppen müssen sich selbst organisieren, um diese Güter auf eine Art und Weise in Besitz zu nehmen, zu nutzen und zu ergänzen, die die Qualität der nicht-kommodifizierten und ökologischen Gemeingüter sowie die Gemeingüter der sozialen Reproduktion erweitert und verbessert“ (ebd.) – bestenfalls in Formen, die über die gegenwärtigen Formen des Staatlichen hinausweisen bzw. diese letztlich aufheben.

Für kritisch-emanzipatorische Soziale Arbeit, die es als ihre Aufgabe begreift, „Mitgliedschaften in Sozialitäten [zu] stärken und Teilhabe in neuen [zu] ermöglichen statt durch individuelle Defizitbearbeitung auszugrenzen“ (Kunstreich 2001: 302) bietet die Theorie der Commons sowohl wichtige Impulse und Anhaltspunkte für die Analyse des Charakters konkreter Sozialitäten, als auch für eine anti-hegemoniale politische Produktivität der Profession, die darauf gerichtet ist, die Verfügung der common people über ihre Lebensbedingungen zu erweitern. Konkret müsste es darum gehen, gemeinsam mit den Adressat*innen Perspektiven zu schaffen, die über entfremdete Lohnarbeit hinausweisen, das Tätigsein in sinnstiftenden, solidarischen Zusammenhängen beinhalten und sie bei dem Kampf für die Nutzung, das Bestehen und die Neuschaffung von Commons und Commons-Projekten zu unterstützen bzw. dazu zu ermuntern, die Verfügung über die gemeinsamen Angelegenheiten in die Hände zu nehmen.

 

Literatur

 

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Winterfeld, Uta von/Biesecker, Adelheid/Katz, Christine/Best, Benjamin 2012: Welche Rolle können Commons in Transformationsprozessen zu Nachhaltigkeit spielen? Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: Wuppertal. Online-Zugriff am 14.06.15 unter http://epub.wupperinst.org/frontdoor/index/index/docId/4480



[1]     Der Bezug zum Vereinsbegriff wird weiter unten ausführlicher thematisiert.

[2]     Damit einher ging auch die Formalisierung und damit Kontrollierbarmachung einiger Bereiche, die bis dato in der Subsistenz- und/oder Selbstorganisationssphäre angesiedelt waren. An dieser Stelle sei beispielhaft auf die Entstehungsgeschichte der Bismarckschen Sozialversicherung verwiesen (vgl. Exner / Kratzwald 2012: 55f.).

[3]     Der Begriff Gemeingut wird häufig synonym mit dem Begriff Commons verwendet, so auch hier.

[4]     E. Ostrom (1999: 89ff.) untersuchte beispielsweise die spanischen Huertas (gartenbaulich intensiv genutzte Flächen in Flussauen) und ihre gemeinsame Nutzung von Flusswasser für die Bewässerung. Mithilfe von entsprechenden Institutionen und selbstgegebenen Regeln konnte eine lokal breit akzeptierte und langlebige Art und Weise entwickelt werden, die Frage der Wasserverteilung zu lösen.

[5]     Im ersten Fall kümmern sich Menschen um eine selbst angelegte innerstädtische Gartenfläche, die sie und andere zur Erholung und zum Gemüseanbau nutzen. Im zweiten Fall tun sich Menschen zusammen, um mit Bäuer*innen und Gärtner*innen gemeinsam verbindlich Gemüse zu erzeugen. Die Mitglieder der „Community“, meist aus nahegelegenen Städten, stellen das Budget zur Verfügung, helfen bei der Arbeit und verständigen sich mit den „Professionellen“ darüber, welche Höhe das Budget haben soll, was wie angebaut wird etc. (vgl. C. Müller 2012).

[6]     „Wenn die Elementarform des Kapitalismus die Ware ist, dann ist das Commons die Keimform einer Gesellschaft jenseits des Kapitals. Eine Ware ist ein Gut, das für den Verkauf produziert wird, ein Commons ist ein Gut, das zum Geteiltwerden produziert oder erhalten wird“ (eigene Übersetzung).

[7]     In Kürze kann die Warenform als soziale Form von Produkten bestimmt werden, die in getrennt-privater Produktion und zum Zwecke des Tausches (Verkaufs) in die Welt gebracht werden (vgl. Meretz 2010).

[8]     Aus Platzgründen kann die Auseinandersetzung an dieser Stelle nur angedeutet werden. Für eine etwas ausführlichere Auseinandersetzung siehe Meretz (2013, 2014a), Siefkes (2009), Euler (im Erscheinen) und Acksel et al. (im Erscheinen). Zum Thema 'gesellschaftliche Transformation' siehe z. B. das Fünfschritt-Modell von Meretz (2011).

[9]     Als tranversale Sozialitäten werden im Anschluss an Kunstreich (2001) „räumlich begrenzte Gruppierungen und Gesellungen“ verstanden, „die sich transversal, also quer zu den hegemonialen Institutionen bilden und in denen sich die Mitglieder wechselseitig ihrer Einmaligkeit dadurch versichern, daß sie egalitär und solidarisch gemeinsame Interessen verfolgen. Transversale Sozialitäten sind zugleich das Medium einer Pädagogik des Sozialen, d.h. für kooperative Lern-, Erfahrungs- und Bildungsprozesse als aktive Aneignungsprozesse.“ (Kunstreich 2001: 107)

[10]    An dieser Stelle scheint es angebracht deutlich zu machen, dass nicht jede Genossenschaft ein Commons-Projekt ist. Als “wirtschaftlicher Verein” ist eine Genossenschaft zwar in der Regel intern demokratischer organisiert als dies in konventionellen Unternehmen üblich ist, dennoch werden letztlich Waren für den Markt produziert. Dieser Umstand wirkt nicht nur nach innen zurück, sondern reproduziert auch die Warenform und damit die warenproduzierende Gesellschaft (den Kapitalismus) maßgeblich. Erst commons-produzierende Genossenschaften könnten wohl als Commons-Projekte bezeichnet werden. Inwiefern sie dann allerdings noch als wirtschaftliche Vereine gelten können erscheint mindestens fraglich.

[11]    Unter Bezugnahme auf Habermas bestimmt Richter Pädagogik als den „vom Handlungszwang entlastete[n] Diskurs eines kommunalen Publikums unter Anleitung von Experten (oder Kritikern), die wiederum selber von dem immer auch schon mündigen Publikum durch bessere Argumente gebildet werden können“ (Richter 2001: 213).