Editorial

In: express 7/2019

Geneigte Leserinnen und Leser,

wenn wir letzte Hand an den express legen, dann ist üblicherweise Freitag. Geballte Umbruch-Packung, dann erschöpft, aber leidlich zufrieden ins Wochenende. Friday for Future – die Zukunft liegt im Müßiggang.

Oder doch auf der Straße. Die ErfinderInnen der Fridays for Future, die streikenden Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz, rufen uns – euch, alle – dazu auf, gemeinsam zu streiken. In der Aktionswoche vom 20. bis 27. September wollen sie etwas an der Eskalationsschraube drehen, weil sie verstanden haben, dass ein überschwängliches »Ich finde das ganz toll, wie ihr euch engagiert!« aus dem Mund einer Krawatte oder eines Hosenanzugs noch keine andere Klimapolitik macht. Daher soll der Streik nun dorthin zurück, wo er hingehört – an die Arbeit, in die Betriebe.

Auch wenn es so aussehen mag: Das war nicht der Anlass für diese reichlich grün geratene Ausgabe des express. Oder allenfalls mittelbar. Das Problem, auf das die FFF-Demos so beharrlich hinweisen, wird ja umso interessanter, je weiter man sich vom Moralismus entfernt und je näher man den Welten von Arbeit und Produktion kommt – immer wieder lauert dort die knifflige Frage, wie eigentlich über Ökologie und die Interessen von ArbeiterInnen zu reden ist, wenn man die schlichte Logik der Entweder-Oder-Zwänge hinter sich lassen will. Entsprechende Ansätze gibt es, wie Torsten Bewernitz in seinem Beitrag feststellt, und es gibt sie – surprise! – auch in den USA. Sarah Lazare stellt den dortigen Diskurs um Gewerkschaften und das ökosozialistische Reformprogramm Green New Deal vor.

Zwei Beiträge befassen sich mit der deutschen Diskussion um eine Mobilitätswende und der Art und Weise, wie die größte Gewerkschaft hierzulande versucht, darin Boden gutzumachen (Stefan Krull und das Autorenkollektiv »Die Bewunderer des Hilarius Gilges«). Wer aufmerksam liest, wird noch weitere Kleinode finden, die sich des Klimas annehmen.

Das große Interesse am Thema und die Vielzahl an entsprechenden Wortmeldungen ist angesichts dessen, was da auf dem Spiel steht, nicht verwunderlich. Und doch mahnt die Stimme der Gelbwesten, die feststellt, dass für viele das Ende des Monats stets deutlich näher ist als das Ende der Welt. Aber eben das ist der Spielraum, in dem es sich zu positionieren gilt.

Unsere kleine Feierlichkeit zum 50-Jährigen des Sozialistischen Büros ist gerade erst ein paar Tage her – und schon liegt nicht nur ein Veranstaltungsbericht von Gottfried Oy vor, sondern auch sehr schönes, bereits bearbeitetes Filmmaterial, das wir euch demnächst online präsentieren werden – an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an das Filmteam schon mal! Zusammen mit Edgar Weicks Gratulation an Oskar Negt und Rudolf Walthers Rezension von dessen Biografie ist damit der Blick in die eigene Geschichte ein zweiter Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe.

Ehe wir es vergessen: Im August nehmen wir uns ein wenig Auszeit, der nächste express erscheint im September mal wieder etwas umfangreicher. Bis dahin verweisen wir auf unsere bereits in der letzten Ausgabe angekündigte express-Veranstaltung am 21. September (S. 16), auf der wir euch gerne zahlreich begrüßen würden, um in aller Ausführlichkeit über die Futures & Optionen des express zu beratschlagen. Wir wünschen einen frischen, auch mal etwas kühlen Sommer – solange es so etwas noch gibt...

 

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