Der Women-only-Test:

Welcher Typ Zockerin ist deine Freundin?

in (12.04.2001)

Leben ist Zocken. Auf das Wie kommt es an. Erfolg oder Anspruch? Geld oder Leben? Solidarisch oder kühl?

Dies ist ein Test für Frauen, die immer schon mal wissen wollten, nach welchem Muster sich ihre Freundinnen durchs Leben zocken.

Der Test geht zurück auf die traditionellen Figuren des nordamerikanischen indianischen Orakels. Die Indianerinnen pflegten sich einmal im Jahr in ein Tipi zurückzuziehen, wo sie farbige Knollen und Knochen warfen und einander daraus die Leviten lasen. Danach wusste frau wieder für ein paar Monate, was sie von einander zu halten hatte. Da die Kunst des Knollen-und-Knochen-Werfens sehr langwierig zu erlernen ist, ersetzen wir es hier durch neun Fragen aus dem zeitgenössischen Alltag.

Wähle eine deiner Freundinnen oder Bekannten aus, stell' dir die folgenden Situationen mit ihr vor und entscheide, wie sie reagieren würde. Am Schluss kannst du nachlesen, welche Figur des indianischen Orakels am stärksten in deiner Freundin lebt.

(Du kannst den Test auch für dich selber machen. Dafür musst du dir die Fragen umformulieren: "Deine Freundin erzählt dir ... du sagst ..." usw. Aber eigentlich gilt: Indianerinnen tun es gemeinsam!)

Die Fragen

1. Du erzählst deiner Freundin, dass du ein Verhältnis mit deinem Chef hast, der aber in einer festen Beziehung steht. Sie sagt:

a) "Schätzchen, du wirst dich unglücklich machen."

b) "Ihr solltet euch bald mal alle drei zusammensetzen."

c) "Du musst aufpassen, ab wann die Sache sich gegen dich wendet."

d) Sie erzählt dir von anderen Fällen, die sie kennt.

e) Sie gibt dir Tipps, wie du gegen die Andere Boden gut machst.

f) Sie macht dir moralische Vorhaltungen.

2. Deine Freundin erfährt von einem Job, der sie reizt, für den sie aber Einiges in ihrem Leben umkrempeln müsste. Was tut sie?

a) Sie bewirbt sich.

b) Sie versucht alles über die näheren Umstände rauszukriegen und schon mal zu den EntscheidungsträgerInnen durchzudringen, damit sie den Job kriegt.

c) Sie versucht alles über die näheren Umstände rauszukriegen, um dann zu entscheiden, ob sie sich bewirbt.

d) Sie bewirbt sich und erzählt anderen davon, von denen sie findet, dass sie sich auch bewerben sollten.

e) Sie bewirbt sich nicht.

3. Ihr sitzt in einem Café. Am Nebentisch sitzt ein Vater mit zwei kleinen Töchtern, die einen ohrenbetäubenden Lärm machen. Was tut deine Freundin?

a) Sie dreht sich zu dem Typ um und will wissen, wie alt die Gören sind, welche Hobbies sie haben usw.

b) Sie nimmt keine Notiz vom Nebentisch.

c) Sie dreht sich zu den Mädchen um, packt zwei Ü-Eier aus und sagt: "Hier, aber bisschen leiser, okay?"

d) Sie schlägt vor, dass ihr beide in ein ruhigeres Lokal wechselt.

e) Sie fragt die Kellnerin, ob die nicht was gegen den Lärm machen kann.

4. Eine gemeinsame Kollegin geht in Mutterschaftsurlaub. Deine Freundin sagt:

a) "Na, mal sehen, ob sie wiederkommt."

b) "Es ist total wichtig, dass der Kontakt nicht abbricht und wir sie über alles auf dem Laufenden halten!"

c) "Ich bin mir nicht sicher, ob das für sie wirklich der richtige Zeitpunkt ist."

d) "Ich verstehe nicht, wie sie mit diesem Typen Kinder in die Welt setzen kann. Womöglich sehen sie ihm ähnlich."

e) "Wer kriegt eigentlich ihr ThinkPad?"

5. Du sagst zu deiner Freundin: "Der neue Kollege ist ja fachlich brillant, aber er ist auch ein ganz schön patriarchales Arschloch." Sie sagt:

a) "Was soll das sein, ein brillantes Arschloch?"

b) "Wir brauchen sofort ein regelmässiges Hexenfrühstück, sonst schwimmen uns die Felle weg."

c) "Ich weiss nicht, ich komme blendend mit ihm aus."

d) "Der ist total unsicher. Wenn wir's richtig machen, kriegen wir von dem alles."

e) "Welcher neue Kollege?"

6. Der Sohn deiner Freundin geht seit Neuestem vormittags in eine Kindertagesstätte. Du findest, dass er mit zwei Jahren noch reichlich klein dafür ist. Sie sagt:

a) "He, ich besorge ihm sein erstes frühkindliches Trauma! Der wird später froh sein, wenn er seinem Psychiater was zu erzählen hat."

b) "Quatsch, die Kindergärtnerin ist total klasse."

c) "Du, das ist total wichtig, dass der jetzt Gruppenerfahrung macht und lernt, soziale Strategien zu entwickeln."

d) "Schon, aber wenn ich den rund um die Uhr ertragen muss, drehe ich demnächst durch."

7. Du hast dir ein komplett wahnsinniges Outfit gekauft, das nicht ganz zu deinem Stil passt. Deine Freundin sagt:

a) "Du, wenn du dich darin gut fühlst, ist das doch wunderbar!"

b) "Das ziehst du doch nicht ins Büro an, oder?"

c) "Puh, das ist aber reichlich gewagt, findest du nicht?"

d) "War das teuer?"

e) "Ein Erbstück, hab' ich recht?"

f) Sie sagt nichts.

8. Du hast Beschwerden und musst zum Arzt, fürchtest dich aber davor. Deine Freundin sagt:

a) "Geh bloss nicht zum Hausarzt! Sowas kann dich umbringen. Du gehst zum Frauengesundheitszentrum und siehst dir in der Kartei an, was gute Fachkräfte sind."

b) "Es wird schon nichts Schlimmes sein."

c) "Hab ich dir schon erzählt, dass Angelika Brustkrebs hat?"

d) "Gut, geh hin, aber - vielleicht ist es ja auch was Psychisches, zuviel Stress, Druck, irgendwas was dir zusetzt."

e) "Lass den Termin sausen. Meine Grosstante Frieda, die war nie beim Arzt, und die ist hundertundfünf geworden."

f) "Komm, ich bring dich hin und danach gehen wir ins Café, okay?"

9. Du musst einen Vortrag oder ein Referat halten, vor dem dir ziemlich mulmig ist. Nicht zuletzt deshalb, weil du die einzige weibliche Referentin bist und dort kaum Frauen anwesend sein werden. Deine Freundin sagt:

a) "Du ziehst neutrale Kleidung an, konzentrierst dich beim Reden auf eine Person im Publikum, die dir freundlich zuhört, und klärst von vorneherein, dass du keine Zwischenfragen annimmst."

b) "Mach keinen Unsinn. Du wirst dich doch nicht für so was verheizen lassen. Sag ab!"

c) "Auf jeden Fall nimmst du mindestens fünf Freundinnen und Bekannte mit. Diese Typen sollen sich mal trauen, gegen dich zu stänkern!"

d) "Was soll's, du kannst immer noch krank werden."

e) "Du musst drauf achten, dass du nicht wieder eine von diesen endlosen Einleitungen machst, und du darfst natürlich in der Argumentationskette keine Fehler machen."

Die Auswertung

Für die Auswertung nimmst du drei rote, drei grüne und drei blaue Ostereier und legst sie in einen Korb. Du hast sicher noch genügend von Ostern übrig. Dann schlägst du in der folgenden Tabelle deine Antworten nach: Wenn bei deiner Antwort "rot" steht, darfst du ein rotes Ei aus deinem Korb essen, wenn "blau" steht, ein blaues, wenn "keins" steht, isst du für diese Antwort kein Ei. Achtung: Wenn die roten Eier alle sind, sind sie alle - du kannst dann keine weiteren mehr essen, auch wenn die Tabelle das sagt, und du darfst nicht ersatzweise ein anderes nehmen! Am Schluss zählst du, wieviele Eier noch im Korb übrig sind. Unter der entsprechenden Kategorie findest du dann die weitere Einteilung und einen Grossbuchstaben als Ergebnis. Unter diesem Buchstaben findest du dann den Typus Zockerin beschrieben, dem deine Freundin am nächsten kommt. (Oder dir, wenn du den Test für dich selber gemacht hast.)

Dieser Test wird traditioneller Weise nach Ostern durchgeführt und ist eine beliebte Methode, überständige Eier loszuwerden. Ersatzweise kannst du auch rote, blaue und grüne Bälle nehmen, die du dann zweckmässigerweise aber weglegst statt aufisst. Zur Not gehen auch neun farbige Kringel auf einem Blatt Papier, die du durchstreichst, statt ein Ei zu essen. Die klassische Form des indianischen Tarots verwendet farbige Wurzeln, die verzehrt werden, aber davon lass lieber die Finger.

Antworten-Tabelle

    a b c d e f

1 rot blau grün keins keins keins

2 keins grün rot blau keins

3 grün keins blau rot keins

4 keins blau grün rot grün

5 rot blau keins grün keins

6 rot blau grün keins

7 blau grün rot keins keins keins

8 grün keins keins rot keins blau

9 grün rot blau keins keins

So, und jetzt kommt der Moment, wo du ins Körbchen schaust:

I. Im Korb ist höchstens noch ein Ei übrig = A

II. Im Korb sind noch zwei bis vier Eier übrig.

* Es ist von jeder Farbe noch genau eines übrig = A

* Es ist kein rotes übrig, aber mindestens ein grünes = B

* Es ist kein grünes übrig, aber mindestens ein blaues = C

* Es ist kein blaues übrig, aber mindestens ein rotes = D

Wenn vier Eier im Korb sind und du von jeder Farbe noch eins im Korb hast, geht es so:

* 1 rot, 1 blau, 2 grün = B

* 1 grün, 1 rot, 2 blau = C

* 1 blau, 1 grün, 2 rot = D

III. Im Korb sind noch fünf bis sechs Eier übrig.

* Es sind von jeder Farbe noch genau zwei Eier übrig = E

* Es sind am meisten blaue Eier übrig = E

* Es sind am meisten grüne Eier übrig = F

* Es sind am meisten rote Eier übrig = G

* Blau und Rot sind am meisten übrig = E

* Grün und Blau sind am meisten übrig = F

* Rot und Grün sind am meisten übrig = G

IV. Im Korb sind noch sieben bis neun Eier übrig = H

Das Ergebnis

A Die Berglöwin

Stark, geschmeidig, aufrichtig und immer ein gepflegtes Fell: Es ist das Geheimnis der Berglöwin, wie sie das schafft. Wo wir doch alle wissen, wie sich die Dinge gegenseitig ausschliessen. Mutig die Zähne zeigen und sich trotzdem auf den hohen, warmen Felsen sonnen. Unabhängig dahinschlendern und trotzdem ein unumstrittenes Revier und ein putziges Junges sein eigen nennen.

Sollte deine Freundin tatsächlich zu dieser famosen Spezies gehören: Kümmere dich drum! Du musst ihr nicht ständig deine Aufwartung machen. Qualität reicht. Und versuche nicht, rauszukriegen wie sie's macht. Berglöwinnen brauchen niemand, der sie kopiert. Eine Berglöwin braucht eine Freundin, mit der sie sich hin und wieder ein Paar wirklich dunkler Sonnenbrillen teilt, um lässig irgendwohin zu schauen. Und das wirst du doch hinkriegen, oder?

B Die Kaktus-Frau

Welche Blüten! Welche Stacheln! Welche Durststrecken! Die Kaktus-Frau blüht wie keine andere, und es ist ihr egal, ob das irgendwelchen Botanik-Headhuntern oder Sahara-Touristen auffällt oder nicht. Sie ist von extremer Aufrichtigkeit und kann ihre Stacheln gezielt auf den wunden Punkt werfen. Dabei macht sie durchaus Kompromisse. Die relative Wüste, in der sie lebt, ist ein ausgeklügeltes Öko-System, das sie vorsichtig um sich wachsen lässt. Zahme oder dressierte Kakteen sind allerdings nicht bekannt. Ihr Karriere-Motto folgt Oscar Wilde: "Ich bin berühmt, es hat sich nur noch nicht herumgesprochen."

Eine Kaktus-Frau zur Freundin zu haben, ist der Garant dafür, dass du keine allzu grosse Scheisse bauen wirst. Sie wird nicht mit unverblümten Diagnosen geizen, wenn du dich zu billig verkaufst oder selbstgefällig wirst. Vor allem ist sie ein Quell origineller und tiefsinniger Einsichten. Du wirst sie vielleicht ein wenig zum Ausgehen drängen müssen, aber wenn nichts zwickt, kannst du mit Kakteen-Frauen ausgelassene Abende verbringen. Sei nicht empfindlich. Mach keine Strichlisten, wer wen zuletzt angerufen hat. In punkto Durststrecken hast du keine Chance, es mit ihr aufzunehmen.

C Die Efeu-Frau

Die Efeu-Frau setzt darauf, dass frau sich um einen starken patriarchalen Stamm ranken muss, um hoch hinauf zu kommen. Das gilt für Männer wie für Institutionen. Sie betreibt ihre Rankarbeit mit Selbstvertrauen und Zielstrebigkeit und legt dabei genau soviel Feminismus, Frauensolidarität und Anspruch an den Tag, wie es ihrem Fortkommen dienlich ist. Sie ist keine Opportunistin, sondern überzeugt, dass das Efeu den Baum lenken kann, solange es ihm das nicht auf die Nase bindet. Ihr Ehrgeiz (und den hat sie reichlich) macht sie keineswegs einsam. Erfolg braucht Beziehungen und persönliche Kontinuität: das weiss sie und organisiert es sich.

Die Bekanntschaft mit Efeu-Frauen kann das Leben kolossal erleichtern. Es schadet nichts, sich hin und wieder ein Liste zu machen: kenne ich wirklich genügend Efeu-Frauen? Wenn du von ihr nichts Unmögliches erwartest, erwartet sie es auch nicht von dir. Mach nicht den Fehler, ihren kritischen Anspruch oder ihre Frauensolidarität überzustrapazieren. Mach keine falschen Witze über ihre LebensgefährtInnen, die meist etwas blass und lasch wirken. Verlange nicht, dass sie als Liebesbeweis einen Termin für dich kippt. Ertrage es, wenn sie erstmal eine Stunde über die wahnsinnig wichtigen Fragen ihres Jobs palavert, wenn ihr euch trefft. Du findest, das ist alles ein bisschen viel verlangt? Siehst du, deshalb brauchst du ja hin und wieder die Liste, ob du wirklich genügend ...

D Die Pilz-Frau

Die Pilz-Frau zieht den Gelegenheiten nicht nach wie die Karibu-Frau. Wenn sich eine bietet, wächst sie, und zwar nicht allein, sondern in Kreisen und Hexenringen. Sie ist die geborene Projektefrau. Ihre starke Frauenorientierung hindert sie nicht, ihre Wurzeln nach institutionellen Geldquellen auszustrecken, und wenn sie ein entsprechendes Feuchtbiotop aufgebaut hat, wird sie es mit Lamellen und Sporen verteidigen. Pilze wandern nicht, und deshalb sind sie auch nicht unbedingt gastfreundlich, wenn eine angewandert kommt und sagt: "He, ich bin auch ein Pilz, lasst mich mitwurzeln." Die Zeit wird's richten. Die Pilz-Frau wird überall, wo sie hingerät, Ringe bilden. Sie geisselt die Anspruchslosigkeit und den Postfeminismus der Jugend, wird jedoch niemals ihren angestammten Platz durch Leichtsinn oder unbedachte Aktivitäten aufs Spiel setzen. Sie hat immer ein Auge auf Sicherheit und aufs Kommerzielle - der Pilz braucht einen guten, soliden Boden.

Die Pilz-Frau lebt in Netzwerken und informellen Beziehungen, auch im Job. Dadurch häuft sie eine Menge temporäres Wissen auf: wer wo welchen Job gekriegt hat, wer sich von wem getrennt hat, wo man gut abends hingeht, welchen Stück man gesehen haben muss, welches Buch für den Urlaub grade der Renner ist. Wenn du selbst kein Pilz bist, machst du dir am besten einen Plan: immer einmal urig mit einer Bärin ausgehen, dann schick mit einer Efeu-Frau, dann wieder voll im Trend mit deiner Pilz-Freundin, usw. Die Dosis macht's. Die Pilz-Frau ist in der Lage, dir wirklich Ratschläge zu geben, wenn du ein Problem hast, denn kollektives Überleben im Patriarchat ist ihre Spezialität. Und womit deine Kinder spielen und was sie sich im Fernsehen anschauen, das muss sie nun wirklich nicht wissen, oder?

E Die Karibu-Frau

Die Karibu-Frau zieht mit dem Frost und mit dem Tau, dorthin wo sie Nahrung findet; manchmal allein, manchmal in Herden; manchmal nervös, aber letztlich mit grosser Zähigkeit. Nicht, dass sie keine Ansprüche hätte; sie weiss nur, dass man von Ansprüchen nicht abbeissen kann, wenn der Winter kommt. Nach anfänglichen Flausen erwirbt sie im Verlaufe ihres nomadenhaften Daseins ein hohes Mass an Realismus, das es ihr zunehmend schwer macht, sich in Institutionen zu integrieren, auf geradlinige Business-Karieren zu setzen, oder Kinder zu bekommen. Ihr fröhliches Auftreten und das Dutzend Beerenschnäpse, das sie an jedem beliebigen Abend der langen Polarnacht wegzuzischen imstande ist, sollte darüber nicht hinwegtäuschen. Sie arbeitet gern selbständig ("free-lanced", würde sie sagen), lebt oft allein und zieht dem Geld nach in die Metropolen, wo sie sich vorläufig einrichtet, meist jahrzehntelang. Natürlich bekommen auch Karibu-Frauen Kinder, aber die müssen dann eben irgendwie mitziehen.

Mit einer Karibu-Frau kannst du viel Spass haben. Denk dir nichts dabei, dass sie immer zu aufgeregtem Nüsternzucken neigt. Wechsle oft das Thema, rede viel gleichzeitig, und lass noch eine Runde Beerenschnaps springen. Diese Frau hat genügend Realitätseinzug, um sich über alles lustigzumachen. Und vergiss nicht: Eine Karibu-Frau hat wenig Skrupel, und ihr Realismus sagt ihr, dass nachträgliche Skrupel lange nicht so im Magen drücken, wie ein ungegessenes Büschel Gras ...

F Die Bärin

Die Bärin kommt aus ihrer Höhle, stellt fest, dass dies eine patriarchalisch dominierte Welt ist, und macht gleich wieder Winterschlaf. Anflüge von Ehrgeiz kontrolliert sie souverän. Im Konflikt zwischen ihren Ansprüchen und der Welt hält sie zu ihren Ansprüchen, weshalb sie bis ins hohe Alter zu grössten Hoffnungen berechtigt. Die Bärin braucht Raum und eine gute Höhle. Ihre Arbeit ist ihr wichtig, aber sie hält es auch mal ein paar Jährchen mit anderen Dingen aus. Es läuft schon nichts weg. Diejenigen, die grossen Chancen nachgelaufen sind, die nur kurze Zeit offen stehen, hat sie allzuoft später als Fell an der Wand wiedergetroffen. Nur wer in sich ruht, kommt durch.

Eine Bärin zur Freundin zu haben, ist grossartig für die geniesserischen Seiten des Lebens. Mit ihr kannst du tagelang darüber klönen, wo es zu welcher Zeit den abgefahrensten Jahrgangs-Honig gibt. Obwohl sie nicht mit ihrer Frauensolidarität hausieren geht, ist die Bärin nicht männerfixiert. Es kann sein, dass du erst nach Jahren erfährst, dass sie mit einem Typen zusammenlebt. Die Bärin macht sich keinen Stress, und wenn du das respektierst, kann die Freundschaft lange halten. Du musst es nur schaffen, gelegentliche Anflüge von Neid bei dir niederzukämpfen.

G Die Moos-Frau

Die Unscheinbarkeit, mit der die Moos-Frau meistens auftritt, verdeckt leicht die unbändige Kraft, über die sie verfügt. Diese Kraft wirkt allerdings nur in eine Richtung: sich dort festzukrallen, wo sie einen Platz gefunden hat, und ihn um keinen Preis wieder aufzugeben.

Die Moos-Frau ist vielleicht die begnadetste Aussitzerin, die dieser Planet bisher gesehen hat. Weil der Zeit die meisten Dinge genauso gleichgültig sind wie der Moos-Frau, arbeitet die Zeit für sie. In einer postfeministischen Zeit bezieht sie eine präfeministische Position. Damit kann frau heute keine Karriere mehr machen, aber es überall aushalten. Die Moos-Frau erträgt extreme Bedingungen, aber keine Schwankungen, und ihre stete Sorge gilt ausschliesslich der Gefahr, entwurzelt zu werden. Sie wirkt anspruchslos, ist aber leicht kränkbar, vorwiegend von Frauen, denn auch die Moos-Frau wird nicht gerne mit einer Fussmatte verwechselt. Ihre Freizeit verbringt sie lieber mit den Boys.

Die Moos-Frau möchte mit Liebe und Verständnis behandelt werden. Wie du das machst, ist deine Sache. Unterschätze sie niemals. Um ihren angestammten Platz zu verteidigen, ist sie zu den ausgeklügeltsten Strategien in der Lage. Mit einer Moos-Frau befreundet zu sein, hat eine tief existenzialistische Komponente, denn sie betrachtet alles - und auch dich! - stets mit dem Stolz ihres Lebensmottos: "For you will still be here tomorrow / but your dreams may not."

H Das Eichhörnchen

Das Eichhörnchen ist gar nicht leicht zu erkennen. Du kannst es für ein Karibu halten, oder für ein beginnendes Efeu, oder für einen Pilz. Nach einer Weile wirst du gar nicht mehr wissen, was nun zutrifft. Und schliesslich wirst du feststellen, dass all dies Stücke aus der sozialen Garderobe deiner Freundin sind, die sie abwechselnd ausführt. Weil es sich bei ihr um ein Eichhörnchen handelt.

Das Eichhörnchen hat feministische Ansprüche, und es will auch Karriere machen, und es gibt sich frauenorientiert. Es hat nur keinen Plan. Anstatt einen persönlichen Stil auszuprägen, der zu den verschiedenen Widersprüchen Farbe bekennt, macht es mal so und mal so. Es hat Ummengen von Kontakten und Unmengen von Ideen. Aber wie das Eichhörnchen von all den Nüssen, die es vergraben hat, nur einen Bruchteil wiederfindet, so wird auch bei der Eichhörnchen-Frau aus den meisten Kontakten und Ideen schlicht nichts. Sie hat auch keine Kriterien, nach denen sie sie verwaltet. Alles ist interessant, alles könnte sie machen, aber irgendwie ist nichts richtig ernst gemeint.

Eine Eichhörnchen-Freundin kann dich in Bewegung und auf Trab halten. Sie ist häufig erfrischend unkonventionell und frei von der Leber weg. Sie kann einer allerdings auch ordentlich auf die Nerven gehen. Wenn du rucksackbepackt auf den Abflug zur grossen Trekking-Tour in Nepal wartest, für die sie monatelang geschwärmt und dich schliesslich überredet hat, kann es schon mal sein, dass ihr mittlerweise was dazwischengekommen ist. Und überhaupt, Nepal! Nach Teneriffa muss man. Eigentlich bist du doch auch gar nicht der Trekking-Typ, oder? Wo du immer so schnell frierst! Und die Biwaks, die du gekauft hast, die sehen doch auch im Garten ganz nett aus, und die Kinder freuen sich.

Also, wenn deine Freundin ein Eichhörnchen ist: Bleib gelassen. Erwarte nicht zuviel, habe immer einen Plan B in der Tasche. Und wer weiss, vielleicht überrascht sie dich ja.