Die scheinbar unpolitische Ökonomie des Rentners

Pensions und andere Fonds im gegenwärtigen Kapitalismus

Geschichte, Entwicklung und Probleme der amerikanischen Pansionsfonds für die Arbeitnehmer.

1. Die neue Fondsökonomie

Es ist erst ein paar Jahre her, da feierte der altehrwürdige "Economist" eine gelungene Revolution - die Revolution der Fonds, die ein neues goldenes Zeitalter des Kapitalismus und der immerwährenden Prosperität einläuten sollte: "Thanks to mutual funds revolution, everyone is a capitalist now"( The Economist, 25. 10. 1997, S. 30). Ein Jahr davor war in zweiter Auflage ein Buch von Peter Drucker erschienen, der schon 1975 die "heimliche" Revolution gefeiert hatte, die dank des Aufstiegs der Pensionsfonds in den USA stattgefunden habe. Ohne es zu ahnen oder gar zu wollen, seien die USamerikanischen Arbeitnehmer mittlerweile, dank ihrer Pensionsfonds, zu Mehrheitsaktionären, ja sogar zu den wahren Eigentümern des USKapitals aufgestiegen. Allerdings werden die enormen Geldvermögen der Pensionsfonds von Managern verwaltet, denen die Fonds nicht gehören. Weder die Manager noch die Beitragszahler und Pensionäre sind strikt genommen Kapitalisten, die auf eigene Rechnung Gewinne machen. Der Pensionsfonds-Kapitalismus scheint daher ein Kapitalismus ohne Kapitalisten zu sein (vgl. Drucker 1993, 70). Irgend etwas stimmt hier nicht. Auf den ersten Blick scheinen die Fonds, die jedermann zum Kapitalisten machen sollen, gleichzeitig aber ohne Kapitalisten auszukommen scheinen, geradezu ideal zu der schönen neuen Welt des "flexibilisierten" Kapitalismus zu passen. Nicht nur wegen des ideologischen Knalleffekts, sondern weil das Fondskapital so hochmobil ist, wie es die "neuen" Arbeitnehmer dank und durch "Flexibilisierung" erst noch werden sollen. Ursprünglich waren die Pensionsfonds, mittlerweile die bedeutendste Form von Anlagefonds in der weltweiten Fondsökonomie, in den USA und in Großbritannien gegründet worden, um die in Zeiten der Vollbeschäftigung abwanderungsbereiten Arbeitskräfte, vor allem die schwer ersetzbaren Facharbeiter, möglichst dauerhaft an ein Unternehmen zu binden. Es ging, getreu der alten Bismarckschen Logik auch darum, die Leute zu disziplinieren: Wer eine Pension zu erwarten, aber auch zu verlieren hat, der rebelliert nicht so schnell. Das einstige Klassenprivileg der sozialen Sicherheit wurde nicht so einfach aus der Hand gegeben. Sozialpolitik war von Anfang an Machtpolitik. Bis heute sind daher die betrieblichen und überbetrieblichen Pensionsfonds (Betriebsrentenfonds) oft genug ein Hindernis für die berufliche Mobilität, da erst eine langjährige, kontinuierliche Betriebs und Fondszugehörigkeit ( nicht selten 10 Jahre und mehr) sich für den einzelnen Arbeiter als Rentner auszahlt. In den Ländern, wo diese Fonds eine wichtige Rolle spielen, kämpft man seit Jahren mit dem als "Pensionsbruch" bekannten Problem: Wer den Arbeitsplatz wechselt, wechselt auch zu einem anderen Pensionsfonds und kann dabei durchaus verlieren. Wer es sich leisten kann, sich ganz in einen privaten Pensionsfonds zu verabschieden, für den ist das kein Problem. Für die meisten Arbeitnehmer, die de iure oder de facto an betriebliche und / oder überbetriebliche (Betriebsrenten) Fonds gebunden sind, ist es eins. Heute dagegen setzen die Unternehmen auf Flexibilität und Unsicherheit und betrachten die Pensionsfonds alten Stils eher als Hindernis, denn als Motor der Flexibilisierung. Langjährige Betriebszugehörigkeit ebenso wie Berufserfahrung bzw. betriebsinternes Wissen zählen immer weniger bzw. werden als entbehrlich betrachtet. Arbeitnehmer mit wohlerworbenen Anciennitätsrechten gelten vor allem als Kostenfaktor. Was daher heute im Gang ist, ist eine Auslagerung und gleichzeitig Formveränderung der Pensionsfonds, die in den letzten Jahren verstärkt betrieben wird. Pensionsfonds, die eine bestimmte Mindestrente garantieren (defined benefits) gibt es, anders als noch vor 15 Jahren, heute immer weniger. Ideal und dem Leitbild des "flexiblen" ArbeitskraftUnternehmers entsprechend, wäre eine vollständig private Pensions oder Lebensversicherung, die von einem großen, internationalen Finanzkonzern angeboten wird und die man überall mit sich herum tragen kann. Diese Art der privaten "Vorsorge" kann der moderne Mensch sogar beleihen, verkaufen, vererben oder sonstwie übertragen - alles, was man mit einer staatlichen oder öffentlichen Rentenversicherung nicht kann. Allerdings können sich die wenigsten Leute, von den ausgesprochenen Besserverdienern abgesehen, eine solche Privatpension auch leisten. Denn deren Anbieter tun, was sie können, um "schlechte" Risiken zu vermeiden. Mit den Fonds, die als Großaktionäre in vielen Unternehmen und Branchen auftreten, da sie seit gut 15 Jahren ihre Gelder verstärkt in Aktien anlegen, scheint ein neuer Typ von "Finanzkapital" heran zu wachsen, der die Banken und Versicherungen von ihrer vormaligen Vorrangstellung verdrängt. Das täuscht. Wohl gibt es hochspezialisierte "Finanzdienstleister"und geht die Spezialisierung in der Finanzdienstleistungs"industrie" voran - allerdings auch die Konzentration. Daneben ist auch ein deutlicher Trend zur Bildung von großen "Allfinanzkonzernen" zu beobachten, die als eine Art von Finanzkonglomeraten, so gut wie jedes Finanzgeschäft betreiben, d. h. unter anderem auch Fondsgeschäfte, in der Regel Fondsmanagement. Die Fondsökonomie, obwohl sie auf das Netzwerk der internationalen Finanzmärkte angewiesen ist, kann man kaum als ein "globales" Phänomen betrachten. Insbesondere der sogenannte PensionsfondsKapitalismus ist in der Hauptsache angloamerikanisch. Die drei größten Ökonomien Europas, Deutschland, Frankreich, Italien, haben nur einen schwach entwickelten bzw. kaum vorhandenen Pensionsfondssektor. Einige kleinere europäische Länder wie die Niederlande und die Schweiz haben dagegen beträchtliche Fondsökonomien, die an die britische heranreichen bzw. sie noch übertreffen. Weltweit ist im Moment nur die Propaganda für die schöne neue Welt der Fonds. Im Kontext der Propaganda spielen auch einige eher exotische Länder wie Chile eine Rolle: Dort wurde 1981 unter der Militärdiktatur und unter direkter Einmischung des IWF und der Weltbank eine Rentenreform durchgezogen, die in ihren Grundzügen in der Tat dem sogenannten WeltbankModell privatisierter sozialer Sicherungssysteme entsprach. Chile bekam ein teils öffentliches, teils privates System von kapitalgedeckten Rentenversicherungen (kurz Pensionsfonds) verordnet. Nicht gerade ein Modell für demokratische Länder.

2. Warum die Fonds so wichtig sind

In den USA, dem gelobten Land der Fondsökonomie, wurde der erste mutual funds (Investmentfonds) 1924 gegründet, die ersten Pensionsfonds entstanden Ende der 40er Jahre, betriebliche Rentenfonds kurz darauf (z. B. 1950 bei General Motors), die ersten hedge funds (Risikoanlagenfonds) traten in den 60er Jahren hervor. Vorläufer, erste Ansätze gab es schon früher, aber der eigentliche Aufschwung der Fonds begann erst in jüngster Zeit: Nicht nur die Zahl (mehrere Hunderttausend in den USA), auch die Größe der Fonds ist seit Anfang der 80er Jahre explosionsartig gewachsen. Einige große Fonds hatten in den 90er Jahren Wachstumsraten von 2000 oder 3000% zu verzeichnen. Das Wachstum der Fonds hat die Vermögensstruktur radikal gewandelt: Wiederum in den USA, dem klassischen Land des FinanzmarktKapitalismus, besaßen 1950 noch die privaten Haushalte 91% aller Dividendenpapiere, während auf die Pensionsfonds im selben Jahr weniger als 1% davon entfielen. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre dagegen besaßen und kontrollierten die institutionellen Anleger (die Pensions und Investmentfonds voran) fast die Hälfte aller USamerikanischen Dividendenpapiere, auf die Privathaushalte entfielen unter 48%. Die Aktienmehrheit der 1000 größten USamerikanischen Aktiengesellschaften wurden von institutionellen Anlegern gehalten, ganz ähnlich wie das auch in Großbritannien und Kanada der Fall ist. Im Jahre 1993 betrugen die Aktiva der Pensionsfonds weltweit zusammen etwa 10 Billionen USDollar, von den sich gut 6 Billionen in den Händen USamerikanischer Pensionsfonds befanden, 750 Milliarden Dollar in Händen britischer Pensionsfonds und noch einmal rund 700 Milliarden Dollar in Händen niederländischer Pensionsfonds. Das war mehr als der Marktwert aller Fonds, die an den Börsen von London, New York und Tokio notiert werden, zusammen genommen. Die Wertpapierkäufe und verkäufe der USamerikanischen und britischen Pensionsfonds machten jeweils gut 30%, also fast ein Drittel des gesamten Aktienhandelsvolumens sowohl an der New Yorker als auch an der Londoner Börse aus (vgl. Minns 1996, 385f). Die Aktiva der Pensionsfonds zusammen genommen belaufen sich in den USA auf etwa 60% des BIP, in Großbritannien auf etwa 70%, in Deutschland allerdings beträgt ihr Volumen nicht mehr als 3% des BIP (Zahlen aus den Jahren 1995 /1998, siehe Clark 1998, 3f). Wenn, wie das in den USA vorkommt, eine Handvoll Pensionsfonds 70% oder mehr der Aktien aller Unternehmen in einer bestimmten Branche in ihren Portfolios halten, dann können ihre Manager mit Fug und Recht behaupten: "Le marché, cÂ’est nous" (Wir sind der Markt). Jahrzehntelang waren sie überwiegend konservative Anleger, die typischerweise lieber Staatspapiere als Aktien kauften und diese auch langfristig in ihrem Portfolio behielten, statt damit zu handeln. Heute werfen sie sich in wachsendem Maße auf kurzfristige Anlagen, sie haben gelernt, von einem Finanzmarkt zum anderen, von einer Anlageform zur nächsten zu springen. Sie sind, mit dem enormen Gewicht der Kapitalien, die sie in die Börsenschlacht werfen können, zu Anlegern geworden, die auf den meisten Spekulationswellen mit zu reiten versuchen, wenn sie sie auch selten selbst in Gang setzen. Die Fonds haben sich - nicht zuletzt unter dem Einfluß der externen Fondsmanager (der Treuhand oder Vermögensverwaltungsgesellschaften) - immer mehr auf die Jagd nach dem kurzfristigen Börsenerfolg, also nach Kursgewinnen begeben. Die durchschnittliche Dauer der Periode, während der Pensionsfonds Wertpapiere in ihren Portfolios behielten, betrug in den 80er Jahren noch 7 Jahre, sie ist heute auf knapp 2 Jahre gesunken (das betrifft, wohlgemerkt, alle Wertpapiere, die die Fonds besitzen, die Beschleunigung des Aktien"umschlags" ist erheblich grösser). Sie haben sich, nachdem im Zuge der "Liberalisierung" und Privatisierung etliche der strengen Anlageregeln, die jedenfalls für öffentliche Pensionsfonds galten, aufgehoben worden sind, internationalisiert. In jüngster Zeit hat sich eine wachsende Zahl von USamerikanischen, britischen, niederländischen usw. Pensionsfonds auf die internationalen Finanzmärkte begeben, um dort mitzumischen. Der Anteil der Aktien (Dividendenpapiere) an den Portfolios der Fonds hat sich in den 90er Jahren in den OECD Ländern kräftig erhöht (von 38% im Jahre 1990 auf heute über 55%). Britische Fonds stecken im Durchschnitt 80% ihres Anlagevermögens in Aktien und andere Dividendenpapiere - rund 20% entfallen heute im Durchschnitt auf ausländische Aktien. Ein ähnlicher Trend - hin zu mehr und mehr ausländischen Dividendenpapieren lässt sich auch für die Fonds in anderen OECD Ländern konstatieren. Wenn die Fonds von ihrem wachsenden Aktienbesitz profitieren und vor allem auch Kursgewinne rasch versilbern wollen, dann sind sie auf große und liquide Finanzmärkte mit einem möglichst großen Handelsvolumen angewiesen. Folglich hängen Wachstum der Fonds und die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte zusammen. Die Fonds, wie die Fondsmanager, gehören zu den eifrigsten Propagandisten einer Politik für die "Finanzmärkte".

3. Wie funktionieren Fonds

Klassische Investmentfonds sind reine Kapitalsammel und anlagegesellschaften. Sie werden von mehr oder weniger professionellen Managern geführt, die das bei möglichst vielen Privatanlegern eingesammelte Kapital möglichst gewinnbringend einzusetzen versuchen. Neben den alteingesessenen Banken und den Versicherungen sind die Fonds heute die wichtigsten institutionellen Anleger, die sich ganz und gar auf das Anlagegeschäft spezialisiert haben. In der heutigen Welt der Fondsökonomie sind es die Intermediäre, die Vermittler, die das Feld beherrschen. Die Vermittler sind heute spezialisierte "Finanzdienstleister", die auf der einen Seite für die Fonds neue Mitglieder und Beitragszahler heranschaffen, auf der anderen Seite das Fondsvermögen verwalten, d. h. dafür sorgen, dass sich die angesparten Gelder in Kapital verwandeln und Profit tragen. Ein typischer Intermediär verhandelt mit Unternehmen und / oder Gewerkschaften über die Aufnahme neuer Mitglieder, er entwickelt neue Pensionspläne und wirbt dafür Kunden - bei den Unternehmen, Unternehmensverbänden, Gewerkschaften und Berufsgenossenschaften. Gleichzeitig entwickelt er Anlagestrategien für die vorhandenen Fondsgelder, berät die Fonds bzw. deren Manager, führt die entsprechenden Transaktionen durch - oft genug dank der weitgehenden Vollmachten, die er als Treuhänder fremden Vermögens erhält. Intermediäre Finanzdienstleister sind es auch, die bei der Gründung neuer bzw. bei der Fusion alter Fonds ihre Hände sehr sichtbar im Spiel haben. In den Händen der Vermögensverwalter oder Treuhänder konzentriert sich eine ungeheuere finanzielle Macht: Eine kleine, aber feine Gruppe von Vermögensverwaltungs oder Treuhändergesellschaften hat es in den vergangenen Jahren verstanden, einen immer größeren Teil des Marktes, den die Anlage suchenden Gelder der Pensionsfonds bilden, unter ihre Kontrolle zu bringen. Die drei weltweit größten PortfoliomanagementGesellschaften, Fidelity, AXA und Barclays, verwalten heute zusammen ein Pensionsfondsvermögen von mehr als 2, 75 Billionen USDollar, das ist ungefähr ebenso viel wie das britische und französische Bruttosozialprodukt zusammen. In den USA werden von den 10 grössten Fondsmanagementgesellschaften 1, 5 Billionen Dollar an Pensionsfondsvermögen (von insgesamt gut 6 Billionen) verwaltet. In allen Ländern, wo die Fondsökonomie blüht, hat die Konzentration im Fondsgeschäft dazu geführt, dass eine kleine Gruppe von Fondsmanagementgesellschaften die Masse der Fonds wenigstens indirekt beherrscht, indem sie den Kurs, die jeweils beste Anlagestrategie vorgeben, der die anderen folgen. Unterhalb dieser Topliga der Großen herrscht allerdings eine mörderische Konkurrenz: Externe Fondsmanager werden heute von den Fonds nur für kurze Zeit (zwei bis drei Jahre) angeheuert und nach dem kurzfristigen Erfolg beurteilt. Bleiben sie hinter den Erwartungen zurück, wechselt der Fonds blitzschnell zu einer anderen Managementgesellschaft. Von denen gibt es mehr als genug. So weit, so gut bzw. so schlecht. Anders sieht die Sache aus, sobald über Fonds und Verwertung des Fondskapitals durch Kapitalanlagen auf den Wertpapiermärkten eine "Kapitaldeckung" für die Renten und Pensionen von Leuten gesucht wird, die weder Geldvermögensbesitzer noch Kapitalisten sind. Kapitaldeckung heißt nichts anderes als dass die laufenden Rentenauszahlungen statt aus den laufenden Beitragseinnahmen aus den laufenden Gewinnen finanziert werden, die der Fonds mit seinem aus Beiträgen zusammen gesparten Kapital am Kapitalmarkt erzielt. Dazu ist alles recht: Zinsen, Dividenden und natürlich auch Kursgewinne, soweit die sich rasch versilbern lassen, ebenso wie reine Spekulationsgewinne. Da nach der Logik eines kapitalgedeckten Fonds nicht das Fondskapital zur Auszahlung der Renten und Pensionen dient, sondern ein Teil der Gewinne, die damit gemacht werden, hat jeder Pensionsfonds Anlaufschwierigkeiten. Das Kapital, wenn es nicht von großzügigen Spendern zur Verfügung gestellt wird (historisch ist das ab und zu der Staat gewesen, aber es gab auch private "Stifter"), muss erst einmal aus den laufenden Monatsbeiträgen der Fondsmitglieder zusammengespart werden. Der Fonds muss einige Zeit wachsen - an Mitgliedern und Beitragsaufkommen , bevor er mit einer hinreichend grossen Kapitalmasse am Kapitalmarkt erscheinen und mitmischen kann. Wiederum braucht es einige Zeit, bis die Gewinne aus den Kapitalanlagen des Fonds gross und vor allem stabil genug sind, um regelmäßig Renten und Pensionen auszahlen zu können - für eine wachsende Zahl von Leuten, die das entsprechende Alter erreicht bzw. die entsprechende Zahl von Jahren ihre Beiträge bezahlt haben. In der Sprache der Fondsökonomie: Ein Fonds muss in die Reife kommen. In der heutigen Welt der Fondsökonomie ist die Versuchung übermächtig, diese Reifeperiode durch gewagte Börsenmanöver abzukürzen. Reine PensionsfondsSysteme gibt es nicht. Die privaten oder öffentlichen Pensionsfonds, gleich ob betrieblich oder überbetrieblich, berufsgenossenschaftlich oder sektoral organisiert, beruhen alle auf dem Unterbau einer staatlich organisierten sozialen Sicherung für das Alter. Privatunternehmen, auch und gerade in den USA , machen dankbar Gebrauch von der Grundlage, die ihnen die mehr oder weniger allgemeine, staatliche Rentenversicherung bietet. Die Pensionsfonds brauchen diese staatliche Grundsicherung für das Rentenalter nur zu ergänzen. Enthusiasten der neuen Fondsökonomie sollten sich klar machen, dass die Pensionsfonds allesamt nur ein, wenn auch wichtiges Element in einem mehrgliedrigen System sind. In den USA, in Großbritannien, in der Schweiz und in den Niederlanden beruht die zweite und dritte "Säule" der Pensionsfonds bzw. der privaten Lebensversicherungen auf der ersten Säule, die als mehr oder minder allgemeine Volkspension ausgestaltet ist und nach dem Umlageverfahren aus laufenden Beitragsaufkommen finanziert wird. Wer also ein PensionsfondsSystem einführen und etwa die bundesdeutsche Rentenversicherung in Richtung auf ein MehrsäulenSystem umbauen will, der sollte schon so konsequent kein, auch und vor allem die Grundlage des ganzen, die Grundsicherung im Alter für die gesamte Bevölkerung ein bzw. umzubauen. In Deutschland hieße das: Abschied vom tradierten Modell der Gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten einer allgemeinen Volksrente oder pension für jedermann und jedefrau, am besten vollständig steuerfinanziert und an einem klar definierten sozialen Mindeststandard orientiert.

4. Stärken und Schwächen

Im Moment gilt die Privatisierung und der Übergang zu kapitalgedeckten, also Fondssystemen, als Königsweg, ja sogar als einziger Weg der anstehenden Rentenreform. Internationale Organisationen wie die Weltbank, der IWF, die OECD sind sich da einig, wenn auch die IAO gelegentlich ein paar skeptische Töne hören läßt. Die Befürworter privater Pensionsfondssysteme behaupten, dass die Arbeitnehmer dank höherer Renten und niedrigerer Beiträge profitieren würden, dass das Rentensystem an "Effizienz" gewinnen und die nationale Sparquote, mithin das Wirtschaftswachstum steigen würde. Nichts davon stimmt. Es ist eine schlichte Legende, dass Pensionsfonds keinen demographischen Risiken ausgesetzt wären. Wer so naiv ist zu glauben, die Aktien und sonstigen Finanzmärkte hätten sich von der Welt der "realen" Ökonomie auf Dauer abgekoppelt, wer die Warnungen nicht zur Kenntnis nehmen will, die von der Serie grösserer und kleinerer Finanzkrisen an den internationalen Finanzmärkten seit Anfang der 90er Jahre ausgeht, der mag annehmen, der Börsenboom der letzten 8 Jahre werde unvermindert und ungebremst immer weiter gehen. Ein auf lange Sicht eher sinkendes Beitragsaufkommen und ein auf lange Sicht unweigerlich steigendes Volumen von Pensionsverpflichtungen lassen sich von kapitalgedeckten Fonds nur auffangen, wenn die Erwartung realistisch ist, dass die Kapitalmarkt"erträge", die diese Fonds im Durchschnitt erzielen können, auf lange Sicht ungebrochen steigen werden - und das nicht zu knapp. Zumindest müßten die Anlageerträge (einschließlich der jeweils noch zu realisierenden Kursgewinne) so schnell wachsen, dass sie die Beitragsausfälle ebenso wie die Zunahme der Pensionszahlungen kompensieren könnten, und mehr als das. Sonst geht es nämlich rasch ans "Eingemachte", an die Substanz des mühsam angesparten Anlagekapitals des Fonds. Wachstumsraten für die Kapitalmarkterträge von 7 - 9% pro Jahr werden von Enthusiasten ohne weiteres angenommen. Das ist längerfristig betrachtet völlig unrealistisch. Gewinne und Dividenden werden in den hochentwickelten kapitalistischen Ökonomien auf absehbare Zeit bestenfalls mit 1, 5 - 2% pro Jahr wachsen. Natürlich gibt es für Pensionsfonds Methoden, sich einer drohenden demographischen Lücke zu entziehen. Sie können ihre Beiträge erhöhen, sie können versuchen, anderen Fonds die Beitragszahler abspenstig zu machen, was sie ohnehin oft genug tun, sie können die Höhe der ausgezahlten Renten senken oder alles zugleich. Sie können - und das tun sie im Moment auf breiter Front - die Spielregeln so ändern, dass die Beitragszahler und zukünftigen Rentner keinerlei Garantien, keine Sicherheit im Blick auf die zu erwartende Rente mehr haben. Sie können schließlich - und das haben die USamerikanischen Fonds bereits vor Jahren vorexerziert - versuchen, mehr Gewinne zu machen, d. h. größere Risiken in Kauf nehmen, die traditionelle Vorsicht der meisten Fonds vor spekulativen Anlagen aufgeben. Alle Fonds, also auch die Pensionsfonds haben mit Kapitalmarktrisiken zu tun. Da man Aktien und Rentenpapiere nicht essen kann, müssen die Portfolios der Fonds zu Geld gemacht, d. h. die dort deponierten Wertpapiere wieder verkauft werden. Es gibt keine Garantie dafür, dass das gut geht. Im Gegenteil. Pessimistische SzenarioSchreiber malen die Situation aus, wo die Generation der babyboomer massenhaft in Rente und ans "Entsparen" ihrer Pensionsfondsguthaben geht: Selbst wenn das in Zeiten einer günstigen Börsenkonjunktur geschieht, die schiere Masse dürfte reichen, den Markt umkippen zu lassen. Also werden nicht wenige mit herben Verlusten rechnen müssen: Dank der massenhaften Verkäufe fallen die Kurse und erweist sich das angesparte "Kapital" auf sehr drastische Weise als das, was es ist - eine Fiktion (die allerdings im Kapitalismus notwendig ist). Daraus folgt, dass für Pensionsfonds ein "demographischer" Schock, so es ihn gibt, sich unweigerlich auch bemerkbar machen muss. Tatsächlich aber ist ein kapitalgedecktes und vom Kapitalmarkt abhängiges Rentensystem noch weit fragiler und störanfälliger als ein Umlagesystem. Woher kommt der gesellschaftliche Reichtum? Die Befürworter einer Fondsökonomie stellen sich diese Frage nicht. Sie halten es für selbstverständlich, dass Geldanlagen am Kapitalmarkt nun einmal "Erträge" bringen so wie Obstbäume Früchte tragen. Schlechte Ernten sind im Weltbild nicht vorgesehen. Wertschwankungen der diversen Anlagekapitale auch nicht, Finanzkrisen noch weniger. Das umgekehrte Phänomen, eine regelrechte Aktienkursinflation, die durch den Zustrom von anlagesuchenden Pensionsgeldern aus aller Herren Länder leicht entstehen kann, können sich zumindest einige der großen Investmentbanken durchaus vorstellen. Die Fondsmanager interessieren sich in der Regel nicht für volkswirtschaftliche oder weltwirtschaftliche Zusammenhänge, die sie nur so wahrnehmen, wie es den gängigen Vorurteilen der Börsenprofis entspricht. Effizient seien die Fonds, so heißt es, wenigstens im Vergleich zu Umlagesystemen, einfach weil ihre "Rendite" höher ausfalle. Das ist ein Märchen, tatsächlich empirisch nicht nachweisbar. Für die Versicherten und die Rentner sind nicht die impliziten, fiktiven Renditen in einem Umlagesystem im Vergleich zu den Aktienerträgen eines kapitalgedeckten Systems interessant, sondern die Frage, ob und wieweit beide Systeme in der Lage sind, Renten zu finanzieren, die mit der allgemeinen Realeinkommensentwicklung Schritt halten können, so dass Altersarmut in allen Formen vermieden wird. Das war das große Thema der Rentenreformen der 60er und 70er Jahre. Ein kapitalgedecktes System kann in dieser Hinsicht nur mithalten, wenn es den Versicherten indexierte, an das Niveau des zuletzt verdienten Lohns oder des Lebensarbeitslohns gekoppelte und garantierte Renten bietet. Das tun die allerwenigsten. Bei Renditevergleichen werden obendrein in aller Regel die ganz erheblich höheren Kosten eines privaten Fondssystems unterschlagen oder vergessen. Die Transaktionskosten am Kapitalmarkt, die es für Pensionssysteme im Umlageverfahren nicht gibt, betragen bei Investmentfonds heute etwa 1% des Transaktionsvolumens, manchmal mehr, die bei jeder Transaktion fällig werden und daher immer wieder zu zahlen sind. Die Kosten für Verwaltung, Werbung und Vertrieb sind in privaten Pensionsfondssystemen in den meisten Fällen deutlich höher als in staatlichen Umlagesystemen (z. B. in Chile 16% der Beitragseinnahmen, in den Niederlanden 21% gegenüber von Kosten von rund 1, 2% in staatlichen Umlagesystemen) (vgl. Schmähl 1998, 266). Dazu kommen bei Banken, Versicherungen und Investmentfonds zusätzliche Kosten in Höhe von 10% bis 15% des angesparten Kapitals, die fällig werden, sobald ein Kunde sein Kapital in eine Leibrente, also in eine regelmäßige, monatliche Zahlung in bestimmter Höhe umwandeln will. Wenn man vollentwickelte Pensionsfondssysteme wie in den USA als soziale Sicherungssysteme betrachtet, also im Blick auf die Frage, wie sicher und wie ausreichend die Renten sind, die ein solches System abwirft, wird man eine herbe Enttäuschung erleben: Ein derartiges System verhindert nicht nur keine Altersarmut, es erzeugt im Gegenteil wachsende Ungleichheiten unter den Beschäftigten und den Rentnern. Die Zahl der Arbeitnehmer, die überhaupt Mitglied in einem Pensionsfonds sind, hat seit den 80er Jahren ständig abgenommen, sie ist heute auf um die 35% abgesunken. In den Großunternehmen liegt der Prozentsatz höher (bei etwas unter 50%), aber er hat auch dort sehr deutlich abgenommen. Die Arbeitnehmer in den Mittel und Kleinbetrieben sind ganz besonders benachteiligt, Pensionsfonds sind hier die große Ausnahme. - Die Höhe der Renten, die von den Pensionsfonds in den 90er Jahren ausgezahlt wurden, ist dermaßen niedrig, dass heute mehr als 57% der über 65jährigen in den USA gezwungen sind, weiter zu arbeiten. Die ausgezahlten Renten erreichen auch nach 30 Versicherungsjahren nicht mehr als 29% bis 37% des zuletzt verdienten Lohns - im günstigsten Fall. Und sie sind in ihrer Mehrzahl nicht stabil, sondern schwanken ständig, wobei der Mittelwert der ausgezahlten Renten im Lauf der 90er Jahre unter das Niveau von 1990 abgesunken ist. Manager, auch Angehörige des mittleren Managements haben es in der Regel besser als einfache Angestellte und Arbeiter. Erheblich mehr von ihnen - bis zu 87% - sind Mitglied in einem Pensionsfonds, die Arbeiter kommen auch in den florierenden Unternehmen der Autoindustrie nur auf etwa 70%. Je mehr man verdient, desto größer ist die Chance, Mitglied in einem Pensionsfonds zu sein. Von den Niedriglöhnern sind nur verschwindend kleine Gruppen (unter 3%) in Pensionsfonds aufgenommen, von den Arbeitnehmern mit mittleren Jahreseinkommen immerhin bis zu 80%. Diese Schwächen sind nicht erst seit gestern bekannt. Sie werden eher durch die Propaganda der Finanzdienstleistungs"industrie" zugedeckt, statt ernsthaft erörtert. Noch vor 20 Jahren wurden die Pensionsfonds nach angelsächsischem Muster als eher kränkliche, reformbedürftige Notbehelfe betrachtet, da sie erwiesenermaßen das Problem der Altersarmut keineswegs beseitigen konnten. Beitrags oder steuerfinanzierte Umlagesysteme galten dagegen als vorbildlich und krisenfest. Es ist ein schlichter Irrtum, zu glauben, die Fondsökonomie käme ohne den Staat bzw. mit weniger Staat aus. Die Fonds blühen in allen Ländern nur dank ständiger, massiver Staatshilfe, d. h. nur dort, wo der Staat mit Steuersubventionen beispringt und das "Sparen" in einem Pensionsfonds durch implizites Steuersparen kräftig unterstützt. Das gilt gleichermassen für die Beiträge der versicherten Arbeitnehmer wie für die Arbeitgeberbeiträge, soweit vorhanden. Wer eine Masse von Normalverdienern dazu bringen will, sogenannte "private Vorsorge" zu treiben, d. h. regelmäßig einen Teil ihres laufenden Verdienstes für Lebensversicherungen oder Pensionsfondsbeiträge auszugeben, der muss den "Sparern" schon ein paar Steuererleichterungen gewähren, damit sie sich das "Sparen" leisten können. Hans Eichel hat diese Lektion rasch gelernt. Es handelt sich zwar nicht um Zwangssparen, aber wenigstens doch um ein vom Staat mit kräftigen Lockmitteln und mit wirksamen Drohungen wie der Senkung des Rentenniveaus in der GRV in Gang gesetztes Sparen. Immer wieder wurden und werden marode Pensionsfonds vom Staat gerettet. Zwei Beispiele aus den USA: Während der Grossen Depression wurde der damals größte Pensionsfonds, der der Eisenbahner, nur dadurch vorm Bankrott gerettet, dass die USBundesregierung seine finanziellen Verpflichtungen übernahm. Noch heute bildet der Railroad Retirement Act einen kuriosen, aber integralen Bestandteil des Social Security Act von 1935. Während der MexikoKrise Anfang der 90er Jahre war die USBundesregierung mitsamt der Zentralbank wieder zur Stelle. Diesmal um Pensionsfonds vor dem finanziellen Ruin zu retten, die sich auf dem mexikanischen Markt in Gefahr begeben hatten und darin unter zu gehen drohten. Da der USamerikanische Staat die Pensionsfonds erst dereguliert und dann die nordamerikanischen Kapitalmärkte bzw. den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr nach Kanada und Mexiko liberalisiert hatte, konnte er kaum anders als einzugreifen. Ein Bankrott einiger großer Pensionsfonds wäre in der Tat eine Katastrophe gewesen - nicht zuletzt, weil die größten und mittlerweile auch unternehmenslustigsten Fonds in den USA Leuten aus dem öffentlichen Dienst (Lehrern, Krankenhauspersonal, Polizisten usw. ) gehören. Schließlich brauchten und brauchen die Pensionsfonds den Staat als Schuldner bis zum heutigen Tag. Die stabilste und mit Abstand sicherste Geldanlage, die die Fonds kennen, ist noch stets die Anlage von Fondsvermögen in fest verzinsten Staatsschuldpapieren. Ein gutes Drittel und mehr der Fondsgelder wird noch heute so angelegt. Das ist eigentlich gar keine schlechte Sache, auch wenn der Witz den meisten Leuten entgeht: Die versicherten Arbeitnehmer finanzieren mit ihren Pensionsbeiträgen die Staatsschuld, indem ihre Pensionsfonds Staatsschuldpapiere kaufen; aus den laufenden Zinszahlungen für diese Staatspapiere werden Renten und Pensionen bezahlt, so dass wir im Kern doch und immer noch ein steuerfinanziertes Rentensystem haben und einen Großteil der laufenden Rentenauszahlungen in jedem Jahr aus den laufenden Steuereinnahmen desselben Jahres bestreiten.

5. Pensionfonds - Kapitalismus und/oder Sozialismus

Wer kontrolliert hier eigentlich wen? Idealiter die Fondseigentümer die von ihnen angestellten und bezahlten Fondsmanager, die Fondsmanager die Manager anderer Aktiengesellschaften und sonstiger Unternehmen, deren Aktien und /oder Obligationen sie besitzen. Tatsächlich sind die Fondsmanager weitgehend unter sich. Es sind Vermögensverwalter, die anderer Leute Geld verwalten, oftmals ohne direkte Gewinnabsicht. Allerdings kann sich das durch die Einführung entsprechender Entlohnungssysteme wie z. B. die heute sehr beliebte Bezahlung mit Aktienoptionen rasch ändern. Solche Fondsmanager brauchen Analysten, sie brauchen Börsenhändler, sie brauchen andere Fondsmanager. Beitragszahler sind immer willkommen, solange sie zahlen und den Mund halten. Rentner sind in dem Maße unbeliebt, wie sie Ansprüche stellen oder gar auf Garantien pochen. Wenn man also unbedingt die alte These vom ManagerKapitalismus und der Herrschaft der Manager wieder aufwärmen will: Im gegenwärtigen Kapitalismus gibt es in der Tat eine neue Gruppe von Managern, die Fondsmanager oder Vermögensverwalter oder Treuhänder, die sich im Aufstieg befindet. So gut wie alle diese Manager sind auch Kapitalisten, Besitzer großer Geldvermögen, die sie wiederum durch Fonds und deren Manager verwalten und verwerten lassen. Da es ja immer schön ist, wenn man Beruf und Hobby vereinen kann, tun viele von ihnen das auch selbst. Aber lassen wir uns nicht entmutigen. Denken wir doch einfach mal, wie auch Michel Aglietta das jüngst vorgeschlagen hat, die Logik der Pensionsfonds zu Ende. Wenn die Fonds de iure über Kapital verfügen, das ihnen nicht gehört, dann könnte man auf die Idee kommen, die Eigentümerrechte der Fondsmitglieder gegen die Verfügungsgewalten der Fondsmanager ins Spiel zu bringen. Läßt sich die Welt der Fonds in der Tat demokratisieren? Sicher, wenn man vor einigen drastischen Eingriffen in bestehende Eigentumsrechte nicht zurückscheut. Denn genau besehen, handelt es sich hier um ein Prinzipal - Agent Problem: Wie kann der nominelle Eigentümer, der ganz gewöhnliche Arbeitnehmer und zukünftige Rentner, den nominell für ihn und in seinem Auftrag tätigen PensionsfondsManager bzw. den Manager einer Vermögensverwaltungsgesellschaft, die im Auftrag "seines" Fonds tätig wird, dazu bringen, das zu tun, was er will? Wie kann der "Prinzipal" wissen, was er will, wenn ihm / ihr die Transaktionen an den Finanzmärkten ein Buch mit sieben Siegeln sind und sein "Agent" ihn/sie im Ungewissen läßt? Nun, sie können sich darauf besinnen, ihre Eigentümerrechte gegenüber den Fondsmanagern geltend zu machen, indem sie ihre eigenen, gewählten Interessenvertreter in die Aufsichtsräte der Fonds schicken bzw. ihre bereits vorhandene Interessenvertretung, also die Gewerkschaften, ermächtigen, dort nach dem Rechten zu sehen. Da ein "demokratisierter" Fonds, in dem Beitragszahler und die Rentner Sitz und Stimme, eindeutig definierte und nicht zu umgehende Mitbestimmungsrechte haben, nicht bei jeder Anlageentscheidung ein Plebiszit veranstalten kann, empfahl und empfiehlt es sich, Anlagerichtlinien zu formulieren, an denen sich die Fondsmanager zu orientieren haben und an denen ihre Anlageentscheidungen gemessen werden können. Derartige Anlageregeln gibt es seit langem in den meisten Ländern in vielen Formen; etliche davon sind gerade in jüngster Zeit, im Zuge der "Liberalisierung" und "Deregulierung" abgeschafft worden. Vielem davon sollte man keine dicken Tränen nachweinen. Warum sollten Pensionsfonds nicht auch, in Grenzen, ihre Gelder in Aktien und in ausländischen Wertpapieren anlegen dürfen, solange sie insgesamt eine vernünftige Anlagestrategie verfolgen? Die neuen Anlagerichtlinien für "demokratisierte" Fonds, wie sie in der USamerikanischen (aber auch in der niederländischen) Diskussion schon hervorgetreten sind, sollen vor allem der dominanten Orientierung auf die kurze Frist und auf die Steigerung des Börsenwerts, also die heutige, mit dem "shareholdervalue" gemeinte spekulative Haltung der meisten Fondsmanager entgegen wirken. Also liegt der Akzent auf längeren Zeithorizonten für die Fondsmanager und der Einführung zusätzlicher Kriterien oder eines reicheren Katalogs von Investitionsrichtlinien, die z. B. auch umweltpolitische und Beschäftigungsziele enthalten. Als Großaktionäre vieler Unternehmen, so eine weitere Überlegung, sollten die Fonds sich in die Geschäftspolitik einmischen - für die Stärkung von gewerkschaftlichen Vertretungsrechten, gegen Fusionen und Übernahmen, gegen Bezahlung der Manager mit Aktienoptionen. Plädiert wird darüber hinaus auch für die Gründung eigener gewerkschaftlicher Pensionsfonds, die die geballte finanzielle Kraft der Mitglieder einsetzt, um eine an deutlichen gesellschaftspolitischen Kriterien orientierte Anlagepolitik zu betreiben, sozusagen als gutes Beispiel, mit dem solche Fonds vorangehen und andere Fonds beeinflussen können, wenn sie nur groß genug sind. In der Bundesrepublik wäre natürlich die IGMetall durchaus in der Lage, einen eigenen Pensionsfonds für alle Metaller zu organisieren, um damit zumindest in einigen Bereichen Einfluß auf die Investitionspolitik zu nehmen. Für gewerkschaftliche Fonds empfiehlt sich eine Form, in der die Fondsmanager durch "defined benefits" (garantierte Renten) gebunden und die Beitragszahler durch klar definierte Einspruchs und Mitbestimmungsrechte gestärkt werden. Da die Fonds gerade nicht dazu da sind, maximale Gewinne zu erwirtschaften, also als nonprofit Organisation betrieben werden können, ist eine risikoscheue, konservative Anlagepolitik durchaus zu vertreten. Mit einer - wichtigen - Ausnahme. Nach wie vor dominiert in den kapitalistischen Industrieländern, auch in den USA mit ihrem absolut und relativ sehr viel größerem Kapitalmarkt, die Selbstfinanzierung von Investitionen aus Reserven und Eigenmitteln der Unternehmen. Nach wie vor werden aber auch viele kleine und mittlere Unternehmen, vielerlei private und öffentliche Projekte, die Geld brauchen (zumindest für eine Anschubfinanzierung), von den traditionellen Finanzinstituten (Banken, Versicherungen, Finanzmärkten) nicht bedient. Gewerkschaftliche Fonds von hinreichender Größe könnten das aber sehr wohl tun und damit die bisherige Logik der Kapitalmärkte - Geld bzw. Kredit bekommt nicht der, der es braucht, sondern der, der eigentlich schon mehr als genug hat - zu durchbrechen. Das Ganze steht und fällt mit den Rechten, die die Mitglieder der Fonds bekommen. Was nützen die schönsten Investitionsrichtlinien, wenn die Fondsmanager im Zweifelsfall doch machen können, was sie wollen und nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Diese Rechte zu kodifizieren und durchzusetzen, das wäre in der Tat eine "PensionsfondsRevolution". Ohne politischen Streit und Kampf, heimlich, still und leise wird die allerdings nicht zu haben sein. Hervorhebungen: Der Pensionsfonds-Kapitalismus scheint daher ein Kapitalismus ohne Kapitalisten zu sein. Irgend etwas stimmt hier nicht. Die Befürworter privater Pensionsfondssysteme behaupten, dass die Arbeitnehmer dank höherer Renten und niedrigerer Beiträge profitieren würden, dass das Rentensystem an "Effizienz" gewinnen und die nationale Sparquote steigen würde. Nichts davon stimmt. Wer eine Masse von Normalverdienern dazu bringen will, sogenannte "private Vorsorge" zu treiben, der muss den "Sparern" schon ein paar Steuererleichterungen gewähren, damit sie sich das "Sparen" leisten können. Wenn die Fonds de iure über Kapital verfügen, das ihnen nicht gehört, dann könnte man auf die Idee kommen, die Eigentümerrechte der Fondsmitglieder gegen die Verfügungsgewalten der Fondsmanager ins Spiel zu bringen. Was nützen die schönsten Investitionsrichtlinien, wenn die Fondsmanager im Zweifelsfall doch machen können, was sie wollen und nicht zur Rechenschaft gezogen werden können.