Rechtsstaat schützt auch NPD

Über Sinn und Effektivität eines Parteiverbots kann man streiten. Der politische Umgang mit rechtsextremen Strömungen ist jedoch gerade in Deutschland ein wichtiges und ungeheuer sensibles Thema. Vor diesem Hintergrund muss man das juristisch dilettantische Prozessverhalten der AntragstellerInnen des NPD-Verbots als höchst befremdend und peinlich bezeichnen. Die Begründung des Antrags stützte sich nicht nur auf Angaben von Vertrauensleuten des Staates in den Führungsgremien der NPD. Zusätzlich wurde dem Gericht die Tätigkeit dieser potentiellen Zeugen als Informanten der Exekutive zunächst verschwiegen. Als das Gericht dann doch von diesen durchaus erheblichen Umständen in Kenntnis gesetzt wurde, verweigerten die AntragstellerInnen eine vollständige Aufdeckung der V-Leute. Dieses Verhalten verhinderte eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in der Sache und ließ diesen offensiv betriebenen, Aufsehen erregenden Prozess zu Recht bereits an Verfahrensfragen scheitern.
Die Möglichkeit, Parteien zu verbieten, ist ein demokratisches Instrument höchster Eingriffsqualität, daher hat ein sauberes Verfahren oberste Priorität. Eine verfassungsgerichtliche Entscheidung bedarf nach den Verfahrensvorgaben des Grundgesetzes einer freien, erschöpfenden Beweisführung und einer umfassenden Beteiligung aller Betroffenen an der Rechtsfindung. Hierzu muss jedes Beweismittel genau auf Herkunft und Tauglichkeit überprüft werden können, allen Beteiligten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, sich zu allen Vorträgen, Tatsachen und Beweisen zu äußern.
Der Beweiswert einer Zeugenaussage hängt von der Glaubwürdigkeit des Zeugen ab. Diese kann nur mit Hilfe seiner Identitätsfeststellung beurteilt werden, denn nur so ist seine innere Verbindung zum Gegenstand der Aussage herauszufinden. Im NPD-Verbotsverfahren wäre also eine vollständige Enttarnung der V-Leute verfahrensrechtlich obligatorisch gewesen, zumal der gesetzlich keineswegs gebotene Einsatz von Vertrauensleuten im Hinblick auf das Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten und anderen Behörden verfassungsrechtlich ohnehin bedenklich erscheint.
Das BVerfG stellte mit der Einstellung dieses Verfahrens keine unerfüllbaren Bedingungen für die Bekämpfung extremistischer Parteien, im Gegenteil, es hat rechtsstaatliche Prinzipien verteidigt und aufgezeigt, dass politische Willensausübung hierzulande glücklicherweise an diese Prinzipien gebunden ist. Dass ausgerechnet die rechtsstaatsfeindliche NPD, die grundlegendste Verfassungswerte mit Füßen tritt, von dieser Verteidigung rechtsstaatlicher Prinzipien profitieren durfte, muss wohl als Ironie des Schicksals hingenommen werden.