Strafe und Ausgrenzung statt Hilfe und Integration?

Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven der Sozialen Arbeit in der Resozialisierung

Drei Prinzipien resozialisierender Erziehung: Erziehbarkeit, Wertorientierung und persönliche Freiheit - ihre Perspektiven bei neoliberalen Umbrüchen, Resozialisierung als kritischer Begriff

Resozialisierung: bayerisch-kritisch (1)
Es ist erstaunlich, dass der Begriff "Resozialisierung" - wenn man ihn in Handbüchern bzw. im Internet in Verbindung mit "Sozialer Arbeit" sucht - vornehmlich in zwei Zusammenhängen auftaucht:

  • Einmal wurde er zu einem wichtigen Begriff für eine kritische Bewegung, die sich in den 1960er und 1970er Jahren dafür einsetzte, dass so genannte verwahrloste Jugendliche, haltlose und willensschwache Trinker sowie Insassen von Gefängnissen mit ihren jeweiligen Biografien zu verstehen und deshalb als erziehungsfähig und damit resozialisierbar zu betrachten seien. Der einzige von mir gefundene Handbucheintrag zum Stichwort Resozialisierung drückt die Veränderung des Umgangs in Bezug zu dieser Klientel aus, wenn es dort als Schlusssequenz heißt: "Ich hoffe, dass die Ablösung des Sühnegedankens durch den (Re-)Sozialisations-Gedanken auch in unserer Gesellschaft nicht aufzuhalten sein wird" (Engelhardt 1981, S. 386). Resozialisierung wird also in diesem Zusammenhang als pädagogisches und sozialarbeiterisches Gegenmodell zu Modellen der Verwahrung und des gesellschaftlichen Ausschlusses von Menschen, die aus welchen Gründen auch immer nicht integrierbar sind, verstanden.
  • Wenn man davon ausgeht, diese Form sozialarbeiterischer Intervention habe sich in der deutschen Gesellschaft bis heute durchgesetzt, so mag es überraschen, dass das Lehrfach "Resozialisierung" lediglich an bayerischen Fachhochschulen für Sozialarbeit/ Sozialwesen im Curriculum zu finden ist: In Bamberg, Coburg, Eichstätt, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg ist der Studienschwerpunkt "Resozialisierung" Teil des Hauptstudiums mit jeweils unterschiedlichen Ausrichtungen. Während die einen vor allem die Entlassenenhilfe und die Sozialdienste der Justizvollzugsanstalten damit verbinden, ist für andere Fachhochschulen präventive Jugendhilfe oder Streetwork in der Obdachlosenarbeit mit dem Resozialisierungsgedanken verknüpft. Aber alle Fachhochschulen stellen den Begriff "Gefährdetenhilfe" ergänzend neben den der Resozialisierung.
  • Ein Interneteintrag zum Stichwort "Resozialisierung" zeigt einen Link zur Fachhochschule in Münster an, den ich erwartungsvoll anklicke, um einen Hinweis zu finden, der die Einzigartigkeit der bayerischen Lehrpläne etwas in Frage stellen könnte. Aber es zeigt sich schnell, dass der Münsteraner Resozialisierungsbegriff mit dem relativ homogenen bayerischen Schwerpunktfach der FH kaum etwas zu tun hat: "Biografisches Arbeiten und Gedächtnis mit älteren Menschen" sowie "Die Zukunft der Sozialarbeit in der Psychiatrie " sind die Themen, die sich dort um "Resozialisierung" gruppieren - wobei es sich um keinen Studienschwerpunkt handelt, sondern um Weiterbildungsveranstaltungen für bereits fertige Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter.

Es stellt sich die Frage, ob und wie die kritische und die bayerische Seite des Resozialisierungsbegriffs miteinander zu tun haben: Ist es so, dass gerade Bayern in Bezug auf eine fortschrittliche Konzeption des Umgangs mit so genannten Verwahrlosten, Haltlosen und Gefährdeten eine Vorreiterrolle einnimmt? Oder handelt es sich um ein zufälliges Zusammentreffen von zwei unabhängig zu denkenden Phänomenen? Ich kann die Frage hier nicht beantworten, weil sie eine geschichtliche Analyse der institutionellen Verankerung des Resozialisierungsbegriffs an den bayerischen Fachhochschulen voraussetzte. Ich will aber weitere Befunde darstellen, die zeigen könnten, dass weder die kritische Tendenz des Resozialisierungsgedankens noch seine institutionelle Verankerung an den bayerischen Fachhochschulen Auswirkungen auf dessen Popularisierung als zentralen Begriff Sozialer Arbeit hatten:

  • Sucht man nach Veröffentlichungen (2), die den Terminus "Resozialisierung " im Titel haben, so findet man einerseits Bücher, die fast durchweg zwischen 1960 und 1985 publiziert wurden (von allen 42 Titeln der Bayerischen Staatsbibliothek zum Thema sind lediglich drei in den 1990er Jahren erschienen);
  • andererseits liegt der Schwerpunkt der Veröffentlichung zu diesem Thema auf den Fragen nach Strafrecht und Resozialisierung bzw. nach in/adäquaten Maßnahmen des Strafvollzugs im Verhältnis zum Resozialisierungsgedanken.
  • Zudem kann man feststellen, dass sich die m. E. wichtigsten zwei in den letzten Jahren in Theorie und Praxis der Sozialarbeit diskutierten Querschnittsaufgaben, die auch an vielen Fachhochschulen die Lehrinhalte bestimmen, in den wenigen aktuellen Veröffentlichungen zur Resozialisierung kaum wiederfinden: die Überlegungen zur unterschiedlichen Sozialisation und damit auch zur je unterschiedlichen biografischen Situation (auch und gerade im Bereich der "Gefährdung") von Mädchen und jungen Frauen sowie von Migrantinnen und Migranten der zweiten und dritten Generation: also gender und kulturelle Differenz.

Vorläufig lässt sich also Folgendes festhalten:

  • Trotz der Annahme, das Konzept "Resozialisierung" sei ein eindeutig und klar elaboriertes Prinzip Sozialer Arbeit mit fester Verankerung in den Lehrinhalten der Ausbildungsinstitute, gibt es aktuell keine Debatte um die Probleme von "Gefährdung", "Verwahrlosung " bzw. gesellschaftlicher Ausgrenzung und damit zusammenhängender sozialarbeiterischer Intervention unter diesem Begriff.
  • Eine Diskussion um Resozialisierung findet heute vor allem im Zusammenhang mit Vorschlägen zur Strafrechts- und Strafvollzugsreform statt oder aber in den medial aufgebauschten Diskursen zu Resozialisierungschancen von Sexualstraftätern. Zu überlegen ist also, ob der Resozialisierungsbegriff als zentraler Begriff Sozialer Arbeit tragfähig ist, um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen mit berufspolitischen und methodischen Anforderungen an SozialarbeiterInnen zu bündeln und die Widersprüche der Praxis theoretisch einzufangen.

Geschichte und Klientel
Trotz der skeptischen Einschätzung, was die Tragfähigkeit des Begriffs Resozialisierung angeht, wird sicherlich jeder der Aussage zustimmen, es gebe nach wie vor einen enormen Bedarf an Resozialisierung, Eingliederung bzw. Integration von Menschen, die aus der gesellschaftlichen Ordnung auf ihre Weise "herausgefallen" sind. (3)

Die Art und Weise aber, wie beispielsweise nach 1945 eine Person als "Außenseiter" und damit als "resozialisierbar" betrachtet wurde, hat sich gegenüber heute verändert. Um diese Veränderung spürbar zu machen, will ich zwei Texte vorstellen. Beim ersten handelt es sich um Auszüge einer Hausordnung eines Berliner Fürsorgeheims für Mädchen aus den 1960er Jahren, das die miefige bundesrepublikanische Atmosphäre verdeutlicht, in welcher der kritische Resozialisierungsgedanke sich entwickelte:

"Hausordnung. Zur Hausordnung gehören alle Forderungen der Ordnung, die in einer Gemeinschaft selbstverständlich sind. Achte besonders auf folgende Anweisungen:
- dass Kofferradios und alkoholische Getränke nicht in den Eichenhof mitgebracht werden,
- dass in den Schlaf-, Klassen- und Arbeitsräumen und auf den Fluren nicht geraucht wird (...),
- dass Mädchen unter 16 Jahren überhaupt nicht rauchen dürfen,
- dass die Wände der Schlafräume nicht mit Bildern beklebt werden,
- dass du zur Arbeit die Arbeitskleidung des Eichenhofes anziehst und in den Taschen keine ›Groschenhefte‹, Zeitungen und Stielkämme trägst,
- dass du ordentlich bekleidet bist,
- dass du dich nicht (...)am Gartentor und Gartenzaun aufhältst oder auf die Treppen setzt, wenn du eine Arbeitspause hast (...)"

(zit. nach Meinhof 1971, S.12)

Der zweite Text ist aus der Feder eines Jugendlichen, der selbst zum Objekt einer Resozialisierungsmaßnahme wurde. Der 15-jährige Martin besuchte Mitte der 1990er Jahre eine Münchner Hauptschule, an der er zum Organisator von deutschen Schlägertrupps wurde, welche fast täglich nichtdeutsche Schülerinnen und Schüler bedrohten, prügelten und zum Teil schwer verletzten. Ich lernte ihn während eines schulinternen Seminars kennen, das ich leitete und dem ich den Titel gab: "Wieso ich Ausländer hasse?". Nach diesem Seminar, über dessen Verlauf ich hier aus Zeitmangel nichts berichten kann, schrieb er mir mehrere Briefe. In einem davon steht:

"Zuerst will ich mich für den Brief bedanken und als zweites will ich dir erklären, warum ich ausgerechnet für einen Staat bin, der von einer politischen Elite geführt wird. Die Werte unserer Gesellschaft sind häufig nur materieller Herkunft z. B. Auto, Urlaub, Wohnung, Essen usw. Den Menschen in Deutschland ist es egal, was draußen in der Welt passiert, Hauptsache ihnen geht es gut (...). Sie habe ihre alten Wertmaßstäbe vergessen (...). Das beste Beispiel ist die Jugend, sie wird immer brutaler und rücksichtsloser, ihr Leben bestimmen Drogen, Zigaretten und Alkohol. Aber früher gab es nur ein Ziel: seinem Kaiser und dem Vaterland dienen, sie wären nie auf die Idee gekommen alte Frauen zu überfallen, zu stehlen und zu vergewaltigen. Damals gab es ein Gefühl von Einigkeit, jeder hat jedem geholfen, nur die Masse war stark, wie Adolf Hitler in ›Mein Kampf‹ schrieb: ›Einigkeit macht stark‹. Und ich denke, wenn unsere Wohlstandsgesellschaft wieder alte Werte kennen lernt, dann bin ich mir sicher, dass wir diese ganzen Probleme schaffen können (...). Ich glaube kaum, dass unsere fettgefressenen Politiker das schaffen. Und ich hoffe, dass bald wieder ein Adolf Hitler kommt und uns in dieser schwarzen Zeit leitet und darum bin ich ein sog. Rechtsradikaler. Noch einmal zum Thema Ausländer und Asylanten: Sie haben nichts mit meiner politischen Meinung zu tun, aber diese verdammten Schmarotzer müssen trotzdem raus, wenn sie weg sind ist auch ein großer Teil der Kriminalität weg (...)"
(zit. n. Weber 2001, S. 77)

Die beiden Dokumente zeigen trotz ihrer unterschiedlichen Adressaten sehr deutlich, welche gesellschaftlich nahe gelegten Vorstellungen in den jeweiligen Jahren dominant sind und welche Widersprüche und Problematiken damit verbunden sind. Dei entscheidende Diskrepanzen sollen zeigen, wie sehr sich grundlegende Prinzipien resozialisierender Erziehung verändert haben (4):

  1. Während der erste Text trotz seiner disziplinierenden und strengen Verhaltensanforderungen von einer (Re-)Sozialisierbarkeit, damit Veränderbarkeit der so genannten verwahrlosten Mädchen ausgeht, arbeitet die Sprache des zweiten Textes mit Formulierungen, welche die Lösungen sozialer und pädagogischer Probleme im Stile von Endlösungen propagiert: Probleme und Schwierigkeiten (jugendliches Verhalten, Bestechungsaffären bei Politikern, Arbeitsmigrationa etc.) sollen verschwinden bzw. zum Verschwinden gebracht werden; ein wie auch immer gearteter Umgang mit ihnen ist scheinbar nicht möglich.
  2. Der fraglosen Bezugnahme auf selbstverständliche Werte einer Gemeinschaft im ersten Text steht die Feststellung einer Gemeinschaft und Gesellschaft im zweiten Text gegenüber, welche die falschen oder keine Werte mehr hat. Ein kurzer Interviewausschnitt aus der 13. Shellstudie mag diese Feststellung bekräftigen. Dort liest man von dem 19jährigen Eduard, der mit seinen Eltern als Deutscher aus dem russischen Sibirien in die BRD kam: "Später will ich nicht wie ein Penner leben. So von Sozialhilfe. Später will ich Kohle verdienen und ein dickes Auto fahren" (Deutsche Shell 2000, S.102). Die Abwesenheit von Wertmaßstäben in der bundesdeutschen Gesellschaft wird vielfach betont: Sowohl die ausführliche Debatte um kommunitaristische Prinzipien in den letzten zehn Jahren als auch das jeweils nach einem Amoklauf, der Ermordung nichtdeutscher Inländer etc. hörbare Lamento, vielen Jugendlichen würden Werte fehlen, sind unübersehbarer Ausdruck dessen, dass Sicherheiten verloren gegangen sind. Interessant an Martins Text wie an der veralteten Heimordnung ist, dass sie sich jeweils auf "Wertmaßstäbe" bzw. selbstverständliche "Forderungen der Ordnung" berufen, ohne auch nur ein Beispiel dafür zu geben, was damit gemeint sein könnte. Hinter beiden Texten und ihrem Bezug auf Werteordnungen stecken jedoch gesellschaftliche Konfliktlinien, die zu verstehen eine notwendige Voraussetzung wäre, um über Werte sinnvoll diskutieren zu können (Vgl. InkriT 2002, S. 48).
  3. Der Stellenwert der persönlichen Freiheit, die in Artikel 2 des Grundgesetzes als unverletzliche postuliert wird, erscheint in der Heimordnung aus den 1960er Jahren als willkürlich reglementierte. Zum Stützpunkt jeder erzieherischen Anstrengung wird die Ordnung einer imaginären Gemeinschaft erhoben, ohne dass diese Ordnung selbst von den Subjekten der Erziehung hinterfragt werden könnte. Es ist kein Wunder, dass die Heimkampagnen (unterstützt durch Massenfluchten aus Heimen) in den 1960er und 1970er Jahren die freie Entfaltung der jugendlichen Persönlichkeit als erzieherisches Prinzip gegen die skandalöse "isolierende, stigmatisierende und ... strafende Heimerziehung" (Birtsch 1996, S. 277) propagierte. Die Sichtweise des jugendlichen Gewalttäters aus den 1990er Jahren sieht als erstrebenswertes Ziel dagegen nicht die Freiheit der Jugendlichen, vielmehr erscheint sie ihm als Ursache jugendlicher Verwahrlosung. Notwendig sei deshalb eine Rückkehr zu alten Werten und alten Ordnungen, welche die Freiheit des Einzelnen beschneiden sollten. Waren Zwang und rigide Disziplinierung in den 1960er Jahren also noch zu überwindende Formen erzieherischen Handelns, so tauchen sie dreißig Jahre später als ein angemessenes Mittel gegen soziale Abweichung von Jugendlichen wieder auf. Diese Tendenz zeigt sich auch in den zunehmenden Forderungen nach Unterbringung von schwierigsten Jugendlichen in geschlossenen Heimen, die inzwischen auch wieder in konservativen Bundesländern zu einem festen Bestandteil der Jugendhilfemaßnahmen gehören.

Deutlich wird also, dass sich gesellschaftliche Wertevorstellungen über Ordnung, Disziplin und die Rolle erzieherischer Interventionen in den letzten Jahrzehnten massiv veränderten: So kann man davon sprechen, dass in den 1960er Jahren der Anfang vom Ende verwahrender und disziplinierender Integration abweichender Klienten festzustellen ist, während in den 1990er Jahren vom Ende eines sozialreformerischen Ansatzes unter dem Schlagwort "Resozialisierung" gesprochen werden kann.

Geschichte der Institutionalisierung von Resozialisierung
Es ist jedoch in der Geschichte des immer umstrittenen Resozialisierungsgedankens nicht das erste Mal, dass sich sein Sinn und die damit zusammenhängende Praxis verändert. Um klarer zu erkennen, wie ökonomische und soziale Entwicklungen und gesellschaftliche Umbrüche Resozialisierung schufen und veränderten, will ich einige prägnante Stationen dieser Geschichte aufzeigen:

  • Resozialisierung beginnt mit der Schaffung der modernen Freiheitsstrafe in den mitteleuropäischen Ländern im 17. Jahrhundert, wobei "eine Erziehung durch Arbeit und Einkehr" (Driebold 1984, S. 1130) bald durch den Gedanken abgelöst wurde, die Gefangenen als kostenlose Arbeitskräfte zu gebrauchen: "Der Gedanke der inneren Einkehr und Sozialisation durch die Askese der Abgeschlossenheit wurde zugunsten eines Arbeitstrainings ... bzw. einer wirtschaftlichen Ausbeutung der Arbeitskraft der Gefangenen zusehends verdrängt" (Ebenda).
  • Mit der Industrialisierung und der damit einhergehenden Entwertung von Arbeit zu einer monotonen und repetitiven Tätigkeit in Manufakturen und Fabriken wird ihre erzieherische Funktion in den Zuchthäusern im 19. Jahrhundert obsolet. Zudem verändert sich die Struktur der Gefängnispopulation: immer größere Teile der Bevölkerung verarmen und erhalten sich mit Diebstahl und anderen Verbrechen am Leben. Die Verurteilungen stiegen an - in ähnlichem Ausmaß stieg die Todesrate der Gefangenen, die weder ärztlich noch sozial betreut wurden.
  • Die diesem sozialen Sachverhalt entsprechende Ideologie war diejenige der Vergeltung, die von jeglicher Besserung der Kriminellen absah. Trotz christlicher Gegenbewegungen Ende des 19. Jahrhunderts (Wichern u. a.) setzte sich der Vergeltungsgedanke im deutschen Strafgesetz durch.
  • "Erst in der Weimarer Zeit gelang es dann wieder, den Erziehungs- und Resozialisierungsgedanken im Strafvollzug zu verankern " (Ebenda, S. 1131). Milde Strafzumessungen in Verbindung mit erzieherischen Reformen, die nun auch langsam im Jugendstrafvollzug begannen, wurden jedoch von den Nationalsozialisten wieder zurückgenommen. Die Sühne für eine Straftat und der Abschreckungsgedanke für potenzielle Straftäterinnen und Straftäter wurden zu Leitgedanken nationalsozialistischer Bestrafungspraxis, die sich bis weit nach 1945 erhielten.

Resozialisierung im Sinne einer Veränderung (5) der sozialen Lebenswelt von "Verwahrlosten", "Gefährdeten" oder "Geschädigten" (wie es beispielsweise im JGG heißt) war - so zeigt der geschichtliche Kurzdurchlauf - immer ein widersprüchliches Unterfangen. Im besten Falle wurde sie konzipiert als Integration von Bürgern, deren soziale Auffälligkeit in Zusammenhang stand mit von ihnen nicht zu verantwortenden Defiziten wie bspw. Arbeitslosigkeit oder Erziehungsschwierigkeiten in der Familie. Unter Integration wäre dann ein sozialpolitisches Instrumentarium zu verstehen, das versucht, "allen den Zugang zu sozialen Dienstleistungen und zu Schulbildungen zu ermöglichen, soziale Ungleichheiten zu verringern sowie eine verbesserte Verteilung der Chancen, den Ausbau der sozialen Sicherung und die Konsolidierung der Lage der abhängig Beschäftigten" (Castel 2000, S. 364).

Im schlechtesten Falle wurde Resozialisierung gedacht als Arbeit an den Individuen (therapeutisch bzw. beraterisch), damit diese sich den gegebenen Verhältnissen anpassten oder gar als Bestrafungs- und Sühneritual für individuelles Versagen.

Neoliberale Umbrüche und neue Ausgrenzungsszenarien
Nachdem offensichtlich ist, dass Resozialisierung und ihre Bedeutung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen sie thematisiert werden, sich ändern, kann nun gefragt werden, welches die Gründe dafür sind, dass (wie am Anfang festgestellt) der Begriff selbst weder in der Fachliteratur zur Sozialen Arbeit verortet ist noch in der sozialarbeiterischen Alltagspraxis (außer im Strafvollzug) Verwendung findet, obwohl er bspw. in Bayern zum Schwerpunktfach der FHs gehört.

Eine mögliche Antwort darauf könnte lauten, dass Resozialisierung als sozialarbeiterische Interventionsmöglichkeit nur dann existieren kann, wenn Sozialisierung in ihrer Form wie in ihren Inhalten eindeutig festgelegt wäre. Sozialisierung/Sozialisation ist jedoch, folgt man der Analyse Ulrich Becks, durch drei einschneidende Veränderungsmuster geprägt, welche eine lineare oder gar eindeutige Sozialisation in Frage stellen. So stellt er fest, dass a) eine "Herauslösung aus historisch vorgegebenen Sozialformen und -bindungen " (Beck 1986, S. 206) stattgefunden habe, b) ein "Verlust von traditionalen Sicherheiten in Hinblick auf ... leitende Normen" (Ebenda) zu verzeichnen sei und c) "eine neue Art der sozialen Einbindung " (Ebenda) sich entwickelt habe. Wenn jedoch in einer Gesellschaft angesichts rapider Umbrüche in Ökonomie und Lebensweisen der Subjekte offen ist, wie und wohin sich die Einzelnen "sozialisieren", dann ist damit auch jedes Konzept von Resozialisierung in Frage gestellt.

Ulrich Becks Analyse der neuen Anforderungen an die Subjekte möchte ich zum Anlass nehmen, um die vorgestellten drei Prinzipien resozialisierender Erziehung (Erziehbarkeit, Werteorientierung und persönliche Freiheit) daraufhin zu überprüfen, ob sie im Zeitalter neoliberaler Umbruchstrukturen und daraus erwachsender Anforderungen an die Identitätsarbeit von Subjekten noch als Orientierungspunkte dienen können und falls ja, welche Perspektiven sich für eine fortschrittlich konzipierte Theorie und Praxis Sozialer Arbeit daraus ergeben könnten (6):

  1. Erziehbarkeit und Veränderbarkeit: Wer aktuelle Bildungsdebatten verfolgt, dem wird nicht entgangen sein, dass momentan zwei sich völlig widersprechende Diskurse nebeneinander bestehen, wenn es darum geht, wie Menschen lernen können und sollen. Zum einen wird das Prinzip des "lebenslangen Lernens" propagiert und damit davon ausgegangen, dass Lernfähigkeit etwas ist, was den Menschen grundsätzlich gegeben sei. Das gängige Alltagssprichwort "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" scheint also zugunsten eines Bildes vom dauerhaften, eifrigen Lernsubjekt zurückgedrängt. Zum anderen scheint es aber, als seien gleichzeitig klare Grenzen und Behinderungen vorhanden, die nicht alle Menschen auf gleiche Weise zum Lernen befähigen. Dies bestätigt sowohl die expandierende Anzahl von Institutionen für Hoch- und Höchstbegabte als auch die wieder aufgekommene Diskussion über den genetischen Anteil subjektiver Fähigkeiten (Vgl. Behrens 2000, S. 90 ff).
    Dieser scheinbare Widerspruch wird erklärbar, wenn wir uns betrachten, welchen Typus von Arbeitnehmer die hochtechnologisch produzierende Industriearbeit (im Produktions- wie im Verwaltungsbereich) benötigt. Die Arbeitserfordernisse im Facharbeiterbereich ändern sich einerseits dahingehend, dass die Einzelnen keine Stellenpläne mehr, mit auf Jahre oder gar Jahrzehnte hinaus festgelegten Tätigkeiten, vorfinden, sondern vielfältige und flexibel einsetzbare Profile entwickeln müssen, um jederzeit an fast jedem Ort einsetzbar zu sein - je nach Produktentwicklungen und Produktionserfordernissen; lebenslanges Lernen ist als Notwendigkeit zu sehen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Andererseits gibt es weiterhin Tätigkeiten, die als tayloristisch (also eintönig und repetitiv) bezeichnet werden können und Arbeitssubjekte benötigen, die sich mit geringer Bezahlung bei gleichzeitig ungesunden und abstumpfenden Arbeitsbedingungen abfinden; diesen wird lediglich eine begrenzte Lernfähigkeit unterstellt. Neben diesen neuen zwei Klassen von "Arbeitsplatzbesitzern" wird die widersprüchliche Artikulation von Lernen auf eine andere Art und Weise "produktiv": Im Lager der Arbeitslosen wird ebenfalls darauf gesetzt, dass diese bereit sind, Vieles zu erlernen, auch wenn das Lernziel darin besteht, eine unterqualifizierte Tätigkeit anzunehmen. Diejenigen aber, die sich diesen Anforderungen verweigern oder sie nicht erbringen können, werden ideologisch einsortiert in den Topf der biologisch oder konstitutionell bedingten Lernunfähigen.
    Fazit: Erziehbarkeit und Veränderbarkeit von Menschen ist wieder klassen- bzw. schichtenspezifisch konnotiert. (7) Die Becksche These von der Herauslösung und Freisetzung der Individuen aus traditionalen Zusammenhängen trifft für diejenigen zu, die in der Lage sind bzw. in sie versetzt werden, ihre Lern-, Bildungs- und Arbeitsbiografie zu managen und damit den Erfordernissen neoliberaler Subjektivität genügen. Sozialarbeiterische Praxis als Interventionsmacht wird sich vor allem aber um diejenigen kümmern, die diesen Anforderungen nicht nachkommen können oder an ihnen scheitern. Dabei ist nicht zu übersehen, dass in öffentlichen Diskussionen Erziehbarkeit als Kriterium erneut in Frage gestellt wird zugunsten von Modellen (einstweiliger) Endlösungen: die medial inszenierte Debatte um die Reduzierung des Strafmündigkeitsalters bei jugendlichen Straftäterinnen und Straftätern zeigt, dass hier zu Lasten vor allem ökonomisch schwacher Bevölkerungsschichten die Verwahrungsidee gegen den Resozialisierungsgedanken an Bedeutung gewinnt. Ein drastischer Rückschlag für das Konzept von Erziehbarkeit und Resozialisierung war bspw. auch die populistische, rassistische Strukturen bedienende Ausweisung des in München geborenen Jugendlichen "Mehmet" in ein ihm fremdes Land durch das Kreisverwaltungsreferat München mit Zustimmung des Oberbürgermeisters Ude. Gesucht wurde dabei nicht nach möglichen Lösungen erzieherischer und intervenierender Praxis. Vielmehr wurde ein Problem, das sowohl die Familie Mehmets als auch er selbst hatte, so umdefiniert, dass der kriminelle Jugendliche das Problem sei, welches zum Verschwinden gebracht werden muss. (8)
  2. Normen und Werte: Auch im Bereich der Wertediskussion, den Beck durch einen "Verlust von traditionalen Sicherheiten ... und leitende Normen" (Ebenda) gekennzeichnet sieht, ist eine widersprüchliche Diskussion im Gange: einerseits werden im Feld von Politik und Medien Begriffe wie Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde, Reform oder Solidarität aus ihren alten Bezugssystemen gelöst und als Begründungsmuster für Kriege, Sozialabbau, Einschränkung von Bürgerrechten neu etabliert. Andererseits klagen genau diejenigen, die diesen ideologischen Umbau von Bedeutungen vorantreiben, über den Verfall von Werten und Sicherheiten.
    Fazit: Da es nur dann Sinn macht, Werte zu thematisieren, wenn man gleichzeitig die den Wertedebatten zugrunde liegenden Konflikte analysiert, wäre es für eine praxisbezogene Theoretisierung des Resozialisierungskonzepts sinnvoll, diejenigen gesellschaftlichen Konfliktlinien als Analysegegenstand zu bearbeiten, die momentan am klärungsbedürftigsten sind: Gewaltstrukturen und Jugend sowie Kriminalität und Migration. Damit wären zum einen diejenigen Entwicklungen benannt, welche in den letzten Jahren Anlass zu politischen, medialen und bildungspolitischen Debatten gaben und die zum anderen einen Großteil derjenigen Klientel einbeziehen, mit dem sich Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter beschäftigen. Konzepte von Integration und Resozialisierung werden dabei nicht umhin kommen, parteilich und kritisch in Diskussionen um Werte und Tugenden, welche in den Augen vieler selbsternannter Problemlöser "durchgesetzt" werden müssten, einzugreifen.
  3. Persönliche Freiheit: Auch was die Rolle der persönlichen Würde und Freiheit anbelangt (9), sind zwei widersprechende gesellschaftliche Tendenzen zu konstatieren: Einerseits wird wie nie zuvor die Freiheit des konsumierenden Bürgers angepriesen und es werden Bilder glücklichen Lebens inszeniert und propagiert (man denke nur an Langnese- und Baccardi-Werbung im Kino), welche uneingeschränkte kulturelle, sexuelle und sonstige Freiheit versprechen. Gleichzeitig erleben wir, wie mit einer seit 1945 nicht dagewesener Härte über die Einschränkungen von Freiheit gesprochen wird, wenn jemand die gesellschaftliche oder staatliche Ordnung in Frage stellt oder gar angreift. So hat die Debatte um die lebenslange Verwahrung von Sexualstraftätern eine Bresche geschlagen für alle konservativen und ordnungspolitischen Maßnahmen, die Verwahrung und Wegsperren als politische Lösungen sozialer Probleme versprechen.
    Fazit: Soziale Arbeit als Wissenschaft wird in den nächsten Jahren ihre Integrations- und Resozialisierungskonzepte in doppelter Frontstellung verteidigen müssen: gegen die Zwänge der Ökonomisierung Sozialer Arbeit und gegen damit zusammenhängende theoretische Konzeptionen, welche die Klientinnen und Klienten in sozialisationsfähige und -unfähige unterteilt. Entscheidend wird aber sein, ob Soziale Arbeit theoretisch und praktisch Konzepte entwickeln kann, die zustimmungsfähig und zukunftsweisend sind.

Praktische Anforderungen an Sozialarbeit
So widersprüchlich sich die Anforderungen an Soziale Arbeit in Zeiten gesellschaftlichen Wandels darstellen, so widersprüchlich sind zugleich Vorschläge, die behaupten, einfache Lösungen für die komplexen Problematiken gefunden zu haben. Ich will das am Beispiel des Täter-Opfer-Ausgleichs etwas ausführlicher darstellen: Den Täter-Opfer-Ausgleich kann man als den Täter entkriminalisierende und gegen das Bestrafungsprinzip arbeitende Intervention definieren, der gleichzeitig den Bedürfnissen der Opfer, Subjekte in Wiedergutmachungsverfahren zu sein, nachkommt:

"Im Hinblick auf den Täter geht es im Täter-Opfer-Ausgleich also darum, eine Verrechtlichung der Straftat, des konflikthaften Handelns und des Täters als Rechtssubjekt einzugrenzen, um Einsicht, Eigenverantwortung, Wiedergutmachungswille und Korrektur des Fehlverhaltens zu ermöglichen. ... Ziel ist es daher, eine so weit als möglich freiwillige und gemeinsame Tatverarbeitung und einen zufrieden stellenden Aushandlungsprozess durch materielle und immaterielle Wiedergutmachung zwischen Tätern und Opfern zu organisieren" (Bauer 1997, S.19 ff).

Ohne hier näher auf die verschiedenen Einschränkungskriterien für die Anwendung des Täter-Opfer-Ausgleichs eingehen zu können, möchte ich die Problematik dieser sozialarbeiterischen Interventionsmethode auf der Folie der drei dargestellten Resozialisierungsprinzipien erläutern:

  1. Der Täter-Opfer-Ausgleich geht nicht nur von einer Veränderbarkeit und Resozialisierbarkeit eines Tätersubjekts aus, sondern macht dies zur Grundlage seines Ansatzes. Insofern bietet er keine Möglichkeit an, die regressiven ordnungs- und kriminalpolitischen Wünsche nach Verwahrung und Wegsperren zu befriedigen. Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass eine Erziehung des Täters nicht mehr stattfindet. Durch die vorgegebene Neutralität des Vermittlers beim Täter-Opfer-Ausgleich wird der Veränderungsprozess in die Eigenverantwortung des Täters in Auseinandersetzung mit dem Opfer gelegt. Definieren wir Erziehung als Prozess, in dem Subjekte die schwierige Aufgabe erlernen, ihren Weg zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und individuellen Interessen in Auseinandersetzung mit Repräsentanten dieser Anforderungen (Eltern, Lehrern etc.) zu finden, dann wird offenkundig, dass beim Täter-Opfer-Ausgleich die Seite der Repräsentation gesellschaftlicher Mächte nicht vorhanden ist. Resozialisierung im Prozess des Täter-Opfer-Ausgleichs wäre demnach eine, die explizit ohne das "Soziale", ohne gesellschaftliche Anforderungen, stattfindet.
  2. Die Vermittlung von Normen und Werten bzw. die Thematisierung von sozialen Verhältnissen und biografischen Ereignissen, die dem Täter wie dem Opfer erklärbar machen, dass die Tat als Folge eines Mangels an sozialer Verantwortung, der Missachtung körperlicher Integrität anderer etc. auf Seiten des Täters stattfand, unterbleibt beim Täter-Opfer-Ausgleich. Kriminalität wird auf der Beziehungsebene verhandelt, bewirkt somit eine "Privatisierung von Kriminalität und steht somit im Kontext allgemeiner Vergesellschaftung durch Individualisierung" (Ebenda, S. 107). Problematisch ist auch die von Micha Brumlik kritisierte Umdefinition von Delikt in Konflikt, weil im Hinblick auf "Gerechtigkeit" die Frage auftaucht, wieso bei Straftaten, die Opfer erzeugten, der Täter-Opfer-Ausgleich angewendet wird und bei bspw. Drogendelikten, die kein Opfer "benötigen", dies nicht möglich sein soll.
  3. Auf den ersten Blick scheint es, als sei die persönliche Freiheit des Klienten beim Täter-Opfer-Ausgleich weitestgehend geschützt, Disziplinierung und rigide Ordungsmaßnahmen gebe es dabei nicht. Allerdings gibt es von kritischer Seite durchaus den Einwand, dass gerade der selbstreflexive und selbsterzieherische Ansatz als Disziplinierung zu sehen sei, wobei die These zugrunde gelegt wird, dass Selbstreflexion diejenige Disziplinierungsstrategie sei, welche moderne Gesellschaften auszeichne (Vgl. ebenda, S. 109).

So fortschrittlich und human also der Täter-Opfer-Ausgleich erscheint, so widersprüchlich wird er bei genauer Betrachtung. Als Resozialisierungsinstrument ist er ebenso wie das Anti-Aggressions- Training bei gewalttätigen oder geschlossene Heimunterbringung bei "schwierigsten" Jugendlichen zu hinterfragen auf seine pädagogischen, gesellschaftlichen und normativen Grundlagen. Als Perspektive sozialarbeiterischen Handelns ist er lediglich dann zu betrachten, wenn er gleichzeitig von einer gesellschaftlichen Analyse veränderter Gewaltformen und einem sinnvollen Präventionsangebot begleitet wird. Die Widersprüche und Grenzen des Täter-Opfer-Ausgleich sind dabei ebenso wie die Widersprüche und Grenzen jeder Resozialisierungsmaßnahme kein Hindernis für deren Anwendung, sondern Grundlage ihrer kritischen Weiterentwicklung.

Klaus Weber - Jg. 1960, Dr. phil., Professor für Psychologie an der Fachhochschule München; Vertrauensdozent der Rosa- Luxemburg-Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung. Zuletzt in UTOPIE kreativ: Zivilcourage, Klugheit und radikale Realpolitik - vom Scheitern eines demokratischen Projekts (Heft 121/122 (November/ Dezember 2000)

1 Resozialisierung als kritischer Begriff und als Lehrinhalt

2 In der Literatur liegt der Schwerpunkt bei Strafrecht und Strafvollzug.

3 Es gibt aktuell keine Debatte um die Probleme von "Gefährdung", "Verwahrlosung" bzw. gesellschaftlicher Ausgrenzung und damit zusammenhängender sozialarbeiterischer Intervention.

4 Von der isolierenden und disziplinierenden Heimerziehung zum sozialreformerischen Konzept der Resozialisierung

5 Zwischen Integration und Verbesserung von Chancen und Bestrafungs- und Sühneritualen

6 Drei Prinzipien resozialisierender Erziehung: Erziehbarkeit, Wertorientierung und persönliche Freiheit - ihre Perspektiven bei neoliberalen Umbrüchen

7 Wieder mehr soziale Ungleichheit - auch bei Erziehbarkeit und Veränderbarkeit?

8 "Der Reflex auf die Verunsicherungen am Arbeitsmarkt und die Sorge um die eigenen (späteren) Erwerbsmöglichkeiten und Erwerbsverläufe zeigen deutlich, dass die handfesten Näharbeiten an den Mänteln in der kargen Nachkriegszeit und mit der Gewissheit, dass es aufwärts gehen wird, einer viel komplizierteren und abstrakteren Form der Flickarbeit gewichen ist, nämlich dem Patchwork an der eigenen Identität und am eigenen Lebenslauf - denn ungebrochene Linearitätserwartungen hegt kaum noch jemand." (Deutsche Shell 2000, Band 1, S.156)

9 Gegen Zwänge der Ökonomisierung der Sozialarbeit und gegen neue Konzeptionen, die Menschen in sozialisationsfähige und -unfähige unterteilt

 

Literatur

  • Bauer, Yvonne (1997): Täter-Opfer-Ausgleich in der Kritik. Im historischen Kontext von Strafsystemen eine humane Alternative? Oldenburg.
  • Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt/Main.
  • Behrens, Ulrike (2000): Lernen statt Begabung: Vorschläge zu einer neuen Herangehensweise an das Problem individuell unterschiedlicher Leistungen, in: Forum Kritische Psychologie 42, S. 90-107.
  • Birtsch, Vera (1996): Heimerziehung, in: D. Kreft & I. Mielenz (Hg.), Wörterbuch Soziale Arbeit. Aufgaben, Praxisfelder, Begriffe und Methoden der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, S. 277- 279. Weinheim/Basel.
  • Castel, Robert (2000): Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit, Konstanz.
  • Deutsche Shell (Hg.) (2000): Jugend 2000. Band 2. Opladen.
  • Driebold, Rolf (1984): Strafvollzug, in: H. Eyferth, H.-U. Otto & H. Thiersch (Hg.), Handbuch zur Sozialarbeit/Sozialpädagogik, S. 1129-1147. Neuwied.
  • Engelhardt, Lothar (1981). Resozialisierung, in: H.-J. Petzold & H. Speichert (Hg.), Handbuch pädagogischer und sozialpädagogischer Praxisbegriffe, S. 383-386. Reinbek.
  • InkriT (Berliner Institut für Kritische Theorie) (2002): Unterhaltungen über den Sozialismus nach seinem Verschwinden, Hamburg.
  • Meinhof, Ulrike M. (1971): Bambule. Fürsorge - Sorge für wen? Berlin.
  • Plewig, Hans-Joachim (1996): Kriminalität, in: D, Kreft & I. Mielenz (Hg.), Wörterbuch Soziale Arbeit, a. a. O., S. 381-383.
  • Weber, Klaus (2001): Rechte Männer. Eine sozialpsychologische Studie zu Rassismus, Neofaschismus und Gewerkschaften, Hamburg.

 

in: UTOPIE kreativ, H. 160 (Februar 2004), S. 101-111

aus dem Inhalt

Essay KLAUS WEBER Strafe und Ausgrenzung statt Hilfe und Integration? Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven der Sozialen Arbeit in der ResozialisierungGesellschaft: Analyse & Alternativen MAX KOCH Der nordirische Friedensprozess vor dem Hintergrund der Theorie der sozialen Schließung; DIETMAR WITTICH Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. Eine empirisch-soziologische Annäherung Alternative Wirtschaftstheorien ULRICH BUSCH Alternative Geldtheorien und linker Geldfetischismus; JÜRGEN LEIBIGER Arbeitszeitverkürzung und Perspektiven der Freizeit Standorte PETER ULLRICH Die Genuamobilisierung und Lernmöglichkeiten für das Verhältnis der Linken zu sozialen Bewegungen Bücher & Zeitschriften Andreas Malycha (Hrsg.): Geplante Wissenschaft. Eine Quellenedition zur DDR-Wissenschaftsgeschichte (WOLFRAM ADOLPHI): Christiane Zehl Romero: Anna Seghers. Eine Biographie 1947-1983 (FRANK WAGNER); Franca Wolff: Glasnost erst kurz vor Sendeschluß. Die letzten Jahre des DDR-Fernsehens (1985-1989/90) (KLAUS MELLE); Hermann Gellermann: Stefan Heym. Judentum und Sozialismus. Zusammenhänge und Probleme in Literatur und Gesellschaft (MARTIN GEGNER); Klaus Körner: "Die rote Gefahr". Antikommunistische Propaganda in der Bundesrepublik 1950-2000 (JÖRN SCHÜTRUMPF); AG Alternative Wirtschaftspolitik: Memorandum 2003 (ULRICH BUSCH); Alex Demirovic (Hrsg.): Modelle kritischer Gesellschaftstheorie. Traditionen und Perspektiven der Kritischen Theorie (SARAH DELLMANN); Joachim Bischoff, Klaus Steinitz (Hrsg.): Linke Wirtschaftspolitik. Bilanz, Widersprüche, Perspektiven (GÜNTER KRAUSE)