G wie Gaby

Kritik an der BMWA-Kampagne "Teamarbeit für Deutschland/Gemeinsam gegen Arbeitslosigkeit"

Vor einiger Zeit hat das Superministerium die Kampagne "Teamarbeit für Deutschland/Gemeinsam gegen Arbeitslosigkeit" mit jeweils zwei prominenten Männern auf den Plakaten gestartet...

Vor einiger Zeit hat das Bundeswirtschaftsministerium die Kampagne "Teamarbeit für Deutschland/Gemeinsam gegen Arbeitslosigkeit" gestartet. Auf den ersten vier Plakaten dazu waren jeweils zwei prominente Männer abgebildet, die aus den ähnlichen Tätigkeitsbereichen stammen und gleichzeitig miteinander in Konkurrenz stehen: die Talkmaster Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann, die Fernsehkommissare Klaus J. Behrendt und Peter Sodann, die Sportler Martin Schmitt und Charles Friedek sowie die Fußballmanager Rudi Assauer und Michael Meier.

Nach dem Motto: aller Konkurrenz zum Trotz stehen wir im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zusammen, jedenfalls wir Männer.

Von Frauen keine Spur! Und noch nicht mal das alte, mal mehr meistens weniger tragfähige Argument "Wir haben ja gesucht, aber es gibt halt keine..." taugt im Angesicht der Vielzahl erfolgreicher Fernseh-Kommissarinnen, Moderatorinnen und Sportlerinnen nicht. Nur bei den Fußballvereins-Managerinnen fällt mir - auch unter Aufbietung aller feministischen Anstrengungen und allen fußballerischen Sachverstands - nur eine, nämlich Karoline Fröhlich, die Managerin meines Heimat-Vereins Rot-Weiß Erfurt ein. Dafür aber immerhin das Frauen-Fußballnationalteam, das wesentlich erfolgreicher ist, als die entsprechenden Männer. Kleine Zwischenfrage: Warum hat bei der langwierigen Suche nach einem neuen Fußball-Bundestrainer eigentlich niemand (Vorsicht bei der kommenden Formulierung sind Frauen immer mitgemeint) den erfolgreichsten deutschen Bundestrainer der letzten Jahre ins Spiel gebracht? Das ist Tina Theune-Mayer, die Trainerin des deutschen Frauenteams, die zur Zeit amtierende Europa- und Weltmeisterinnen gleichzeitig sind.

Mitgemeint waren Frauen auch bei dem folgenden Text der Kampagne:
"Viele Menschen in Deutschland setzen sich jetzt schon in ihrem Umfeld für den Abbau von Arbeitslosigkeit ein: Das ist der Lehrer, der seine Schüler in Workshops auf den Berufsstart vorbereitet. Das ist der Chef eines großen Unternehmens, der mit neuen Arbeitsmodellen den Abbau von Arbeitsplätzen verhindert oder neue Lehrstellen schafft. [...] Das sind auch Berufstätige, die ihre Haushaltshilfe als Mini-Jobber anstellen."

Beim Lesen dieser Zeilen ist mir dann doch der Blusenkragen geplatzt, und ich habe mich bei Wirtschaftsminister Wolfgang Clement über die Ignoranz in Frauenfragen beschwert. Vorgeschickt hat er seine Pressesprecherin. Die antwortete auf meine Anmerkung, dass Haushaltshilfen wohl in nahezu 100 % aller Fälle Mini-Jobberinnen und keine Mini-Jobber seien, nicht gänzlich frei von unfreiwilliger Ironie: "Um gerade die Haushaltshilfe nicht zu diskriminieren, wurde sie bewusst nicht als Mini-Jobberin bezeichnet, denn das hätte bedeutet, dass dies ein reiner Frauenjob sei." Da hat das Ministerium wohl nach der Maxime "Bloß nicht der Realität ins Auge sehen, man könnte ja versucht sein, etwas daran zu ändern" gehandelt...

Etwas später erschien dann noch ein fünftes Plakat mit - man höre und staune - zwei Frauen. Die Spannung steigt, es sind Alice Schwarzer und Verona Feldbusch! Nun ja.

Würde man alle Frauen Deutschlands von einer Jury aus Durchschnittsmännern nach einem Kriterien-Spektrum aus feministischer Radikalität einerseits und Attraktivität andererseits aufreihen lassen, ich würde meinen Original-Portugal-EM-Fußball Roteiro mit Autogrammen verwetten, dass sich an den beiden äußeren Enden dieser Reihe Alice Schwarzer und Verona Feldbusch befinden. Da hat es das Ministerium wohl besonders gut gemeint und das zunächst bestehende Frauen-Manko dadurch versucht auszugleichen, dass es "die Frau an sich" darstellen wollte. Einsehend, dass ein solches Vorhaben ein auch für ein Superministerium nicht zu leistender Kraftakt wäre, haben sie dann wohl die beiden Extreme ihrer von 1968 und der Neuen Frauenbewegung auf der einen und dem Nachlaufen vermeintlich moderner Massengeschmackstauglichkeit auf der anderen Seite geprägten Vorstellungen von Weiblichkeit gewählt.

Auch wenn der Sprung auf den ersten Blick ein bisschen weit erscheint: Kennen Sie die Kinderbuch-Krimi-Reihe TKKG? Das sind "Tim, der Sportliche", "Karl, der Schlaue", "Klößchen, der Faule" und "Gaby, das Mädchen".

Das weibliche Geschlecht reicht als alleiniges Identifikationsmerkmal zur Abgrenzung aus. Die beiden Frauen nehmen an der Kampagne nicht - wie all die Männer - in einer bestimmten Funktion, die sie von den anderen unterscheidet teil, sondern als General-Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts. Es wird so getan, als würde allein die Zugehörigkeit zum "anderen Geschlecht" zu ihrer Charakterisierung ausreichen. Die einen sind Kommissare, die anderen Sportler und die übernächsten eben Frauen.

Übrigens haben all die nebenberuflichen Models auf den Plakaten ein Accessoire dabei, das ihren jeweiligen Job symbolisiert: Fußbälle, Dienstmarken, Mikrofone oder Skier. Alice Schwarzer zeigt - erwartungsgemäß - die Emma und Verona Feldbusch einen rosa Spitzen-BH.

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