Bürgerversicherung - Kopfpauschale - Alternativen

Manuskript zur Auftaktveranstaltung "Arbeitnehmerbegehren" des IG Metall-Bezirks Niedersachsen/Sachsen-Anhalt am 26.08.04 in Hannover

Seit die Rürup-Kommission im April letzten Jahres die beiden Modelle Bürgerversicherung und Kopfpauschale vorgestellt hat, transportiert die öffentliche Diskussion das Bild, dass wir es da mit einer Richtungsalternative zu tun hätten: Bürgerversicherung = sozial und Kopfpauschale = unsozial. Ich will nun erstens versuchen, nachvollziehbar machen, warum dieses Bild so nicht zutreffend ist. Und zweitens will ich vier Punkte skizzieren, die ich für notwendig halte, damit Bürgerversicherung ein Beitrag zu einem zukunftsfähigen Sozialstaat werden kann. Aber lasst uns erst mal zurück schauen dahin, wo die Diskussion her kam, nämlich zu den Vorschlägen der Rürup-Kommission. Auftrag der Kommission war, Vorschläge zu machen, wie die Sozialversicherungsbeiträge begrenzt und die Bindung der Sozialversicherung an die Arbeitskosten gelockert werden könnte. Die Sozialversicherungsbeiträge gelten ja seit zehn Jahren als wesentliche Ursache der Massenerwerbslosigkeit. Die seien schuld, dass Arbeit in Deutschland zu teuer geworden und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährdet sei - wie uns jeden Sonntag bei Christiansen vorgebetet wird. Die Kommission sollte deshalb Vorschläge machen, wie vor allem der Beitrag der Arbeitgeber zur Gesetzlichen Krankenversicherung reduziert werden kann - zunächst kurzfristig und dann mittel- und langfristig. Erwartungsgemäß orientierten sich die Kommissionsempfehlungen an zwei bewährten Schienen: mehr Wettbewerb und mehr Eigenverantwortung, will heißen: Kommerzialisierung des Gesundheitswesens und Privatisierung der Risikoabsicherung. Das "Ypsilon-Modell", wie die Kommission das nannte, sah - unten als Bein vom Ypsilon - in kurzfristiger Perspektive vor allem Zuzahlungen und Leistungsausgrenzungen vor. Also gezielte Kostenverschiebungen auf Kranke und Versicherte, wie sie im Wesentlichen mit der Gesundheitsreform seit 1. Januar auch umgesetzt sind - bisschen angereichert mit Vorschlägen der Opposition. Nach der Finanzkalkulation der Ganz Großen Gesundheitsreformkoalition soll dadurch schon mal erreicht werden, dass der Arbeitgeberbeitrag Krankenversicherung bis 2007 auf sechs Prozent gedrückt wird, wie es langjährige Forderung der Arbeitgeberverbände war. Die Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer soll demgegenüber dann sieben Prozent betragen - weil Zahnersatz und Krankengeld ohne Arbeitgeberbeitrag zusätzlich abgesichert werden müssen. Die massiven Mehrbelastungen für Kranke sind in den sieben Prozent natürlich nicht abgebildet - es gibt halt weniger fürs Geld. Der Streit zwischen Rürup und Lauterbach um die längerfristigen Finanzierungsmodelle ging nun darum, nicht ob, sondern wie, auf welchem Wege der Rückzug der Arbeitgeber aus der Finanzierung nach 2007 fortgesetzt werden kann. Und zu diesem Zweck gab es die beiden konkurrierenden Modelle Bürgerversicherung und Kopfpauschale als die zwei Schenkel oben beim Ypsilon. Beide Modelle wollen vorrangig die Arbeitskosten reduzieren.

Kopfpauschale

Die Kopfpauschale erreicht das dadurch, dass der bisherige Arbeitgeberbeitrag dem ausgezahlten Bruttoentgelt zugeschlagen wird. Dadurch hat sich dann das Thema Krankenversicherungsbeitrag für die Arbeitgeber ein für allemal erledigt; allgemein erwartete Beitragssatzsteigerungen gehen dann nur noch zu Lasten der Versicherten. Die sollen statt des bisherigen einkommensabhängigen Beitrags eine einkommensunabhängige Krankenversicherungsprämie zahlen, eben die "Pauschale pro Kopf", die für alle Versicherten einer Kasse gleich hoch ist. Warum gleich hoch? Weil dann in der Krankenversicherung nur das Äquivalenzprinzip gilt - wie bei den Privaten. Und demnach gibtÂ’s gleiche Leistungsansprüche nur bei gleichen Prämien. Damit hat sich dann sowohl der Solidarausgleich zwischen ärmeren und reicheren Versicherten innerhalb der GKV, als auch die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen erledigt. Die Höhe der Prämie legt jede Kasse für sich fest, damit die Kassen mit den Prämien gegeneinander konkurrieren können. Wenn man also Zahlenangaben hört, wie hoch die Gesundheitsprämie werden soll, dann sind das immer Durchschnittswerte über alle Kassen. Dabei gilt erstmal: je kleiner das Einkommen, desto höher die Belastung durch die Prämie, und je höher das Einkommen, desto geringer. Weil die hohen Pro-Kopf-Prämien zu wüsten sozialen Verwerfungen führen würden, sieht das Prämien-Modell einen steuerfinanzierten Ausgleich vor, der die Belastungen für niedrige Einkommen begrenzt. (Erinnert ein bisschen an die Riester-Rente.) Die Kopfprämien für die Kinder sollen ganz aus Steuermitteln getragen werden. Zur Finanzierung des "sozialen Ausgleichs" sollen zunächst die Steuermehreinnahmen eingesetzt werden, die durch die Versteuerung der ausgezahlten früheren Arbeitgeberbeiträge bei der Arbeitnehmerschaft entstehen. Ansonsten ist wohl die Diskussion in der Union noch im Gange, wie die ganz erhebliche Deckungslücke im Haushalt geschlossen werden könnte, die durch den versprochenen Ausgleich entsteht. Im Angebot ist seit Rürups neuem Vorschlag Erhöhung des Solidaritätszuschlags oder der Mehrwertsteuer. Auch die Gesetzlichen Versicherungen sollen Leistungspakete mit Zusatzleistungen anbieten - um denen, die sichÂ’s leisten können, mehr "Wahlfreiheit" zu bieten, und sie sollen durch Bonussysteme, Beitragsrückgewähr und dergleichen "mehr Eigenverantwortung" der Versicherten rauskitzeln, was meist die Gesunden auf Kosten der Kranken entlastet.

Bürgerversicherung

Aber auch der Gegenvorschlag unter der Überschrift "Bürgerversicherung" zielt darauf, den Beitrag der Arbeitgeber zur Krankenversicherung zu senken. Dazu will die Bürgerversicherung bei den Versicherten Mehreinnahmen erzielen, mit denen die Absenkung der Beiträge auf Arbeitnehmereinkommen, die für sich genommen paritätisch bleiben, gegenfinanziert wird. Anders ausgedrückt: das Beitragsaufkommen der Versicherten soll im Volumen steigen, damit das Beitragsaufkommen der Arbeitgeber sinken kann. Damit ist auch hier die paritätische Finanzierung aufgegeben. Das Risiko von Beitragssatzsteigerungen wird teilweise auf die Versicherten überwälzt. Und damit bei den Versicherten mehr eingenommen werden kann, hat die Bürgerversicherung zwei Vorschläge aufgegriffen, die früher im Lager derer verortet wurden, die für soziale Gerechtigkeit eintreten. Die Versicherungspflichtgrenze entfällt, so dass schrittweise die gesamte Wohnbevölkerung pflichtversichert wird. Damit werden auch sämtliche Erwerbseinkommen jenseits der Arbeitnehmerentgelte verbeitragt, also etwa die von Selbstständigen, Managern, Beamten und Abgeordneten. Der Kreis der Beitragszahler wird so um Personen mit höheren Einkommen und eher geringeren Risiken ausgeweitet. Zweitens sollen neben den Erwerbseinkommen auch die anderen Einkommensarten der Versicherten in die Beitragspflicht einbezogen werden - also Einkommen aus Kapitalvermögen (Zinsen, Dividenden) oder aus Immobilienvermögen (Mieten, Pachten). Die SPD-Arbeitsgruppe "Bürgerversicherung" hat sich nach heutigen Zeitungsberichten allerdings dafür ausgesprochen, dass die Immobilienvermögen außen vor bleiben. Aber als Grundsatz galt immer, dass nicht mehr nur das Arbeitsentgelt, sondern das gesamte steuerpflichtige Einkommen verbeitragt wird. Das bringt unter den Versicherten mit und ohne zusätzliche Vermögenseinkommen mehr Belastungsgerechtigkeit - allerdings nur bei Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze (heute 3.487,50 Euro). Die Mehreinnahmen bei den Versicherten, die mit diesen beiden Maßnahmen möglich sind, sollen kurzfristig eine Senkung des allgemeinen Beitragssatzes um 1,3 Prozent ermöglichen, langfristig, wenn alle Erwerbstätigen einbezogen sind, um insgesamt 2 Prozent. Allerdings ist umstritten, was denn aus der Beitragsbemessungsgrenze werden soll. Zuerst war eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze GKV auf das in der Renten- und Arbeitslosenversicherung geltende Niveau vorgeschlagen, das sind heute 5.150 Euro. Zwischenzeitlich hat Lauterbach sich revidiert und schlägt vor, dass diese Anhebung schrittweise zwischen 2020 und 2030 passieren soll. Die Grünen haben sich überhaupt gegen eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze ausgesprochen; nach den Meldungen von heute auch die Mehrheit der SPD-Kommission. Im Grundsatz sind sich aber alle Bürgerversicherer in der Politik einig, dass es eine Beitragsbemessungsgrenze geben soll, oberhalb derer das Solidarprinzip weiterhin nicht gilt. Denn da sinkt die anteilige Heranziehung der Einkommen weiterhin umso mehr, je höher sie sind. Deshalb sprechen auch manche von einer "Solidaritätsfluchtgrenze". Im Vergleich zu den kleinen Einkommen, die mit dem vollen Beitragssatz belastet sind, bekommen die Spitzenverdiener aus dem Management oder die mit den Großvermögen die Krankenversicherung gleichsam zum Billigtarif. Der Wegfall der Versicherungspflichtgrenze soll nicht etwa das Aus für die privaten Krankenversicherungen bedeuten. Die Bürgerversicherung zielt vielmehr auf die Schaffung eines einheitlichen Marktes für Krankenversicherer, auf dem private und öffentlich-rechtliche Anbieter zu gleichen Wettbewerbsbedingungen gegeneinander konkurrieren. Ich rede da nicht mehr von privaten und gesetzlichen Kassen, sondern von privaten und öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgern, weil auch die Privaten das gesetzliche Leistungspaket anbieten sollen. Und die früheren Gesetzlichen sollen sich auch auf dem Markt der Luxusversorgung tummeln. Es soll dann Konkurrenz herrschen zwischen allen Versicherungsanbietern, um alle Versicherten, und in allen Marktsegmenten der Krankenversicherungsprodukte. Damit das auch zwischen den Privatversicherungen funktioniert, soll es Regelungen geben, wie man den bei der einen angesparten Kapitalstock zu einer anderen mitnehmen kann ("Portabilität"). Unter dem Wettbewerbsdruck auf einem einheitlichen Markt wird es zweifellos zu einer weitgehenden Angleichung von privaten und öffentlich-rechtlichen Kassen kommen. Ein Unterschied bleibt aber: die einen müssen Gewinne machen und die anderen dürfen das nicht - oder vielleicht sollte man sagen: noch nicht. Ich will hier noch mal unterstreichen: das Ziel der Operation Bürgerversicherung ist die Senkung der Beitragsbelastung für die Arbeitgeberseite. Daran lassen alle bisherigen Texte keinen Zweifel. Wer hofft, dass die Verbreiterung der Beitragsbasis dafür genutzt wird, um die Leistungsfähigkeit der Krankenversicherung zu verbessern, der wird da regelmäßig eines besseren belehrt. Die Grünen sorgen sich, dass der Schutz der Arbeitgeber vor künftigen Beitragserhöhungen unzureichend bleibt. Deshalb prüfen die, ob man nicht besser die sechs Prozent Arbeitgeberbeitrag per Gesetz festschreiben sollte. Bürgerversicherung und Kopfpauschale sind also zwei Modelle, die gleiche wettbewerbspolitische Zielsetzungen verfolgen.

Vergleichende Bewertung

Dabei ist die Kopfpauschale gleichsam das radikale neoliberale Modell und die Bürgerversicherung das moderate. So stellt sich der Unterschied zwischen Opposition und Regierungskoalition ja auch bei anderen Themen dar. Die Bürgerversicherung ist - salopp gesagt - "weniger schlimm", weil da der Solidarausgleich zwischen unterschiedlich hohen Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze noch im Krankenversicherungssystem bleibt, statt mit sehr zweifelhaften Versprechungen in Steuertransfers ausgelagert zu werden. Die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen soll da nicht abgeschafft werden. Das Risiko von Beitragssatzsteigerungen wird nicht vollständig, sondern nur teilweise auf die Versicherten überwälzt. Und wer Symbole mag, den kann trösten, dass ein Anschein von paritätischer Finanzierung gewahrt wird, weil der Beitrag auf Arbeitsentgelte abhängig Beschäftigter weiterhin hälftig aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag besteht. Die Bürgerversicherung ist das "kleinere Übel". Aber sie ist ein Übel, denn die Richtung, in die beide Modelle ziehen, bleibt doch die gleiche. Wenn man uns heute die Dinge meist so darstellt, als ginge es da um eine Entscheidung zwischen Feuer und Wasser, die bei diesem Thema in der nächsten Bundestagswahl fallen soll, dann sollten wir eines auch nicht vergessen: Wenn Rot-Grün die Wahl übersteht, wird die Operation Bürgerversicherung nicht einfach gegen die Mehrheit im Bundesrat durchgesetzt werden können. Es wird einen Kompromiss mit der Union geben müssen, dessen Grundlage in der gemeinsamen Zielsetzung der Senkung der Arbeitskosten und des marktförmigen Umbaus des Gesundheitswesens liegen wird. Die zahlreichen Unschärfen und offenen Fragen, die es bisher bei beiden Modellen gibt, sind nicht so ganz zufällig. Bei den Kopfpauschalern ist schon einiges in Bewegung, weil die zusehen müssen, wie sie von ihrem unsozialen Negativ-Image runterkommen. Rürup und manche in der Union haben schon eine Kombination von Kopfprämie und einkommensabhängigem Beitragsanteil vorgeschlagen. Das IGES-Institut schreibt in einem Gutachten im Auftrag der Grünen, dass es sich bei Bürgerversicherung contra Gesundheitsprämie um eine - so wörtlich - "Scheinalternative" handle und weist darauf hin, dass es in der Schweiz eine Bürgerversicherung mit Kopfpauschale gebe.

Alternativen

Was könnten nun Eckpunkte eines Konzepts sein - ich nenne das mal "Bürgerversicherung Plus" - das eine Alternative im Sinne von Sozialstaat und sozialer Gerechtigkeit wäre? Ich will vier Punkte skizzieren: 1. Es ist sicher zu stellen, dass Mehreinnahmen der Krankenversicherung vorrangig für Leistungsverbesserungen eingesetzt werden. Für Leistungsverbesserungen, die den umfassenden und gleichen Versicherungsschutz für alle sicherstellen, ohne Naturschutzgebiete für Private. Da geht es beispielsweise darum,
  • dass die Kostenabwälzungen auf Kranke und Versicherte zurück genommen werden - Zuzahlungen Leistungsausgrenzungen, Zahnersatz, Krankengeld, Vollbeitrag auf Betriebsrenten etc. -;
  • dass seit langem beklagte Lücken im Leistungskatalog geschlossen werden - etwa in der Suchtkrankenhilfe, der häuslichen Krankenpflege oder der ambulanten psychiatrischen Versorgung;
  • und insbesondere gehtÂ’s um Investitionen auf breiter Front in Prävention und Gesundheitsförderung. 2. Es muss um eine Erneuerung der paritätischen Finanzierung gehen. Die Parität ist ja nicht irgendwas, sondern sie ist unmittelbarer Ausfluss des Verfassungsgrundsatzes von der Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Paritätische Finanzierung der Sozialversicherung war ein tragendes Prinzip des "rheinischen" Sozialstaats und bedeutete, dass die Kapitalseite zur Hälfte für die Finanzierung der sozialen Sicherung gegenüber den großen Lebensrisiken zuständig ist. Wenn also zur Stärkung der Finanzbasis der Gesetzlichen Krankenversicherung durch die Verbeitragung aller Markteinkommen - auch der Vermögenseinkommen - Mehreinnahmen auf Seiten der Versicherten erzielt werden, muss es andererseits einen zusätzlichen Beitrag der Kapitalseite geben. Nur dadurch kann erreicht werden, dass das Risiko künftiger Beitragssatzsteigerungen nicht überwiegend bei den Versicherten landet. Dazu wäre eine ergänzende Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen einzuführen, die als prozentualer Beitrag von der betrieblichen Bruttowertschöpfung erhoben wird. (In den späten 70er Jahren wurde eine ähnliche Idee schon mal unter dem Begriff "Maschinensteuer" diskutiert.) Und immerhin ist ja die Ursache der Dauerkrise bei den GKV-Finanzen, dass die der Anteil der beitragspflichtigen Entgeltsumme seit 30 Jahren sinkt, während die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen spiegelbildlich steigen. 3. Die Grundsätze der Solidarität und Belastungsgerechtigkeit müssen bei der Beitragserhebung konsequent zum Tragen kommen. Dazu wäre neben der Verbeitragung von Vermögenseinkommen auch eine schrittweise Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze vorzusehen. Der erste Schritt wäre die unverzügliche Anhebung auf das Niveau der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Ich weiß, dass so was bei unseren besser verdienenden Kollegen nicht auf Begeisterung stößt. Noch weniger allerdings bei den Arbeitgebern, die die Hälfte der Mehreinnahmen bezahlen müssten. Es gibt nun mal keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass hohe Einkommen nicht mit dem gleichen Prozentsatz beteiligt werden, der den untersten ganz selbstverständlich abverlangt wird. 4. Gesundheit ist keine Ware. Die Verwandlung des Gesundheitswesens in einen Wettbewerbsmarkt, die Kommerzialisierung, die seit Jahren im Gange ist und mit dem einheitlichen Krankenversicherungsmarkt vorangetrieben werden soll, ist abzulehnen. Warum sollen Hunderte von Krankenversicherungsträgern in einem Konkurrenzkampf gegeneinander antreten, dessen zerstörerische Dynamik über ein kompliziertes System des Risikostrukturausgleichs gleichsam nachsorgend eingehegt werden muss? Ist es nicht sinnvoller, Marketingkosten, Wettbewerbskosten und Verwaltungskosten einzusparen, indem Kurs auf die Schaffung eines einheitlichen Trägers der Gesetzlichen Krankenversicherung genommen wird, wie das bei der Arbeitslosenversicherung schon immer war? Eine "Bürgerversicherung Plus" mit diesen vier Punkten wäre meines Erachtens eine soziale Richtungsalternative - gegenüber der Kopfpauschale, aber auch gegenüber den Bürgerversicherungskonzepten, wie sie im parteipolitischen Raum bisher diskutiert werden. Meines Erachtens sollten sich die Kräfte, die gegen den neoliberalen Systemwechsel für soziale Gerechtigkeit und einen zukunftsfähigen Sozialstaat streiten, für einen solchen Richtungswechsel in der Diskussion um eine Bürgerversicherung engagieren. Ich danke für Eure Aufmerksamkeit und freue mich auf die Diskussion.