Interdisziplinäre Technikbildung in Europa

Technikkompetenz als soziale Kompetenz

Europäische Anforderungen an die ingenieurwissenschaftliche Ausbildung formuliert Christine Wächter

Politik, Forschung und Wirtschaft und nicht zuletzt Frauen in technischen Arbeitszusammenhängen scheinen sich einig. Die Europäischen Gemeinschaften, BildungspolitikerInnen in Europa und - selbstverständlich - das zentrale Portal zum Thema "Technik und Geschlecht" auf der Homepage des Kompetenzzentrums Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie an der Fachhochschule Bielefeld stellen fest: insbesondere die Beteiligung von Frauen müsse verstärkt gefördert, ein Geschlechtergleichgewicht müsse hergestellt werden.1 Ohne technisch gebildete Männer und Frauen ist offenbar - auch in Zukunft - "kein Staat zu machen".

Treibende Kraft Technik

In Technik gerinnt Gesellschaft - so lässt sich prägnant eine Richtung der Wechselwirkung zwischen Mensch und Technik beschreiben. Technik und Gesellschaft beeinflussen einander jedoch wechselseitig: Technik prägt unsere Gesellschaft, Gesellschaft gestaltet die Technik. Technologie, die geradezu unheimlich erfolgreiche Verbindung von handwerklichem Können, Ingenieurskunst und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, ist in den letzten Jahren zu der globalen gesellschaftskonstituierenden Kraft geworden. Technischem Handeln kommt in unserer technologischen Zivilisation - also in einer Weltgesellschaft, die kulturen- und raumübergreifend von Technologie geformt und zusammengehalten wird - eine entscheidende soziale Gestaltungsmacht zu.
Technik-Bildung als Begriff lässt mehrere Interpretationsebenen zu. Primär denkt man wahrscheinlich zunächst an spezifische technische Fachausbildungen von Lehrlingen, aber auch Studierenden. In den Lehrplänen österreichischer Schulen kommt ein Gegenstand (poly)technischer Bildung nicht vor, die Ausbildung beschränkt sich auf die Vermittlung naturwissenschaftlicher Kenntnisse von Chemie, Physik, Biologie, Mathematik und Informatik. Bezogen auf das Alltagshandeln kann unter Technik-Bildung Technikkompetenz im weitesten Sinn verstanden werden.
In den klassischen Bildungsangeboten lässt sich eine Ausblendung des gesellschaftlichen Kontextes konstatieren. Die Ausbildung fokussiert auf technisch-naturwissenschaftliche Aspekte. Erst in jüngster Zeit werden seitens der Industrie Forderungen nach einer breiteren, auch nicht-technische Fächer umfassenden Ausbildung erhoben, Forderungen, die unter dem Motto "Bildung zur Brauchbarkeit?" kritisch reflektiert werden. Gefragt ist der sozial kompetente, team- und konfliktfähige, rhetorisch-kommunikativ geschulte, ökonomisch und kulturwissenschaftlich gebildete Ingenieur - bzw. in Zeiten des Ingenieurmangels auch die Ingenieurin.
Selbst wenn die Gefahr besteht, dass Frauen abermals als Lückenbüßerinnen bzw. "Reservearmee" missbraucht werden könnten: es geht darum, die Hürden für jene Frauen, die sich für Technik im weitesten Sinne interessieren, zu beseitigen. Frauen sollen nicht auf Grund ihres Geschlechts von Gestaltungsprozessen und Gestaltungsmacht im Technik-Bereich ausgeschlossen werden. Eine wichtige Rolle kommt dabei der Reform der Lehr- und Studienpläne zu, um Technik im gesellschaftlichen Kontext einzubetten und einseitig auf rein technisches Wissen ausgerichtete Ausbildungen auf soziale, ökologische, historische, bildungspolitische u.a. Fragestellungen auszuweiten.2
Technik bzw. Technologie ist also mehr als bloße ingenieurwissenschaftliche Anwendung naturwissenschaftlicher Kenntnisse. Technik und Technologie sind Produkt, Teil und Ergebnis sozialer Prozesse. Technik und Technologie lassen sich in drei sich überlappende Bedeutungsebenen gliedern3: erstens "Know-how", das Wissen über Entwurf, Herstellung, Benutzung, Reparatur; zweitens "technisches Handeln", der Umgang mit Technik, die spezifische Praxis; drittens "Hard- und Software", materielle Objekte, Netzwerke und Systeme.
Diese Gliederung gilt es zu erweitern um einen breiter gefassten Technikbildungs-Begriff. Dieses erweiterte Verständnis umfasst
1.
die Fähigkeit zur Reflexion der gesellschaftlichen Einbettung technischen Handelns und ingenieurwissenschaftlichen Tuns, von ökologischen und sozialen Folgen und Auswirkungen technischer Entwicklungen und der Rolle der IngenieurInnen, der Rolle der Technik in unserer Gesellschaft;
2.
geht es darum, relevante Informationen recherchieren und kritisch beurteilen zu können, am Gestaltungs- und Diffusionsprozess partizipieren zu wollen und zu können (Mitgestaltung),
3.
darum, Forderungen zu entwickeln und Ansprüche zu formulieren (Selbstbestimmung) sowie Kompetenzen zum Interessensausgleich und zur Konsensfähigkeit zu erwerben (Solidarität).4
Oskar Negt5 hat einen über das reine technische Fachwissen hinaus gehenden Begriff von Technikkompetenz entwickelt. Er meint damit "nicht nur technische Qualifikationen im Sinne von Fertigkeit, sondern gleichzeitig das Wissen um die gesellschaftlichen Wirkungen von Technologien; diese komplexen Wirkungen bis in gesellschaftliche Mikrostrukturen hinein zu begreifen betrachte ich als eine eigentümliche Kompetenz, als eine durch Erweiterung des Wissens und durch Übung erworbene Fähigkeit, Technik als ein gesellschaftliches Projekt wahrzunehmen."
Wissen ist Macht. Technik-Wissen ist Gestaltungsmacht. In der technologischen Zivilisation, in der wir heute in globaler Vernetzung leben, wird Technikkompetenz zu einem unverzichtbaren Bestandteil persönlicher Bildung, für Männer ebenso wie für Frauen. Dies nicht zuletzt, um zu einer kritischen Reflexion technischer Entwicklungen befähigt zu sein.

Umbruch der Fachkultur

Die beruflichen Anforderungen an Ingenieure und Ingenieurinnen haben sich innerhalb der letzten 20 Jahre verändert. Erste Anzeichen für einen Umbruch in der Fachkultur der Ingenieurwissenschaften finden sich, wie Barbara Hellinge6 aufzeigt, etwa in der Dokumentation einer Tagung der VDI-Hauptgruppe Ingenieuraus- und -weiterbildung vom Februar 1994, wo "die Weiterentwicklung von Leitbildern zur umwelt- und sozialverträglichen Technikgestaltung auch in der Ausbildung" eingefordert wurde. Auch andere Interessenvertretungen und Verbände argumentieren in diese Richtung und fordern explizit "fachübergreifende, soziale und kommunikative Kompetenzen als Berufseingangsqualifikationen sowie eine ganzheitliche Sicht auf den Gesamtprozess der Erzeugung, der Bearbeitung, des Verkaufs und der Entsorgung eines technischen Produkts."7 In diese Richtung arbeitet auch das Netzwerk innovative Studiengänge in der Ingenieurausbildung - Ingenieurinnen und Ingenieure für die Zukunft, das an der TU Berlin eingerichtet wurde, sowie das an der Zentraleinrichtung Kooperation der TU Berlin angesiedelte Projekt Innovative Studienmodelle in der Ingenieurausbildung.8
Der seit Beginn der 90er Jahre sowohl von der Frauenforschung als auch der Technikforschung9 eingeforderte Paradigmenwechsel in der Ingenieurausbildung und neue Leitbilder in der Technikentwicklung bilden einen engen Zusammenhang mit den Bemühungen um eine Erhöhung der Anzahl der Ingenieurstudentinnen. Ebenso wie sich die Diskussion um veränderte Inhalte, Didaktik und Methodik im naturwissenschaftlichen Schulunterricht auf Mädchen wie auf Buben positiv auswirkt, kann die von feministischer Seite angeregte Naturwissenschafts- und Technikkritik in Reformen der Ausbildungsinhalte und -methoden münden, die Studentinnen und Studenten gleichermaßen zu Gute kommen.
Studien, die für Frauen interessante Studienanteile beinhalten, weisen in der BRD Frauenanteile bis zu 50% auf, wie eine Untersuchung zu den Ökologisierungstendenzen im Ingenieurberuf aufzeigte. Der Frauenanteil erreichte 1995/96 im Studiengang Technischer Umweltschutz an der FH Rheinland-Pfalz 50% und an der TU Berlin 35%, in der Chemischen Technologie an der FH Darmstadt 40% und in der Technischen Chemie an der FH Nürnberg 38%.10
Neben einer Veränderung der Lehrinhalte und des Lehrangebots macht eine "Ökologisierung" der Technikausbildung auch strukturelle Veränderungen notwendig: Abbau von Hierarchien, Zusammenführung von Fachdisziplinen in interdisziplinären Teams, Aufhebung der Trennung von Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung, Einbeziehung außerinstitutioneller Gegebenheiten und von Alltagserfahrungen.
Die Arbeitsgruppe des bundesdeutschen Netzwerks Innovative Ingenieurausbildung hat bislang vorliegende Erfahrungen zu diesem Thema analysiert und festgehalten, "dass es eine ganze Reihe von frauenspezifischen Studienreformprojekten gibt, die insofern keine ‚reine‘ Frauenförderung sind, als sie generell für die Studienreform wichtige Ergebnisse geliefert haben. Die Arbeitsgruppe versteht ihr Thema, gemäß dem neuesten Stand der nationalen und internationalen Diskussion, nicht als eine Bereitstellung von frauenspezifischen ‚Nischen‘ oder Erzeugung von mehr Akzeptanz eines unveränderten Studiums bei Frauen, sondern als originären Beitrag zur generell erforderlichen Studienreform, die in ihren wesentlichen Grundzügen weibliche ‚Stärken weitaus mehr fordert als früher: Kommunikationsfähigkeit, ganzheitliches und vernetztes Denken, Herstellen des Zusammenhangs zwischen humanen/sozialen Bedürfnissen und technischen Lösungen. Insofern geht es bei diesem Thema um den Kern des Curriculums in den Ingenieurwissenschaften, dessen Veränderung auch den Effekt haben wird, dass mehr Frauen dieses Studium wählen."11
Die Freiburger Informatik-Professorin Britta Schinzel zeigt auf, dass eine Änderung der Ausbildungsinhalte nicht nur positive Auswirkungen auf Frauen hätte, sondern auch für "non-typical males" interessant wird: "Worin könnte eine solche Verbesserung der Informatik aus der Sicht ihrer Fachvertreter bestehen? In Erweiterung der Erkenntnisse, in der kritischen Professionalisierung des Fachs, konkret in der Fähigkeit zur Herstellung alternativer Software. Die Antwort läuft auf eine Darstellung des Änderungspotentials durch Frauen hinaus, also wieder auf Differenz. Natürlich werden Frauen durch einen solchen Anspruch auch überfordert. Aber mit der Öffnung des Fachs für Frauen werden bekanntlich auch andere Menschen mit nicht im Zentrum des Interesses der Informatikkultur stehenden Kompetenzen mitgefördert."12

Veränderungsansätze

Mehrere Modellprojekte an deutschen Fachhochschulen und Hochschulen13 haben gezeigt, wie wichtig es ist, bereits zu Beginn des Studiums eine Verbindung zwischen theoretischen Kenntnissen und praktischen Erfahrungen herzustellen. Direktes Umsetzen theoretischer Kenntnisse wirkt sich durch frühzeitigen Bezug zur späteren ingenieurmäßigen Tätigkeit motivierend auf die Studierenden aus.
Die Integration von Schlüsselqualifikationen (soziale Kompetenz, Konfliktmanagement, kommunikative FähigkeitenÂ…) als explizite Lernziele der Fachveranstaltungen führt weiter dazu, dass diese als Berufsqualifikation erkannt und ernst genommen werden. Ein problemorientierter Ansatz, frühzeitige selbständige Praxis im Studium, ganzheitliches, projektspezifisches und interdisziplinäres Arbeiten setzen an den Interessen eines größeren Teils der Studentinnen an. Sie motivieren auch "non-typical males", also junge Männer, die nicht aufgrund eines ausschließlich auf die Technik ausgerichteten Interesses ein Ingenieurstudium beginnen. Studienreform geht in diesem Sinne Hand in Hand mit Frauenförderung und Gender Mainstreaming.14
Studentinnen beginnen eine technische Ausbildung mit anderen Voraussetzungen als ihre Kollegen. Erworbene Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Selbstbewusstsein, Durchsetzungsvermögen und Vertrauen in die eigene Leistungsstärke in Technik und Naturwissenschaft sollten im Rahmen der Fortbildung von Dozentinnen und Dozenten sowie der Laboringenieurinnen und -ingenieure thematisiert werden; dies zeigt der Bund-Länder-Modellversuch "Frauen im Ingenieurstudium an Fachhochschulen, 1994-1997 an der Fachhochschule Bielefeld" zum Aspekt "Praxis und Laborübungen".15 Ähnliche Forderungen werden in Schweden, den USA und Kanada gestellt, so in einem nationalen Positionspapier mit entsprechendem Forderungskatalog der australischen Ingenieurorganisation.16 Diese unterschiedlichen Eingangsbedingungen gilt es im Unterricht zu berücksichtigen, denn formale Gleichbehandlung bedeutet bei ungleichen Ausgangs- und Rahmenbedingungen immer die Bevorzugung bereits privilegierter Gruppen. Besonders sollte im Labor und bei Praktika darauf geachtet werden, dass Frauen ein gleicher Zugang ermöglicht wird.
Aus dem erwähnten Bund-Länder-Modellversuch "Frauen im Ingenieurstudium an Fachhochschulen, 1994-1997 an der Fachhochschule Bielefeld" zieht Barbara Schwarze mehrere Schlussfolgerungen, die sich auf Didaktik im weitesten Sinn beziehen17: Die weitgehend im Frontalunterricht praktizierten Mathematik-Vorlesungen wiesen zu wenig Bezug zum eigentlichen Ingenieurfach auf und seien häufig demotivierend und frustrierend. Um dem entgegenzuwirken, schlägt sie Lehrmethoden vor, die eigenständiges Erarbeiten von Problemlösungen trainieren, Erfolgs- und Misserfolgsrückmeldungen ermöglichen und einen Bezug zum Studienziel herstellen. Diese müssen bereits ab dem ersten Semester eingeführt werden. Exemplarische Beispiele von Aktivierungsstrategien in der Mathematik18 sind bereits in der Lehre an Fachhochschulen erprobt worden.
Darüber hinaus sollte der Erfahrungshintergrund von so genannten "non-typical students" stärker in die technische Ausbildung einfließen, denn "eine Hochschulausbildung, die sich ausschließlich an dem ‚Normaltypus‘ des Fachhochschulingenieurs (männlich, deutsche Hochschulreife und Berufsausbildung) orientiert, wird die Potenziale der Non-Typical-Students - seien es Frauen, seien es ausländische Männer oder Frauen, seien es "untypische Männer" - nicht zur Entfaltung bringen."19. Auch männliche Repräsentanten des Fachs weisen auf die zu einseitige Ausrichtung technischer Ausbildungen auf technische Fragestellungen hin, so der Dekan des Fachbereichs Elektrotechnik an der Fachhochschule Bielefeld, Bernd Schumacher, in seinem Vortrag bei der Second European Conference on Gender Equality in Higher Education im September 2000 in Zürich: Auch ein Technik-Studium müsse die Entfaltung möglichst vieler Begabungen zulassen, und zwar, "obwohl man ein Ingenieurstudium macht".

Beispiele aus Europa

Horn et al. zeigen erfolgreiche Beispiele aus dem skandinavischen Raum auf. Besonders die aktive Rolle der dortigen Betriebe hat zu nachhaltigen Veränderungen geführt. "Der verstärkte Einsatz von Frauen in der Ingenieurausbildung hat durch seine Vorbildfunktion positive Wirkung für Studentinnen innerhalb der Hochschule wie auf Studieninteressentinnen bzw. -bewerberinnen im Vorfeld der Hochschulausbildung. Das zusätzliche Engagement der Wirtschaft, die sich öffentlich (per Zeitung, Rundfunk, Fernsehspots) zu einer vermehrten Einstellung von Frauen aus naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen bekennt, sorgt für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz."20
Interdisziplinär ausgerichtete technische Studienrichtungen vermitteln nicht nur über das klassische Ingenieurwissen hinausgehende Kompetenzen, sondern bilden auch am Markt gefragte AllrounderInnen aus. Ein einjähriges Projekt im 5. EU-Rahmenprogramm21 hat darüber hinaus gezeigt, dass interdisziplinäre Studiengänge einen höheren Frauenanteil aufweisen. Ziel des Projekts war die Erhebung von Möglichkeiten und Potenzialen interdisziplinärer Lehrangebote zur Erhöhung des Frauenanteils insbesondere in technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen. Das Projektteam untersuchte in sieben europäischen Ländern in Fallstudien interdisziplinäre Studiengänge aus den Fachbereichen Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Verfahrenstechnik und Informationstechnologie, die mindestens 25 % nicht-technische Fächer aufweisen.
Die Ausgangshypothese, interdisziplinäre technische Studiengänge sprächen Frauen in höherem Maße an als rein technische Studien, konnte aufgrund der statistischen Ergebnisse von Vergleichsstudiengängen bestätigt werden; sie wird auch durch die Fallstudien unterstrichen. Interdisziplinäre Technik-Studiengänge sprechen mehr Frauen an als traditionelle Studiengänge. Interdisziplinäre Technik-Studiengänge sprechen zugleich auch mehr Männer an. Interdisziplinär ausgebildete Ingenieurinnen und Ingenieure finden hohe Akzeptanz am Arbeitsmarkt. Interdisziplinäre Technikausbildung fokussiert sowohl auf Inhalte als auch auf Methoden.
Daraus ergeben sich u.a. folgende Forderungen:
l Verstärkte Einrichtung interdisziplinärer Studiengänge, die zumindest 25 % sozio-ökonomische Fächer beinhalten, wie z.B. Management, Wirtschaft, Sprachen, interkulturelle Studien, Soziologie, Politik, Psychologie, Philosophie, Ethik, Kunst, Technik und Gesellschaft (STS), Kommunikation, Recht, Geschichte, Design, Gender Studies;
l möglichst frühzeitige Integration interdisziplinärer Fächer in den Studienplan und Unterrichtung darin durch FachspezialistInnen (z.B. Technikgeschichte durch HistorikerInnen);
l ausreichende Informationsangebote über interdisziplinäre Studiengänge und anschließende Karrierechancen an Schlüsselstellen zur Studienwahl;
l Abstimmung des Informationsmaterials auf die Adressatinnengruppe Mädchen und junge Frauen (Sprache, Bilder, Inhalte und Beispiele);
l Verbesserung des Images von Naturwissenschaft und Technik bei Schülerinnen;
l Konzipierung multidisziplinären Lernens als Schritt zu lebenslangem Lernen.
Grundsätzlich sind sich alle Befragten (VertreterInnen von Hochschulen - StudiengangsleiterInnen, DekanInnen, StudentInnen -, Betrieben - PersonalmanagerInnen - und Ingenieurverbänden) einig, dass interdisziplinäre Studiengänge sehr zielführend sind und forciert werden sollten, nicht nur zur Erhöhung des Frauenanteils in der -Technik, sondern in Hinblick auf eine sozial- und umweltverträgliche, menschengerechte Technikgestaltung generell. Deshalb empfiehlt der Projektendbericht u.a. Maßnahmen der Europäischen Union dafür, dass neue interdisziplinäre Studiengänge konzipiert und umgesetzt werden.
Dass diese Forderungen sich auch in anderen Teilen der Welt guter Gesellschaft erfreuen, verdeutlicht der Präsident der US-amerikanischen National Academy of Engineering, William A. Wulf, ebenso wie die neuseeländische Bildungsforscherin Liz Godfrey von der Faculty of Engineering der University of Auckland: "Every time we approach an engineering problem with a pale, male design team, we may not find the best solution. We may not understand the design options or know how to evaluate the constraints; we may not even understand the full dimension of the problem."22. Und: "It is not a matter of simply running out and telling every fifteen year old girl that engineering is exciting, wonderful and pays lots of money. We don‘t want to focus on changing women. We want to get out there and transform the whole culture, the whole environment in which we work, study and play. And engineering is just one aspect of this picture."23

Anmerkungen

1)
http://www.eubuero.de/arbeitsbereiche/europaeischebildungspolitik/Download/dat_/fil_772 [Stand: 24.8.2004]. http://www.kompetenzz.de/article/thema/122?NavItemID=195&NavCatID=4 [Zugriff 24.8.2004]
2)
Vgl. Wächter, Christine (2003): Technik-Bildung und Geschlecht, München
3)
Vgl Wajcman, Judy (1994): Technik und Geschlecht: Die feministische Technikdebatte, Frankfurt am Main
4)
Vgl. Klafki, Wolfgang (1996): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung der konstruktiven Didaktik, Weinheim, Basel
5)
Negt, Oskar (1998): Lernen in einer Welt gesellschaftlicher Umbrüche, in: Dieckmann, Heinrich; Schachtsiek, Bernd (Hg.): Lernkonzepte im Wandel. Die Zukunft der Bildung, Stuttgart, S. 21-44.
6)
Hellinge, Barbara (1994): Integrierte Umwelttechnik-Studien - die Option für Ingenieurstudentinnen, in: Amann, Uta (Hg.): Reform der Ausbildung von Ingenieurinnen und Ingenieuren - Hochschule, Industrie und Frauenforschung im Dialog, Hamburg, S. 108-121, hier: 109
7)
Hering, Barbara; Nöller, Monika (1996): Der Bielefelder Modellversuch ‚Frauen im Ingenieurstudium an Fachhochschulen‘ - Geschlechtsspezifische Aspekte in Lehre und Studium, in: 22. Kongress Frauen in Naturwissenschaft und Technik, 16.-19. Mai 1996 in Braunschweig - Dokumentation, Darmstadt, S. 118-126, hier: 122
8)
Vgl. Greif, Monika (1998): Reform der Ingenieurausbildung - eine Chance auch für Frauen?, in: NUT-Rundbrief Januar 1998, Berlin, S. 22-31; Neef, Wolfgang/Pelz, Thomas (Hg.) (1997): Ingenieurinnen und Ingenieure für die Zukunft. Aktuelle Entwicklungen von Ingenieurarbeit und Ingenieurausbildung, Berlin
9)
Vgl. Janshen, Doris (Hg.) (1990): Hat die Technik ein Geschlecht? Denkschrift für eine andere technische Zivilisation, Berlin; Neef, Wolfgang; Pelz/Thomas (1995): Ingenieurausbildung für eine nachhaltige Entwicklung, in: Wechselwirkung, Nr. 76, S. 32-37
10)
BMBF (Hg.) (1996): Ökologisierungstendenzen im Ingenieurberuf als Herausforderung für die Hochschulbildung, Bonn, Anhang 11.
11)
Neef, Wolfgang (1998): Protokoll des Netzwerk-Workshops am 6./7.3.1998 in Bochum, Netzwerk Innovative Ingenieurausbildung - Ingenieurinnen und Ingenieure für die Zukunft, in: http://krikkit.ikb.uni-essen.de/netz-ing/Dokumente/Boc_prot2.html [Zugriff Juni 2000].
12)
Schinzel, Britta (1993): Frauenforschung und -förderung in der Informatik - über die Notwendigkeit einer pragmatischen Vorgehensweise, in: Infotech, Jg. 5, Heft 3, zitiert nach: http://modell.iig.uni-freiburg.de/publikationen/publik_schinzel.html [Zugriff Juni 2000]
13)
FH Bremen, Frauenstudiengang Informatik: http://www.informatikerin.hs-bremen.de/; FH Bielefeld, Studiengang Informationstechnik: http://www.fh-bielefeld.de/; FH Stralsund, Frauenstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen: http://www.user.fh-stralsund.de/~wingf/; FH Wilhelmshaven, Frauenstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen: http://www.fh-oow.de/fbwi/studien/frauen/; FH Furtwangen, Frauenstudiengang WirtschaftsNetze: http://www.fh-furtwangen.de/deutsch/studienangebote/.
14)
Hering/Nöller (1996), a.a.O. S. 119.
15)
Schwarze, Barbara (1998): Frauen und Technik - zwei konträre Welten?, in: Handbuch Hochschullehre, September 1998, S. 1-20, hier: S. 11
16)
Roberts, Pamela; Lewis, Sue (1996): The National Position Paper for Women in Engineering for the Review of Engineering Education, Swinburne
17)
Schwarze, Barbara (1999): Frauen im Ingenieur-studium an Fachhochschulen - Eine Frage der Qualität des Studiums? Ein Bund-Länder-Modellversuch ‚Frauen im Ingenieurstudium an Fachhochschulen‘, in: ibv (Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste der Bundesanstalt für Arbeit), Nr. 13, 13. März 1999, Nürnberg, S. 1045-1047; hier: 1047
18)
Roos, Rainer (1998): Weg von der traditionellen Mathematikvorlesung. Aktivierungsstrategien in der Mathematik, in: Schwarze, Barbara; Webler, Wolff-Dietrich (Hg.): Lernen in Europa. Neue Anforderungen an die Ausbildung von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Weinheim, S. 221-234
19)
Vgl. Schwarze (1998), S. 10
20)
Horn et al. (1998), S. 79f.
21)
Vgl. Wächter, Christine (2004): Gender-inclusive Interdisciplinary Engineering Education - Reaching for the Stars?, in: Kritische Bildung. Zugänge und Vorgänge, hg. v. Werner Lenz, Annette Sprung, Münster, S. 273-291. INDECS - Potentials of Interdisciplinary Degree Courses in Engineering, Information Technology, Natural and Socio-Economic Sciences in a Changing Society: Focus on the Enhancement of WomenÂ’s Entry, Participation and Progress (www.indecs.uni-wuppertal.de): Juli 2001-August 2002; Accompanying Measure im Schwerpunkt Improving the Human Potential and the Socio-economic Base (IHP) des 5. EU-Rahmenprogramms. Universität Wuppertal, Deutschland; IFF/IFZ Graz, Österreich, CDEFI, Paris, und INSA, Lyon, Frankreich; University of Stirling, Großbritannien; Technische Universität Kosice, Slowakei; EDEM, Griechenland; Tulossilta, Tampere, Finnland, Universität Bern, Schweiz.
22)
Wulf, William A. (1998): Diversity in Engineering, in: The Bridge, Vol. 28 (4), http://www.nae.edu/nae/naehome.nsf/weblinks/NAEW-4NHMBG?opendocument [Zugriff 25.8.2004].
23)
Godfrey, Liz (1995): Transforming Cultures. School, University and Workplace, in: University of Technology Sydney (Hg.): Australasian Women in Engineering Forum. Report, Sydney, S. 29-35; hier: 29.

Dr. Christine Wächter ist A.o. Universitätsprofessorin am Interuniversitären Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ) in Graz, Österreich. Sie leitet dort den Forschungsbereich Frauen - Technik - Umwelt, Homepage: http://www.ifz.tugraz.at/index.php/user/view/22

Aus: Forum Wissenschaft 4/2004