Kurt Beck: Mehr Anstand, ihr Erwerbslosen

Kurt Beck, Vorsitzender der SPD, diskriminiert Erwerbslose mit einer moralischen Anstandsdebatte

Wenn er das überhaupt kann, dann sollte Kurt Beck sich schämen. Er verlangt, dass Bezieher so genannter sozialer Transferleistungen mehr Anstand zeigen sollten und nicht das ihnen Zustehende auch beantragen sollten. Wer also wenig hat, soll freiwillig auf das verzichten, dass ihm das Leben auch nur einen kleinen Teil erleichtert.

Kurt Beck stellt damit, ganz in der SPD Tradition der letzten Jahre, Alg II Bezieher in die Ecke des Unanständigen. Der Versuch einer moralischen Verurteilung, die auch schon Wolfgang Clement, der jetzt passend in den Aufsichtsrat der Zeitarbeitfirma (einer Brache mit den niedrigsten Stundenlöhnen) Dis einziehen soll, mit seiner Scharotzerdebatte zum Ende seiner Amtszeit versucht hat anzufachen. Wer erwerbslos ist und aus welchen Gründen auch immer keine Arbeit bekommt, ist unanständig, sprich unmoralisch. Beck setzt die Missbrauchsdebatte damit fort. Nachdem Franz Müntefering die Nutzung der rechtlichen Möglichkeiten beim Alg II, und seien sie noch so gering, als Missbrauch bezeichnet hat, und ihm die Riege der CDU/CSU/FDP Politiker freudig zugestimmt haben, wird nun die moralische Karte gezogen.

Man muss die Frage stellen, ob Herr Beck bei seiner Steuererklärung auch Anstand beweist und die ihm zustehenden Möglichkeiten von Steuerersparnis nicht wahrnimmt. Und wie ist es mit den Unternehmen, die auf Grund der zur Zeit geltenden Gesetze keine oder minimale Steuern zahlen. Ist das Missbrauch, ist das unanständig. Nein, die das machen sind nur clever, so die weit verbreitete Meinung. Keiner der bürgerlichen, neoliberalen Politiker spricht aus, dass hier das Allgemeinwohl nachhaltig geschädigt wird. Betriebsprüfungen bei Unternehmen haben gerade nicht gezahlte Steuern von 14 Millionen Euro ergeben. Und das ist nur die Spitze des Eisberges, denn für weitere Prüfungen fehlt dass Personal. In der Presse wird das dann als "kreative Buchführung" beschrieben.

Es ist leicht, Menschen die am unteren finanziellen Rand gezwungen sind zu leben, moralisch zu diffamieren. Der Applaus der Wohlhabenden ist gewiss. In der gesamten Debatte, die seit Wochen geführt wird, zeigt sich die Fratze eines menschenverachtenden Kapitalismus, zeigt sich das wahre Gesicht des Neoliberalismus.

Die Erkenntnis aus alle dem ist, nur wer Sozialleistungen bezieht, seine Rechte wahrnimmt und das ihm zustehende auch haben möchte, ist unanständig und wird der Mitnahmeeffekte bezichtigt. Auf der Anklagebank steht nicht ein miserabel gemachtes Gesetz, nicht der Gesetzesgeber sondern der, der das Gesetz für sich in Anspruch nimmt.

Einen Vorschlag an Herrn Beck, wie er den eingeforderten Anstand der in Armut lebenden fördern kann. Wie wäre es, wenn jeder, der länger als ein halbes Jahr Alg II bezieht, kostenfrei von der Bundesregierung ein Selbsttötungsset zugestellt bekommt. Denn jeder tote Alg II Bezieher würde dann dem Staat, und wie immer an entsprechender Stelle betont, dem Steuerzahler nicht mehr zur Last fallen. Goldige Zeiten würden anbrechen. Vor dem Suizid würde dann noch eine, bitte aber nicht zu große, Prämie gezahlt und posthum würde jeder der toten Alg II Bezieher dann das Bundesverdienstkreuz erhalten. Eine geringe Ausgabe im Gegensatz zu der steuerfinanzierten Sozialleistung. Und der Erwerbslose hat sich damit um den Staat verdient gemacht und Anstand bewiesen.

Es muss die Frage gestellt werden, was Politiker wie Kurt Beck und Franz Müntefering versuchen zu bezwecken. Wären genügend Arbeitsplätze vorhanden, die Stimmungsmache wäre zu rechtfertigen. Aber unter den gegebenen Umständen kann es nur bedeuten, dass Erwerbslose in der BRD im Blick der Bevölkerung an den Rand der Gesellschaft gedrückt werden sollen und in die Nähe von Kriminellen gestellt werden sollen. Das, Herr Beck, ist unanständig und unmoralisch.