Frauen - Frühling - Uni

Vom 30. März bis 4. April findet in Wien die Frauenfrühlingsuniversität statt. In der Tradition der Frauensommerunis der 1970er und 80er Jahre nehmen Frauen den Raum Universität für sich ein.

Vor etwa zwei Jahren veranstalteten die ÖH Bundesvertretung und die ÖH Wien einen Kongress zu alternativen Bildungspolitiken ("Politiken des Wissens"). Dort hielt Birge Krondorfer von der Frauenhetz - die als Projekt übrigens selbst aus der Frauensommeruniversität (FSU) hervorging - einen Workshop zur FSU.
Die Vorstellung eines solchen Frauenraumes, in dem wissenschaftliche Theorie und frauenbewegte Praxis zusammenkommen, gefiel. Elisabeth Günther vom Organisationsteam der heuer stattfindenden Frauenuni erinnert sich: "Von Birges Erzählungen waren alle ziemlich begeistert und motiviert - von der Vorstellung von 600 Frauen, die die VHS Ottakring zum Frauenraum machten." In der ÖH Bundesvertretung wurde daraufhin beschlossen, nach 16 Jahren Unterbrechung wieder eine FSU zu initiieren. Im Herbst 2006 gab es die ersten Vorbereitungstreffen, bei denen die Initiatorin ÖH auch als Mitorganisatorin aktiv wurde. Da die Amtszeit der jetzigen ÖH-Exekutive jedoch im Juni 2007 ausläuft, wurde beschlossen, aus der Frauen-Sommer-Uni eine Frauen-Frühlings-Uni (FFU) zu machen.

Zwar haben Frauenforschung und Gender Studies mittlerweile ihren Platz an Österreichs Universitäten und mehr als die Hälfte der Studierenden sind Frauen, aber noch immer sind die Unis stark männerdominiert. Der deutlich höhere Männeranteil beim wissenschaftlichen Personal, mit der stärksten Dominanz unter den ProfessorInnen (87 Prozent Männer), spiegelt sich in Lehr- und Forschungsinhalten und einer patriarchalen Organisationskultur wider. Auch wenn die Situation heute besser ist als zu Zeiten der ersten Frauensommerunis, ist dieser Frauenraum immer noch wichtig. Dabei geht es nicht nur um ein Sichtbarsein und ein Raumnehmen von Frauen, sondern auch um eine Öffnung der Universitäten, ein Aufeinandertreffen von Theorie und Praxis, von Akademikerinnen und Nicht-Akademikerinnen, von Arbeit, Kultur und Feiern.
Geschichte. Die erste FSU im deutschsprachigen Raum fand 1976 in Berlin statt. In Österreich gab es zwischen 1984 und 1990 sechs Mal eine FSU, zwei Mal in Wien, je einmal in Klagenfurt, Innsbruck, Salzburg und Linz. Die FSU entstand aus den Neuen Frauenbewegungen und leistete einen wichtigen Beitrag zur Etablierung von Frauen an den Universitäten. Allein die symbolische Wirkung von "massenhaft" auftretenden Frauen darf nicht unterschätzt werden.
Birge Krondorfer über die FSU in Klagenfurt in einem Interview aus dem Jahr 2003: "Es waren fünfhundert Frauen dort. Das war wirklich toll! Das war ein Medienereignis, und für die Uni war das völlig verrückt, dass da jetzt Massen von Frauen herumsitzen, also wirklich ... Aber einige Burschen und Herrschaften haben sich trotzdem dorthin verirrt, und ich kann mich an Situationen erinnern, wo die heftigen Wiener Frauen mit ihnen so rumgestritten und rumgeschrien haben, dass die hier nichts zu suchen haben Â… Das hat wirklich viel ausgelöst. Auch, dass diese Universität quasi nur von Frauen besetzt war. Es hat im Sinne des Nachhalts ganz viele Wellen geschlagen. Und warum jetzt Männer nicht teilnehmen dürfen Â… Da haben sich alle wieder aufgeregt - auch vom Mittelbau, quer durch die Abteilungen."1 Leider war die sehr erfolgreiche FSU 1990 an der VHS Ottakring in Wien die vorerst letzte. Ein Grund für den Bruch in der Kontinuität ist sicher der enorme organisatorische Aufwand, der von den jeweiligen Organisatorinnen immer mit viel Enthusiasmus, aber wenigen Ressourcen bewältigt werden musste. Daran hat sich auch 2007 nicht viel geändert, so Elisabeth Günther: "Wir arbeiten genauso prekär/ausbeuterisch, wie frühere Organisatorinnen, wenn ich mir die Dokumentationen so ansehe."

Seit Herbst 2006 gibt es regelmäßige organisatorische Vorbereitungstreffen und Treffen zu den drei inhaltlichen Achsen der FFU: "Körperpolitiken", "Feminismus in Theorie, Kunst und Bewegung" und "Prekäre Lebensverhältnisse".
Aber die Initiatorinnen gingen nicht unvorbereitet ans Werk, wie Elisabeth Günther berichtet: "Wir haben uns in vielen Punkten an den früheren FSU orientiert: wir haben im Vorfeld - also noch bevor wir zum ersten Vorbereitungstreffen eingeladen haben - mit Frauen gesprochen, die die frühere FSU (mit)organisiert haben und ihre Eindrücke, Erfahrungen, Tipps so gut es ging eingeholt; wir haben möglichst offen und breit eingeladen, explizit auch viele Frauenorganisationen und -initiativen, die nicht direkt im studentischen Kontext stehen."
Ausgehend von den inhaltlichen Achsen spannt sich ein großer Themenbogen. Interessierte Frauen konnten bis Anfang Februar Vorschläge für Workshops einreichen. Momentan wird an einem genauen Programm gefeilt, das ab Anfang März auf der Homepage der FFU abrufbar sein soll. Bereits jetzt zeichnet sich jedoch eine bunte Mischung von Workshopleiterinnen ab: NGOs, Frauenprojekte, Wissenschaftlerinnen und Frauen aus Politik und Interessensvertretungen. Die Achse "Körperpolitiken" verspricht Workshops zu "Frauen und Behinderung", "Einführung in den (Trans-)Gender-Begriff" oder "Körpermanipulationen". Das Themenfeld "Prekäre Lebensverhältnisse" reicht von grundsätzlichen Diskursen zum Arbeitsbegriff bis zu konkreten Tipps im Umgang mit freien Dienst- und Werkverträgen.
Der letzte Themenschwerpunkt "Feminismus in Theorie, Kunst und Bewegung" bietet schließlich von allem etwas: feministische Theorieentwicklungen, Geschichte(n) der Frauenbewegungen und auch einen Theater-Workshop.
Aber FFU heißt nicht nur inhaltliche Auseinandersetzung. Genauso wichtig ist das soziale und kulturelle Programm. So beginnen die Seminartage jeweils mit einem gemeinsamen Frühstück, abends gibt es Kultur in Form von Lesungen oder Filmen, zu Beginn der FFU und am Ende ein Fest.

Eröffnet wird die FFU am 30. März mit einem "Thesenrap" zur Frage, was Feminismus heute sein kann. In anfänglich moderierter Form werden zuerst geladene Frauen am Podium ihre Thesen auf Kärtchen schreiben und dem Publikum präsentieren. In weiterer Folge sind alle Teilnehmerinnen aufgefordert, eigene Kärtchen zu schreiben und aufzuhängen. Aus allen Kärtchen, die im Laufe der ganzen FFU noch dazu kommen können, soll dann ein vielfältiges, buntes Bild entstehen.
Daneben gibt es auch noch Zeit und Raum für Vernetzungen, Reflexionen im Plenum und die Planung von Aktionen. Hauptveranstaltungsort ist der Unicampus Altes AKH. Als zentrale Anlaufstelle ist ein Info-Café geplant, das außer einem Treff- und Vernetzungspunkt auch ein Ort zur Präsentation verschiedener Initiativen und Projekte sein wird.
Ab Anfang März kann frau sich für die Teilnahme anmelden. Eine Anmeldung im Vorfeld erleichtert die Organisation, damit alle in den Hörsälen Platz haben und jede ihr Frühstückssemmerl kriegt. Auch den Bedarf an Kinderbetreuung bitte rechtzeitig bekannt geben. Kurzentschlossene, die gerne frauenbewegte Osterferien verbringen wollen, sind aber auch willkommen. Einfach im Info-Café vorbeischauen - und vorher natürlich schon auf der Homepage!
1 aus: ÖH Klagenfurt (2003): Zeitreisen. Die Geschichte des ÖH-Frauenreferats an der Uni Klagenfurt. Online unter: www.oeh-klagenfurt.at/downloads/broschueren/Zeitreisen-web.pdf

an.schläge-Workshop bei der FFU:
Feministische Medienarbeit:
2.4., 10-13.00

www.frauenuni.net
Kontakt: frauenuni@oeh.ac.at

Dieser Artikel erschien in: an.schläge, das feministische Magazin,
www.anschlaege.at