EU-Kolonie Kosovo?

Die Balkan-Politik der EU

in (20.05.2007)

Die Balkan-Politik der EU

Im Auftrag der Vereinten Nationen hat der finnische Ex-Präsident Martti Ahtisaari am 26. März den UNSicherheitsratsmitgliedern einen Plan für den weiteren Status des Kosovo vorgelegt. Dieser Plan sieht die de facto Herauslösung des Kosovo aus Serbien vor. Deshalb wird er von serbischer Seite mit Unterstützung Russlands scharf abgelehnt.
Es ist ein völkerrechtlich bisher einmaliger Vorgang: Erstmalig würde nach dem vorliegenden Plan mit Zustimmung der UNO die territoriale Souveränität eines Mitgliedslandes ohne dessen Einverständnis beschnitten.
Die Voraussetzung für diesen Vorgang war der völkerrechtswidrige NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien. Vorbereitet von Luftangriffen war die NATO 1999 mit deutscher Beteiligung in die jugoslawische Provinz Kosovo einmarschiert, worauf das Gebiet einer "Übergangsverwaltungsmission" der UN (UNMIK) unterstellt wurde.

Marktwirtschaft als Verfassungsgrundsatz

Auch auf albanischer Seite finden Ahtisaaris Vorschläge keineswegs ungeteilte Zustimmung, denn de facto soll der Kosovo kein souveräner Staat werden, sondern eine Kolonie der Europäischen Union. Der EU-Sonderbeauftragte erhält faktisch die uneingeschränkten Befugnisse eines Prokonsuls: Er kann z.B. alle Gesetze des kosovarischen Parlaments und der Regierung annullieren und alle gewählten VertreterInnen und BeamtInnen entlassen. Darüber hinaus geht die Kontrolle über die Geld- und Wirtschaftspolitik des Landes, die in der Kosovo-Verfassung des Jahres 2001 der UNMIK übertragen wurde und die Einführung einer "freien Marktwirtschaft" vorsieht, nun auf die EU über. Die offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb als Verfassungsgrundsatz erinnert an den gescheiterten Entwurf einer EU-Verfassung, in dem ebenfalls eine entsprechende Festlegung vorgesehen war. Kennen wir das mit der "freien Marktwirtschaft" in einer Verfassung nicht von irgendwoher?

Umfangreiche Privatisierungen

UNMIK privatisierte im Kosovo umfangreich. Staatseigene Betriebe wurden enteignet und billigst verkauft.
Zuständig war die Kosovo-Treuhand- Agentur (KTA). Privatisierungen wurden auch militärisch gegen Protest von Bevölkerung und ArbeiterInnenschaft durchgesetzt, beispielsweise durch die Besetzung der Trepca-Mine mit 800 KFOR-Soldaten. Die Gewinnungvon Blei, Zink, Nickel und weiteren Metallen in den Minen und Schmelzen des Trepca-Bergbaukomplexes galt vor dem Krieg als bedeutendste Devisenquelle der Bundesrepublik Jugoslawien.
Die neoliberale Politik hat die soziale Situation der Bevölkerung weiter verschlechtert.
Doch die Privatisierungen werden auch unter EU-Flagge weitergehen. Ahtisaari will dafür eine KTA Nachfolgeorganisation mit denselben Kompetenzen. Kosovo soll so lange der Verwaltung Brüssels unterstellt bleiben, bis es seine "Europatauglichkeit" unter Beweis gestellt hat. Ahtisaaris Vorschläge bedeuten, dass die EU im Kosovo in Zukunft per Dekret regiert. Notwendig ist dagegen eine Verhandlungslösung, die von beiden Seiten akzeptiert wird und dem Völkerrecht entspricht. Der derzeitige Weg führt zur Eskalation.