Keine Entschädigung für Kalavryta

Rubrik Recht Kurz

Auch über den Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlangen die griechischen Opfer deutscher Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg keinen Anspruch auf Entschädigung.

Das geht aus einem Urteil hervor, welches das Luxemburger Gericht am 15. Februar 2007 zu Anwendbarkeit des Brüsseler Übereinkommens über die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen fällte (Az.: C-292/05).

Die Rechtssache geht auf das Bemühen der Hinterbliebenen des Massakers von Kalavryta zurück, von Deutschland Schadensersatz für das Verbrechen der 117. Gebirgsjägerdivision zu bekommen. Am 13. Dezember 1943 suchte die Einheit die auf der Peloponnes gelegene Ortschaft auf, um sich für eine Partisanenaktion gegen deutsche Soldaten zu rächen. Fast 700 erschossene ZivilistInnen zählten die Täter nach der "Sühnemaßnahme", die Teil einer großangelegten "Such- und Vergeltungsaktion" unter dem Kommando von General Karl de Suire war.

Der Ort wurde geplündert und in Brand gesetzt. Das Massaker von Kalavryta ist ein markantes Zeichen für den deutschen Besatzungsterror in Griechenland, aber wahrlich nicht das einzige Verbrechen der SS- und Wehrmachtstruppen in dieser Art. Über 30.000 Menschen sind bei derartigen Vergeltungsmaßnahmen ums Leben gekommen, mehr als 3.000 entsprechende Entschädigungsklagen sind vor griechischen Gerichten anhängig. In Deutschland scheiterten zuletzt Überlebende des von einer SS-Panzergrenadiereinheit verübten Massakers in Distomo vor dem Bundesverfassungsgericht (siehe FoR 2006, 102).

Die griechischen Gerichte gewährten den Opfern zunächst einen Schadensersatzanspruch. Die Vollstreckung der Urteile gegenüber der Bundesrepublik scheiterte schließlich aber nach einem Votum des Obersten Sondergerichts in Griechenland an der Staatenimmunität Deutschlands. Mit der Berufung auf das Brüsseler Übereinkommen erhofften sich die Opfer, eine Ausnahme vom völkerrechtlichen Prinzip der Staatenimmunität geltend machen zu können. Dies aber lehnte der EuGH ab: "Operationen von Streitkräften" seien "ein typischer Ausdruck staatlicher Souveränität". Die KlägerInnen könnten somit ihre Ansprüche nicht als Zivilsache im Sinne des Übereinkommens geltend machen.

Deutschland zahlte bis 1963 insgesamt 115 Millionen DM an Griechenland auf der Grundlage eines Vertrages, der sich lediglich auf spezifische Verfolgte des Nationalsozialismus bezog. Entschädigungsansprüche aus weiteren Völkerrechtsverletzungen, die sich heute auf etwa 70 - 100 Milliarden Euro beziffern, sollten hingegen später im Rahmen allgemeiner Reparationsleistungen gezahlt werden. Heute will Deutschland von dieser Schuld ebenso wenig wissen wie von der Verantwortung, die es gegenüber den Opfern der NS-Besatzungspolitik hat.