Koran im Familiengericht

Rubrik Recht Kurz

in (24.10.2007)

Die Menge an Gesetzen, an die sich Menschen in Deutschland halten müssen, ist auch für Ju­ristinnen und Juristen kaum mehr überschaubar. Dass der Staat noch zusätzlich von einer Bürgerin verlangen können soll, dass sie sich an die Vorschriften des Koran halte, wie es eine Amtsrichterin in Frankfurt am Main kürzlich in einem Scheidungsprozess meinte, verblüffte die Betroffene und ihre Anwältin dann aber doch.

Die 26jährige Mutter wollte die Ehe mit ihrem Mann nach fünf Jahren scheiden lassen. Ihr Ehemann war im Jahr zuvor gewalttätig geworden. Seitdem war es ihm gerichtlich untersagt, die gemeinsame Wohnung zu betreten. In der Folge hatte sich die Situation der Frau jedoch nicht verbessert, stattdessen erhielt sie nun Morddrohungen von ihrem Ehemann.

Den Scheidungsantrag der Frau lehnte die zuständige Amtsrichterin im Januar dieses Jahres trotzdem ab. Sie hielt der Antragstellerin entgegen, dass sie und ihr Ehemann aus Marokko stammten und der Koran dem Mann ein Züchti­gungsrecht gegen seine Frau zuspreche. Als Quelle ihrer Rechtsfindung zitierte die Amtsrich­terin in einem Schreiben an die Anwältin der Ehefrau die Koransure 4.34. Dort heißt es im Hinblick auf Ehefrauen unter anderem: "Ermahnt diejenigen, von denen ihr Widerspenstigkeit befürchtet, und entfernt euch von ihren Schlafgemächern und schlagt sie."

Angesichts solcher religiöser Vorschriften, so meinte die Amtsrichterin, sei es der in Deutschland geborenen Frau trotz der Drohungen zumutbar, noch die gesetzliche Regelfrist, das so genannte Trennungs­jahr, abzuwarten. Ein besonderer Härtefall, der eine Ausnahme rechtfertigen würde, sei also nicht gegeben. Ob die 26jährige Frau überhaupt religiös war, interessierte das Gericht nicht. Die Devise der Familienrichterin lautete anscheinend: Bei "euch Moslems" ist das doch so üblich.

Ob die Richterin in Scheidungssachen von Personen mit christlichem Hintergrund auch das Neue Testament heranzieht? Dort heißt es in dem Brief an die Epheser: "Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn. Denn der Mann ist das Haupt der Frau." (Eph 5, 23.) Vermutlich begnügt sie sich dann doch damit, das Familienrecht des BGB nach weltlichen Methoden auszulegen.

Dass vor Familiengerichten allein irdisches Recht gilt und also auch Frauen mit mus­limischem Hintergrund das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit uneingeschränkt besitzen, stellte das Gericht erst zwei Monate später klar: Die Amtsrichterin wurde von dem Scheidungsverfahren abgezogen - wegen "Befangenheit". So kann man es natürlich auch nennen.