Bilanz und Perspektive - Protest gegen Studiengebühren

Gründe und Organisationen gegen Studiengebühren

Die Gründe, warum Studiengebühren abzulehnen sind, sind so vielfältig wie die Menschen und Organisationen, die gegen ihre Einführung vorgehen.

Auf die eher durch Aktionen geprägten Sommer 2005 und 2006, in denen in sieben Bundesländern die Gebührengesetze von den jeweiligen Landesparlamenten trotz massiver Proteste verabschiedet wurden, folgten mit erstmaliger Gebührenerhebung Klage- und Boykottkampagnen, die teilweise beendet, teilweise in ihrem Ausgang noch offen sind.
Das Ziel des Boykotts besteht darin, über die massenhafte, organisierte Verweigerung der Zahlung die Aussetzung der Gebührenerhebung zu erzwingen. Notwendig ist allein eine große Menge Studierender, die diese Möglichkeit wahrnehmen. Die Forderungen der Studierenden ist: Aussetzung der Gebührenzahlung.

Vom Abwehrkampf zum Gegenentwurf
Festzustellen ist, dass mit den bisherigen Protestformen - Demonstrieren, Klagen, Boykottieren - zwar einiges erreicht, die Gebühreneinführung jedoch nicht verhindert werden konnte. Mehr noch: Der (Abwehr-) Kampf gegen Studiengebühren mit den bisherigen Mitteln scheint aussichtslos - Aktionismus und Voluntarismus allein wird die hochschulpolitische Linke weiter in die Defensive und Bedeutungslosigkeit drängen. Denn: Der hochschulpolitischen Linken fehlt eine Strategie, die über kurzfristige Proteste und Kampagnen hinausgeht. Eine solche wäre jedoch nötig, denn auch wenn Gebühren zurückgekämpft würden, so bliebe das Problem der völlig unzureichenden Hochschul- und Studienfinanzierung, sowie einer neoliberal umstrukturierten, undemokratischen und wissenschaftsfeindlichen Dienstleistungshochschule weiter bestehen.

Ziele emanzipatorischer Bildungspolitik
Ziel studentischer Politik muss sein, Perspektiven zum bestehenden, unzureichenden System von Bildungsfinanzierung aufzuzeigen, um so wieder in die Offensive zu gelangen. Ziel muss sein, mit Gegenmodellen einen Legitimierungs- und Alternativdruck zu erzeugen; Ziel muss ebenso sein, Forderungen zu finden, die anschlussfähig sind an andere sozialpolitische Kämpfe und aus Forderungen, wie der nach "Mehr BAföG" ausbrechen. Denn: Isoliert als Studierende werden wir keine Forderungen durchsetzten können, da wir so immer wieder gegen andere gesellschaftliche Gruppen ausgespielt werden können.
Alle wissen und sagen es: Die Hochschulen - wie das gesamte Bildungssystem - sind unterfinanziert. Jenseits von der Eigenbeteiligung muss nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, bspw. über die Steuergesetzgebung oder eine stärkere Inverantwortungnahme der Wirtschaft gesucht werden. Beispiele wären die Wiedereinführung der Vermögenssteuer oder auch eine in Gewerkschaftskreisen bereits geforderte Umlagefinanzierung durch Wirtschaftsunternehmen - selbstverständlich ohne weitere Einflussnahme auf wissenschaftsinterne Prozesse.
Das System der Ausbildungsförderung ist von vielen Seiten beschränkt und somit völlig unzureichend: Es ist zur Hälfte ein verzinstes Darlehen (statt bedingungslos), es ist an das Einkommen der Eltern gebunden (statt elternunabhängig), es entspricht nicht den Lebenshaltungskosten (statt bedarfsdeckend zu sein). Hochschulbildung ist Ausbildung für die Gesellschaft und eine Arbeitsleistung, die entlohnt und nicht bezahlt gehört. Warum nicht ein Studienhonorar, eine Bezahlung für die eigene Leistung im Wissenschaftsprozess einfordern, warum nicht noch weiter gehen und ein bedarfsdeckendes, bedingungsloses Einkommen für alle fordern? Der Reichtum in unserer Gesellschaft ist vorhandenÂ…

Frederik Dehnerdt ist
Sprecher des Bundesausschuss der Studierenden in der GEW