Es geht um viel Kohle

in (05.09.2008)

Angela Merkel in Grönland - die Bundeskanzlerin tut etwas für den Klimaschutz! Sie gibt bemerkenswerte Ziele bekannt, setzt sich international dafür ein. Doch was passiert, wenn die Bundesregierung dann doch einfach - nichts tut?

Etwa 25 neue Kohlekraftwerke sind bundesweit geplant. Die Menge an zusätzlichem CO2-Ausstoß durch diese Kraftwerke wäre enorm. Selbst wenn gleichzeitig einige alte Kohlekraftwerke stillgelegt würden, werden über 110 Millionen Tonnen pro Jahr zusätzlich ausgestoßen. Diese riesige Zahl würde festgelegt für mindestens 40 weitere Jahre - so lange laufen die Kohlekraftwerke. 2050 sollen wir, geht es nach den Klimazielen der Bundesregierung, insgesamt nur noch160 Millionen Tonnen ausstoßen. Alleine die Kohlekraftwerke, die neu gebaut werden sollen, verursachen insgesamt mehr.

CO2-Abscheidung (Carbon Capture and Storage = CCS) heißt die neue Wundertechnologie, die saubere, „CO2-freie" Kohlekraftwerke schaffen soll. Die Hoffnung ist, das Treibhausgas direkt im Kraftwerk abzufangen und unterirdisch zu speichern, so dass es nicht mehr in die Atmosphäre gelangen kann. Allerdings ist diese Technik noch nicht einsatzbereit, erwartet wird dies erst in 15 bis 20 Jahren. Und es treten weitere Hürden auf: Der Wirkungsgrad etwa  liegt bei Kohle sowieso schon bei schlechten 46% (maximal) und wird durch CCS deutlich gesenkt. Das heißt, es geht noch mehr der im Brennstoff vorhandenen Energie verloren. Ob es wirklich dichte Lagerstätten für das Gas gibt, ist noch unklar. Würde das CO2 aber langsam wieder austreten, wäre der Klimaeffekt aufgrund des zusätzlichen Energieaufwands schlechter als vorher. Tritt das CO2 dagegen gehäuft und plötzlich aus, könnten Menschen daran ersticken. Und als ob all das nicht reichen würde, ist nicht einmal sicher, ob sich die Technik wirtschaftlich jemals lohnen wird.

Frau Merkel selbst wünscht sich sowieso Atomkraft. Mit Laufzeitverlängerungen könnten zwar die Planungen zur Kohlekraft deutlich reduziert werden, allerdings hat auch das nicht viel mit Klimaschutz zu tun. Denn sowohl Kohle- als auch Atomkraftwerke sind Grundlastkraftwerke, liefern also kontinuierlich Tag und Nacht die selbe Strommenge. Erneuerbare Energien dagegen benötigen flexibel zuschaltbare Kraftwerken, die dann Strom liefern, wenn es die Erneuerbaren nicht können. Dies können etwa Gaskraftwerke leisten. So verhindern alte Kohle- und Atom-Strukturen neue und klimafreundlichere Technologien.

Im europäischen Emissionshandel, der die Menge des CO2-Ausstoßes begrenzen und schrittweise reduzieren soll, werden die Verschmutzungsrechte noch immer zu 90% an die Energiekonzerne verschenkt und Kohlekraftwerke werden gegenüber Gas- und anderen Kraftwerken bevorzugt. So wird der Sinn des Emissionshandels unterlaufen und die Kosten, die durch die Kraftwerke verursacht werden, trägt weiterhin die Allgemeinheit.

Was hat mit all dem die Bundesregierung zu tun? Sie könnte ein Mindeswirkungsgrad für neue fossile Kraftwerke vorschreiben und damit Kohlekraft faktisch verbieten. Sie könnte beschließen, dass Kohlekraftwerke nur mit fertiger CCS-Technik gebaut werden dürfen. Die Regierung hat genug Handlungsspielraum, doch die eigenen Ziele scheinen ihr nicht so wichtig zu sein. Wir sollten sie daran erinnern!

 

Hinweis: Am 13. September ist Klima-Aktionstag! Demos gegen die geplanten Kohlekraftwerke in Jänschwalde (Brandenburg) und Staudinger (Hessen). Mehr Infos: www.die-klima-allianz.de

 

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