Gütersloh regiert die Welt?

Wie die Bertelsmann Stiftung die ganze Gesellschaft der kapitalistischen Wirtschaft unterordnen will

in (16.02.2009)

„Ich kenn doch nur den Bertelsmann-Club..."
Viele kennen nur den Bertelsmann-Club. Dabei ist der Bertelsmann-Club nur ein kleiner Ausläufer der Bertelsmann AG aus Gütersloh. Hinter diesem Namen steckt der größte Medienkonzern Europas und der zweitgrößte der Erde, dessen Hauptaktionärin die Bertelsmann-Stiftung ist.
Dieser neoliberale Think Tank, eine an der kapitalistischen Wirtschaft interessierte Denkfabrik, versucht auf alle gesellschaftlichen Bereiche Einfluss zu nehmen und befürwortet eine Gesellschaft, die unter anderem auf soziale Sicherung verzichtet, um zu mehr Flexibilität für Unternehmen zu gelangen.

Centrum für Hochschulentwicklung (CHE)
Vor allem in der Bildung möchte Bertelsmann ganz vorne mit dabei sein, um seine neoliberale Ideologie zu verbreiten und zu fördern. Deshalb wurde 1994 das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zusammen mit der Hochschulrektorenkonferenz gegründet. Dieses entwickelte zusammen mit dem Direktor der TU München,
Wolfgang Herrmann, den Entwurf für die Wiedereinführung der Studiengebühren.
Außerdem findet das CHE durch das jährliche Hochschulranking die angeblich besten Universitäten und Hochschulen in Deutschland heraus. Diese Umfragen werden an StudentInnen und ProfessorInnen verschickt und können „anonym", das heißt unter Angabe vieler Wiedererkennungsmerkmale, ausgefüllt werden. Unter diesen Fragen befinden sich dann vor allem solche, die sich nach der Zusammenarbeit der Hochschule mit Firmen oder Konzernen erkundigen. Außerdem beziehen sich diese Umfragen nicht auf alle Fachbereiche, sondern nur auf solche, die wirtschaftlichen Aufschwung erhoffen lassen.
Daraus lässt sich erkennen, dass das angestrebte Ziel eine zunehmende Privatisierung und Ökonomisierung des Bildungssystems ist: Bildung soll nicht mehr frei zugänglich sein und sich an die Profitinteressen der Wirtschaft anpassen. Durch die Beeinflussung des Bildungssystems will Bertelsmann eine weniger kritische Gesellschaft erschaffen und den Staat zu seinen Zwecken instrumentalisieren.

EU, Außen- und Sicherheitspolitik
Auch in anderen politischen Bereichen mischt die Bertelsmann-Stiftung gerne mit. Als Hauptgeldgeberin des Centrums für Angewandte Politikforschung (CAP) lässt sie der Regierung regelmäßig Еmpfehlungsschreiben zukommen, in denen unter anderem über das Vorgehen der Bundeswehr (insbesondere im Ausland) oder Sozialreformen beraten wird.
Ein großes Interesse besteht in der Aufrüstung der Europäischen Union, die, laut Bertelsmann, schon bald die Supermacht der USA abgelöst haben soll. Das CAP setzte sich in dieser Sache besonders für eine „europäische Atombombe" zur Machtdemonstration ein, da Deutschland, aufgrund des Atomwaffenschutzgesetzes, keine eigene Atombombe besitzen kann.
Wie eng CAP und Bertelsmann Stiftung verbunden sind, zeigt sich nicht nur an der Finanzierung des Politikberatungsinstituts, sondern auch in personellen Überschneidungen: Sowohl der Direktor des CAP als auch sein Stellvertreter sind  Mitglieder des Präsidiums oder der Geschäftsführung der Bertelsmann Stiftung.

-----

Dieser Artikel kann gerne weiterverbreitet werden, unter folgenden
Bedingungen:  Nennung der Autorin bzw. des Autors und des Erscheinens
in der utopia; keine kommerziellen Zwecke; keine Bearbeitung. (Lizenz)