sinistra, ecologia e liberta

Phönix aus der Asche der italienischen Linken

Die italienische Gesellschaft braucht die linke Linke, sagte Nichi Vendola kürzlich in einem der Werbespots für Sinistra, Ecologia e Liberta (SEL), denn seitdem diese nicht mehr im Parlament vertreten ist, sieht es mit der Freiheit und den sozialen Rechten düster aus. Wenn man Umfragen der letzten Zeit trauen kann, wird sich das bei der nächsten Parlamentswahl ändern, denn die SEL hat es erfolgreich geschafft, aus den Trümmern der linken Linken eine neue Partei zu schaffen. Als bei den Parlamentswahlen 2008 das Parteienbündnis „Arcobaleno“ scheiterte, war der Katzenjammer groß. Versuche mit der diffusen Mischung aus abgespaltenen Linkssozialdemokraten, Rifondazione Communista, Sozialisten und Grünen an einer neuen Linkspartei zu basteln, misslangen zunächst. Im März 2009 waren es dann im wesentlichen die abgespaltenen Linkssozialdemokraten und der pragmatische Flügel von Rifondazione Communista, die zusammen die neue SEL bildeten. Dass sich die neue Formation stabilisierte, ist vor allem Nichi Vendola zu verdanken. Der Ministerpräsident der Region Apulien kommt ursprünglich aus der Rifondazione Communista, galt aber schon länger als Vertreter einer modernen linken Politik.

Vendola und die SEL beschwören, anders als viele Linksparteien in Europa, nicht die Erinnerung an die guten alten Zeiten des Fordismus, sondern versuchen die Erneuerung linker Politik. Themen wie Gleichheit und Gerechtigkeit spielen eine wichtige Rolle. Besondere Aufmerksamkeit bekommt das Thema „Prekarität“: gegen diejenigen, die meinen, es mache nichts, wenn junge Leute auf befristeten und schlechtbezahlten Stellen sind, benutzt Vendola gern den Slogan der Jugendbewegung: il nostro tempo e adesso, la vita non aspetta, (heute ist unsere Zeit, das Leben wartet nicht), der Mangel an Autonomie und Planungssicherheit verdüstere die Lebensperspektive einer ganzen Generation. Bei vielen jungen Italienern und Italienerinnen kommt Vendola damit bestens an, sie stört es nicht, dass er schwul, katholisch und links ist, umso lieber mögen sie seine Botschaft von Freiheit, Gleichheit und Ökologie, vom besseren Leben und vom besseren Italien. Ihnen kommt auch entgegen, dass SEL und Vendola das Internet und die sozialen Netzwerke offensiv zur politischen Kommunikation nutzen. Seine Beliebtheit bleibt aber nicht auf die Jugend beschränkt, Vendola ist mit Abstand der beliebteste Linkspolitiker des Landes, was die sozialdemokratische Partito Democratico immer wieder in Verlegenheit bringt: die muss den Spitzenkandidaten eines zukünftigen Linksbündnisses per Urwahlen bestätigen und wenn Vendola antritt, dann sind die Erfolgsaussichten des Vorsitzenden der Demokratischen Partei Bersani zweifelhaft.

Vendola ist populär, aber nicht unbedingt populistisch. Der Politiker, der auch Gedichte schreibt, ist gleichzeitig Schöngeist und theoretischer Kopf, der sich bestens auskennt in der Tradition marxistischen Denkens und sich gern auf Gramsci und andere undogmatische Linksdenker wie Bloch oder Benjamin beruft. Um zukunftsfähige linke Debatten zu befördern, hat er im ganzen Land Denkfabriken gegründet. Diese Fabbriche di Nichi sind nur teilweise deckungsgleich mit den Ortsvereinen der SEL, die mittlerweile auch in kleinen Ortschaften Fuß gefasst haben. Hier wird der Diskurs über die eigene Basis hinaus erweitert, praktiziert man erfolgreich Offenheit gegenüber Mitgliedern anderer Linksparteien und Bewegungen.

 

s. auch Interview mit Nichi Vendola von Sinistra Ecologia e Libertà.