„Juba ist unser Ort“ – Politics of Place im neuen Südsudan

Keywords: South Sudan, Bari, politics of belonging, repatriation, place; Schlagwörter: Südsudan, Bari, Zugehörigkeit(en), Repatriierung, Ort

„Jeder hat einen Ort. Jetzt nach dem Krieg soll jeder zu seinem Ort gehen. Die Bari gehen zu ihrem Ort, die Dinka zu ihrem. Jeder muss zu seinem Ort gehen.“ (Alice, Juni 2011 in Juba)

„Jeder weiß, dass dieses Land unser Land ist. Juba ist Bariland.“ (Jenny, Juli 2011 in Juba)

Die oben stehenden Zitate spiegeln eine weitverbreitete Auffassung wider, nach der Menschen an bestimmte Orte gehören. Sie findet sich nicht nur in den Erzählungen der von mir interviewten MigrantInnen und returnees, sondern auch in Publikationen, Reden und Webseiten internationaler Organisationen, ethnischer Verbände, der sudanesischen Regierung, der Sudan People’s Liberation Movement (SPLM) und aller anderen am Wiederaufbau des Südsudan und der Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen beteiligten AkteurInnen. Sie spiegelt sich auch in dem mit der Rückführung verbundenen Instrumentarium wider, das auf der Vorstellung basiert, das menschliche Bedürfnis nach Zugehörigkeit richte sich nicht allein auf das Zusammensein mit seines/ihresgleichen, sondern auch auf bestimmte Orte, auf ein bestimmtes Land oder Territorium (Kibreab 2003: 25). Dieser Diskurs dominiert auch die Erzählungen der von mir befragten Personen, allerdings zeigen sich auch Widersprüche und Ambivalenzen, die darauf hinweisen, dass Erfahrungen an konkreten Orten häufig im Widerspruch dazu stehen, mit welchen Orten sich Personen und Gruppen identifizieren. Es kommt somit nicht nur zum Kampf um bestimmte Orte der Identifikation, sondern auch zu einem Konflikt zwischen den Erfahrungen, die an konkreten Orten (locations) gemacht werden, und zugeschriebenen Zugehörigkeiten mit den entsprechenden Orten der Identifikation.

In diesem Spannungsfeld bewegen sich auch die Auseinandersetzungen um Juba, die Hauptstadt des Südsudan, des jüngsten Staates in Afrika. Sie verweisen nicht nur auf die koloniale und postkoloniale Vergangenheit der Stadt, sondern deuten auch auf die mit Juba verbundenen Zugehörigkeiten und imaginierten Gemeinschaften hin. Juba ist nicht nur der Ort der nach dem kolonialen Klassifikationssystem und den daraus resultierenden ethnographischen Landkarten dort indigenen Bari, sondern auch die imaginierte Heimat vieler im Exil lebender Menschen. Zudem ist Juba ein symbolträchtiger Ort für die neue Nation. Hier befindet sich das Mausoleum mit dem Grab John Garangs, des langjährigen Führers des Sudan People’s Liberation Movement/Army (SPLM/A) und ersten Präsidenten des teilautonomen Südsudan. Das Scheitern Jubas als Hauptstadt des Südsudan – im Februar 2011 wurde nach langen Diskussionen entschieden, die Hauptstadt nach Ramciel zu verlegen – wird so auch als Symbol für die Ethnisierung südsudanesischer Politik interpretiert (Pantuliano 2009: 163). Während sich im öffentlichen Diskurs um Juba die beiden Positionen „Juba als Ort der Bari“ und „Juba als Hauptstadt der neuen Nation“ unversöhnlich gegenüberstehen, zeigen sich in den von mir seit 2006 durchgeführten Interviews und Beobachtungen, dass einzelne AkteurInnen sich fortwährend zwischen diesen Imaginationen bewegen und sich situationsgemäß auf die eine oder andere beziehen. Zudem spielen im lokalen Kontext noch andere Zugehörigkeiten eine Rolle. Viele Erzählungen verweisen auf Erfahrungen von displacement und fortwährender Suche nach Zugehörigkeit. Es entstehen Kontexte, in denen Menschen Zugehörigkeit abgesprochen wird, in denen sie als displaced, als „ortlos“ kategorisiert werden. Auch wenn sich viele MigrantInnen in Khartum bzw. die returnees in Juba auf die mit dem Ort verbundenen gängigen Identitätskonstruktionen berufen, werden diese gleichzeitig in Frage gestellt; dabei wird Juba neu imaginiert. Es entstehen z.B. Nachbarschaften, deren soziale Kohäsion auf der Zugehörigkeit zur Gruppe der returnees aus Khartum beruht. Während meiner Feldforschung, die mit einer radikalen Neuordnung von sozialen und geographischen Räumen zusammenfiel – so ist z.B. die überwiegende Mehrheit der ca. 2 Millionen in Khartum lebenden SüdsudanesInnen in den Südsudan umgesiedelt –, kommt es jedoch zu einer Verschiebung zugunsten bestimmter Zugehörigkeiten und der damit verbundenen Imagination von Orten. Diese Umdeutung von Orten und eine damit einhergehende Engführung von sozialen Imaginationen möchte ich im folgenden Artikel beschreiben. Dabei beziehe ich mich auf Interviewtransskripte[1] sowie Gesprächs‑ und Beobachtungsprotokolle aus dem Zeitraum von 2006 bis 2011. Die Interviews habe ich in Khartum, Juba und Kakuma mit Angehörigen der ethnischen Gruppe der Bari geführt. Während zunächst viele Befragte die angedachte und geforderte „Rückkehr“ in den Südsudan immer wieder verschoben und zeitweise ganz in Frage gestellt haben, sind die meisten im Laufe des Jahres 2011 nach Juba umgesiedelt; einige wenige leben auch heute noch in Khartum. Im Verlauf meiner Feldforschung wurden aus MigrantInnen returnees, aus BewohnerInnen von Nachbarschaften in Khartum und Omdurman Internally Displaced Persons (IDPs), aus refugees in Flüchtlingslagern BürgerInnen des Südsudan und aus BürgerInnen der Republik Sudan AusländerInnen. Mit dieser Veränderung des zugeschriebenen Status haben sich auch die Ortsbezüge der Befragten verändert. Orte wie Juba oder Khartum haben nun eine andere Bedeutung bekommen.

Die Feldforschung folgt dem methodologischen Vorgehen der Grounded Theory. Datenerhebung und Analyse sind eng miteinander verzahnt. Die Kategorien sind aus den Daten generiert; bei der Auswahl der befragten Personen, Begebenheiten und Orte bin ich dem Prinzip des theoretischen Samplings gefolgt. Einige der Kategorien sind dabei einem ständigen Veränderungsprozess unterworfen. Dies liegt in der Natur der Sache: Die Veränderung des politischen Kontexts und der Lebensumstände führen zu einer ständigen Anpassung der Interpretationen und Deutungsmuster durch die Befragten. Zudem beziehen sich die Befragten je nach Kontext auf unterschiedliche Diskurse und stellen bestimmte Zugehörigkeiten heraus. In diesem Sinne kann nicht von theoretischer Saturierung gesprochen werden, sondern von einer ständigen Anpassung und Reformulierung der Kategorien. Dieser Tatsache versuche ich im Folgenden gerecht zu werden (vgl. Schultz 2010b). Die Darstellung konzentriert sich auf die Deutungen der von mir Befragten und stellt nicht den Anspruch einer umfassenden Analyse der politischen Prozesse und beteiligten AkteurInnen. Darüber hinaus umfasst die Darstellung zwar die Bandbreite der in den Interviews erwähnten Sichtweisen, klammert aber viele Perspektiven und insbesondere die Kritik an der Rolle der Äquatorianer in der südsudanesischen Geschichte aus. Um die Deutungen jedoch einordnen zu können, gebe ich nach einer Diskussion des verwendeten Begriffsapparats einen kurzen Abriss der politischen Entwicklung im Südsudan und der Konflikte um die Stadt Juba.

Ethnische Zugehörigkeit und Politics of Place

In derzeitigen Identitätsdiskursen im Südsudan werden nicht nur ethnische Zugehörigkeiten konstruiert und instrumentalisiert, sondern diese sind auch mit bestimmten Orten verknüpft. Diese Orte existieren nicht in sich und aus sich selbst, sondern sind Ergebnis kultureller Konstruktionen. Imaginierte Gemeinschaften und ethnische Zugehörigkeiten konstituieren sich in der Auseinandersetzung mit bestimmten Orten (Gupta & Ferguson 1992; Schetter & Weissert 2007: 376). Arjun Appadurai (1995) spricht in diesem Zusammenhang von Orten der Identifikation (places of identification). In diesem Sinne symbolisieren Orte Zugehörigkeiten. Dies wird zum Beispiel in Diskursen um Indigenität und Autochthonie herausgestellt, die in vielen afrikanischen Gesellschaften momentan Hochkonjunktur haben (Geschiere & Jackson 2006, Geschiere 2009). Gleichzeitig konstituieren Orte jedoch Lebensräume, die Appadurai (1995) locations oder Nachbarschaften nennt. Mit der Unterscheidung in Orte der Identifikation und locations verweist Appadurai (ebd.) auch darauf, dass places of identification und locations häufig auseinanderfallen. Dadurch entstehen konfliktträchtige Konstellationen, was sich auch in lokalen Kämpfen um bestimmte Orte äußert. In Alltagsdiskursen sind der imaginierte und der konkrete Ort (location) jedoch nicht immer getrennt. Erfahrungen wird durch imaginierte Orte Sinn verliehen; in lokalen Auseinandersetzungen wird auf Orte der Identifikation verwiesen. Gerade die Verknüpfung beider Ebenen machen die Diskurse um Indigenität so wirksam. Akhil Gupta und James Ferguson (1992: 13) verweisen zudem darauf, dass populäre Politiken des Ortes (politics of place) sowohl machterhaltend wirken als auch Gegenmacht konstituieren können.

Politics of place und die damit verbundenen Identifikationen beruhen auf der Vorstellung, Menschen seien naturwüchsig mit bestimmten Orten verbunden. Das menschliche Streben nach Zugehörigkeit richtet sich demnach nicht allein auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, sondern auch auf bestimmte Orte. Während eine Reihe von AutorInnen (u.a. Malkki 1992; Appadurai 1998; Hammond 1999) diese Prämisse mit dem Verweis auf Migration, displacement und Exil in Frage stellen und unterstreichen, dass sich das Streben von immer mehr Menschen auf imaginierte Orte, Heimatländer und Kulturen richtet (Malkki 1992: 24), wird weniger beachtet, dass viele Menschen nicht nur multiple Zugehörigkeiten aufweisen, sondern diese sich auch auf multiple Orte richten. Zudem werden spezifische Orte mit unterschiedlichen Zugehörigkeiten verknüpft.

Darüber hinaus sind Zugehörigkeiten und die damit verbundenen Orte der Identifikation nicht nur fixiert, sondern einem permanenten Aushandlungsprozess unterworfen. Personen und Gruppen beziehen sich zudem situationsspezifisch auf unterschiedliche sich zum Teil überlappende Zugehörigkeiten und die damit verbundenen Orte.

Dadurch entstehen komplexe taxonomische Systeme, die Spielräume für Inklusion und Exklusion eröffnen (Schlee & Werner 1996: 11). Während Günther Schlee und Karin Werner (1996) auf die Handlungsspielräume des einzelnen abzielen, der sich situationsgemäß auf die eine oder andere Zugehörigkeit beziehen kann, möchte ich aufzeigen, wie im politischen Diskurs darum bestimmte Zugehörigkeiten unsichtbar werden und kaum mehr Handlungsoptionen bieten, während andere plötzlich in den Vordergrund treten und Teil eines machtvollen Identitätsdiskurses werden.

Darüber hinaus werde ich darstellen, dass die Verknüpfung von ethnischer Zugehörigkeit mit zunehmend aggressiver werdenden politics of place zu einer Verengung der Handlungsmöglichkeiten der einzelnen AkteurInnen geführt hat. Ortsbezüge, die auf Erfahrungen beruhen, verlieren zudem an Bedeutung gegenüber Diskursen, in denen Orte mit imaginierten Gemeinschaften verknüpft werden. Diese enge Verknüpfung von Identitätsdiskursen mit bestimmten Orten ist der kolonialen und postkolonialen Geschichte des Südsudan geschuldet und hat nach dem Friedensabkommen neue Nahrung bekommen. Im Zuge der Neuordnung von Räumen und der damit verbundenen Mobilität von Menschen treten locations und Nachbarschaften sowie soziale Beziehungen in den Hintergrund; zunehmend mehr AkteurInnen beziehen sich auf essentialistische Diskurse, die Orte mit bestimmten Personengruppen verknüpfen.

Ethnisierung und Politics of Place im Südsudan

In der Aufarbeitung gewaltförmiger Konflikte im Sudan wird häufig auf die Ethnisierung sudanesischer Politik abgezielt. Hierbei wird überwiegend auf die Konstruktion einer arabischen Identität und einen damit verbundenen Dominanzanspruch der arabischen Eliten gegenüber anderen Gruppen verwiesen (Johnson 2011; de Waal 2005; Sharkey 2008). Auch wenn seit den 1980er Jahren vermehrt die Mobilisierung ethnischer Zugehörigkeit in den Bürgerkriegen im Süden, in den Nubabergen und in Darfur diskutiert wird, so gibt es nur vereinzelt Veröffentlichungen, die sich explizit mit der Ethnisierung südsudanesischer Politik und ihrer historischen Genese beschäftigen.

Während der britischen Kolonialzeit wurde nicht nur, wie häufig betont, die Grundlage für die Spaltung des Sudan in einen besser „entwickelten“ Norden und einen abgekoppelten, sich selbst überlassenen Süden gelegt, sondern auch im Süden ein ethnisches Kategoriensystem installiert, auf dessen Grundlage Regionen innerhalb des Südens ganz unterschiedlich in das Kolonialsystem integriert wurden (Johnson 2011). Wie auch im Norden des Sudan basierte die britische Herrschaft im Süden auf einem System der indirect rule, in dem lokale Führer als Verwalter des britischen Kolonialreiches eingesetzt wurden. Anders als im Norden konnte die britische Kolonialregierung dabei jedoch nicht auf schon zu Zeiten der türkisch-ägyptischen Herrschaft (1821-1885) einflussreiche Autoritäten zurückgreifen, sondern musste erst entsprechende Strukturen schaffen (Johnson 2011: 22).

Im Rahmen der indirect rule wurde das Land in „Stammesgebiete“ aufgeteilt und chiefs und lokale Gerichte eingesetzt, in denen gemäß eines customary law Recht gesprochen wurde. Durch dieses System entstanden klar abgegrenzte ethnische Gruppen, die sich weniger über eine gemeinsame Sprache oder kulturelle Praktiken als über ein gemeinsam genutztes Territorium und ein gültiges Rechtssystem definierten. Die Kodifizierung eines „Stammesrechtes“ führte zudem dazu, dass ethnische Zugehörigkeiten an Bedeutung gewannen.

Innerhalb des Südsudan entwickelte die Kolonialregierung zwei unterschiedliche Systeme der Herrschaft (ebd.: 13). In den heutigen Bhar-El-Ghazal‑ und Upper-Nile-Gebieten, die überwiegend von Pastoralisten bewohnt werden, wurden den ernannten chiefs nur einige administrative Aufgaben wie das Eintreiben von Steuern übertragen, während in den meisten Gebieten Äquatorias paramount chiefs eingesetzt wurden, die weitreichende, auch politische Aufgaben innehatten (ebd.). Die ungleiche Einbindung unterschiedlicher Gebiete im Südsudan in das britische Kolonialsystem zeigte sich auch im Bildungssystem. Zu Beginn der Kolonisierung des Südens hatte das Kolonialsystem kaum Interesse an gebildeten SüdsudanesInnen, nur wenige, meist Kinder von Soldaten, wurden in Missions‑ und Koranschulen ausgebildet. Als sich dies in den 1920er Jahren langsam änderte und zunehmend auch Kinder der paramount chiefs und anderer kolonialer Beamter zur Schule gingen, blieb dies auf Äquatoria und den westlichen Teil Bahr El Ghazals beschränkt (ebd.: 15). Am Ende der Kolonialherrschaft war die größte Bevölkerungsgruppe des Südens, bestehend aus den Dinka sprechenden Gruppen, in der kolonialen Verwaltung kaum vertreten. Dies wurde jedoch lange nicht mit der ungleichen Einbindung in das Kolonialsystem, sondern mit kulturellen Unterschieden zwischen den ethnischen Gruppen im Südsudan erklärt. Britische Kolonialbeamte beschrieben die Nuer und die Dinka als rückständig und primitiv, während ÄquatorianerInnen als fortschrittlich und angepasst charakterisiert wurden ebd.: 19). Diese Zuschreibungen sind heute Teil des Selbstbildes von z.B. Bari geworden (s. Teil Bari). Diese Struktur blieb prinzipiell im postkolonialen Sudan bestehen – so stammten die ersten SüdsudanesInnen, die sich in Khartum ansiedelten, überwiegend aus Äquatoria.

ÄquatorianerInnen haben demzufolge auch eine spezifische Sicht auf die Geschichte des Südsudan. Für sie beginnt der Befreiungskampf der SüdsudanesInnen mit dem Ausbruch des ersten Bürgerkrieges (Mc Evoy & Murray 2008: 171), während die Sudan People’s Liberation Army (SPLA) und viele Dinka eher die Bedeutung des zweiten Bürgerkrieges herausstellen. Im ersten Bürgerkrieg kämpften in der Rebellenarmee Anyanya nicht nur überwiegend ÄquatorianerInnen, sondern dieser nahm mit der Rebellion in Torit 1955 auch seinen Ausgang in Äquatoria. Dieser Krieg endete 1972 mit dem Addis-Abeba-Abkommen und mit dem Regional Self Government Act, durch den eine einzige Provinz im Süden mit einer teilautonomen südsudanesischen Regierung mit Sitz in Juba geschaffen wurde (Johnson 2011: 41). Die ehemaligen Anyanya-Kämpfer, die überwiegend Äquatorianer waren, wurden in die sudanesische Armee integriert. Viele von ihnen ließen sich mit ihren Familien in Khartum nieder (ebd.: 42).

Als eine der Hauptursachen für den Ausbruch des zweiten Bürgerkriegs gilt die von Präsident Jaffar Nimeiri ausgerufene Dezentralisierung des Südsudan. Statt einer zentralen Regierung in Juba sollte der Südsudan in drei Verwaltungseinheiten aufgeteilt werden. Dabei berief sich Nimeiri auf die Unterstützung der ÄquatorianerInnen, deren Wunsch nach Dezentralisierung mit der Angst vor der Dominanz der Dinka begründet wurde (Johnson 2011: 51; Branch & Mampilly: 2005: 11). Mit der Dezentralisierung war auch die Aufforderung verbunden, sich in die jeweiligen „Heimatgebiete“ zu begeben; wer beispielsweise nicht aus Zentraläquatoria oder Juba stammte, sollte das Gebiet bzw. die Stadt verlassen. Es kam zu Unruhen und zu Übergriffen gegen die Dinka-Bevölkerung.

Die Dezentralisierung gilt als eine der Ursachen für die Gründung der SPLA. Für die Dinka war Juba seit Kolonialzeiten die unumstrittene Hauptstadt des Südens, während die Stadt für Bari Teil ihres ethnischen Territoriums war. Die Verhängung der Shari’a-Gesetzgebung, zeitlich nach der Gründung der SPLA, brachte jedoch auch viele ÄquatorianerInnen auf die Seite der SPLA. Allerdings war diese Sympathie für die SPLA in Äquatoria und insbesondere auch unter der Bari-Bevölkerung immer mit einem Misstrauen gegenüber der Dominanz der Dinka in der SPLM verbunden (Johnson 2011: 85; Branch & Mampilly 2005: 14; Leonardi 2007a). Viele Menschen, die zu ethnischen Gruppen in Äquatoria gehören (Bari, Zande, Achioli, Madi, Moru, Kuku) sehen bis heute die SPLM/A als ein Vehikel für Dinka-Herrschaft und beklagen sich darüber, wie sie von der SPLA während des Bürgerkrieges behandelt wurden (Branch & Mampilly 2005: 4). Das Image der SPLA, eine Dinka-Armee zu sein (Leonardi 2007b: 398), wurde zudem durch die Abspaltung einiger Teile der SPLA unter der Führung von Riek Machar, einem gebürtigen Nuer, und Lam Akol, einem Angehörigen der Shilluk, in eine neue Rebellenarmee – SPLA Nasir – verstärkt. Der nun entflammende blutige Konflikt, in dessen Verlauf mehr Menschen starben als durch Grausamkeiten der sudanesischen Armee (Jok & Hutchinson 1999: 127), wird auch heute überwiegend als ethnischer Konflikt interpretiert. Im Verlauf des Bürgerkrieges wurden so immer mehr Menschen damit konfrontiert, sich mit einer ethnischen Gruppe zu identifizieren und nicht mit einem südsudanesischen Kollektiv (Jok 2005: 151).

Zudem bleibt das Vertrauen der Bevölkerung Äquatorias in die Regierung auch nach dem Friedensabkommen gering; Regierungsvertreter werden z.B. beschuldigt, aktiv Viehdiebstähle durch Mitglieder ihrer eigenen ethnischen Gruppe zu unterstützen (Ochan 2007: 20). Eine generelle Willkür seitens der wechselnden staatlichen Autoritäten ist so in einigen Gebieten Äquatorias eine Konstante, unabhängig davon, von wem die Menschen regiert wurden.

Während des zweiten Bürgerkriegs kam es zudem zu großen Bevölkerungsbewegungen. Am Anfang des Bürgerkrieges wurde eine große Anzahl von Dinka nach Äquatoria umgesiedelt, um diese vor den Kämpfen weiter im Norden zu schützen. Dabei wurde teilweise die lokale Bevölkerung vertrieben (Mc Evoy & Murray 2008:17f). Während der Offensive der SPLA flohen 1992 viele Bewohnerinnen aus Juba nach Khartum. Ende der 1990er Jahre kam es in den Siedlungen um Juba verstärkt zu Übergriffen auf die Zivilbevölkerung, so dass viele Menschen in die Stadt ziehen mussten (­Martin & Mosel 2011: 3). Dementsprechend veränderte sich die Bevölkerungszusammensetzung in Juba und umliegenden Gebieten. Dinka-Flüchtlinge verdrängten zusehends Bari und andere ÄquatorianerInnen.

Nach dem Friedensabkommen kamen zunächst viele Flüchtlinge aus den Flüchtlingslagern in Kenia und Uganda sowie die ersten in Khartum ansässigen SüdsudanesInnen in den Südsudan. Viele ließen sich in Juba nieder. Nur eine kleiner Teil davon hatte jedoch vor dem Krieg dort gelebt (Martin & Mosel 2011: 4f). Nach dem Referendum im Januar 2011 kam es zu einem Massenexodus der im Norden lebenden SüdsudanesInnen. Viele von ihnen siedelten sich zunächst ebenfalls in Juba an. Im Zuge dieser großen Bevölkerungsbewegungen hat sich nicht nur die dort lebende Bevölkerung drastisch vermehrt, sondern auch ihre Zusammensetzung stark verändert. Die Situation in der Stadt gestaltet sich zusehends prekärer. Lebensmittelkosten, Mieten und Grundstückspreise sind gestiegen; es gibt keine funktionierende Wasser‑ und Stromversorgung. Korruption und Vetternwirtschaft sind an der Tagesordnung. Die Unzufriedenheit mit der Situation hat sich nach den Wahlen 2010 verstärkt, bei denen es zu Einschüchterungen unabhängiger Kandidaten und zu Fälschungen kam (Lacher 2011: 18). Die oben genannten Probleme und Veränderungsprozesse sowie eine unbefriedigende Sicherheitslage haben die Diskussion um die Rolle Jubas im Südsudan neu entfacht. Nach dem Tod von John Garangs, der für eine Verlegung der Hauptstadt nach Ramciel eintrat, wurde Juba zunächst als Hauptstadt des neuen Staates festgelegt. Diese Entscheidung war unter Bari sehr unpopulär und mit der Angst vor der Dominanz anderer ethnischer Gruppen – insbesondere Dinka – in ihren Siedlungsgebieten verbunden. Der Widerstand der Bari, der schließlich im September 2011 zu der Entscheidung führte, die Hauptstadt des Südsudan nach Ramciel zu verlegen, (de Kock 2011: 17), basiert auf der Vorstellung, Juba sei Teil ihres ethnischen Territoriums.

Die Idee von kulturell und ethnisch unterscheidbaren Orten, die aus der Praxis kolonialer und postkolonialer Politiken hervorgegangen ist, ist auch durch die Praxis der Rückführung von MigrantInnen aus dem Nordsudan und aus den Flüchtlingslagern verstärkt worden. Internationale Organisationen, z.B. die International Organization for Migration (IOM), gingen davon aus, dass alle SüdsudanesInnen Khartum verlassen und in ihre Heimatgebiete zurückehren sollten. „Heimatgebiete“ sind für die IOM die ethnischen Territorien, nur dort haben die returnees Anspruch auf Land. In der Debatte um die Rückkehr wurden so 2 Millionen in Khartum lebende SüdsudanesInnen als IDPs und damit nicht nur als ethnische Subjekte kategorisiert, sondern ihnen gleichzeitig die Anerkennung als StaatsbürgerInnen des Sudan verwehrt (Mamdani 2005).

Bari im neuen Südsudan

Bari leben in Zentraläquatoria und werden aufgrund einer gemeinsamen Sprache, bestimmter Rituale und kultureller Praktiken und ihrem Siedlungsgebiet am Weißen Nil als ethnische Gruppe definiert. Dazu zählen sowohl die Bari-Sprechenden als auch eine kleinere Gruppe, die so genannten Bari Proper.

Die Eigenwahrnehmung der von mir befragten Bari geschieht überwiegend in Abgrenzung zu Dinka, der größten ethnischen Gruppe im Südsudan. Dabei werden die Dinka sprechenden Gruppen meist als homogener monolithischer Block betrachtet. Die Auseinandersetzung mit den Dinka ist stark von der postkolonialen Geschichte des Südsudan geprägt, insbesondere von den Ereignissen, die dem zweiten Bürgerkrieg vorangingen. Zudem wurde die weitverbreitete Vorstellung, Dinka dominierten andere Gruppen, auch während des Bürgerkrieges propagiert und auf dieser Basis z.B. Mitglieder für regierungstreue Milizen mobilisiert (Jok 2005: 167). In ihrer Abgrenzung folgen Bari häufig den von der britischen Kolonialverwaltung vorgenommenen Zuschreibungen und bezeichnen Dinka z.B. als rückständig und primitiv.

Wie im britischen Kolonialsystem werden demgegenüber Bari und andere ÄquatorianerInnen auch innerhalb des postkolonialen Sudan als besonders anpassungsfähig charakterisiert.[2] Für die Bari-Identität ist zudem Bildung zentral (Leonardi 2007b: 396); dies dokumentieren die jährlich stattfindenden Graduierungsfeiern der Bari Community in Khartum. Die den Bari zugeschriebene Anpassungsfähigkeit wird zu Beginn meiner Feldforschung von den meisten Befragten, insbesondere von den Älteren, als positiv und als Zeichen ihrer Überlegenheit gegenüber anderen SüdsudanesInnen betrachtet. Im neuen Südsudan, der auf einer Symbolik des Widerstands gegen die arabisch-islamische Mehrheit gründet, gereicht dieses Image den Bari jedoch eher zum Nachteil. Denn Juba war nicht nur Garnisonsstadt und unter der Kontrolle der sudanesischen Armee, sondern viele Bari waren zudem als Soldaten und Polizisten in Khartum für den sudanesischen Staat tätig. Das Image, integriert zu sein, beinhaltet nun den Vorwurf der Kollaboration mit dem Feind sowie den der Assimilation und der Aufgabe der eigenen Kultur. Bari werden so von anderen auch als „arabisiert“ bezeichnet. Um diesem Image entgegenzutreten, stellen viele in den Interviews, die ich 2010 und 2011 in Khartum und Juba durchgeführt habe, die Beteiligung der Bari am Kampf und ihr durch den Krieg begründetes Leiden heraus. Wani, der während des Bürgerkriegs für die SPLM gekämpft und in einem Flüchtlingslager in Uganda gelebt hat, äußert sich im Juli 2010 folgendermaßen:

„Sie (die Bari, U.S.) waren hier in Juba. Die Araber haben ihnen das Leben schwer gemacht und sie sogar getötet. Auch die SPLM, sie hat Juba verkauft. Die meisten Menschen im Zentrum (in Zentraläquatoria, U.S.) haben wirklich gelitten. Was sie jetzt nur fordern, was sie wirklich wollen, ist eine Regierung. Eine Regierung, die dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Eine Regierung, die sich dem Volk gegenüber verantwortlich fühlt. Siehst du? Das ist alles, was die Leute wollen: eine Regierung, die respektiert wird. Wir wollen nicht mehr als das.“

Darüber hinaus beschreiben sich die von mir befragten Bari generell als besonders friedlich, ehrlich, hart arbeitend und gesetzestreu. Allerdings unterscheiden sich die Befragten hinsichtlich der Bewertung dieser Eigenschaften. Für die meisten älteren ist die Friedfertigkeit der Bari mit Stärke und einer gewissen Unversöhnlichkeit gepaart – auch hierbei wird auf die Geschichte verwiesen, wie Anthony erklärt, der 1986 nach Khartum kam und dort für die sudanesische Eisenbahn arbeitete. Auch diese Unversöhnlichkeit richtet sich wiederum gegen Dinka:

„Sie (die Bari, U.S.) sind friedfertig, und sie sind sehr tolerant. Sie können unterschiedliche Gruppen anerkennen. Aber in dem Moment, wenn sie wütend werden, werden sie niemals vergessen. Niemals […] Das ist mit den Dinka passiert. Wir schauen sie nur an, aber die Zeit wird kommen, da werden sich die Bari erheben.“

Dagegen stellt sich die jüngere Generation eher die Frage, ob die Friedfertigkeit der Bari nicht auch als Schwäche interpretiert werden kann:

„Ja, ich glaube, […] als ich im Exil war, haben andere Menschen gern unter uns Bari gelebt. Weil wir wirklich friedfertig sind. […] Aber natürlich, wenn du immer friedlich bist, nutzen das andere Menschen aus. Wenn du immer sagst, es ist okay, Gott wird es schon richten. Andere Menschen betrachten dies als Schwäche. […] Aber es ist nicht wirklich eine Schwäche, es ist keine Schwäche. So löst man Probleme. Und Gott kann nicht alle Menschen gewalttätig erschaffen. Es muss auch die Friedensstifter geben. Vielleicht sind wir Bari die Friedensstifter.“ (Wani)

Während die ältere und die jüngere Generation sich prinzipiell einig darin sind, dass Friedfertigkeit und Toleranz positive Eigenschaften sind, wird die Integrationsfähigkeit der Bari ambivalenter betrachtet. Richard, der in Khartum aufgewachsen ist, erklärt diese Eigenschaft mit der Art, wie die Bari in das koloniale System einbezogen wurden.

„Sie sind von den Briten beeinflusst worden. Die Briten haben sie als Beispiele betrachtet, als die, die immer das Richtige machen. So verhalten sich die Bari heute noch, und das ist nicht gut. Wenn ein Dinka Minister ist, kann er einfach seine Leute einstellen und auch das Gesetz brechen. Aber unsere Leute befolgen immer die Regeln. Sie sind besessen von solchen Dingen wie Regeln. Sie sind besessen davon.“

Die Integration der Bari in den kolonialen und postkolonialen Staat führt dazu – so die Meinung vieler junger Männer –, dass die eigene Kultur nicht an die jüngere Generation weitergegeben wird und Bari dadurch anderen ethnischen Gruppen wie z.B. Dinka unterlegen sind. Hierbei stellen viele Befragte die Tatsache heraus, dass junge Bari in Khartum, Juba und Kakuma gleichermaßen nicht mehr ihre Muttersprache sprechen. Grace, die während des Krieges in Uganda war und von dort die SPLM unterstützt hat, äußert sich folgendermaßen:

„Zum Beispiel sollte im Zentrum (Zentraläquatoria, U.S.) Bari gesprochen werden. Aber die Bari sind nur wenige und sie selbst sprechen ihre Sprache nicht. Die Jungen sprechen die Sprache nicht. Sie kennen sie nicht. Das ist ein weiteres Versagen der Bari. Sie bringen ihren Kindern die Sprache nicht bei. Wenn wir hingingen und diesen Kindern die Sprache beibrächten, dann gingen diese Kinder raus und sprächen diese Sprache. Jeder im Zentrum würde diese Sprache lernen […] Aber das Problem ist, dass sie ihre Sprache nicht sprechen. Aber die Dinka, hier in der Stadt: Sie sprechen ihre Sprache. Das bedeutet, langfristig werden wir von der Dinka-Sprache marginalisiert.“

Grace, die fließend Englisch und Arabisch spricht, kritisiert mit dieser Äußerung das Unvermögen der älteren Generation, Sprache und Kultur weiterzugeben, und sieht darin die Schwäche der Bari im neuen Südsudan begründet. Diese Kritik findet sich in vielen Interviews und wird insbesondere von jungen Männern geäußert. Die Äußerung von Grace macht auch deutlich, dass die Bari sich permanent mit den Dinka auseinandersetzen. Dinka sind dabei nicht nur die bösen Anderen, sondern auch ein Referenzrahmen für die junge Generation, an der die eigene Gruppe gemessen wird. In der Auseinandersetzung mit seinen Problemen als junger männlicher Bari konstruiert z.B. Richard in einem Interview im Februar 2007 in Khartum Dinka als ein positives Beispiel für eine ethnische Gemeinschaft:

„Ich kann nur sagen, dass die Dinka hilfsbereite Menschen sind. Es gibt auch bei ihnen Klassen, aber sie helfen sich. Aber Bari sind nicht hilfsbereit, weil sie keine Vision haben… Die Bari als eine Gruppe haben keine Vision. Sie sind Individualisten.“

Stephen, ein junger Mann, weist in einem Interview im Februar 2007 gleichermaßen auf die soziale Kohäsion der Dinka hin. Wie in vielen anderen Interviews äußert er in diesem Zusammenhang Kritik an der Schwäche der Bari als Gruppe und stellt die Rolle der jungen Generation bei der Lösung dieses Problems heraus.

„Die Bari… Unser ganzer Stamm sitzt herum und diskutiert und macht Pläne. Aber das Handeln ist das Problem… Wenn wir zusammen sitzen, sind alle bereit zu helfen… Wir können dies machen, und wir können das machen, aber danach nichts, nichts als der Plan. Einige Leute sagen, das Leben wäre einfach, wenn sie ein Dinka wären. […] Aber wir sind Bari…“

In Stephens und Richards Erzählungen wird die Schwäche der Bari als ein inneres Problem der Gruppe betrachtet. Dinka hingegen werden als positives Beispiel für soziale Kohäsion dargestellt. Für beide Männer und viele andere junge Bari ist zu Beginn meiner Feldforschung in Khartum Feindseligkeit gegenüber anderen ethnischen Gruppen ein Thema der Vergangenheit. In ihrem Alltag in Khartum verbringen junge Bari viel Zeit mit anderen SüdsudanesInnen. Es entstehen Freundschaften und Liebesbeziehungen. Joan, die in Juba aufgewachsen ist und in Khartum studiert, kritisiert in einem Interview im Januar 2008 die Engstirnigkeit der älteren Generation:

„Dieser ganze Hass… Wenn du einen Dinka liebst, dann sagen sie: ‘Wenn du einen Dinka-Jungen nach Hause bringst, dann werde ich dích töten.’ Der Krieg ist in ihren Köpfen. Der Hass ist immer noch da. Die ältere Generation muss sich ändern. Wenn sie so weitermacht, kommen wir nirgendwohin.“

Während in den ersten Interviews in Khartum die meisten Befragten je nach Kontext zwischen einer Beschreibung der Dinka als positives Beispiel für soziale Kohäsion und dem Negativimage primitiver aggressiver Menschen wechseln, sowie einige, besonders jüngere Frauen, zur Versöhnung aufrufen, vereinheitlicht sich der Diskurs in den Interviews, die ich 2010 und 2011 in Juba geführt habe, in Richtung einer negativen Abgrenzung. Überwiegend wird nun auf das Dominanzstreben der Dinka und der Notwendigkeit verwiesen, sich dagegen zu wehren. Dies kann auf bestimmte Ereignisse – z.B. die Ermordung von Polizisten, die einer Bari sprechenden Gruppe angehörten, in Yambio/Äquatoria durch SPLM-Soldaten im November 2007 oder auf die Gouverneurswahlen in Juba in April 2010 – zurückgeführt und damit erklärt werden, dass Ressourcen und politische Ämter zunehmend aufgrund ethnischer Zugehörigkeit vergeben werden. Darüber hinaus ist es nicht gelungen, die oft beschworene Gemeinschaft der SüdsudanesInnen mit Inhalten zu füllen, die über den Zusammenhalt gegen den gemeinsamen Feind hinaus gehen (Lacher 2011: 10). Die eigene Kultur und zunehmend auch die Erinnerung an eine gemeinsame Vergangenheit bleiben mit den kleinteiligeren ethnischen Gruppen (tribes) verbunden. Diese Verknüpfung von Kultur mit ethnischer Zugehörigkeit durchzieht auch die Appelle, die sich für Einheit der SüdsudanesInnen und die Überwindung ethnischer Konflikte aussprechen. Hierbei wird häufig ein Widerspruch zwischen Kultur und Tradition einerseits und der Einheit der SüdsudanesInnen und dem Aufbau einer neuen Nation andererseits konstruiert, wie es z.B. Thomas, ein junger, in Khartum geborener Mann in einem Interview im Februar 2008 äußert:

„Jetzt sind alle Südsudanesen im ganzen Land vereint. Und jetzt ist nach dem Friedensabkommen unsere Verfassung die wichtigste Sache, dass wir unser Land aufbauen. Aber wir müssen auch unsere Kultur bewahren…“

Die Verortung von Kultur und Tradition in den tribes ist tief im Alltagsverständnis der SüdsudanesInnen verwurzelt. Sie resultiert aus einer langen Geschichte der Ethnisierung von Politik im Allgemeinen und lokaler Konflikte im Besonderen. Sie geht zudem Hand in Hand mit der Aufteilung des Südsudan in ethnische Territorien.

„Jeder hat seinen Ort“ – Politics of Place

Wie oben ausgeführt, stehen nation building und ethnische Zugehörigkeit im derzeitig vorherrschenden Diskurs im Südsudan in einem anscheinend unüberwindbaren Widerspruch (Jok 2005). Dieser gefühlte Widerspruch zwischen dem Aufbau eines starken Südsudan einerseits und der Bedeutung von ethnischer Zugehörigkeit andererseits hat durch die Ereignisse während des Bürgerkrieges und nach dem Friedensabkommen neue Nahrung bekommen. Er ist eng verknüpft mit der Vorstellung, jedeR habe einen Ort, an den sie/er hingehört.

Diese Vorstellung bietet jedoch auch eine Perspektive für den Aufbau einer neuen Nation im Süden. Auch die Gemeinschaft der SüdsudanesInnen wird an einem Ort imaginiert. Im Exil, ob in Khartum oder in den Flüchtlingslagern in Uganda und Kenia, bezieht sich die Sehnsucht nach einem Ort, an dem man sich zugehörig fühlen kann, nicht immer auf ein ethnisches Territorium, sondern häufig auf das Gebiet des Südsudan insgesamt. Viele der von mir befragten SüdsudandesInnen empfinden so auch ein Gefühl der Zugehörigkeit, als sie zum ersten Mal den Südsudan betreten, z.B. Freddy, ein junger Bari, der in Khartum aufgewachsen ist:

„Als ich 2002 in den Süden ging, war dies das erste Mal für mich. Ich kam in Malakal[3] am Flughafen an. Ich sah, dass jeder auf dem Flughafen, die Polizisten und die Leute, die die Registrierung machen, dass sie alle Südsudanesen (southerners) waren. Ich habe mich zu Hause gefühlt. Hier (in Khartum, U.S.) gibt es in den Büros nur wenige Südsudanesen, sehr wenige. Dort sogar die Regierung… Es ist Heimat.“

Freddy fühlt sich im Südsudan zu Hause und imaginiert dabei eine Gemeinschaft der SüdsudanesInnen. Indem der Südsudan als Ort bezeichnet wird, an dem man sich zugehörig fühlen kann, wird jedoch gleichzeitig die Situation in Khartum als eine des displacement und Khartum als der Ort Anderer konstruiert. Hierbei greifen viele der Befragten auf essentialistische Zuschreibungen zurück, z.B. James, ein junger Mann, der in Khartum geboren wurde und zum Zeitpunkt des Interviews im März 2008 noch nie im Südsudan gewesen ist:

„Es ist dort (in Juba, U.S.) anders als in Khartum. Das Wetter ist besser. Es ist nicht so heiß wie hier, aber auch nicht so kalt, wie es hier im Winter ist. Wir Südsudanesen, wir leiden im Winter. Es ist zu kalt für uns. Daran siehst du, dass wir uns am falschen Ort befinden, nicht nur psychologisch, sondern auch physisch. Wir sind nicht für das Wetter in Khartum gemacht.“

In dieser Aussage von James werden Orte zwar mit bestimmten Volksgruppen essentialistisch verknüpft, dabei bezieht er sich jedoch auf die Gruppe der SüdsudanesInnen, nicht auf tribes und die entsprechenden ethnischen Territorien. James knüpft damit zum einen an seine Erfahrungen in Khartum an: Hier werden die SüdsudanesInnen als eine homogene Gruppe betrachtet. Zum anderen beinhaltet die Aussage auch die Vision eines Heimatlandes für alle SüdsudanesInnen. Gleichzeitig werden jedoch mit seiner Äußerung, er befinde sich am falschen Ort, seine bisher gemachten Erfahrungen entwertet, die sich auf den Nordsudan und Khartum beschränken.

Im Laufe meiner Feldforschung verschiebt sich die Imagination eines Ortes, an dem man sich zugehörig fühlt, von einem Land der SüdsudanesInnen zu Orten der Identifikation, die mit ethnischen Zugehörigkeiten verknüpft werden. Die Vision von einem Ort, an dem man Diskriminierung und Marginalisierung entgehen und volle Bürgerrechte genießen kann, weicht zusehends einer ethnischen Politik der Verteidigung von Ressourcen und Rechten an Orten, die als Teil eines ethnisches Territorium begriffen werden.

Die Imagination der Gemeinschaft der SüdsudanesInnen beinhaltet neben essentialistischen Zuschreibungen auch eine Vision für die Zukunft, ein Widerstandspotential, dass sich nicht nur gegen die Mehrheit der NordsudanesInnen richtet, sondern auch althergebrachte Vorstellungen in der eigenen Gruppe herausfordert (s. dazu auch Schultz 2008; 2010a). Dagegen setzt die Imagination eines ethnischen Territoriums mit dem Anspruch der exklusiven Nutzung durch die eigene Gruppe an der Vergangenheit an. Zudem betonen die Befragten in diesem Zusammenhang häufig nicht nur den Wunsch, an einen Ort zurückzukehren, sondern fordern auch, dass andere diesen verlassen und an die ihnen zugeschriebenen Orte gehen sollen. In einer Diskussion um das Problem der Landverteilung in Juba äußert sich z.B. Alice, die im Dezember 2010 nach einer langen Zeit im Nordsudan nach Juba zurückgekehrt ist, im Juni 2011 folgendermaßen:

„Das Problem ist, dass die Dinka überall sein wollen (stay in many places). Aber die Dinka haben ihren Ort (place). Hier ist der Ort der Bari; Juba gehört den Bari.“

Alice, die als junges Mädchen in Juba zur Schule gegangen ist, beschwört in diesem Zusammenhang eine Vergangenheit herauf, in der in Juba Bari und keine andere Sprache gesprochen wurde. Interessanterweise erwähnt sie in diesem Kontext nicht die in Juba lebenden jellaba (aus dem Nordsudan kommende Händler) und Arabic Juba als Lingua Franca der Stadt, sondern bezieht sich bei ihrer Forderung, andere sollten den Ort der Bari verlassen, allein auf die Gruppe der Dinka, die sich verstärkt während des Bürgerkrieges und nach dem Friedensabkommen 2005 in Äquatoria niedergelassen haben.

Viele der von mir Befragten berufen sich in ihren Erzählungen unmittelbar auf die Geschichte des Südsudan und dabei insbesondere auf die Vorkommnisse, die dem Ausbruch des zweiten Bürgerkrieges vorangingen. Bei der Schilderung der Probleme, die RückkehrerInnen in Juba haben, holt z.B. Tombe, der seit 1996 im Flüchtlingslager in Kakuma lebt, in einem Interview im Mai 2011 weit aus und bezieht sich unmittelbar auf die Ereignisse vor dem Ausbruch des zweiten Bürgerkrieges:

„Dann haben Bari-Politiker sich entschieden zu protestieren, denn Nimeiri hatte die Verwaltung dezentralisiert. Die Aufforderung lautete, die aus Jonglei sollen nach Jonglei gehen, die von Upper Nile nach Upper Nile, die aus Bahr El Ghazal nach Bhar El Ghazal. Die Leute aus Upper Nile und Malakal haben sich als erste auf den Weg gemacht. Sie haben ihre Sachen genommen. Sie sind nach Malakal gegangen. Die aus Bhar El Ghazal sind auch gegangen, aber die Dinka Bor haben gesagt, sie wollen Juba nicht verlassen. […] Sie haben gewartet, bis das Ultimatum abgelaufen ist. […] Wenn du jemanden getroffen hast und hast entdeckt, dass er von dort kommt. […] Wirklich, bis dahin wusste ich nicht, was ein Massaker, ein Völkermord ist. […] Die Kämpfe dauerten fast drei Tage, einige Menschen wurden verbrannt. Wir waren nicht glücklich. Wir haben ihnen gesagt, dass sie weggehen sollen. Sie sind dann schließlich weggegangen. Dann haben sie begonnen, die zweite Bewegung aufzubauen.“

Diese Aussage macht deutlich, dass bei der Frage der Dezentralisierung und der Auflösung der teilautonomen Regierung des Südsudan durch Nimeiri die zu dieser Zeit in Juba lebende Bari Community und die SPLM auf unterschiedlichen Seiten standen. Während Tombe sich auch im Jahr 2011 auf die Seite der kokora stellt und sich darauf auch in der aktuellen Auseinandersetzung um Juba beruft, heben andere auf die mit einer solchen Haltung verbundenen Probleme und die Instrumentalisierung ethnischer Zugehörigkeiten ab, z.B. Grace im Juli 2010:

„Sie wollten die Äquatorianer und die Dinka spalten. Kokora kommt aus der Bari-Sprache. Es bedeutet, etwas zu teilen. Die Leute sollten zu ihren Orten gehen. Ich denke, dass die Leute damals nicht so gut informiert waren. Das sieht man daran, was heute passiert. Jeder soll wieder in seinen oder ihren Staat gehen. Es ist das Gleiche. Es ist wie damals, weil Politiker damit spielen und die Menschen nicht aufklären und die Araber (mundukurru) machen das, damit die SüdsudanesInnen sich selbst hassen. Und das beeinflusst uns heute. Es beeinflusst die Leute bis zum heutigen Tag.“

Grace erklärt die ethnischen Konflikte im Südsudan mit einer Politik des „Teile und Herrsche“ seitens der Regierung in Khartum. Dieses Erklärungsmuster findet sich häufig in den Interviews, die ich am Anfang meiner Feldforschung in Khartum durchgeführt habe. Im Verlauf meiner Feldforschung, insbesondere in den Interviews in Juba und Kakuma, wird diese Vorstellung zusehends von essentialistischen Zuschreibungen verdrängt. In diesen wird die Gefahr einer Dominanz der Dinka beschworen, die aus deren Kultur und Andersartigkeit resultiere. Nelson, ein junger Mann, äußert sich z.B. in einer Gruppendiskussion im April 2009 folgendermaßen:

„Nein, wir wollen wegen dieser Leute, den Dinka, nicht, dass Juba die Hauptstadt wird, wegen des Stamms der Dinka… Sie töten und massakrieren Menschen. Es herrscht große Unsicherheit, besonders in Juba. Sogar in unseren Gebieten haben wir keine wirkliche Freiheit. […] Wir mögen keinen Krieg, aber so wie dieser Stamm ist: […] Die Dinka möchten den ganzen Südsudan erobern.“

Deutlich wird in den Erzählungen auch, dass die Vorstellung, jeder solle an seinem Ort leben, durch die Ereignisse nach dem Friedensabkommen neue Nahrung bekommen hat. Besonders für die im Exil lebenden Bari war der Bürgerkrieg eine Zeit, in der andere Zugehörigkeiten im Mittelpunkt standen. So ist zunächst die Bereitschaft zu beobachten, die Vergangenheit zu vergessen und auf diese Erfahrungen aufzubauen, wie Wani schildert, der als Kindersoldat für die SPLM kämpfte:

„Da gibt es, weißt du, so einen Geist, wenn du in einem anderen Land bist. Du nimmst einfach an, dass du zusammengehörst. […] Wir waren einfach Sudanesen, du bist mein Bruder und du bist meine Schwester. Weißt du, aber als wir hierher kamen, es war das Gegenteil. Die Menschen sind gespalten wegen ihrer Stämme. Dies sind Dinka, und das sind Bari… Es ist so, weil dieser Geist verschwunden ist. Und ich frage mich, warum er verschwunden ist. Aber weißt du, wir, die von dort kommen, wir haben immer noch eine Verbindung. Denn wenn du kämpfst, dann gibt es keine Stämme. Wir haben uns Kameraden genannt. Aber wir wollen auch keine andere Vorherrschaft haben. Soll es jetzt eine andere Vorherrschaft geben? War das der ganze Kampf wert? […] Sollte eine Gruppe dominieren? Ist das gerechtfertigt?“

Die Erfahrungen, die Wani nach seiner Rückkehr aus dem Exil in Uganda in Juba gemacht hat, haben zu einem Perspektivwechsel geführt. Er hat trotz guter Bildungsabschlüsse und seines Engagements für die SPLM keine Arbeit bekommen. Darüber hinaus mangelt es ihm an den nötigen Ressourcen und sozialen Beziehungen, um zu heiraten. Ihm wird damit das Erwachsen-Werden verwehrt. Die erlebte Ausgrenzung bezieht er jedoch allein auf seine ethnische Zugehörigkeit, nicht auf seine lange Abwesenheit oder die Bildungsabschlüsse in Uganda, die im Südsudan zum Teil nicht anerkannt werden. Er schließt sich damit einem immer stärker werdenden Diskurs um die Dominanz der Dinka und die Ausgrenzung der Bari und anderer Äquatorianer im neuen Südsudan an.

„Wir dachten, dass sich vielleicht diese Haltung ändert. Aber wenn du realistisch bist und all diese Minister siehst, die Botschafter, das ist das, was die Versammlung der Äquatorianer herausgestellt hat. Sie fühlen, dass sie marginalisiert sind und dass dieses System übernommen werden muss, die Territorialisierung, daran könnten sich die Leute gewöhnen. Sie entwickeln ihre Gegend und noch vieles mehr.“

Die Lösung für die Marginalisierung der Bari sieht Wani – hier knüpft er ganz unmittelbar an die kokora an – in der „Territorialisierung“: die Verteilung ethnischer Gruppen auf ethnische Territorien. Die Vorstellung „JedeR hat einen Ort“ wird immer mehr zu einem politischen Programm und immer häufiger als Lösung für die Probleme der Bari betrachtet. Damit wird auch ein gemeinsamer Widerstand aller SüdsudanesInnen gegen Korruption und Vetternwirtschaft unmöglich.

Die damit verbundenen Konfliktlinien zeigen sich ganz besonders in der Diskussion um Juba, die von den Bari als Teil ihres Siedlungsgebietes, von den Vertretern der SPLM und der südsudanesischen Regierung als Symbol für die Einheit und Diversität der neuen Nation betrachtet wird.

„Juba ist unser Ort“

Im Februar 2008 wurde erstmals die Auseinandersetzung um Juba als Hauptstadt des Südsudan und die damit einhergehenden Interessen und Zugehörigkeitsdiskurse in einem Interview erwähnt. Für mich kam dies überraschend, da Richard zunächst ganz andere Schwerpunkte in seiner Erzählung gesetzt hatte. Für ihn stand zu Beginn die Frage der Befreiung von der arabisch-islamischen Herrschaft im Mittelpunkt, wobei er einen mentalitätsbedingten Gegensatz von Arabern und Afrikanern konstruiert:

„Wir haben keinerlei Beziehungen zu Arabern. Es gibt nur dann Beziehungen, wenn wir ein gemeinsames Interesse verfolgen, aber es gibt keine emotionalen Bindungen. Es gibt keine guten und keine schlechten Erfahrungen. Wir sind einfach getrennt; sie gehen arbeiten, und danach gehen sie in ihre communities und zu ihren Familien. Sie mischen sich nicht mit uns. Aber wir Südsudanesen, wir gehören zusammen; diese Trennung ist nur zwischen den Arabern und uns.“

Am Ende des Interviews betont Richard jedoch plötzlich die Bedeutung der kleinteiligeren, ethnischen Zugehörigkeiten und bezieht sich dabei auf die Frage, ob Juba die Hauptstadt des Südsudan sein sollte:

„Ja, es ist sogar meine Vorstellung, dass Juba nicht die Hauptstadt des Südsudan sein soll. Das ist so, weil 1983 Juba schon die Hauptstadt des Südsudan war, und es zu dieser Zeit zum Konflikt zwischen einigen Stämmen im Süden kam. Es ist nicht gut, wenn Juba die Hauptstadt ist, weil es nicht gut ist, wenn die Menschen im Südsudan sich mischen. Das ist der Grund, weshalb ich glaube, dass die Regierung gehen und einen anderen Ort als Hauptstadt suchen sollte. Das wäre besser. Der neue Ort sollte der Kern (nucleus) für einen neuen Sudan sein, wo die Menschen sich mischen und auch untereinander heiraten können. Aber in Juba ist das nicht möglich.“

Trotz seiner Vorstellung, Juba eigne sich nicht als Hauptstadt, folgt Richard der Vision eines neuen Südsudan. Die Geschichte Jubas verhindere jedoch, dass diese Stadt der Ort wird, an dem diese Vision imaginiert werden kann. Juba ist ein Ort, an dem sich ethnische Zugehörigkeiten manifestieren, es ist der Ort der kokora; er taugt daher nicht als Ort, in dem sich die Einheit der SüdsudanesInnen symbolisch vollziehen kann. Den Bari gehört nicht nur das Land in Juba, sondern Juba ist auch als das Land der Bari symbolisch besetzt. Es muss deshalb einen anderen Ort geben, auf den Richard seine Vision einer südsudanesischen Nation richten kann, einen Ort, den er nicht benennen kann. Während Richard in seiner Erzählung versucht, seine ethnische Zugehörigkeit mit der Vision eines neuen Südsudan zu versöhnen, wird in anderen Erzählungen die Forderung, Juba solle nicht die Hauptstadt des Südsudan sein, mit einer deutlichen Botschaft an andere ethnische Gruppen verknüpft. In einer Gruppendiskussion mit fünf Studenten in Khartum im August 2009 äußert sich Wilson in diesem Sinne:

„Juba gehört den Bari. Und normalerweise […], weil Juba jetzt die Hauptstadt ist, verlieren die Bari ihren Ort (become displaced). Die Regierung fordert uns auf wegzugehen, und sie nimmt uns unser Land. Das ist ein Grund. Deshalb können wir nicht akzeptieren, dass Juba die Hauptstadt ist. Der zweite Grund ist die Unterdrückung der Menschen. Wenn es zum Beispiel um Arbeitsplätze geht: Da gibt es bestimmte Leute, die nicht nach Juba gehören. Sie arbeiten in Büros ohne irgendeine Ausbildung. Nur weil du der Bruder von jemand bist, bekommst du einen Job. Das ist der Grund, warum ich nicht akzeptieren kann, dass Juba die Hauptstadt ist.“

Die Identifikation mit Juba als Ort der Bari folgt in den Erzählungen einem bestimmten Muster. Konkrete Probleme werden z.B. in Wilsons Erzählung unmittelbar mit der Tatsache verknüpft, dass Juba die Hauptstadt ist:

„Um nochmal zu erläutern, was ich vorher über Juba gesagt habe: Wir müssen zugeben, dass die HIV-Ansteckung zunimmt. Das wirkt sich auf unser Volk aus. Menschen, die Geld haben, sprechen mit unseren Frauen. So wird HIV übertragen und am Ende sterben die Menschen. Aber wenn die Hauptstadt verlegt wird, dann wird dieses Risiko kleiner. Es werden keine Fremden mehr kommen.“

Der Diskurs verengt sich zudem im Laufe der Feldforschung und mündet in einigen Erzählungen in die Befürchtung, es bedeute den Untergang der Bari, wenn Juba die Hauptstadt des Südsudan bleiben sollte. Santo, der nach einer langen Zeit in Uganda 2009 nach Juba zurückkehrt ist, greift in einem Interview im Juli 2010 auf diese Analogie zurück:

„Eine Hauptstadt, das kann vom ethnischen Standpunkt nicht funktionieren. Denn wenn die Leute diese Vorstellung haben, dann können sie sagen, dass die Bari Leute sind, die ihnen kein Land geben, obwohl sie hier bleiben wollen. Aber die Bari sagen, wenn es sich um die Hauptstadt handelt, dann geben wir Euch Land. Und dann nehmen sie und nehmen sie. Und die Bari akzeptieren das, weil sie in Frieden leben wollen. Deshalb denke ich, dass es nicht gut ist, wenn Juba, die Hauptstadt wird, denn schließlich würden die Bari ausgemerzt werden.“

Auch wenn die Aneignung von Land durch die südsudanesische Regierung durchaus auf der Tagesordnung steht, so ist der Prozess der Landnahme dadurch behindert, dass Landregistrierung und Landverkauf heikle Themen für Regierung und SPLM sind. Sie sind zentral für ihre Glaubwürdigkeit, da die SPLA im Bürgerkrieg dafür kämpfte, das Land an das Volk (people) zurückzugeben (Pantuliano 2009: 153), wobei im Alltagsverständnis unter Volk die jeweiligen tribes verstanden werden. Damit stellte sich die SPLM gegen die Position der Regierung in Khartum, das alles Land dem sudanesischen Staat gehöre. Dieser Position entsprechend ist zumindest die Gesetzeslage eindeutig; seit 2009 gilt ein Gesetz, das die Rechte der ethnischen communities auf das Land herausstellt (Martin & Mosel 2011: 17).

Während in Juba selbst häufig zu land grabbing kommt – returnees finden ihr Grundstück z.B. an SPLA-Soldaten vergeben (Pantuliano 2009: 158; Martin & Mosel 2011: 5; de Kock 2011: 17) – können die communities im Umland nicht nur die Ausdehnung der Stadt, sondern auch zum Teil land grabbing durch private Investoren verhindern. Bari, die im Umland von Juba über das Land verfügen, bilden jedoch keine homogene Gruppe (vgl. Pantuliano 2009: 162). Sie setzen sich aus returnees aus Khartum, Uganda oder Kenia, Menschen, die während des Krieges in Juba gelebt und zum Teil für die sudanesische Regierung gearbeitet haben, und SPLA-Kämpfern zusammen. Die in den ländlichen Gebieten verbliebenen Menschen mussten zudem während des Bürgerkriegs ihre Siedlungen verlassen und sich in bewachten Dörfern und Camps niederlassen, z.B. in Rajaf 10 km südlich von Juba. Zudem ging die Grenze zwischen dem Gebiet, das von SPLM/A, und demjenigen, das von der sudanesischen Armee kontrolliert wurde, mitten durch das Land der Bari.

Nach dem Friedensabkommen hat nun ein Prozess der Reorganisation dieses Raumes begonnen. Returnees und in Juba ansässige Bari machen ihre Ansprüche auf Land geltend. Regierungsangestellte und ehemalige SPLA-Kämpfer versuchen sich gleichermaßen Land anzueignen. Es wurde zudem früher nicht von chiefs verteilt, sondern war mit bestimmten Klans oder auch spirituellen Führern verbunden (ebd.). In den Verhandlungen mit der südsudanesischen Regierung und der Regierung von Zentraläquatoria vertreten jedoch die chiefs die Interessen der Bari (ebd.) Den einzelnen communities gelingt es mehr oder weniger gut, die zum Teil noch von der Regierung in Khartum eingesetzten chiefs zu kontrollieren (Martin & Mosel 2011: 11) und zu verhindern, dass diese Land verkaufen und den Erlös in ihre eigene Tasche wirtschaften. Die Vorstellung, dass Land der community gehört, gibt den Menschen jedoch ein Instrument in die Hand, nicht nur land grabbing, sondern auch den Verkauf durch einzelne chiefs zu verhindern. So konnte ich im Sommer 2011 an einer Versammlung in Rajaf teilnehmen, bei der darüber entschieden wurde, ob und unter welchem Bedingungen Land an einen privaten Investor abgegeben werden sollte. Im Jahr 2010 wurde ich ebenfalls in Rajaf Zeuge einer Auseinandersetzung um ein Stück Land, das sich ein SPLA-Kommandeur angeeignet hatte. Der Streit endete damit, dass der Kommandeur das Land zurückgeben musste.

Gleichzeitig leben in Rajaf jedoch auch Bürgerkriegsvertriebene, Angehörige der Dinka, deren Verbleiben in Rajaf zwar nicht explizit in Frage gestellt wurde, die aber als displaced people kategorisiert werden. Damit kann ihnen jeglicher Anspruch auf Land abgesprochen werden. Hierin zeigt sich die Ambivalenz des Diskurses um kommunale Landrechte. Lokalen AkteurInnen steht damit ein Instrument zur Verfügung, sich gegen land grabbing durch private Investoren und korrupte Staatsbeamte zu wehren, gleichzeitig wird jedoch anderen lokalen AkteurInnen das Recht abgesprochen, Land zu nutzen.

In den Interviews wird zudem deutlich, dass die Ausdehnung der Stadt Juba als Bedrohung und als großes Problem für die Bari betrachtet wird: Durch die Ausdehnung der Stadt kann Land, das bisher unter der Jurisdiktion der Bari Community stand, als städtisches Land verteilt werden. In diesem Kontext wird es als ganz besonders wichtig für das Überleben der Bari als Gruppe bezeichnet.

Jada, der aus Rajaf kommt, im Bürgerkrieg für die SPLM gekämpft hat und heute eine kleine Farm auf dem Land seines Vaters betreibt, bezeichnet in diesem Zusammenhang die Bari als indigenes Volk, eine Bezeichnung, die sich verstärkt in den Interviews seit 2010 weiderfindet.

„Und jetzt, wo die Stadt sich ausdehnt und die ganzen juristischen Dinge auf uns zukommen. Wenn du dann nicht das richtige Dokument hast, dann bist du draußen. Und dann weiß ich nicht, was mit uns Indigenen passiert, ob sie geschützt werden oder nicht. Das wissen wir nicht.“

Gudele und Jebel: Aneignung von Orten

Jadas Geschichte zeigt, dass es auch darum geht, sich Orte der Identifikation als locations zu erschließen. So hat Jada angefangen, das Land, das seine Familie vor dem Krieg genutzt hat, wieder urbar zu machen. Obwohl er weiter mit seiner Frau und seinen Kindern in Kator, einem der älteren Stadtteile von Juba, wohnt, hat er mit dem Anbau von Gemüse und Obst auf einen Stück Land in Rajaf begonnen. Für Jada sind die Identifikation mit Juba und sein Handeln, das sich auf den Aufbau sozialer Beziehungen und die Erschließung materieller Ressourcen in Juba und Rajaf richtet, eng miteinander verknüpft sind. Auch wenn er selbst einen großen Teil seines Lebens an anderen Orten verbracht hat, so gelingt es ihm durch alte und neue Beziehungen – Jada hat eine Frau aus Rajaf geheiratet –, sich Juba und Rajaf als Lebensräume anzueignen, mit anderen Worten: das zu tun, was Laura Hammond (1999) „emplacement“ nennt. Mit dem Rückgriff auf Zugehörigkeiten und mit den entsprechenden Orten, an denen diese imaginiert werden, schafft er sich locations, an denen er Beziehungen eingehen und sich materielle Ressourcen erschließt.

Für einige der von mir Befragten bedeutete die Ankunft in Juba nach einer langen Zeit, die sie in den Flüchtlingslagern in Uganda oder Kenia oder in Khartum verbracht haben, eine Rückkehr im eigentlichen Sinn. Sie kehren an einen Ort zurück, den sie mit konkreten Erinnerungen verknüpfen. Sie bauen auf soziale Beziehungen auf, die aus der Zeit stammen, als sie in Juba lebten. Gleichzeitig basiert das Gefühl heimzukehren häufig darauf, auf bestimmte Ressourcen wie ein Grundstück oder ein Haus zurückgreifen zu können, wie z.B. Grace beschreibt:

„Heimat, Heimat ist wirklich etwas besonderes (home is home). Ich bin wirklich sehr glücklich, wieder zu Hause zu sein. In Uganda habe ich zur Miete gewohnt. Die Kinder müssen Schulgebühren bezahlen. Wir zahlen für Essen, für alles. Und manchmal, wenn ich kein Geld hatte, kam der Hausbesitzer und hat mich einfach rausgeschmissen. Aber hier (in Juba, U.S.), selbst wenn ich kein Geld habe, fühle ich, dass ich zu Hause bin. Und das hier ist mein Haus, ich muss nicht zur Miete wohnen. Das Haus ist hier. Und Gott wird alles segnen. Und selbst wenn ich in ein anderes Haus ziehen müsste, sind hier meine Leute. Wir kennen uns. Ich weiß, was hier los ist. Zu Hause zu sein, ist einfach schön. Ich bin glücklich. So wie es jetzt ist, fühle ich mich zu Hause.“

Während Grace auf soziale Netzwerke und Erinnerungen in Juba zurückgreifen kann, können dies andere returnees nicht. Sie haben die meiste Zeit ihres Lebens in Khartum verbracht. Returnees versuchen deshalb häufig, an ihre Erfahrungen in Khartum anzuschließen. Neu erschlossene Siedlungsgebiete in Juba werden zu bevorzugten Zielen der returnees. Hier wird versucht, das nachbarschaftliche Leben zu rekonstruieren, das die Menschen aus ihren Vierteln in Khartum gewohnt sind.

Diese Orte wie z.B. Gudele und Jebel werden zu Orten der returnees. Bei der Beschreibung ihres Lebens in Jebel betont z.B. Alice, die im Januar 2011 von Khartum nach Juba gekommen ist, ihre Verbundenheit mit anderen returnees aus Khartum:

„Weißt du, hier nach Jebel kommen viele Leute aus Khartum. In Jebel und in Gudele sind die meisten Leute aus Khartum. Bevor wir kamen, hat hier keiner gewohnt. Nach dem Friedensabkommen sind die Leute hierhergekommen und haben Grundstücke bekommen. Die meisten sind aus Khartum gekommen. Hier die Nachbarin kommt aus Khartum, dort die Nachbarin auch. Wir verstehen uns, weil wir alle aus Khartum kommen.“

In der Beschreibung ihres Lebens in Jebel bezieht sich Alice nicht auf ihre ethnische Zugehörigkeit, wie sie dies in anderen Zusammenhängen tut, sondern auf gemeinsame Erfahrungen, die sie mit ihren NachbarInnen verbindet. Dabei entsteht eine neue imaginierte Gemeinschaft, die der returnees aus Khartum.

Somit sind Gudele und Jebel nicht nur Orte, wo returnees versuchen, an ihre Erfahrungen in Khartum anzuknüpfen, sondern werden auch zu Orten der Identifikation. Sie werden auch aus der Ferne imaginiert. So verweisen einige Befragte, die im Mail 2011 noch in Khartum lebten und große Bedenken hatten, nach Juba umzusiedeln, auf die Möglichkeit, in Gudele ein Leben wie in Khartum zu führen, so z.B. Janice, die erst kurz vor meinem Interview aus Khartum nach Juba gekommen ist und mit ihrer Familie im Stadtteil Munuki wohnt:

„Gudele ist wunderschön, weil dort alle Leute aus Khartum kommen. Sie reden auf eine angenehme Art, aber hier (in Munuki, U.S.) ist das nicht so. Aber ich kann nicht nach Gudele gehen, weil ich dort kein Land habe.“

Janice verweist mit ihrer Äußerung zudem darauf, dass viele der returnees noch nach einem Ort suchen, an dem sie sich zu Hause fühlen können.

Keinen Ort haben

Das Gefühl, zu Hause zu sein, sich an einem Ort zugehörig zu fühlen, resultiert nicht nur, wie z.B. im Fall von Grace, aus der Rückkehr an einen vertrauten Ort und zu bekannten Menschen, sondern ist eng mit Zugehörigkeitsdiskursen verknüpft. Es stellt sich dann nicht ein, wenn einem die Zugehörigkeit abgesprochen wird. Viele returnees – insbesondere die, die lange im Nordsudan gelebt haben – erleben diese Form der Zurückweisung. Sie werden als nicht zugehörig betrachtet und z.B. als „jellaba“ (Araber) bezeichnet. Festgemacht wird dies an der Art, sich zu kleiden, an bestimmten Verhaltensweisen oder an der Sprache. Besonders die jüngeren returnees sprechen nicht Arabic Juba, sondern das in Khartum übliche Arabisch. Während sie sich in Khartum dadurch positiv von anderen SüdsudanesInnen absetzen konnten (Schultz 2008), werden sie in Juba deshalb als jellaba beschimpft.

Foni, die erst 1986 als erwachsene Frau nach Khartum kam und schon 2008 nach Juba zurückgekehrt ist, beschreibt diese Situationen folgendermaßen:

„Sogar zu uns sagen die Leute: ‘Guck dír diese Jellaba an’, wenn wir das Arabisch aus Khartum sprechen. Sie nennen uns Jellaba. Sie kennen das Arabisch aus Khartum nicht, und wenn wir sprechen, sagen sie, wir wären Araber. Wenn dích jemand so nennt, dann bleibst du einfach ruhig. Denn, wenn du anfängst zu streiten, wird es noch schlimmer.“

Das Gefühl, nicht am richtigen Ort zu sein, resultiert jedoch nicht nur aus Zuschreibungen, sondern auch aus erlittenen Zurückweisungen und einem Gefühl der Fremdheit. Die Zurückweisungen werden, anders als im Fall von Wani, nicht auf die ethnische Zugehörigkeit zurückgeführt, sondern auf die Tatsache, eine lange Zeit in Khartum gelebt zu haben. Dieses Gefühl gibt Jenny, die in Khartum geboren ist, dort zur Schule besucht und studiert hat und schließlich im Januar 2011 nach Juba kam, in einem Interview im Juli 2011 wieder:

„Für mich ist manchmal schwierig, wenn ich eine Arbeit suche. Manchmal schauen sie sich meine Urkunden an und sehen, dass sie aus Khartum sind. Sie sagen: ‘Du bist aus Khartum. Was machst du hier? Warum bist du nicht mit diesen Arabern zusammen?’ Hier ist ein verrückter Ort.“

Anders als Wani, der die Zurückweisung auf dem Arbeitsmarkt auf seine ethnische Zugehörigkeit bezieht, verweist Jenny auf ihre Zugehörigkeit zur Gruppe der returnees. Ihr Unbehagen bezieht sich jedoch im Laufe des Interviews nicht nur auf die vorgenommenen Zuschreibungen, sondern auch auf die Erfahrung, sich fremd zu fühlen. Dabei erlebt sie ebenso wie in den Erzählungen, die ethnische Zugehörigkeit in den Mittelpunkt stellen, Juba als einen unfreundlichen und gefährlichen Ort, den sie jedoch mit ihrer Nachbarschaft in Khartum (location) vergleicht, während in den ethnischen Diskursen eher eine Vergangenheit heraufbeschworen wird.

„Ich mag Juba, aber die Menschen sind anders hier. Sogar die Verwandten halten dich auf Abstand. In Khartum haben die Menschen eine gute Beziehung zueinander. Sie grüßen sich. Leute, die sich kennen grüßen sich. So wie die Menschen miteinander umgehen, das ist besser. Wenn du etwas von jemanden brauchst, insh’allah, auch von jemanden aus dem Norden. Wenn du ihn fragst, dann gibt er dír etwas. Die Menschen helfen dír, aber hier nicht. Hier ist jeder für sich, die Leute helfen sich nicht.“

Dabei zeigt sich häufig ein ambivalentes Verhältnis, das besonders die jungen returnees zu Juba haben. Evelyn, eine junge Frau, die in Khartum aufgewachsen ist, bezieht sich zum Beispiel in einem Interview im September 2009 in Khartum einerseits auf eine imaginierte Heimat im Süden (places of imagination), andererseits verweist sie auf ihre Erfahrungen in Khartum:

„Als ich nach Juba kam, als Erwachsene, da habe ich mich wirklich zu Hause gefühlt, aber leider ist es nicht sicher dort. Viele Gegenden sind nicht sicher. Aber hier (in Khartum, U.S.) fühle ich mich irgendwie besser. Hier bin ich zur Schule gegangen. Hier fühle ich mich wohler. Hier ist es besser als dort.“

Obwohl Evelyn sich in Khartum wohler fühlt – dort lebte sie mit ihren Eltern noch im Dezember 2011 – und dies während des Interviews immer wieder betont, verwendet sie im Bezug auf diese Stadt keine Begriffe, die den Eindruck erwecken könnten, sie wäre der Ort, dem sie zugehörig ist. Als „Heimat“ bezeichnet Evelyn Juba, während Khartum ein Ort bleibt, an den sie nicht hingehört. In diesem Sinne klaffen bei ihr die beiden Ortsbezüge places of imagination und locations auseinander. Sie stehen in einem unauflösbaren Widerspruch.

Im Verlauf meiner Feldforschung sind die Widersprüche zwischen den unterschiedlichen Ortsbezügen stärker geworden. Zudem überwiegen in den Interviews zusehends die Bezüge zu Orten der Identifikation gegenüber Verweisen auf locations. Der Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Ortsbezügen liegt zum einen an der Erfahrung des Exils; viele der von mir befragten Personen machen Erfahrungen an bestimmten Orten, ohne dass diese im Rahmen gängiger Identitätsdiskurse als ihre Orte imaginiert werden können; sie werden als „ortlos“ (displaced) angesehen. Die Orte und die damit verbundenen Zugehörigkeiten, die ihnen zugeschrieben werden, liegen außerhalb ihrer Erfahrungen; viele können noch nicht einmal auf Erinnerungen zurückgreifen.

Zum anderen stellt sich für viele in Khartum lebende Personen, insbesondere für die, deren Familie schon in den 1970er Jahren nach dem Addis-Abeba-Abkommen dorthin gingen, die Situation zum Zeitpunkt des Friedenabkommens noch weit komplexer dar. Auch wenn sie Diskriminierungen ausgesetzt sind und sich zum Teil als BürgerInnen zweiter Klasse bezeichnen, betrachten sie sich als SudanesInnen. Viele der von mir Interviewten verbanden mit dem Friedensabkommen von 2005 zunächst nicht die Hoffnung auf eine Rückkehr in den Südsudan, sondern auf Anerkennung in einem neuen Sudan, z.B. Evelyn in einem Interview in Khartum im Mai 2011:

„Weißt du, die Frage der Teilung… Ich möchte das nicht. Teilung ist nicht gut. Es ist gut, in einem Land zu bleiben, alles miteinander zu teilen… Aber es sollte – wie nennen die Leute das nochmal – Gleichheit herrschen. Wir sollen zusammen bleiben, aber alle sollen gleiche Rechte haben… Nein, ich habe keine Angst hier zu bleiben. Weil es gut ist, hier zu bleiben… Uns gehört der ganze Sudan. Wir sind SudanesInnen.“

Die Hoffnung auf Anerkennung in einem Sudan wurde jedoch relativ schnell enttäuscht; die Erfahrungen und lokalen Bezugspunkte der Menschen bieten schon bald keine Zukunftsperspektive mehr.

Die Verlagerung der Perspektive vom Lokalen auf imaginierte Orte der Zugehörigkeit lässt sich mit zunehmend aggressiveren politics of place von Seiten der sudanesischen Regierung, der SPLM und der ethnischen Verbände erklären. Sie steht aber auch im Zusammenhang mit einer der kolonialen Kategorisierung ähnlichen Praxis der Registrierung der Bevölkerung. Im Zuge von Rückkehrpolitiken oder auch der Volkszählung 2009 wurden beispielsweise die in Khartum lebenden SüdsudanesInnen entsprechend ihrer ethnischen Zugehörigkeit für bestimmte Orte registriert. Durch diese Praxis entsteht zum einen ein Zwang zur Eindeutigkeit – viele SüdsudanesInnen fühlen sich mehreren ethnischen Gruppen verbunden –, zum anderen werden bestimmte Orte damit zu Fixpunkten ethnischer Zugehörigkeit.

Indem „Rückkehr“ (repatriation bzw. return) als einzige mögliche Option dargestellt wird, werden alle in Khartum lebenden SüdsudanesInnen, aus welchen Gründen auch immer sie dorthin gekommen sind, im Nachhinein als displaced kategorisiert. Damit werden ihre Erfahrungen, die sie dort sammelten, entwertet und als bedeutungslos dahin gestellt. In den Interviews, die ich im Juni und Dezember 2011 in Juba durchgeführt habe, wird Khartum sogar häufig als der Ort Anderer bezeichnet. William, der über zwanzig Jahre dort gelebt, geheiratet, sechs Kinder großgezogen und für die sudanesische Regierung gearbeitet hat, beschreibt sein Verhältnis zur Stadt folgendermaßen:

„Es ist nicht gut, an einem Ort zu leben, der anderen Leuten gehört. Du gehst zur Arbeit, und du bist unglücklich. Du gehst zum Markt, und du fühlst dích nicht wohl.“

Hinter Aussagen wie der von Willam steht häufig ein langer Prozess von Zuschreibungen und Umdeutungen, an dessen Ende Khartum als der Ort Anderer bezeichnet wird. Für Evelyn ist dies mit der Staatsbürgerschaft verknüpft. Noch im Mai 2011 äußert sie sich in Khartum folgendermaßen:

„Mir hat es in Juba nicht gefallen, aber ich habe keine Wahl. Sie sagen, dass wir hier (in Khartum U.S.) jetzt AusländerInnen sind. Deshalb kann ich hier nicht bleiben. Wenn ich Staatsbürgerin bleiben kann, dann werde ich hier bleiben.“

Aussagen wie, Khartum sei der Ort Anderer, sind meist nicht nur mit der prekären Situation und der dort erlittenen Diskriminierung zu erklären, sondern verdeutlichen, wie stark Bezüge, die Orte mit imaginierten Gemeinschaften verknüpfen, den Diskurs um Zugehörigkeiten dominieren. Dabei wird in den Erzählungen deutlich, dass sich die Befragten je nach Kontext auf unterschiedliche Orte und multiple Zugehörigkeiten beziehen. So verknüpft z.B. Jenny ihre Situation als returnee mit einer Kritik an der Dominanz der Dinka. Keinen Ort zu haben, bedeutet für sie zweierlei: die Entwertung ihrer Lebensgeschichte und den Verlust ihrer Nachbarschaft in Khartum einerseits sowie die Marginalisierung der Bari im neuen Sudan andererseits. Gleichzeitig bietet die Zugehörigkeit zur Gruppe der Bari eine Möglichkeit, den Verlust des Ortes Khartum zu kompensieren und die Zugehörigkeit zum Ort Juba einzuklagen. Obwohl Jenny noch im August 2010 in Khartum gegen die Borniertheit ihres Vaters argumentierte, der ihr die Beziehung zu einem jungen Mann verbot, weil dieser den Dinka angehört, bezeichnet sie in einem Interview im Juli 2011 Dinka als die neuen Araber. Sie begrüßt es auch, dass ihr Vater mit Dinka keine Geschäfte macht und an sie weder vermietet noch Land verkauft. Sie beschreibt ihren Sinneswandel folgendermaßen:

„Als wir noch in Khartum lebten, da waren wir einfach Menschen. Niemand hat sich darum gekümmert, ob du ein Dinka oder ein Bari bist. Dort mussten wir zusammenhalten, weil wir am Ort Anderer waren. Wir mussten zusammenhalten, aber hier ist unser Ort, und wir sind getrennt. Weißt du, ich habe Freunde und Freundinnen, die sind Dinka. Ich habe sie geliebt, als wir noch in Khartum waren. Aber jetzt sehe ich, was sie machen… “

In dieser Äußerung zeigt sich das Spannungsfeld, in dem sich Jenny und viele andere returnees bewegen. Sie sehen sich nicht nur mit zwei machtvollen Zugehörigkeitsdiskursen konfrontiert – einem kleinteiligen ethnischen Diskurs und einem ethnisch-nationalen Diskurs, sondern ihre in Khartum gesammelten Erfahrungen werden darüber hinaus entwertet, da sie am Ort Anderer gemacht wurden. Die ökonomische und politische Situation in Juba verstärkt zum einen die ethnischen Diskurse und zum anderen das Gefühl, am falschen Ort zu sein, während die Vision einer nationalen Einheit zusehends in den Hintergrund tritt.

Für viele resultiert das Gefühl, displaced zu sein, auch aus den Erfahrungen mit der politischen Klasse und dem politischen System. Lako, der sich als returnee nicht anerkannt fühlt, sieht sich im Südsudan ähnlich wie in Khartum als Staatsbürger zweiter Klasse. In einen Interview im Juli 2010 beschreibt er seine Situation folgendermaßen:

„Ich weiß wirklich nicht, was hier zwischen der community und der Regierung geschieht. Und dann die SPLM. Was wird sie machen? Sie kann nicht mit den Leuten zusammenarbeiten, die hier im Sudan gekämpft haben: Diese Leute mögen sich nur selbst, die, die aus dem bush kommen. Was sie wollen, muss gemacht werden. Wir haben kein Recht, irgendetwas zu tun. Wir haben keine Rechte. Vorher haben wir mit den Nordsudanesen gelebt. Jetzt sagen sie, wir wären Nordsudanesen. Wir kommen von dort, und wir sind wie sie.“

Lakos Wahrnehmung, im neuen Südsudan keine Rechte zu haben, hat durch die Ereignisse um die Wahlen im April 2010 große Verbreitung gefunden und wird zum vorherrschenden Diskurs in der Bari Community. Die von mir Befragten gehen z.B. übereinstimmend davon aus, dass der ehemalige warlord Clement Wani Konga trotz eines – angeblich vertuschten – Wahlsieges des unabhängigen Kandidaten Alfred Ladu Gore als Gouverneur von Zentraläquatoria eingesetzt wurde. Dies wird von vielen als Beweis dafür gedeutet, dass Bari im neuen Südsudan keine Stimme haben. So äußert sich Wani im Juli 2010 folgendermaßen:

„Bei der letzten Wahl, ich weiß nicht, ob da manipuliert wurde. Der Kandidat, den wir gewählt haben… Deshalb sagen die Leute, sie glauben nicht mehr an Demokratie. Wenn wir wirklich an Demokratie glauben sollen, warum werden dann unsere Kandidaten nicht respektiert.“

Resümee

Die eben angeführten Aussagen von Wani und Lako zeigen auch, dass return nicht nur auf einen bestimmten Ort, sondern auch darauf gerichtet ist, bestimmte Rechte zu erlangen, die am bisherigen Wohnort nicht gewährt wurden (Kibreab 2003: 24). Zudem zeigen die Erzählungen, dass Rückkehr, soweit überhaupt freiwillig, mit dem Streben nach Sicherheit einhergeht (vgl. Allen & Turton 1996). Dieses Streben und der Wunsch nach Partizipation gehen in die Imagination von Orten ein. Zudem beginnt mit der „Rückkehr“ ein Prozess des emplacements (Hammond 1999), eine Aneignung des Ortes. Aus einem imaginierten Ort muss eine Nachbarschaft (location) werden, ansonsten bleiben die Menschen displaced. Die oben beschriebenen Aneignungsprozesse und die damit verbundenen Probleme verdeutlichen jedoch auch, dass es zu einer Wechselwirkung von (imaginiertem) Ort und seiner Aneignung kommt. Auf imaginierte Zugehörigkeiten wird zurückgegriffen, um sich Orte anzueignen, dabei werden neue Orte imaginiert. In den Erzählungen der returnees und MigrantInnen zeigt sich zudem, dass Orte auch Knotenpunkte bilden, „innerhalb der(er) Menschen ihre Welt konstituieren“ (Kößler 2007: 393f). Die unterschiedlichen Zugehörigkeiten, die an diesen Orten gebündelt werden, können einem Ort Sinn verleihen und miteinander verknüpft werden. In politisch umkämpften Orten werden sie jedoch häufig als unversöhnlich gegenüber gestellt.

Die derzeitigen politics of place im Sudan stellen unterschiedliche Zugehörigkeiten polarisierend gegeneinander. Sie sind jedoch nur erfolgreich, weil sie auf fruchtbaren Boden fallen. Sie sprechen nicht nur ein Lebensgefühl oder emotionale Bindungen an, sondern auch konkrete Erfahrungen der Ausgrenzung und der Unterdrückung politischer und wirtschaftlicher Rechte sowie ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit. Diese Erfahrungen werden jedoch aus dem lokalen Kontext genommen und auf einen essentialistischen Diskurs bezogen, der lokalen Widerstand unmöglich macht. Sie fallen auch deshalb auf fruchtbaren Boden, weil im Prozess des return die Menschen als ethnische Subjekte konstruiert werden. Es kommt zu Umdeutungsprozessen. Während Juba am Anfang meiner Feldforschung noch als Ort für alle SüdsudanesInnen imaginiert wurde und tribalism insbesondere von der jüngeren Generation kritisiert wurde, übernehmen fast alle Befragten gegen Ende einen Diskurs, in dem die Stadt nicht nur als Ort der Bari betrachtet wird, sondern als Ort, in dem auch das Zusammenleben unterschiedlicher ethnischer Gruppen problematisch ist. Dieser Diskurs ist auch deshalb populär, weil er den returnees ein Instrument in die Hand gibt, ihren Anspruch auf Zugehörigkeit einzuklagen. Allerdings zeigen sich auch Widerstände. So versuchen einige returnees Nachbarschaften aufzubauen, in denen das Leben in Khartum rekonstruiert wird. Dabei entstehen auch neue Orte der Identifikation.

In der Debatte um Juba werden jedoch vermehrt Stimmen laut, die sich auf Autochthonie und Indigenität beziehen. Dieser Diskurs ist anders als der um ethnische Zugehörigkeit völlig abgekoppelt vom Lokalen und von sozialen Beziehungen. Er bezieht sich ausschließlich auf ein gemeinsames Territorium und nicht auf eine gemeinsame Sprache, bestimmte Rituale oder geteilte Erinnerungen (Geschiere & Jackson 2006: 6). Wie sich diese Entwicklung, gekoppelt mit der prekären Situation vieler Menschen in Juba, auf das Leben in Juba auswirkt, bleibt abzuwarten.

Literatur

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Anschrift der Autorin:
Ulrike Schultz
ulrike.schultz@thh-friedensau.de

 

PERIPHERIE Nr. 126/127, 32. Jg. 2012, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster, S. 218-248
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[1]       Die Argumentation bezieht sich überwiegend auf die Analyse von 34 Interviews und einer Gruppendiskussion. Hinzugezogen habe ich auch Beobachtungsprotokolle und Teile aus nicht vollständig analysierten Interviews. Insgesamt habe ich 91 Interviews durchgeführt und transkribiert.

[2]       So äußerten sich auch viele meiner nordsudanesischen Freunde und Freundinnen, als ich ihnen von meinem Forschungsprojekt erzählte.

[3]       Malakal liegt in Upper Nile und wird als Land der Shilluk angesehen.