Patriarchales Erbe

Symbolträchtigkeit

Dass Frau Kristina Köhler-Schröder nicht meine Freundin werden wird, liegt nicht nur an ihrem reaktionären Kleidungsstil, erinnerbar ist mir ein dunkles, von oben bis unten durchgeknöpftes Kostümkleid, das aussah als hätten es ihre Fans eben aus der Sakristei einer Dorfkirche entwendet. Es liegt auch nicht nur an ihrer Extremismusklausel und intellektfreien Pressemitteilungen – zu einer Persona non grata wurde sie für mich, weil sie mit großem Kalkül und in schöner Regelmäßigkeit sich an Symbolen vergreift und Handlungen begeht, die für mich, mit der ihr unterstellten Intention, einem Spucken ins offene Grab gleichkommen. Sei es, dass sie einen Beitrag für die Junge Freiheit schreibt oder so tut, als sei die Gender Pay Gap lediglich eine Frage der erfolgreichen Selbstvermarktung – überall setzt sie ihre Duftmarken wie ein gehätschelter Cockerspaniel, der, vom Herrchen ermuntert, sich nicht darum schert, an welcher Hauswand und an welchem Denkmal er sein Bein hebt. Hauptsache, er hat die meisten Spuren hinterlassen.

Mein persönlicher Lieblingsaufreger ist dabei die Schirmherrschaft von Frau Schröder für den Spitzenvater-des-Jahres-Preis einer überregional agierenden Großbäckerei, Weltmarktführer für folienverschweißtes Dauerbrot. Ausgezeichnet werden dabei Männer, die die Idee des partnerschaftlichen Ehe- [sic!] und Familienmodells mittragen. Wenn man die Liste der Preisträger studiert, sind es oft ältere Männer, deren Partnerinnen eine hochdotierte Stelle innehaben, so dass es keine Schwierigkeit darstellt, von nur einem Einkommen den Familienunterhalt inklusive weiter delegierter Kinderbetreuung zu bestreiten. Als ob es nicht auch schon in voremanzipatorischen Zeiten für Frauen aus einkommensstarken Haushalten die Möglichkeiten gegeben hätte, Zugang zu Bildung und Öffentlichkeit zu erhalten.

Bezeichnenderweise wurde dieser Preis dann dieses Jahr am 8. März verliehen. Mit dem Argument, dass am Weltfrauentag auch Männer gewürdigt werden sollen, die Frauen in ihren Emanzipationsbemühungen unterstützen. Aha. Fragen der Gleichberechtigung sind also in erster Linie vom Problem Mutterschaft und Karriere geprägt. Die ganze Veranstaltung wirkte dann auf den Pressebildern dann auch so, als handelte es sich um eine Werbeveranstaltung für eine Sekte der dynamisch-erfolgreichen Karrierefrauen, die bedingungslos das Mantra wiederholen, dass, wer sich nicht erfolgreich emanzipiert hat, selber schuld ist, weil er sich den falschen Job und den falschen Mann geangelt hat. Die Gründerin des Preises scheint in Frau Schröder eine Schwester im Geiste der verkürzten Denkart gefunden zu haben: So wie Frau Schröder von der Richtigkeit ihrer Meinung überzeugt ist, dass Emanzipation eine Sache ist, die man als Einzelkämpfer am besten erreichen kann, so glaubt die Initiatorin des Preises Frau Prof. Dr. Detmers, dass sich die Verhältnisse umkehren lassen, wenn man ein Wort austauscht. Als Eigencharakterisierung hat sie ihrer Personenbeschreibung folgendes Zitat vorangestellt: „Kinder, Küche und Karriere sind Männersache“. Ja, da hat sie wohl recht, in vielen Gegenden hat ein Mann noch immer über alle drei Ks das Machtprimat.

Nicht dass ich generell ein Problem damit hätte, wenn heilige Kühe geschlachtet werden. Aber zum einen richtet sich diese Instrumentalisierung des Weltfrauentages nicht nur gegen eine traditionell-feministische Interpretation des Tages, von der sich Frau Köhler so gerne distanziert, die aber immer noch ihre Berechtigung hat, wenn eingefordert wird, dass an diesem Tag ausschließlich frauenspezifische Probleme diskutiert werden und keine Person, schon gar nicht männlichen Geschlechts, ausgezeichnet wird, für was auch immer. Zum andern zeugt es einfach nur von Dummheit oder selbstgefälliger Siegermentaliät, wenn man geflissentlich übersieht, dass dieser Tag seit dem Geburtsjahr von Frau Schröder von der UN als internationaler Frauentag anerkannt ist und mittlerweile auch von Menschen ohne Ostvergangenheit gewählt wird, um aus frauenspezifischer Sicht für weltweit relevante Fragen wie Abrüstung oder der Ausbreitung von HIV in Afrika zu sensibilisieren. Dass sie sich vielleicht doch nicht so viele FreundInnen macht, wenn sie versucht, am Weltfrauentag mit plumper neoliberaler Rhetorik für ihre Ideen zu werben, hat ihr dann vielleicht doch noch jemand gesteckt: Zur Preisverleihung erschien sie nicht.

Dieser Kommentar erschien zuerst in der Direkten Aktion Nr. 213 - September / Oktober 2012