Alltagsrassismus am Disko-Eingang

„Wird einer Person der Besuch einer Diskothek alleine wegen ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts verweigert, kann dies einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung begründen.“ So urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart am 12. Dezember 2011. Der Kläger, der 17 Jahre alte David G., wurde im November 2010 vor der Reutlinger Disko „M-Park“ abgewiesen. Als Begründung wurde ihm gesagt, dass „schon genügend Schwarze“ drinnen seien. G. klagte vor dem Landgericht (LG) Tübingen gegen die rassistische Einlasskontrolle. Das Gericht ging von einem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aus und verpflichtete den Betreiber der Disko, G. in Zukunft hereinzulassen. Eine finanzielle Entschädigung sprach das Gericht G. aber nicht zu, da es nur einen geringen Eingriff gegeben habe. Das OLG entschied hingegen in der Berufung, dass die Einlasskontrolle eine erhebliche Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes von G. gewesen sei und er deshalb Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 900 Euro habe. Der Fall zeigt deutlich, auf welch vielfältige Weise Menschen in Deutschland mit Alltagsrassismen konfrontiert sind. Das AGG gewährt den Opfern von rassistischer Diskriminierung insoweit einen starken Schutz, als dass § 22 AGG eine Beweislastumkehr vorsieht. Kann der/die Kläger_in die behauptete Diskriminierung durch ein Indiz belegen, so muss der/die Beklagte beweisen, dass eine Diskriminierung nicht stattgefunden hat. In dem konkreten Fall konnte G. zwar keine Zeug_innen benennen, die zweifelsfrei seine Abweisung an der Tür der Disko bestätigen konnten. Jedoch erklärte ein weiterer Zeuge, dass auch er kurz vorher an der Tür abgewiesen wurde. Der Disko-Betreiber konnte sich in dem Verfahren nicht mehr entlasten. Hierbei handelte es sich nicht um einen Einzelfall. Das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG) geht von zahlreichen derartigen Fällen aus. Seit Inkrafttreten des AGG hätten jedoch nur vier Personen gegen rassistische Einlasskontrollen geklagt. Auch G. war bereits in der Vergangenheit wegen seiner Hautfarbe nicht in Diskos hereingelassen worden. Erst nach Beratung durch das BUG zog er vor Gericht. Verstöße gegen das AGG bleiben immer wieder unbestraft, weil viele Menschen nichts von dessen Anwendungsmöglichkeiten wissen. Hier bedarf es eines viel stärkeren juristischen Beratungsnetzwerks. Dass das LG Tübingen G. eine Entschädigung verwehrte, spricht Bände über die Gerichtspraxis in Deutschland. Richter_innen werten Alltagsrassismus viel zu oft noch als Lappalien.