Geographie der Macht

Die Relevanz von Raum-Macht-Fragen im bolivarischen Venezuela

Am 5. März 2013 erlag Hugo Rafael Chávez Frías offiziell seinem schweren Krebsleiden. Mit Chávez’ Tod schließt sich ein historischer Zyklus, der seinen Anfang am 4. Februar 1992 nahm, als der damals noch unbekannte Offizier vor laufenden Fernsehkameras die Verantwortung für den gescheiterten Putschversuch gegen Carlos Andrés Pérez (1989-1993) übernahm. Wie kein anderer – demokratisch gewählter – Präsident vor ihm bestimmten seine Präsenz und sein Wirken (1999-2013) das nationale und lateinamerikanische politische Geschehen. Unter seiner Ägide erhielt Venezuela eine neue Verfassung, die Transformation zum Sozialismus des 21. Jahrhunderts wurde ausgerufen und eine grundlegende Veränderung der Institutionenlandschaft und der politisch-territorialen Strukturen eingeleitet. Auf regionaler Ebene zählte Chávez zu den zentralen Protagonisten der sogenannten „Linkswende in Lateinamerika“. Er repräsentierte das neue lateinamerikanische Selbstbewusstsein und leitete eine neue Ära regionaler Kooperationen ein.

Keywords: Venezuela, space, territorialisation, power, democracy, Estado Comunal

Schlagwörter: Venezuela, Raum, Territorialisierung, Macht, Demokratie, Estado Comunal

Prolog: Kontextualisierung der aktuellen Ereignisse in Venezuela*

Am 5. März 2013 erlag Hugo Rafael Chávez Frías offiziell seinem schweren Krebsleiden. Mit Chávez’ Tod schließt sich ein historischer Zyklus, der seinen Anfang am 4. Februar 1992 nahm, als der damals noch unbekannte Offizier vor laufenden Fernsehkameras die Verantwortung für den gescheiterten Putschversuch gegen Carlos Andrés Pérez (1989-1993) übernahm. Wie kein anderer – demokratisch gewählter – Präsident vor ihm bestimmten seine Präsenz und sein Wirken (1999-2013) das nationale und lateinamerikanische politische Geschehen. Unter seiner Ägide erhielt Venezuela eine neue Verfassung, die Transformation zum Sozialismus des 21. Jahrhunderts wurde ausgerufen und eine grundlegende Veränderung der Institutionenlandschaft und der politisch-territorialen Strukturen eingeleitet. Auf regionaler Ebene zählte Chávez zu den zentralen Protagonisten der sogenannten „Linkswende in Lateinamerika“. Er repräsentierte das neue lateinamerikanische Selbstbewusstsein und leitete eine neue Ära regionaler Kooperationen ein.

Mit dem äußerst knappen Wahlsieg von Nicolás Maduro Moros bei den Neuwahlen am 14. April 2013 drohen die innenpolitisch seit langem schwelenden Konflikte und Polarisationen erneut zu eskalieren.[1] Venezuela tritt zweifelsfrei in eine neue politische Etappe ein, deren Konturen noch schwer vorherzusehen sind. Von Chávez im Rahmen seiner letzten landesweiten Ansprache Anfang Dezember 2012 öffentlich als Wunschnachfolger nominiert, sollte Maduro Chávez’ Legat antreten und die (politische) Kontinuität und Vertiefung des „bolivarischen Sozialismus“ sicherstellen. Doch dieses Erbe erweist sich als keine einfache Aufgabe. Der knappe Wahlausgang hat die politischen Hoffnungen der Opposition entfacht und mit dem Tod der charismatischen Leitfigur ist zugleich Bewegung in die Reihen des heterogenen Chávez-Lagers gekommen. Es bleibt abzuwarten, welche politischen Strömungen und Akteure sich innerhalb des Chavismus mittelfristig durchsetzen werden. Aktuell deutet einiges darauf hin, dass die angebrochene Post-Chávez-Ära vermutlich nicht so einfach in einen chavismo sin Chávez (Chavismus ohne Chávez) münden wird. Viele der Chávez-treuen, lokalen Basis‑ und Selbstorganisationsstrukturen sowie städtischen Kollektive, die dem Staatsapparat, den Parteifunktionär_innen und den Bürokrat_innen seit jeher misstrauen, sahen einzig in Chávez ihren Comandante und einen legitimen und direkten Ansprechpartner. Ob Nicolás Maduro an der Regierungsspitze diese direkte Kommunikation zwischen „oben und unten“ beherrscht, die Chávez große Popularität und die Zustimmung großer Bevölkerungsteile immer wieder sicherte, erscheint zum jetzigen Zeitpunkt mehr als fraglich.

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Einleitung

Seit der Amtsübernahme des verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez im Jahr 1999 hat die venezolanische Regierung der räumlichen Dimension politischer Macht und sozio-ökonomischer Entwicklungsdynamiken strategische Priorität beigemessen. Bis heute spielt dabei die Vision einer grundlegenden sozio-territorialen und räumlich-institutionellen Reorganisation des Landes eine entscheidende Rolle. Bereits mit der offiziellen Umbenennung in „Bolivarische Republik Venezuela“ wurde eine semantische Neuaneignung des Ländernamens vorgenommen, die einen deutlichen Bruch mit den Vorgängerregierungen und den Beginn einer neuen Ära markieren soll. Im übertragenen Sinne – und angelehnt an Benedict Andersons Die Erfindung der Nation (1988 [2005]) – handelt es sich dabei um ein kommunikativ hergestelltes, imaginäres Konstrukt, das im Kern die gesellschaftspolitische Neugründung Venezuelas symbolisieren soll. Als Grundlage für die anvisierte bolivarische Gemeinschaftsvorstellung dienen die Ideale und Errungenschaften des Nationalhelden und Freiheitskämpfers Simón Bolívar: Stark geprägt von den Vorstellungen der Aufklärung und den Idealen der Französischen Revolution, bestimmte Bolívars anti-imperialistische Grundhaltung sein Wirken und das Streben nach regionaler Unabhängigkeit. Dieses Leitmotiv seines Kampfes gegen koloniale Fremdbestimmung zählt aktuell zu den zentralen ideologischen und (außen‑)politischen Denkfiguren der amtierenden Regierung.

Anlässlich der Überreichung der Reformvorschläge zur 1999 verabschiedeten neuen Verfassung verkündete Chávez der Nationalversammlung im August 2007, dass Geographie weit mehr als die Beschreibung physisch-materieller Gegebenheiten im Raum sei. Geographie sei gleichermaßen Produkt und Ausdruck gesellschaftlicher Dynamiken (Chávez 2007). Obwohl Chávez damals nicht von Räumen, sondern allgemeiner von Geographie sprach, werden inhaltliche Konvergenzen zu aktuellen Debatten der kritischen Raumforschung in seiner Aussage offenkundig.[2]

Den theoretisch-konzeptionellen Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags bildet die Annahme, dass es sich bei Raumproduktionen um intensiv umkämpfte gesellschaftliche Prozesse handelt, die bestehende und sich verändernde Machtrelationen widerspiegeln. Im venezolanischen Kontext erfolgen sowohl die Modifikation der räumlichen Ordnung von Macht und Herrschaft als auch die Ausweitung der staatlichen Kontrolle über räumliche Nutzungen und Aneignungen keineswegs zufällig. Vielmehr rückte die Chávez-Regierung beide Aspekte gezielt in den Mittelpunkt ihrer politisch-strategischen Überlegungen. Zu den zentralen Zielen dieser Überlegungen zählen erstens der Aufbau des Estado Comunal, eines neuen Staatsgebildes und rätedemokratisch-inspirierten Gesellschaftsmodells, sowie zweitens die Aneignung der staatlichen Kontrolle über strategische Ressourcen und mithin die Sicherstellung der materiellen Basis für die zukünftig „sozialistisch“ organisierte (Wirtschafts‑)Entwicklung des Landes.

Mit Blick auf die eingeleiteten Transformationsprozesse gehe ich im Folgenden der Frage nach, „wie, durch wen und warum“ und mit welchen Effekten politisch-territoriale sowie sozialräumliche Redimensionierungen eingeleitet werden (Strüver 2008: 134). Dabei richtet sich der Fokus auf die politische Bedeutung der räumlichen Dimension der venezolanischen Transformation und damit im Kern auf Demokratie‑ und Machtfragen.

Zur „Produktion des Raumes“

Die Krise des Fordismus und der damit einhergehende globale Strukturwandel mitsamt der beschleunigten Globalisierungs‑ und Transnationalisierungsprozesse führten weltweit zu einer tiefgreifenden Veränderung ökonomischer, politischer und soziokultureller Rahmenbedingungen. Diese Entwicklungen gingen mit einer räumlichen Redimensionierung gesellschaftlicher Wandlungsprozesse einher. In der Folge rückten jenseits der klassischen Raumdisziplin Geographie Teile der kritischen Gesellschaftswissenschaften die Bedeutung von Raum-Macht-Aspekten verstärkt ins Zentrum ihrer erkenntnistheoretischen Aufmerksamkeit (Keil & Brenner 2003). In diesem Zusammenhang leisteten die Arbeiten Henri Lefebvres und im Besonderen seine Überlegungen zur „Produktion des Raumes“ einen zentralen Beitrag, um die wechselseitige Konstitution von Gesellschaft und Raum konzeptionell zu erfassen. Lefebvre zufolge entsteht Raum erst im Zusammenspiel der Dimensionen räumliche Praxen, Räume der Repräsentation und Repräsentationen von Raum (Lefebvre 1991: 33 u. 38-40; Schmid 2005: 191ff). Die im Rahmen dieses Beitrags zentrale dritte Dimension, die Repräsentation von Raum dient der Darstellung und Legitimation spezifischer Konzeptionen sowie Konstellationen von Macht und Wissen.

Geprägt vom linguistic turn und unter dem Einfluss der Arbeiten von Michel Foucault, Jacques Derrida oder Jean-François Lyotard vertraten vor allem postmoderne und poststrukturalistische Ansätze die Ansicht, dass Raum kein Faktum und keine neutral beschreibbare Kategorie darstelle, sondern sozial konstruiert sei und stets sozial gedeutet werde (Dzudzek u.a. 2012: 6; Helmig 2007: 34). Im Zentrum des Interesses standen dabei nicht die physisch-materiellen Gegebenheiten von Raum, sondern die Analyse sprachlicher Darstellung und/oder symbolischer Vermittlungsformen (Repräsentationen).

Konträr zu raumfetischistischen Argumentationen stellen Räume aus einer solchen Perspektive den geographischen, materiell-physischen Rahmen sowie das Produkt gesellschaftlicher Aneignungs‑, Aushandlungs‑ und Zuschreibungsprozesse gleichermaßen dar (Belina 2008: 528-530; Strüver 2008). Konkrete soziale Praxen und Verhältnisse schreiben sich im Raum ein. Zugleich wirkt die (Re‑)Organisation von Raum strukturierend auf die sozialen Verhältnisse zurück (Soja 2007: 92). Dabei muss Raum multidimensional begriffen werden, d.h. unterschiedliche Dynamiken und Elemente existieren zeitgleich und beeinflussen sich wechselseitig. Somit sind Räume nie statisch oder abgeschlossen, sondern müssen als Prozesse begriffen werden, die sich beständig erneuern und verändern und deren Wahrnehmung sowie Interpretation in einem spezifischen Kontext stehen (Massey 2009: 16f). In der kritischen Raumforschung hat sich diese antiessentialistische Auffassung von Raum gegenüber den lange vorherrschenden raumdeterministischen und verdinglichten Perspektiven durchgesetzt. Diese Grundannahmen implizieren, dass Raumbeziehungen und räumliche Nutzungen stets umkämpft und machtdurchwoben sind und somit je nach gesellschaftlichen Machtverhältnissen variieren (Harvey 2007: 36-40; Keil & Brenner 2003; Strüver 2008). Mit anderen Worten weisen (soziale) Machtverhältnisse immer auch eine eigene Form der Geographie auf (Massey 2009: 19).

Die Repräsentation von Raum wird über beispielsweise in Sprache und Karten gefasste Wertvorstellungen und Diskurse hergestellt. Hierüber wird „Raum in einem gesellschaftlichen Prozess zu einem symbolischen Träger von Bedeutungen, Normen und Werten“ (Schipper 2012: 47). Das bedeutet, dass Repräsentationen keine Fakten darstellen, sondern raumbezogene Zusammenhänge und Sachverhalte wiedergeben, die von konkreten Akteur_innen als wesentlich bewertet und entsprechend als Wirklichkeit konstruiert werden (Dubow 2009: 646). Gearóid Ó Tuathail spricht in diesem Zusammenhang von „geo-power“ (Ó Tuathail 1996) und beschreibt hiermit die Darstellungspraxen machtvoller Akteur_innen mit denen bestimmte „Wahrheiten“ über die Art und Weise und die Gründe, wie der politische Raum geordnet, in Besitz genommen und verwaltet wird, vermittelt werden (Allen 2003: 101f). In diesem Sinne bildet die Kartographie Territorialisierungen nicht nur ab, sie dient auch als Instrumentarium, um Raum-Macht-Prozesse zu steuern, zu implementieren und notfalls auch gewaltsam durchzusetzen (Kain & Baigent 1992; Vandergeest & Peluso 1995: 387). Räumliche (Re‑)Dimensionierungen sind weder wertneutral noch erfolgen sie allein auf der Basis fachplanerischer Sachentscheidungen. Vielmehr stellen sie die spezifischen Abbilder und gleichzeitig die veränderlichen Arenen gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen, Kräfteverhältnisse und dominanter Diskurse dar. Sie sind der Ausdruck eines spezifischen Wissen-Macht-Komplexes (Allen 2003: 101f; Foucault 1969 [2005]). Vor allem Aspekte der (politischen) Konstruktion und Instrumentalisierbarkeit planungspolitischer Leitbilder samt der hierin eingeschriebenen Sicherheits‑ und Ordnungsvorstellungen sind im Kontext dieser „Repräsentationsregime“ (Hall 2003: 259) aufschlussreich für das Verständnis von zielgerichtetem, politischem Handeln und der Institutionalisierung politischer Macht‑ und Herrschaftsstrukturen (Dzudzek u.a. 2012: 7ff; Schipper 2012: 46-48; Vandergeest & Peluso 1995: 388f).

Am Beispiel Thailands entwickelten Peter Vandergeest und Nancy Lee Peluso das Konzept der internen Territorialisierung. Hiermit beschreiben sie die räumlichen Strategien des Staates zur Kontrolle natürlicher und strategischer Ressourcen sowie der Bevölkerung innerhalb des nationalen Territoriums (1995: 385). Ausgangspunkt ihrer Analyse interner Territorialisierungsstrategien ist die Beobachtung, dass das Verhältnis zwischen staatlicher Souveränität und dem staatlichem Monopol über ein Territorium komplexer, machtdurchzogener und weitgefasster ist, als es der klassische Staatsbegriff eines souveränen Flächenstaates vermittelt. Innerhalb des Territoriums werden Nutzungs‑, Zugangs‑ und Verfügungsrechte über natürliche Ressourcen staatlich reguliert, Bevölkerungsgruppen kontrolliert und in bestimmten Räumen entweder einbezogen oder ausgegrenzt. Dabei dienen sozio‑ bzw. politisch-territoriale Neuordnungen sowie die entsprechende diskursive Zuschreibung, Konstruktion und Reproduktion jeweiliger Repräsentationen der Durchsetzung spezifischer Ordnungsvorstellungen und interessengeleiteter Politiken (Mançano Fernandes 2009; Vandergeest & Peluso 1995: 387f).

In diesem Zusammenhang liefert die Berücksichtigung der räumlich-maßstäblichen Dimensionen sozialer Konflikte und staatlicher Kontrollstrategien ergänzende Hinweise für die Analyse. Zentrale Ausgangsthese ist, dass die Produktion und die Veränderung räumlicher Maßstabsebenen dazu dienen, bestehende Macht‑ und Herrschaftsverhältnisse zu festigen oder zu verändern (Wissen u.a. 2008: 7). Folglich lassen sich über die Betrachtung von Rescaling-Prozessen und des Bedeutungswandels von räumlichen Maßstabsebenen die Reorganisation der Kontrolle strategischer Ressourcen und raumbezogener Herrschaftsverhältnisse analysieren (Wissen 2011: 226).

Für ein weitergehendes Verständnis des sich wechselseitig bedingenden Verhältnisses zwischen Raum und gesellschaftlichen Machtbeziehungen bietet sich überdies Doreen Masseys Konzept der power-geometry an. Dies umso mehr, da die bolivarische Vision der Neuen Machtgeometrie explizit darauf Bezug nimmt. Power-geometries im Verständnis Masseys bilden die Ergebnisse soziopolitischer Auseinandersetzungen ab. Das Konzept dient dazu nachzuvollziehen, wie räumliche Repräsentationen und Territorialisierungen geschaffen sowie räumliche Redimensionierungsstrategien genutzt werden, um bestehende politisch‑ und sozioterritoriale Raum-Macht-Beziehungen (geography of power-relations) zu verändern. Einen wesentlichen Ausgangspunkt von Masseys Überlegungen stellt die Art und Weise dar, wie Räume konzeptualisiert werden. In diesem Zusammenhang erlaubt ihr Verständnis der Begriffe „Raum“, „Ort“, „Region“ und „Lokalität“, Räume in ihrer Vielschichtigkeit zu denken. Dieses überlagerte „mehrfache Vorkommen“ kann als ein durchlässiges Netzwerk von spezifischen Konstellationen soziopolitischer Beziehungen an konkreten Orten gelesen werden (Bauriedl 2007; Massey 2009: 17). Mit anderen Worten bilden die räumlichen Verteilungen, Überlagerungen und Verflechtungen von Machtbeziehungen und sozialer Interaktion (etwa in der Wirtschaft, der Politik, den Produktions‑ und Arbeitszusammenhängen, der Stadt‑ und Regionalplanung, der Kultur, der Bildung) sowie die politisch-territorialen Strukturen gesellschaftlicher Partizipation jeweils unterschiedliche Netzwerke simultan existierender sozialer Machtbeziehungen ab. Dabei sind die verschiedenen Gruppen und Individuen in diesen interdependenten Netzwerken räumlich unterschiedlich positioniert. Mit dem Konzept power-geometries stellt Massey einen Analyseansatz zur Verfügung, welcher die empirische Untersuchung von Raum-Macht-Dynamiken sowie bestehender (sozio‑)territorialer Ungleichheiten an konkreten Orten anleiten soll. Wichtige Einsichten, wie dieses Konzept praktisch Anwendung findet, lassen sich aus den im letzten Jahrzehnt in Venezuela eingeleiteten Veränderungen bestehender Raum-Machtstrukturen gewinnen. So wird Masseys Konzept von Seiten der venezolanischen Regierung in ihrem Sinne dienstbar gemacht: Es soll dazu dienen, widersprüchliche sozialräumliche Verhältnisse und (politisch‑)territoriale Machtungleichgewichte zu verändern und idealiter demokratischer zu gestalten (Massey 2009: 18f; 2005).

Im Folgenden werden anhand der seit 2007 staatlicherseits propagierten Neuen Machtgeometrie die politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Visionen des laufenden Transformationsprozesses sowie die Reichweite der bisher erfolgten räumlichen Redimensionierungsprozesse diskutiert. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei das Paradoxon des Aufbaus rätedemokratisch-inspirierter Beteiligungsstrukturen bei gleichzeitiger (Re‑)Zentralisierung staatlicher Macht.

Zur Interdependenz von Raum und Macht in Venezuela

Nach dem erneuten Wahlsieg von Hugo Chávez im Jahr 2006 rückte die Umsetzung des Übergangs zum Sozialismus des 21. Jahrhunderts ins Zentrum der regierungspolitischen Agenda.[3] Die Ankündigung der fünf verfassungsgebenden Motoren[4] leitete den Beginn einer neuen Etappe des bolivarischen Projektes ein. Seither werden dem Aufbau und der Stärkung des Poder Comunal, den kommunalen Organisationsstrukturen, die höchste Priorität eingeräumt, da diese als Grundstein für eine erfolgreiche Transformation des Landes in Richtung des Sozialismus des 21. Jahrhunderts betrachtet werden (Aló Presidente, 21. 1. 2007). Das übergeordnete Ziel lautet, den „bürgerlichen Staat“ mit den jeweiligen sozio‑ und politisch-territorialen Konfigurationen sowie Raumordnungsstrukturen zu dekolonisieren (Chávez 2007; Marcano 2009).

Mit Blick auf die beabsichtigte Veränderung bestehender Raum-Macht-Beziehungen sowie den Abbau der räumlichen Ungleichheiten sind zwei Motoren von besonderer Bedeutung: die Umsetzung der Neuen Machtgeometrie sowie der staatliche Aufbau der Kommunalräte (Consejos Comunales – CC), samt der jeweils übergeordneten Zusammenschlüsse. Neben dem offiziellen Diskurs, welcher die neuen, an rätedemokratische Organisationsformen angelehnten Beteiligungsstrukturen als zentralen Beitrag zur Demokratisierung der venezolanischen Gesellschaft darstellt, ermöglichen die eingeleiteten Veränderungen die gezielte Neuordnung der ererbten politischen, sozialen, ökonomischen und militärischen Machtstrukturen (Aló Presidente, 21. 1. 2007; Chávez 2007; 2010).

Die Analogien zu Doreen Masseys Arbeiten und dem Terminus der power geometries sind dabei kein Zufall: Im Jahr 2007 folgte Massey einer Einladung der Regierung Chávez, um vor Ort einen Eindruck über den eingeleiteten Transformationsprozess zu erhalten und sich über den Versuch der praktischen Anwendung ihres power geometries-Konzeptes auszutauschen. Im Zentrum standen dabei die Überlegungen, inwieweit die bestehenden asymmetrischen Macht‑ und Herrschaftsverhältnisse über die Neugestaltung politisch-administrativer, sozio-produktiver und ‑territorialer (Handlungs‑)Räume sowie lokaler Orte verringert und abgebaut werden können (Massey 2009: 19f). Dabei dient die Neue Machtgeometrie der Regierung als ein politisch-strategisches Leitbild und Instrument, um zentrale Gesellschaftsbereiche neu zu gestalten (Barreto 2011; Biardeau 2007). Raumfragen, die sich mit Aspekten der Nutzung und Kontrolle des ländlichen, maritimen und insularen Territoriums sowie der politisch-territorialen Redimensionierung beschäftigen, sind in diesem Kontext von höchster Relevanz. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Reorganisation der Wirtschafts‑ und Produktionsstrukturen sowie der sozio-territorialen Transformation gewidmet (Aló Presidente, 21. 1. 2007; Biardeau 2007; Chávez 2007).

Das im Dezember 2007 in einem Referendum zur Abstimmung gestellte und knapp gescheiterte Projekt der sozialistischen Verfassungsreform, sollte den Entwicklungsprozess hin zum bolivarischen Sozialismus beschleunigen. Dabei stellte die Neue Machtgeometrie eines der zentralen Elemente der vorgeschlagenen Verfassungsreform dar. Das nationale Territorium sollte politisch-territorial nicht länger nur in Bundesstaaten und Hauptstadtdistrikt mit den jeweils untergeordneten Munizipien untergliedert sein. Vielmehr wurde eine Vielzahl neuer politisch-territorialer Konfigurationen und Einheiten ausgewiesen, deren genaue Funktion und Bestimmung im Verfassungstext aber teils vage blieb und erst im Nachgang über Gesetze spezifiziert werden sollte.[5]

Neben der in den Medien viel beachteten und polemisch diskutierten Möglichkeit der uneingeschränkten Wiederwahl des Präsidenten enthielt der Reformvorschlag zahlreiche Änderungen, die eine deutliche Machtkonzentration in den Händen des Staatsoberhauptes bedeutet hätten.[6] Die Tatsache, dass die Verfassungsreform in einem Referendum abgelehnt wurde, hindert die Regierung nicht daran, ihr Projekt der Neuen Machtgeometrie und die politisch-institutionelle Redimensionierung der bisher bestehenden Raum-Macht-Strukturen fortzusetzen. Sie nutzt hierfür eine Vielzahl legislativer Verfahren wie den Erlass von Präsidialdekreten und die vielfach durch die Exekutive angewiesene Beschleunigung von Gesetzesinitiativen. Zudem unterstützt sie finanziell die Institutionalisierung von Basisstrukturen wie den Kommunalräten und den Kommunen (Comunas).

Massey weist in diesem Zusammenhang auf das Bestehen verschiedener Geschwindigkeiten zeitlich überlappender Prozesse hin (Massey 2009: 22f). Ausgangspunkt ist die Annahme, dass es sich bei der Förderung von (neuen) Basisstrukturen und der Stärkung bisher marginalisierter Bevölkerungsgruppen und Gemeinden – besonders in infrastrukturschwachen Regionen sowie an der Peripherie der Städte – um einen langwierigen Prozess handele. Die Nutzung präsidialer Sondervollmachten ermögliche es jedoch, den gesetzlichen Rahmen für die beabsichtigten Veränderungen unmittelbar zu öffnen und alternative Strukturen aufzubauen, deren Konsolidierung langfristig Tatsachen schaffe. Auch wenn es zweifelsfrei richtig ist, dass tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen nicht automatisch oder von heute auf morgen geschehen, besteht zugleich die Gefahr, dass ein präsidiales „Am-Parlament-vorbei-Regieren“, demokratische Beteiligungs‑ und Kontrollverfahren unterwandert und eine weitere Konzentration der Macht in den Händen des Präsidenten zur Regel wird. Dass sich insgesamt ein höchst widersprüchliches Nebeneinander von De‑ und Rezentralisierungsprozessen abzeichnet, soll nachfolgend an einigen empirischen Beispielen gezeigt werden.

Die Neue Machtgeometrie und der Kommunale Staat

Für die Veränderung bestehender power-geometries bedarf es Massey zufolge einer gezielten Stärkung der lokalen Partizipations‑ und Teilhabestrukturen. Dabei sei der Aufbau von kollektiven Organisations‑, Entscheidungs‑ und Selbstverwaltungsstrukturen „von unten“ zentral, um die asymmetrischen räumlichen Macht‑ und Herrschaftsverhältnisse aufzubrechen und dauerhaft zu verändern (Massey 2009: 21).

Die Chávez-Regierung stellt seit 2006 hohe staatliche Ressourcen für den landesweiten Aufbau von Kommunalräten[7] und seit 2009 auch für Kommunen bereit (MPPCyPS 2011; 2012). Zugleich wurde mit der Einrichtung des Ministeriums der Volksmacht für die Kommunen und Soziale Sicherung (Ministerio del Poder Popular de las Comunas y Protección Social) auf nationaler Ebene ein institutioneller Rahmen für die Anliegen der neuen kommunalen Strukturen geschaffen. Offiziell sollen die Consejos Comunales und Comunas den basisdemokratischen Willensbildungs‑ und Entscheidungsprozess sowie den Auf‑ und Ausbau von Selbstverwaltungsstrukturen in den Nachbarschaften und auf lokaler Ebene fördern. Als zentrale Instanzen und Räume der Partizipation, Artikulation und Inklusion konzipiert, sollen die CCs die lokalpolitischen Forderungen, die direkte Einflussnahme und die politische Einbindung – insbesondere bisher benachteiligter Bevölkerungsschichten – in politisch-administrative Planungs‑ und Entscheidungsprozesse verbessern und die gesellschaftspolitische Teilhabe von unten erhöhen. De facto ließ sich in den ersten Jahren eine spürbare Stärkung und Ausweitung von in diesem Maße nie dagewesenen lokalen Organisationsstrukturen sowie ein empowerment der Bewohner_innen insbesondere in den benachteiligten Stadtviertel von Caracas feststellen (Holm & Bernt 2007; Lacabana 2009). Allerdings muss zugleich auf Gefahren und Grenzen des Prozesses hingewiesen werden. So handelt es sich bei den bestehenden und sich formierenden CCs und Comunas eben nicht mehr um Graswurzel‑ oder spontan gewachsene Strukturen. Die kommunalen Basisstrukturen werden gezielt als Parallelstrukturen zu den politisch-territorialen Instanzen und unabhängigen Basisorganisationen aufgebaut.

Im Jahr 2010 begann eine umfassende Gesetzgebungsphase, die den eingeleiteten Transformationsprozess beschleunigen und absichern sollte. Über die Verabschiedung von so genannten Organgesetzen[8] wurde der rechtliche Rahmen für den Aufbau des Kommunalen Staates geschaffen und damit zentrale Inhalte der abgelehnten Verfassungsreform in weiten Teilen trotzdem umgesetzt. Die Vision des Kommunalen Staates basiert auf der umfassenden Redimensionierung der bestehenden politisch‑ und sozio-territorialen sowie sozio-produktiven Raum-Macht-Verhältnisse. Dabei gilt es, die Bevölkerung möglichst flächendeckend und aktiv in das sozialistische Regierungsprojekt einzubinden.

Die Anzahl der bestehenden Consejos Comunales bezifferte sich offiziellen Angaben zufolge im November 2012 auf 44.196. Im April 2011 hatten sich 9.000 CCs bereits auf der nächst höheren politisch-territorialen Ebene zu Comunas zusammengeschlossen (MPPCyPS, 18. 4. 2011, SAFONACC 2012).[9] Die Kommunen organisieren und verwalten auf supralokaler Ebene vergesellschaftete Produktionszusammenhänge, die im Idealfall mit angrenzenden Kommunen nicht-monetäre Austauschbeziehungen aufbauen und sich zu so genannten subregionalen Kommunalen Städten zusammenschließen. Zwei oder mehrere Kommunale Städte konstituieren auf regionaler Ebene sogenannte Föderationen, welche sich auf supraregionaler Ebene wiederum zu Konföderationen vereinen sollen. Diese Strukturen bestehen aktuell parallel zu den liberal-repräsentativen politisch-territorialen Einheiten der Bundesstaaten, den untergeordneten munizipalen Verwaltungsbezirken sowie den untersten kommunalen Verwaltungseinheiten, den sogenannten (Kirchen‑)Gemeinden. Das erlaubt, vereinzelt bestehende Behinderungs‑ und Verzögerungstaktiken von Repräsentant_innen des alten Staatsapparates sowie lokalpolitische Machtinstanzen erfolgreich zu umgehen. Mitte Juni 2012 wurden den Kommunalräten und weiteren lokal organisierten Strukturen der Volksmacht (Poder Popular) weitreichende Zuständigkeiten für staatliche Sektorpolitiken wie Gesundheit, Infrastruktur, Wohnungsbau, Kultur, Mikrokredite und weitere Bereiche der öffentlichen Verwaltung übertragen (LOGCSOA 2012; Chávez 2012: 23). Für die bundesstaatlichen Instanzen und Munizipalregierungen hat dies zur Folge, dass zahlreiche Kompetenzbereiche und der zentralstaatliche Ressourcentransfer in der bisherigen Form aufgehoben werden und an die neuen Strukturen der Volksmacht übergehen. Dies kommt einer gezielten Entmachtung der verfassungsgemäß vorgesehenen und demokratisch legitimierten politisch-administrativen Instanzen gleich.

Ferner werden die Kommunalräte, Kommunen sowie „jedwede weitere Organisationsform des Poder Popular“ zu den zentralen gesellschaftlichen Organisationsformen des nunmehr als sozialistisch deklarierten geographischen Raumes erklärt (LOC 2010: Art. 4, 5 u. 60). Somit legen die Organgesetze den Grundstein für die Handhabe, alle Teilhabemöglichkeiten für andere Gesellschafts‑ und Organisationsformen jenseits der sozialistischen auszuschließen. Im Grunde genommen erfolgt damit eine grundlegende Redefinition der verfassungsgemäß garantierten pluralen Partizipationsstrukturen: Die Bürger_innenbeteiligung wird auf die Entwicklung und Konsolidierung des Poder Popular beschränkt, so dass Andersdenkende und staatlicherseits nicht eindeutig als sozialistisch identifizierte Beteiligungsstrukturen und Akteur_innen ausgegrenzt oder systematisch benachteiligt werden können (PROVEA 2011: 353). Die direkte Abhängigkeit von den Finanzierungs‑ und Transferkanälen der Exekutive macht die neuen Strukturen in hohem Maße anfällig für die Einflussnahme und wachsende Kontrolle von oben. So beklagen zunehmend auch regierungsnahe Organisationen sowie unabhängige Basisinitiativen den Druck, sich in die Consejos Comunales integrieren oder als CCs formieren zu müssen, um den staatlichen Ressourcenfluss zu sichern, während regierungskritische Akteur_innen aus dem staatlichen Transformationsprojekt ausgeschlossen werden (PROVEA 2010: 16; Sinergía 2007: 13). Kritisch zu bewerten ist ebenso die offene politische Instrumentalisierung von Kommunalräten, beispielsweise wenn staatlicherseits Druck auf die Mitglieder ausgeübt wird, damit diese der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV) beitreten, sich im Rahmen des Systems der integralen Volksverteidigung als Reservisten der nationalen Militärreserve auflisten lassen oder zur Teilnahme an Wahl‑ und anderen Regierungskampagnen aufgefordert werden (Prensa YVKE Mundial, 8. 1. 2009). Insgesamt haben sich nach einer anfänglichen Phase der Ausweitung von alternativen lokalen Partizipations‑ und Artikulationsräumen die Versuche der staatlichen Einflussnahme auf diese Strukturen und Entwicklungen deutlich verstärkt. Es zeichnet sich ab, dass die Kontrolle des Transformationsprozesses nur äußerst selektiv nach unten abgegeben wird und statt rätedemokratischer Entscheidungsmacht von unten vor allem politische Loyalität gegenüber der Regierung gefördert und belohnt wird. Kritik, auch aus den eigenen Reihen, wird hingegen bestraft, vorrangig mit Ressourcenentzug.

Bolivarische Strategien interner Territorialisierung

Die 2007 abgelehnte Verfassungsreform räumte dem Präsidenten weitreichende Befugnisse ein, um per Dekret zusätzliche territoriale Einheiten und Gebietskörperschaften auszuweisen. Des Weiteren war vorgesehen, dass die Einsetzung ebenso wie die Amtsenthebung der für die verschiedenen Gebietskörperschaften zuständigen Autoritäten dem Präsident obliegen sollte. Beide genannten Aspekte wurden Mitte des Jahres 2008 über die Verabschiedung verschiedener Präsidialdekrete gesetzkräftig verankert. In der Folge kann der Präsident parallel zu den liberal-repräsentativ gewählten bundestaatlichen Regierungsvertreter_innen willkürlich unabhängige „regionale Autoritäten“ ernennen. Auf dieser Grundlage wurden seither in der politischen Praxis verschiedene neue politisch-territoriale Einheiten eingerichtet. Inwieweit auch diese räumlichen (Re‑)Dimensionierungen die veränderten (gesellschafts‑)politischen Auseinandersetzungen und Kräfteverhältnisse abbilden, wird nachfolgend anhand verschiedener Beispiele verdeutlicht.

Der Hauptstadtdistrikt (Distrito Capital) stellt seit Mitte April 2009 eine Gebietskörperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit dar, die den Bundesstaaten gleichgestellt ist. Sie umfasst das Munizipium Libertador, welches Sitz der Nationalregierung und der Öffentlichen Gewalten ist. Anstelle eines Gouverneurs oder einer Gouverneurin bekleidet derzeit eine präsidial eingesetzte Regierungschefin das oberste Amt (LDC 2009). Offiziell wird argumentiert, dass mit der Gleichstellung die Benachteiligung des Hauptstadtdistrikts beendet werde, der bisher nur aus zwei politisch-administrativen Ebenen bestand: der Nationalen und der Munizipalen.[10] Dem Distrito Capital werden fortan die Ressourcen aus dem situado constitucional – einem Ressourcentransfer von der Zentralebene an die Bundesstaaten direkt ausgezahlt. Darüber hinaus werden dem Hauptstadtdistrikt ein Hauptstadtzuschuss und weitere Sonderleistungen zugewiesen, was dazu führt, dass dem Metropoldistrikt Caracas (Distrito Metropolitano de Caracas) in der Summe die Hälfte seiner bisherigen Einnahmen verloren gehen.[11] Seit dem Jahr 2000 wurden die gesamten Ressourcen für den Metropoldistrikt vom amtierenden Oberbürgermeister verwaltet, der den einzelnen Munizipien die jeweiligen Etats zuwies (LTDF 2000). Insofern deuten nicht nur regierungskritische Stimmen die Schaffung des neuen Amtes als Möglichkeit, den Machtverlust zu kompensieren, den die Regierung durch den Wahlsieg der Opposition bei den Regional‑ und Kommunalwahlen im November 2008 im Großraum Caracas erlitt.[12] Dazu passt, dass vormals dem Amt des Oberbürgermeisters zugeordnete Zuständigkeiten, Funktionen sowie Ressourcen der neuen präsidial ernannten Autorität übertragen wurden. Ende März 2013 schuf Nicolás Maduro, der zu diesem Zeitpunkt kommissarisch die Amtsgeschäfte führte, per Dekret die Entwicklungskorporation Miranda (Corporación de Desarrollo de Miranda – Corpormiranda). Zum Präsidenten der neuen Körperschaft wurde der Außenminister Elias Jaua ernannt. Jaua, der bei den Gouverneurswahlen im Dezember 2012 als Gegenkandidat zum amtierenden Gouverneur Henrique Capriles angetreten war, hatte die Bundesstaatswahlen nicht für sich entscheiden können. Der Bundesstaat Miranda blieb in den Händen der Opposition. Über Corpormiranda werden zukünftig Sozialprogramme sowie Infrastruktur‑ und Bauprojekte parallel und in Konkurrenz zu den Vorhaben des Bundesstaates finanziert. Mit Blick auf die zentralstaatliche Ressourcenzuweisung sind während der Regierungszeit von Chávez und auch gegenwärtig unter Maduros Präsidentschaft ein steter Rückgang der Geldmittel, eine Zurückhaltung von Etats bzw. Verzögerungen bei der Auszahlung an die Bundesstaaten sowie eine Benachteiligung insbesondere der Bundesstaaten in Oppositionshand festzustellen (El Universal, 14. 11. 2012). Hinzu kommt, dass anstatt an subnationale Regierungsebenen zu überweisen, die Regierung entsprechende Ressourcen an die neuen regionalen Autoritäten und (Basis‑)Strukturen des Poder Popular kanalisiert. Diese Verfahrensweise hat die zentralstaatliche Kontrolle und Einflussmöglichkeiten auf allen Ebenen deutlich erhöht.

Als Beispiel für eine ökonomisch und ressourcenstrategisch motivierte interne Territorialisierungsstrategie lässt sich die im September 2011 angekündigte Ausweisung eines Militärdistriktes in der zentralen Goldabbauregion des Landes interpretieren. Auch in den militärischen Distrikten werden die für die Umsetzung und Kontrolle von Regierungsentscheidungen verantwortlichen Einzelpersonen sowie Sonderbehörden direkt vom Präsidenten eingesetzt. Einhergehend mit der einen Monat zuvor verkündeten Verstaatlichung des Goldsektors kann diese Gebietsausweisung als Schritt gelesen werden, um die Goldabbauaktivitäten internationaler und nationaler Bergbauunternehmen sowie der Kleinschürfer_innen zukünftig direkt unter staatliche Koordination und Kontrolle zu stellen (AVN, 6. 9. 2011).

Die bislang weitreichendste Maßnahme zur Veränderung der politisch-territorialen sowie der räumlichen Wirtschafts‑ und Produktionsstrukturen des Landes stellt die im Juli 2012 angekündigte Einrichtung von fünf Entwicklungszonen (Distritos Motores de Desarrollo) dar. Mit diesen geplanten munizipienübergreifenden Gebietsausweisungen wird beabsichtigt, die regionale Wirtschaftsleistung sowie das Produktionsniveau anzuheben. Durch den Aufbau lokaler Basis‑ und Selbstverwaltungsstrukturen sowie die Gründung und Förderung von neuen sozialistischen Unternehmen und Produktionszusammenhängen soll der eingeleitete sozialistische Transformationsprozess vertieft werden. Alle fünf Entwicklungsdistrikte liegen im ressourcenreichen Bundesstaat Anzoátegui. Im Süden des Bundesstaates lagern die größten Erdöl‑ und Gasreserven des Landes und die Region beherbergt einen der größten Erdölverarbeitungskomplexe Lateinamerikas. Im Norden befinden sich große Wasserreservoirs und die Böden zählen zu den fruchtbarsten und ertragsreichsten Venezuelas. Diese Rahmenbedingungen deuten darauf hin, dass es sich bei den geplanten räumlichen und politisch-institutionellen Veränderungen um interne Territorialisierungsstrategien handelt, mit denen sowohl die zentralstaatliche Kontrolle über strategische Ressourcen als auch der Aufbau kommunaler Organisationsstrukturen sichergestellt werden sollen. Finanziell erhalten diese neuen territorialen Einheiten Budgets, die vormals für Munizipien und Bundesstaaten bestimmt waren und fortan von der neuen Sonderbehörde verwaltet werden. Bezeichnend ist, dass all diese Entscheidungen am Parlament vorbei getroffen werden. Sowohl die territoriale Ausweisung als auch die Bestimmung der entsprechenden politisch-administrativen Autoritäten (Autoridades Únicas Distritales) erfolgen auf präsidiale Anordnung. Den neuen Autoritäten werden zwar formal Haushalts‑, Verwaltungs‑ und Finanzkompetenzen sowie Zuständigkeiten in den Ressorts Wirtschaft, Soziales, Politik und Partizipation übertragen, die bestehende Weisungsgebundenheit und starke Abhängigkeit von präsidialen Entscheidungen bedeutet jedoch weniger eine tatsächliche Übertragung von Verantwortlichkeiten und die Stärkung der subnationalen Selbstorganisationsstrukturen als vielmehr eine offensichtliche Konzentration von Machtbefugnissen in den Händen des Präsidenten (LCFG 2012).

Mit dem Ausdruck „Sozialismus per Dekret“ mahnte Javier Biardeau bereits im Jahr 2008 die Widersprüche und bedenklichen Entwicklungen des bolivarischen Prozesses an: Es sei dringend geboten, den „autoritären Etatismus“, die Unterordnung der öffentlichen Gewalten unter den Präsidenten und die sukzessive Aufhebung des venezolanischen Föderalismus kritisch zu hinterfragen (Biardeau 2008). Auf welcher Grundlage und unter Berücksichtigung welcher Aspekte die unterschiedlichen, hier beispielhaft aufgeführten Gebietsausweisungen und Personalentscheidungen gefällt werden, bleibt unklar: Es liegen keine Richtlinien und konkreten Bestimmungen vor, aus denen sich nachvollziehbare Zuständigkeiten sowie transparente Prozedere folgern lassen. Im Kern erlauben diese Sondervollmachten dem Präsidenten die Möglichkeit einer beliebigen Auslegung und bergen somit die Gefahr des Missbrauchs. Das Staatsoberhaupt ist immer mehr zum alleinigen Entscheidungsträger und Gestalter des bolivarischen Transformationsprozesses mutiert.

Zusammenfassung und Ausblick

Angelehnt an Masseys Konzept der power geometries nutzte die Regierung Chávez Strategien der räumlichen Redimensionierungen, um bestehende Raum-Macht-Beziehungen gezielt zu verändern. Die Umsetzung der Neuen Machtgeometrie und die damit einhergehenden komplexen territorialen Redimensionierungsprozesse zählen bis heute zu den zentralen Projekten des politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Transformationsprozesses in Venezuela. Der eingeleitete Übergang zum Estado Comunal zeichnet sich dabei durch widersprüchliche Entwicklungen aus.

Im vorliegenden Beitrag wurden die Veränderung der geographisch-räumlichen Überlagerungen verschiedener interdependenter sozialer Machtbeziehungen und die sozio-politischen Konflikte, die sich daraus ergeben, beispielhaft anhand des staatlich forcierten Aufbaus der kommunalen Beteiligungsstrukturen und weiterer raumrelevanter Bereiche (wie die staatliche Kontrolle über die Ressourcenpolitik) dargestellt und kritisch kommentiert. Offiziell wurden mit der systematischen Förderung lokaler Basisstrukturen ein gesellschaftlicher Demokratisierungsprozess von unten angestoßen sowie die Selbstorganisation und Partizipation von bisher marginalisierten Bevölkerungsgruppen gestärkt. Zweifelsohne waren dabei auch ein qualitativ neuer Prozess und zahlreiche Ansätze für mehr politische Teilhabe zu beobachten, was temporär zu einer merklichen Zunahme der politischen Mobilisierung und Bewusstseinsbildung insbesondere der benachteiligten Bevölkerungsgruppen beigetragen hat. Zugleich zeichnen sich spätestens seit dem Jahr 2007 immer deutlicher ambivalent zu bewertende Entwicklungen ab. Gegenwärtig offenbart sich der deutlichste Widerspruch des bolivarischen Prozesses im parallelen Aufbau kommunaler Strukturen bei gleichzeitiger (Re‑)Zentralisierung staatlicher Macht.

Am Beispiel interner Territorialisierungsstrategien wurde nachgezeichnet, wie das Staatsoberhaupt landesweit neue politisch-territoriale Gebietsausweisungen vornimmt und per Fingerzeig die neuen Autoritäten bestimmt. Folglich werden die Strukturen einer neuen politisch-territorialen power-geometry von dem Repräsentanten der Exekutive dekretiert und dabei andere demokratisch legitimierte Regierungsinstanzen ausgehebelt. Aus demokratietheoretischer Sicht gibt diese Strategie des „Sozialismus per Dekret“ Anlass zur Sorge. Sie stellt längst keine Ausnahme mehr dar, um Raum für gesamtgesellschaftliche Diskussionen und politische Veränderungen zu schaffen, sondern ist offenbar zu einem probaten Mittel geworden, um am Parlament und an den gewählten subnationalen Instanzen vorbei zu regieren sowie neuralgische Politik‑, Wirtschafts‑ und Gesellschaftsbereiche im Alleingang umfassend zu verändern. Weiteren Anlass zur Kritik bieten die Territorialisierungsmaßnahmen mit denen Nutzungs‑, Zugangs‑ und Verfügungsrechte über strategische Ressourcen reguliert werden. Anstatt – im Sinne Masseys – bestehende Macht-Raum-Asymmetrien abzubauen, werden mit der Um‑ und Fortsetzung interner Territorialisierungsstrategien neue sozial-räumliche Fragmentierungs‑ und Ausgrenzungsprozesse in Kauf genommen und sogar befördert. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft des Landes stärker denn je vom Erdölsektor abhängig ist. Damit ist der Staatshaushalt in hohem Maße der Volatilität der Rohstoffpreise am Weltmarkt unterworfen.

Der systematische Ausbau von Macht‑, Entscheidungs‑ und Kontrollbefugnissen des Staatsoberhauptes ist mit großer Skepsis zu betrachten. Aktuell vereint das präsidiale Amt eine unter demokratischen Vorzeichen in Venezuela nie dagewesene Machtfülle. Vor dem Hintergrund des Todes von Hugo Chávez gewinnt diese Entwicklung zusätzlich an Brisanz, denn Chávez hinterlässt ein Machtvakuum, das Maduro bisher nicht überzeugend ausfüllen kann. Das knappe Ergebnis und die nicht nur aus Sicht der Opposition umstrittenen Wahlergebnisse sowie die anhaltenden – zum Teil gewaltsamen – Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und der Opposition machen deutlich, dass sich das politische Gesamtpanorama und die innenpolitischen Kräfteverhältnisse innerhalb weniger Wochen spürbar verschoben haben. Wie zuvor Chávez, nutzte auch Maduro die In-Dienst-Stellung des gesamten Staatsapparates und der öffentlichen Medien sowie den beliebigen Einsatz öffentlicher Gelder für seine Wahlkampfzwecke. Nichtsdestoweniger haben Maduros fehlende Ausstrahlungs‑ und politische Überzeugungskraft sowie die mangelnde Kohärenz seiner politischen Ansprachen und oftmals fehlplatzierten Äußerungen die Unterstützung und Fürsprache für Chávez’ politischen Ziehsohn deutlich einbrechen lassen. Dem erneuten Herausforderer und Kandidaten des Oppositionsbündnisses („Tisch der Demokratischen Einheit“) Capriles hingegen gelang es im Zuge der Präsidentschaftswahl politisch aufzuholen und seine Wähler_innenschaft überraschend deutlich zu verbreitern. In Anbetracht der äußerst geringen Stimmendifferenz zwischen den beiden Kandidaten und vorliegenden Unregelmäßigkeiten des Wahlganges überrascht es nicht, dass Capriles unmittelbar nach Verkündigung der Ergebnisse eine Neuauszählung der Wahlunterlagen forderte. Die politischen Auseinandersetzungen darum halten auch einige Monate nach der Wahl weiter an. Der nationale Wahlrat (CNE) bezeichnete bereits am Ende des Wahltages die vorgestellten Wahlergebnisse als „irreversibel“. In den darauffolgenden Tagen stimmte die Wahlbehörde der Teilneuauszählung der restlichen 46 Prozent der noch nicht überprüften Wahlmaschinen zu, verweigerte aber die seitens der Opposition geforderte umfassende Überprüfung der Wähler_innenlisten, der Papierbelege und der Datenübertragungsprotokolle sowie den Abgleich der Fingerabdrücke, um beispielsweise Mehrfachwähler_innen entdecken zu können. Anfang Mai hat Capriles offiziell die Wahlen vor dem Obersten Gerichtshof (TSJ) angefochten.

Aus politisch-institutioneller Sicht gibt zudem die wiederholt einberufene „politisch-militärische Regierungsführung“ Anlass zur Sorge. Diese „politisch-militärische Führung“ trat öffentlich erstmals bei einer Kettenschaltung der Medien am 5. März 2013 und wenige Stunden vor der Bekanntgabe des Ablebens von Hugo Chávez in Erscheinung. Dieses verfassungsrechtlich nicht vorgesehene Gremium setzt sich aus den regierungstreuen Gouverneur_innen, den Minister_innen und den Abgeordneten der Regierungspartei (PSUV) sowie der Obersten Militärführung zusammen.[13] Bis heute ist nicht klar welche Kompetenzen und Aufgaben diesem Gremium zugeordnet werden. Die Tatsache, dass leitende Militärs sich im Vorfeld und während der Wahlen öffentlich für die Unterstützung des Regierungskandidaten ausgesprochen haben und dies von Seiten der öffentlichen Gewalten unkommentiert toleriert wurde, obwohl die Unparteilichkeit des Militärs verfassungsrechtlich festgeschrieben ist, offenbart ein fragwürdiges demokratisches (Selbst‑)Verständnis der Staatsgewalten und der Uniformierten.

Die venezolanische Gesellschaft ist tief gespalten. Die Spirale der Konfrontation zwischen Regierungs‑ und Oppositionsanhänger_innen hat sich in den letzten Wochen deutlich hochgeschraubt. Politische Diskreditierung, Diffamierung und verbale Radikalisierung prägen aktuell das politische Geschehen im Land. Der Opposition ist sicher daran gelegen, eine Situation zu schaffen, welche die Legitimität und die Regierungsfähigkeit der Regierung Maduro weiter in Zweifel zieht. Und auch die Sorge des regierungsfreundlichen Lagers um die Kontinuität des Projektes ist nachvollziehbar. Die Wahl ihrer politischen Mittel indes nicht. Bereits während der Wahlen und in den darauffolgenden Tagen prägte die öffentliche Präsenz von gewaltbereiten radikalen Gruppen die vorherrschende Stimmung der politischen Provokation und Aggression. Die physische und psychische Bedrohung von politisch Andersdenkenden ist grundsätzlich abzulehnen. Zugleich sind die staatlichen Maßnahmen der politischen Einschüchterung und die Einschränkung der freien Meinungsäußerung kategorisch zu verurteilen. Die Entlassung von staatlichen Bediensteten sowie der angedrohte Ausschluss von Empfänger_innen staatlicher Sozialleistungen, denen nachgewiesen werden kann, dass sie für Capriles gestimmt haben, zeugen von einem klaren Missbrauch der staatlichen Macht. Die Überprüfung von privat versendeten Textnachrichten über Mobiltelefone sowie von Facebook‑ und/oder Twitter-Accounts zur Kontrolle der politischen Gesinnung sind Orwell’sche Überwachungsmethoden, die explizit zu verurteilen sind und mit demokratischen Grundwerten unvereinbar sind. Insgesamt verdichtet sich der Eindruck, dass der offene Konflikt politisch gewollt ist.

Abschließend kann festgehalten werden, dass viele der zuvor beschriebenen Veränderungen und Entwicklungen weniger auf eine Ermächtigung von unten als vielmehr auf die Ausweitung der zentralstaatlichen Macht und ihres Kontrollapparates deuten. Nach 14 Jahren bolivarischer Revolution zeichnet sich deutlich ab, dass die bis 1998 ausschließlich von den traditionellen Eliten dominierten nationalen Macht‑ und Herrschaftsstrukturen und ihre räumlichen Zuschreibungen vielfach aufgebrochen wurden. Die propagierte Stärkung der Volksmacht aber krankt am langen Arm und am Ressourcentropf der Exekutive. Die Machtfülle, die Hugo Chávez Maduro vererbt hat, dient gegenwärtig dazu, die politisch erstarkte Opposition und den fehlenden politischen Rückhalt im eigenen Lager autoritär im Zaum zu halten, eine Erneuerung der partizipativen Demokratieversprechen des bolivarischen Projektes ist damit aber wohl kaum verbunden.

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Anschrift der Autorin:
Ana María Isidoro Losada
IsidoroLosada@gmx.net

 

Peripherie, Nr. 130/131, 33. Jg. 2013, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster, S. 327-348
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*      Für kritische und konstruktive Anmerkungen danke ich ganz besonders Tanja Ernst und Kristina Dietz sowie den zwei anonymen Gutachter_innen.

[1]      Nach der Aktualisierung der Wahlergebnisse und Berücksichtigung der Stimmabgaben aus dem Ausland verringerte sich die Wahldifferenz zwischen Nicolás Maduro und dem Oppositionskandidaten Henrique Capriles auf 1,49 Prozent.

[2]      Für einen ausführlichen Überblick vgl. Wissen u.a. 2008; Belina & Michel 2007b; Belina 2013.

[3]      Beim Sozialismus des 21. Jahrhunderts handelt es sich nicht um einen homogenen und in sich geschlossenen Ansatz. Der Begriff steht vielmehr für ein theoretisches und politisch-ideologisches Konzept, welches trotz seiner Bezugnahme auf historische Formen des Sozialismus beansprucht, offen zu sein für eine eigene, progressive Ausformulierung und prozesshafte Weitergestaltung (vgl. Lanz 2006; kritisch: Meschkat 2010).

[4]      Die fünf Motoren setzen sich wie folgt zusammen: 1. Die Erteilung präsidialer Sondervollmachten, 2. die sozialistische Verfassungsreform, 3. eine Bildungsreform, welche die gezielte Förderung der „Volksbildung“ und sozialistischer Werte sowie die Überwindung der kapitalistischen Individualisierungsgesellschaft zum Ziel hat, 4. die Neue Machtgeometrie und 5. die Förderung und Stärkung der Kommunalräte (Aló Presidente, 21. 1. 2007).

[5]      Die neuen politisch-territorialen Einheiten sollten laut Chávez dazu beitragen, „die Ketten der alten konservativen, imperialistischen, kolonialen Geographie“ zu sprengen (Chávez 2007, Übers. A.M.I.L.).

[6]      Zu einzelnen, durchaus positiv aufgenommenen Veränderungen und Vorschlägen zählten die Einführung einer Rente für alle sowie eines sozialen Stabilitätsfonds zur Absicherung von nicht abhängig Beschäftigten und die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Letzteres kann als stärkere Berücksichtigung der demographischen Realität des Landes gewertet werden.

[7]      Seit 2006 können offiziell in städtischen Zentren etwa 200 bis 400 Familien, in ländlichen Regionen bereits 50 Familien und in indigenen Gemeinden zehn Familien eines gemeinsamen Gebietes einen Kommunalrat gründen.

[8]      Organgesetze lassen sich mit dem bundesdeutschen Grundgesetz vergleichen. Sie bedürfen der Zustimmung einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der Nationalversammlung, sind formalrechtlich zwischen gewöhnlichen Gesetzen und Verfassungsartikeln angeordnet und dienen oftmals der Präzisierung von bestehenden Verfassungsartikeln.

[9]      Das neue Regierungsprogramm, der Zweite Sozialistische Plan 2013 bis 2019, sieht vor, dass bis zum Jahr 2019 annähernd 39.000 zusätzliche CCs zu 3.000 sozialistischen Kommunen zusammengeschlossen und 68 Prozent der Bevölkerung in Kommunen organisiert sein sollen (Chávez 2012: 23).

[10]    Politisch-strategisch und diskursiv ähnlich begründet wird die Schaffung der beiden per Präsidialdekret im August 2011 ausgewiesenen „insularen Territorien“. Auch hier erfolgten eine politisch-administrative und fiskalpolitische Gleichstellung mit den Bundesstaaten sowie eine präsidiale Ernennung der jeweiligen Autoritäten.

[11]    Der Metropoldistrikt Caracas setzt sich aus den Munizipien Libertador, Baruta, Chacao, Sucre und El Hatillo zusammen.

[12]    Per Dekret wurden bereits im Jahr 2008 die Verwaltung der Metropolpolizei dem Ministerium der Volksgewalt für Innere Angelegenheiten und wenig später die Zuständigkeit der Gesundheitsfürsorge dem Ministerium der Volksgewalt für Gesundheit und damit der nationalen Ebene übertragen.

[13]    Bei dem ersten Zusammentreffen waren zudem der regierungstreue Bürgermeister des Hauptstadtmunizips Libertador und die Regierungschefin des Hauptstadtdistrikts anwesend.