Dirty work, dirty deal

15.03.2007) Hausarbeit ist nach wie vor Frauensache - mittlerweile zunehmend die Sache migrantischer Frauen.

Die Differenzen zwischen Frauen wurden nicht erst von den Postmodernen entdeckt. Schon um die Jahrhundertwende mussten sich Feministinnen der bürgerlichen Frauenbewegung die so genannte "Dienstbotenfrage" stellen und sich entscheiden, ob sie die Forderungen der DienstbotInnen nach besseren Arbeitsbedingungen unterstützen oder ihre Interessen als Arbeitgeberinnen verteidigen wollten. In ihrem Buch "Sister Outsider" machte Audre Lorde Anfang der 1980er weiße Feministinnen darauf aufmerksam, dass sie sich den Luxus ihres feministischen Engagements lediglich erlauben könnten, weil andere - meist schwarze - Frauen derweil ihre Kinder hüten und ihren Dreck wegmachen würden.
Männer die Hälfte der Hausarbeit und Kinderbetreuung erledigen zu lassen, hat bis heute nirgendwo geklappt. Frauen gelingt es in der Regel nur, sich von diesen Pflichten zu befreien, indem sie andere Frauen für diese Arbeiten bezahlen. Die Alterung der Gesellschaft in Verbindung mit dem Abbau sozialstaatlicher Versorgung und neoliberaler Reprivatisierung von Pflege- und Betreuungsarbeiten, lässt den Bedarf an häuslichen Dienstleistungen zusätzlich steigen. Nicht nur in EU-Europa und US-Amerika wächst deshalb die Nachfrage nach HausarbeiterInnen stetig. "Sklavenarbeit" nennt Bridget Anderson diese neue Form der Haushaltshilfe in ihrem Buch "Doing the Dirty Work? Migrantinnen in der bezahlten Hausarbeit in Europa". Und die dort versammelten Beispiele für unmenschliche Ausbeutung strafen diese Drastik nicht Lügen. "Ein Großteil der reproduktiven Arbeit in Europa wird derzeit von Nicht-Staatsangehörigen erledigt", behauptet Anderson. Denn neben Sexarbeit bleibt neu nach Europa gelangten Migrantinnen meist nur die Arbeit in privaten Haushalten. Illegalität zwingt Frauen außerdem häufig in so genannte "Live-in" Beschäftigungsverhältnisse, bei denen sie mit im Haus ihrer DienstgeberInnen wohnen. Neben häufig miserabler Bezahlung, extrem langen Arbeitszeiten, die oft Abrufbereitschaft rund um die Uhr voraussetzen, öffnet dieses rechtlich vollkommen ungesicherte Arbeitsverhältnis auch anderen Formen des Missbrauchs wie physischen Misshandlungen und sexualisierter Gewalt Tür und Tor.
Diese Ethnifizierung der Hausarbeit vollzieht sich aber noch weit differenzierter, wie Anderson anhand der in Barcelona, Bologna, Athen, Berlin und Paris untersuchten Arbeitsbedingungen belegen kann. Rassistisch ist nicht alleine die Tatsache, dass diese Arbeit Migrantinnen überlassen wird, sondern auch die Arbeitsteilung im Detail.
Während Kinder- und Altenbetreuung häufiger hellhäutigeren Frauen überantwortet wird, überlässt man den dunkelhäutigeren das Grobe. Die Lohnniveaus sinken mit dem Hautton und Stigmatisierungen wie bspw. die Sexualisierung von Thailänderinnen führen dazu, dass man diese nur ungern für Pflegearbeiten einsetzt und mit schwarzen Afrikanerinnen Körperkontakt überhaupt möglichst vermeidet.
Die Fälle, die Maria S. Rerrich in "Die ganze Welt zu Hause. Cosmobile Putzfrauen in privaten Haushalten" schildert, sind weniger schlimm. Ihre Studie beschränkt sich auf Deutschland und hier sind bislang "Live-out"-Dienstverhältnisse die Regel. Die Frauen arbeiten dort meist in mehreren Haushalten parallel, wodurch die Abhängigkeit von einem/r ArbeitgeberIn weniger groß ist. Lange Arbeitzeiten, niedriger Lohn, psychische und physische Dauerbelastungen gibt es aber auch hier. Neben Frauen ohne Aufenthaltstitel arbeiten in Deutschland viele Frauen auch zeitlich befristet mit einem Touristenvisum. Insbesondere das Modell "polnische Cousinen" erlaubt dabei die gleichzeitige Versorgung eines deutschen und eines eigenen Haushalts im Herkunftsland. Zwei Frauen teilen sich sowohl die Pflichten Zuhause als auch die Arbeitsstelle und reisen nach Ablauf des Visums wieder zurück und neu ein.
Aber auch jene, die länger bleiben, brauchen nicht selten Betreuung für die eigenen Kinder. Polnische Frauen stellen dafür Hausarbeiterinnen aus der Ukraine ein, die mitunter ihrerseits nun wieder noch billigere Arbeitskräfte für den zurückgelassenen Haushalt brauchen. Diese "Globale Betreuungskette" spannt sich einmal um den ganzen Erdball, vermutet Rerrich.
Unberücksichtigt bleibt in ihrem Buch ein Umstand, dem Anderson viel Gewicht verleiht. Frauen, die es sich leisten können, kaufen mit der migrantischen Arbeitskraft nicht nur Dienstleistungen ein. Sie sichern sich damit gleichzeitig immer auch die Position der Haus"herrin".
"Wenn es nicht funktioniert, tu etwas anderes" hat Audre Lorde auch einmal gesagt. Etwas anderes sollten Frauen sich dringend einfallen lassen, um die Drecksarbeit loszuwerden.

Dieser Artikel erschien in: an.schläge, das feministische Magazin,
www.anschlaege.at

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