Der Reichtum wächst, aber nicht für alle

Wer ist reich? Wie ist Reichtum in Deutschland verteilt? Welche gesellschaftliche Funktion hat Reichtum heute? Antworten auf diese und andere Fragen zu Reichtum und Armut in Deutschland im Artikel.

Reichtum ist ein schillernder, vieldeutiger Begriff. Ursprünglich gleichbedeutend mit Herrschaft, Macht, Pracht usw., aber auch auslegbar i. S. subjektiver Vollkommenheit, als "Kultur aller Eigenschaften ", Genußfähigkeit, Bedürfnisvielfalt, Produktivität und Beziehungsreichtum des Menschen1, findet er in der warenproduzierenden Gesellschaft, im Kapitalismus, vor allem in einem objektivierten Sinne, das heißt bezogen auf gegenständliche Vermögenswerte, Verwendung. Für Marx erscheint der bürgerliche Reichtum daher als "eine ungeheure Warensammlung" und die einzelne Ware als "seine Elementarform".2 In der weiteren Analyse zeigt sich jedoch, daß es letztlich nicht die Gebrauchseigenschaften der Ware sind, die hier den Reichtum ausmachen, sondern allein ihr Wertdasein und ihre Verwertung. Insofern ist Reichtum im Kapitalismus vom Grundsatz her sich verwertender Wert - und Vermögen seiner sozio-ökonomischen Bestimmung nach Kapital.

Diese Wesensbestimmung des Vermögens, seine Definition als Kapital, schließt seine Formbestimmtheit als Wert, welcher schließlich im abstrakten Medium des Geldes seine "fertige Gestalt"3, seine Vollendung findet, ein. Das Geld verkörpert damit in der modernen Welt die "absolut gesellschaftliche Form des Reichtums"4. Als solches ist es Selbstzweck allen Tuns, Inbegriff des Reichtums, der Form und dem Inhalt nach, was zur Folge hat, daß die Gesamtheit der Warenwelt, der ganze stoffliche Reichtum, letztlich nur nach seiner Wertseite hin zählt, als potentielles Geld.5 Das heißt, Geld macht im Kapitalismus vielleicht nicht immer glücklich, in jedem Falle aber reich - und zwar absolut. Als abstrakter Reichtum dominiert es allen konkreten, also wirklichen Reichtum, da dieser seine Bestimmung als Kapital, also die Verwertung seiner selbst, letztlich nur in der Form des Geldes, als pekuniäre Rendite, zu realisieren vermag. Vermögen, das diesem ›kategorischen Imperativ‹ nicht genügt, gilt als entwertet und kommt als Reichtum folgerichtig nicht in Betracht.6

Vermögensumfang und Vermögensstruktur

Deutschland ist, gemessen am Gesamtumfang des hier auszumachenden Vermögens, ein reiches Land. Diese Einschätzung trifft auch dann zu, wenn man das Vermögen in Relation zur Bevölkerung setzt, also im Pro-Kopf-Ausweis. Bezugsgröße ist dabei zunächst das Vermögen in einem möglichst umfassenden Sinn, als volkswirtschaftliches Gesamtvermögen. Hierzu zählen produktives und konsumtives Sach- resp. Realvermögen sowie natürliche Ressourcen als materielles Vermögen, Renten- und Sozialansprüche, Bildung, Kultur etc. sowie Urheberrechte, Lizenzen u.ä. als immaterielles Vermögen; ferner Arbeits- und Vitalkraft als Humanvermögen sowie Forderungen gegenüber dem Ausland als Geldvermögen.7 Bei diesen Vermögenswerten handelt es sich um Bestandsgrößen; die daraus hervorgehenden Einkommen bzw. Nutzen, aber auch Steuern und andere Zahlungen, sind dagegen Stromgrößen, die Veränderungen der Bestände im Sinne ihrer Zu- oder Abnahme bewirken können.8

Für eine wirtschaftliche Einheit, z. B. einen privaten Haushalt, stellt sich die Vermögensproblematik insofern anders dar, als hier neben materiellen und immateriellen Vermögensformen auch Forderungen gegenüber Banken, dem Staat, Pensionskassen usw. als Vermögen anzusehen sind. Die Vermögensrechnung der privaten Haushalte umfaßt daher: a) Grund- und Immobilienvermögen, sei es vermietet oder selbst genutzt; b) Betriebsvermögen, als unmittelbares Eigentum an Unternehmen9; c) Gebrauchsvermögen (Hausrat, Fahrzeuge, Privatsammlungen etc.) und d) Geldvermögen (Bargeld, Guthaben, Geldanlagen, Rentenwerte, Aktien u. ä.). Ferner gehören hierzu: e) Humanvermögen, f) Sozialvermögen (Renten- und Versorgungsansprüche) und g) private Eigentumsrechte an natürlichen Ressourcen, Lizenzen, Patente u. a. m.

Da die Quantifizierung der zuletzt aufgeführten Positionen (e bis g) schwierig ist, beschränkt sich die Vermögensrechnung in aller Regel auf die Positionen a bis d. Für die anderen Komponenten können nur verbale Aussagen getroffen werden; diese können jedoch für die Gesamtbewertung der Vermögenslage eines Haushalts bzw. einer sozialen Gruppe, Schicht oder Klasse von außerordentlicher Wichtigkeit sein.10

Eine hiervon ausgehend vorgenommene und o. g. Restriktionen berücksichtigende Erfassung der Vermögensbestände der privaten Haushalte in Deutschland ergibt derzeit einen Gesamtwert von etwa 10 Billionen EUR (10 000 000 000 000 EUR). Davon entfallen jeweils schätzungsweise 40 % auf Immobilien- und Geldvermögen, gut 10% auf Gebrauchsvermögen und knapp 10 % auf Betriebsvermögen.11 Exakte Zahlen liegen für das Jahr 2000 vor. Danach verfügten die privaten Haushalte über ein Gesamtvermögen von brutto 9 614 Milliarden Euro, wovon 40 % auf Immobilien- und 43 % auf Geldvermögen entfielen. Zieht man hiervon die Verbindlichkeiten in Höhe von 1 501 Mrd. EUR ab, so verbleibt ein Netto- oder Reinvermögen in Höhe von 8 113 Mrd. EUR.

Rechnet man, um die privaten Haushalte für sich zu betrachten, die Vermögen der Organisationen ohne Erwerbszweck in Höhe von ca. 300 Mrd. EUR heraus, so erhält man ein Bruttovermögen von 9,3 Billionen und ein Reinvermögen von 7,8 Billionen EUR. Dies entspricht einem statistischen Durchschnittswert pro Haushalt von 244 000 bzw. 205 000 EUR, womit sich die eingangs getroffene Einschätzung, Deutschland sei ein reiches Land mit einem beträchtlichen Wohlstandsniveau, eindrucksvoll bestätigt.

Im einzelnen verbirgt sich hinter diesen Zahlen jedoch eine außerordentlich differenzierte Verteilungsstruktur. Ferner existieren Erfassungsprobleme und statistische Unschärfen, was dazu führt, daß die ausgewiesenen Daten die tatsächliche Lage nur sehr unvollkommen abbilden.

Erstens betrifft dies die regionale Differenzierung, insbesondere zwischen Ost- und Westdeutschland. Setzt man das Niveau des Nettogesamtvermögens der privaten Haushalte im Westen gleich 100, so liegt der Wert für Ostdeutschland etwa bei einem Drittel dessen.12 Davon ausgehend, errechnet sich für die westdeutschen Haushalte ein durchschnittlicher Vermögensbestand je Haushalt von 280 000 EUR (brutto) bzw. 235 000 EUR (netto), während dieser in Ostdeutschland nur 93 000 EUR bzw. 78 000 EUR beträgt. Das heißt: Ein westdeutscher Haushalt verfügt im Durchschnitt über ein Reinvermögen an Sachwerten und Geld von knapp einer Viertel Million Euro, während der entsprechende Durchschnittswert im Osten bei nur einem Drittel dessen liegt.13

Zweitens impliziert der Ausweis des Immobilienvermögens - als der quantitativ bedeutendsten Komponente des privaten Vermögens - eine erhebliche Unterbewertung, da das Grundvermögen nicht zum aktuellen Verkehrswert ausgewiesen, sondern auf der Basis völlig überholter Einheitswerte berechnet bzw. nach dem ebenfalls "marktfernen" Ertragswertverfahren ermittelt wird.14 Diese entschieden zu niedrige Erfassung des Immobilienvermögens hat einen zweifachen Sinn: zum einen die Privilegierung großer Vermögen durch eine geringe Besteuerung und zum anderen die Verheimlichung dieser Vermögen und ihren "sozialen Schutz" gegenüber den weniger Vermögenden.15 Es ist auch berechtigt, hierin einen "quasifeudalen Zug" zu erblicken, der dem deutschen Recht noch immer anhaftet.16

Drittens ist festzuhalten, daß mit den herkömmlichen Methoden auch das Betriebsvermögen nur unzureichend erfaßt wird. In der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) wurde es 1983 zum letzten Mal (!) erfragt, in anderen Rechnungen taucht es überhaupt nicht auf. Und das, obwohl es unter ökonomischem und reproduktionstheoretischem Aspekt die wichtigste Vermögenskomponente darstellt. Neben der mangelnden Information über den Umfang des Produktivkapitals spielen hierfür auch erhebliche steuerliche Vergünstigungen eine Rolle, was insgesamt zu einer "verzerrten Darstellung der Vermögensverhältnisse"17 führt. Nicht zuletzt profitiert hiervon die kleine Zahl derjenigen Haushalte, die nennenswert Produktivkapital besitzen. Bei einer vollständigen Erfassung und Anrechnung des Betriebsvermögens wäre die Differenzierung zwischen den einzelnen Gruppen und Schichten, aber auch zwischen ost- und westdeutschen Haushalten, noch weit größer, als sie sich jetzt darstellt.18

Viertens gibt es bei der Erfassung des Geldvermögens Defizite. Dies betrifft zum einen illegal ins Ausland (in die Schweiz, nach Österreich, Luxemburg, Liechtenstein usw.) verbrachtes Vermögen von insgesamt mindestens 350 Milliarden EUR19, zum anderen aber auch die systematische Untererfassung der Geldvermögen im Rahmen der EVS20. Um hier nicht gravierenden Fehlschlüssen aufzusitzen, ist es angezeigt, bei entsprechenden Analysen neben der EVS immer auch die aussagefähigere Statistik der Deutschen Bundesbank heranzuziehen. Ansonsten fehlt mehr als ein Drittel des Geldvermögens, was quantitativ und strukturell erheblich ins Gewicht fällt.

Disparate Vermögensverteilung

Die Vermögen in Deutschland sind, so die offizielle Einschätzung im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, "sehr ungleichmäßig " verteilt. Dies bestätigen alle dazu vorgenommenen empirischen Untersuchungen.

Eine erhebliche Differenzierung der Vermögenslage und folglich Relativierung o. g. Durchschnittszahlen für die Vermögensbestände der Haushalte ergibt sich allein schon daraus, daß nicht alle privaten Haushalte an allen Vermögensformen partizipieren. Dies betrifft in erster Linie das Immobilienvermögen, da hierüber weniger als die Hälfte (46 %) aller Haushalte verfügen, in Westdeutschland 49 %, in Ostdeutschland nur 34 %. Mithin verteilt sich die in Tabelle 1 genannte Summe von 3 863 Milliarden EUR nicht auf alle Haushalte, sondern nur auf 46 % derselben. Dadurch erhöht sich deren durchschnittliche Vermögensausstattung - entsprechend dem Anteil des Immobilienvermögens am Gesamtvermögen - um rund 120 000 EUR auf 372 000 EUR (brutto), während die der anderen 54 % ohne Immobilieneigentum entsprechend sinkt, auf ca. 132 000 EUR. Berücksichtigt man darüber hinaus das West-Ost-Gefälle, wonach im Westen der Anteil der Eigentümerhaushalte anderthalbmal so hoch ist wie im Osten und zudem der Verkehrswert der Immobilien im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch21, so offenbart sich hierin eine deutliche regionale wie soziale Differenzierung. Diese hat sich seit 1990 durch den Bau bzw. Erwerb von Eigenheimen und Eigentumswohnungen im Osten zwar etwas verringert, vergrößert sich inzwischen aber wieder infolge der demographisch und wirtschaftlich bedingten Leerstände in Ostdeutschland sowie der divergenten Preisentwicklung für Immobilien in Ost und West. Hinzu kommt, daß die hier erfaßten Objekte auch substantiell von sehr unterschiedlichem Wert sind. So weist im Osten jede dritte Immobilie einen Verkehrswert von weniger als 50 000 EUR auf22, im Westen dagegen nur jede fünfzigste. Umgekehrt aber besitzen im Osten nur zwei Prozent aller privaten Haushalte ein Immobilienvermögen von mehr als 210 000 EUR, während dies im Westen für jeden sechsten Haushalt gilt.23 Aber auch unter den westdeutschen Immobilienbesitzern ist die Differenzierung beachtlich: Ein Zehntel von ihnen besitzt nicht viel mehr als ein Vermögen von 75 000 EUR, die Hälfte verfügt über Immobilien im Wert von maximal 175 000 EUR, die reichsten fünf Prozent aber haben Haus- und Grundbesitz im Wert von mindestens 500 000 EUR. Auf sie entfallen rund 20 % des gesamten Immobilienvermögens.24 Damit wird deutlich, daß die Disparität in der Verteilung des Immobilienvermögens besonders hoch ist - höher als beim Geld- und beim Gebrauchsvermögen. Sie wird jedoch noch weit übertroffen von der Ungleichverteilung des Produktivvermögens, sowohl was die Ost- West-Relation angeht als auch hinsichtlich der Verteilung der Vermögenswerte unter die privaten Haushalte.25 Im Grunde genommen läßt sich das Produktivvermögen in Höhe von 1,2 Billionen EUR, das nicht Unternehmen gehört, einer verhältnismäßig kleinen Gruppe privater Haushalte zurechnen. Einzig die Zunahme des Aktienbesitzes und der Beteiligungen in Form von Investmentfondsanteilen korrigiert dieses Bild ein wenig. In Deutschland waren 1998 ca. 22 % der west- und 14 % der ostdeutschen Haushalte als Aktionäre oder unmittelbar als Selbständige am Produktivkapital beteiligt.26 Statistisch werden diese Vermögensformen jedoch größtenteils dem Geldvermögen zugerechnet.

Die meisten Diskussionen gibt es um die Höhe, die Dynamik und die Verteilung des Geldvermögens, obwohl dieses weder von seiner ökonomischen Bedeutung her noch quantitativ die wichtigste Vermögenskomponente ist und seine Verteilung sogar etwas gleichmäßiger ausfällt als die anderer Vermögensformen. Die Gründe für die Fokussierung der Debatte auf diese Vermögensform sind einerseits in der relativ hohen Transparenz des Geldvermögens als Nominalgröße zu suchen, andererseits aber auch in ideologisch motivierten Vorbehalten und Irrtümern in bezug auf Geld und Zins. Insbesondere spielt dabei die bei rechten wie linken Kritikern gleichermaßen anzutreffende Überzeugung eine Rolle, wonach Produktiv- und Immobilienvermögen "produktiv" seien und daher staatlich zu schützen und steuerlich zu fördern, Geldvermögen hingegen "unproduktiv". Diese Lesart findet sich dann auch bei den Vermögenseinkünften, indem Gewinne, Mieteinnahmen, Pachten usw. als legale Einkünfte akzeptiert werden, Zinseinnahmen jedoch nicht. Im Unterschied zu ersteren gelten letztere als "leistungslose Einkommen " und als "moralisch bedenklich".27 Abgesehen davon, daß diese auf Martin Luther zurückgehende Überzeugung28 sich heute, in einer modernen Kreditwirtschaft, einigermaßen merkwürdig ausnimmt, steht sie auch im Widerspruch zur ökonomischen Theorie, namentlich zu der von Karl Marx.29 Ferner klingt in ihr die Parole vom Gegensatz zwischen "schaffendem" und "raffendem" Kapital nach, eine pseudowissenschaftliche "Theorie", die man lieber nicht in Erinnerung bringen sollte.

Die meisten Haushalte verfügen über Geldvermögen, sei es in Form eines Sparbuches, eines Bausparvertrages oder einer Lebensversicherung, nur 7,4 % nicht.30 Ein Teil der Haushalte hat jedoch Verbindlichkeiten, die ihr (Roh-)Vermögen übersteigen: sie sind überschuldet. Ihre Zahl beläuft sich offiziell auf 2,77 Millionen (1999), also 7,3 % aller Haushalte.31 Zieht man beide Gruppen, jene, die nicht sparen und jene, die überschuldet sind, von der Gesamtzahl der Haushalte ab, so verbleiben 85 %, auf die sich das ausgewiesene Nettogeldvermögen verteilt. Die Durchschnittsgröße je Haushalt (in Tabelle 1) verändert sich dadurch auf 126 975 EUR. Aber diese Korrektur ist unbedeutend im Vergleich zu den Unterschieden, die zwischen den einzelnen Vermögensklassen auszumachen sind. Danach hatten mindestens 25 % aller Haushalte mit Geldvermögen weniger als 4 000 EUR und mehr als 50 % weniger als 17 000 EUR zur Verfügung.32 Andere Quellen gehen von ähnlichen Relationen aus: Klaus-Dietrich Bedau schreibt zum Beispiel, daß die Hälfte der westdeutschen Haushalte ein Geldvermögen von weniger als 19 000 EUR besitzt; im Osten liegt diese Schwelle bei 8 000 EUR.33 Demzufolge muß die andere Hälfte der Bevölkerung zwangsläufig weit mehr Geldvermögen besitzen: im Durchschnitt ca. 200 000 EUR je Haushalt. Aber auch diese Zahlen ergeben noch kein realistisches Bild. Ähnlich wie beim Immobilienvermögen nimmt die Differenzierung zu, je weiter man zu den wirklich Vermögenden vordringt, so daß schließlich eine ziemlich kleine Gruppe übrig bleibt, auf die sich der größte Teil des Geldvermögens konzentriert. ...

Berechnungen auf Basis der EVS 1993 gelangten zu dem Ergebnis, daß etwa zehn Prozent der Haushalte über knapp die Hälfte (46 %) des erfaßten (!) Geldvermögens verfügten, während sich die untere Hälfte mit weniger als zwei Prozent der Vermögenswerte zufrieden geben mußte.34 Die ärmsten 25 % der Familien und Alleinstehenden verfügten nur über 0,1 % der gesamten Geldvermögensbestände.

Wie die Untersuchungsergebnisse der EVS 1998 zeigen, hat sich seitdem die Ungleichverteilung weiter verstärkt: Jetzt verfügen die reichsten 10 % der Haushalte schon über mehr als die Hälfte aller Geldvermögenswerte, während das untere Viertel im Durchschnitt verschuldet ist, also eine negative Vermögensposition aufweist.

Helmut Creutz hat, ebenfalls auf EVS-Daten aufbauend, die privaten Haushalte in zehn Gruppen eingeteilt und nach der Höhe des Geldvermögens, über das sie jeweils im Durchschnitt verfügen, geschichtet. Auf diese Weise läßt sich zeigen, daß tatsächlich 96 % des Geldvermögens bei der reicheren Hälfte der Haushalte konzentriert sind und rund 50 % bei dem reichsten Zehntel.35 Aber damit nicht genug: Die größte Differenzierung gibt es innerhalb des reichsten Zehntels: Hier differieren die Vermögen zwischen 500 000 EUR und 5 Milliarden EUR, was zehntausendmal mehr ist! Dabei gilt es wiederum zwischen Ost- und Westdeutschland zu unterscheiden, woraus folgt, daß die wirklich großen Vermögen, die zwei- und dreistelligen Millionen- und die Milliardenvermögen, ausschließlich in Westdeutschland zu finden sind. So verfügen die reichsten 150 000 westdeutschen Haushalte, d. s. 0,5 %, über rund ein Sechstel des gesamten Geldvermögens.36

Dies ist nicht nur Ausdruck eines enormen Reichtums. Die hier wiedergegebenen Daten belegen auch, daß sich in Deutschland ein dramatischer Polarisierungsprozeß vollzieht, der sich seit den 80er Jahren sichtbar beschleunigt hat.

Verglichen mit anderen Vermögensformen nehmen die Geldvermögen besonders rasch zu. Die Zuwachsrate beträgt hier 6 bis 8%, was bedeutet, daß sich die nominalen Geldvermögen alle 10 bis 12 Jahre verdoppeln. Zwischen 1991 und 2001 betrug der Zuwachs 80,8 % (Bruttovermögen) bzw. 78,2 % (Reinvermögen).37 Diese Entwicklung muß jedoch vor dem Hintergrund der wachsenden Polarisierung gesehen werden, das heißt, der größte Teil des Zuwachses entfällt auf die großen Vermögen, während die mittleren und kleinen Vermögen nur moderate Zuwächse verzeichnen.

Wann ist man reich?

Die Frage, ob ein privater Haushalt als arm oder reich anzusehen ist, läßt sich nicht anhand absoluter Kriterien entscheiden. Vielmehr sind hierfür Relationen maßgebend, insbesondere der Abstand zum gesellschaftlichen Normalmaß, gemessen am Durchschnittseinkommen bzw. -vermögen. Gemeinhin wird hierbei als Bezugsgröße das Pro-Kopf-Einkommen oder das Haushaltsnettoeinkommen gewählt. Danach gilt als arm, wer regelmäßig weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat38 und mithin als reich, wer über mehr als das Doppelte des Durchschnitts verfügt39. Daraus folgt, daß, wer pro Monat mehr als 2 000 EUR zur Verfügung hat bzw. als Haushalt über ein Nettoeinkommen von mehr als 5 500 EUR verfügt, als reich anzusehen ist. Das betrifft derzeit in Deutschland ca. drei Millionen Haushalte mit mehr als sechs Millionen Personen. Die Zahl der Reichen ist also weitaus höher als die der Sozialhilfeempfänger, wie Werner Rügemer in seinem Essay über reich und arm mit Erstaunen bemerkt.40

Diese Betrachtung bezieht sich allerdings zunächst nur auf die Einkommenslage. Bezogen auf die Vermögen stellt sie sich aber nicht grundsätzlich anders dar. Bedauerlich ist nur, daß es hierfür bisher keine klar definierten Kriterien und eindeutigen Abgrenzungen gibt.

Zweifelsfrei steht aber fest, daß, "wer sehr wenig oder kein Vermögen oder gar überwiegend Schulden hat", als arm anzusehen ist.41 Wer aber ist reich? - Geht man analog zur einkommensbezogenen Analyse vor und setzt auch hier den statistischen Durchschnitt als Bezugsgröße, so wären alle Haushalte als reich einzustufen, die über ein Reinvermögen von mehr als 427 000 EUR verfügten. Dies wäre eine stattliche Zahl!

Eine solche Rechnung führt jedoch in die Irre, da hierbei die, verglichen mit den Einkommen, weit größere Disparität der Verteilung der Vermögen unberücksichtigt bliebe.42 Berücksichtigt man diese aber und unterstellt, daß sich rund die Hälfte des gesamten Reinvermögens auf zehn Prozent der Haushalte konzentriert, 3,8 Millionen Haushalte sich also ein Vermögen von rund 4 Billionen EUR teilen, so ergibt sich schon ein realistischeres Bild: Immerhin liegt das Vermögen dieser Haushalte - in der Zahl fast vier Millionen - im Durchschnitt dann bei 1,1 Millionen EUR, was den Tatbestand, reich zu sein, erfüllen dürfte.43 Tatsächlich aber existiert auch in dieser Gruppe noch einmal eine enorme Differenzierung in der Vermögensausstattung. So wird im Armuts- und Reichtumsbericht festgestellt, daß die Verteilung des Reichtums in Deutschland wesentlich regional bestimmt sei: So leben im Westen 98 % aller Millionäre, im Osten dagegen nur 2%.44 Überträgt man diese für die Einkommen getroffene Feststellung auf die Vermögen, so ist die o. g. Aussage entsprechend zu modifizieren. Das Vermögen der Reichen von knapp 4 Billionen EUR verteilt sich jetzt nur noch auf rund drei Millionen (westdeutsche) Haushalte, wodurch sich die Quote pro Haushalt entsprechend erhöht.

Im weiteren ließe sich die Differenzierung innerhalb der Gruppe der relativ vermögenden Haushalte untersuchen, die Unterschiede also zwischen den armen Reichen, den durchschnittlich Reichen und den Superreichen. Aber dafür fehlen die statistischen Voraussetzungen. Es sei nur angemerkt, daß der Unterschied zwischen einem Millionenvermögen und einem Milliardenvermögen dieselbe Relation ausdrückt wie der Unterschied zwischen 500 EUR und einer halben Million EUR: Dazwischen liegen Welten!45

Neue Tendenzen

Trotz all der Informationsdefizite, Unterbewertungen und statistischen Unschärfen wird deutlich: Deutschland ist ein reiches und wohlhabendes Land. Dies gilt auch für das Wachstum der privaten Vermögen. Allein von 1995 bis zum Jahr 2000 vergrößerten sich diese um 20,9 % (brutto) bzw. 19,2 % (netto). Deutschland wird also immer reicher, immer wohlhabender. Bemerkenswert hieran ist jedoch, daß der größte Teil der Bevölkerung davon kaum etwas merkt. Weder die unteren Schichten noch der Mittelstand verzeichneten in den neunziger Jahren eine nennenswerte Zunahme ihres Vermögens. Der Zuwachs muß also mit einer Veränderung der Verteilungsstruktur einhergehen, sonst wäre o.g. Effekt statistisch nicht erklärbar.46

Ein zweites Phänomen ist in diesem Kontext erwähnenswert. Paul Krugman machte kürzlich in einem viel beachteten Aufsatz in der New York Times darauf aufmerksam47, daß das Durchschnittseinkommen in den USA höher sei als in allen anderen Industrieländern. Trotzdem aber leben die Durchschnittsfamilien hier nicht besser als anderswo, als in Deutschland, der Schweiz oder Skandinavien, sondern eher schlechter. Der höhere Durchschnittswert für die USA erklärt sich also allein daraus, daß die Reichen hier noch reicher sind als in anderen Ländern. Diese Feststellung gilt nicht nur für die Einkommen, sondern erst recht für die Vermögen. Auch hier verzeichnen die US-Haushalte gegenüber den privaten Haushalten in anderen Industrieländern einen deutlichen Vorsprung. De facto aber, bezogen auf den Normalhaushalt, trifft eher das Gegenteil zu, sind sie nicht reicher, sondern ärmer. Dies erklärt sich aus der Verteilungsstruktur der Vermögen: In den USA gibt es einfach viel mehr Reiche und Superreiche als in anderen Ländern, was die Statistik entsprechend verzerrt. Aber nicht nur das, ihr Reichtum nimmt auch explosionsartig zu, während alle anderen Schichten mehr oder weniger auf der Stelle treten oder sogar verarmen. So stieg das durchschnittliche Jahreseinkommen der Lohnabhängigen in den USA in den letzten 30 Jahren insgesamt nur um ca. zehn Prozent, während sich die reale Jahresvergütung der 100 Spitzenmanager im gleichen Zeitraum fast verdreißigfachte, von 1,3 Millionen auf 37,5 Millionen US-$. Die hierin zum Ausdruck kommende Tendenz einer wachsenden Disparität und extremen Polarisierung erfaßt jedoch nicht, wie in früheren Jahren, eine relativ breite Oberschicht. Nein, sie konzentriert sich auf eine sehr kleine Gruppe superreicher Familien. So ging der weitaus größte Teil des Einkommenszuwachses der letzten zwanzig Jahre nicht an die oberen zehn, sondern an das obere eine Prozent der US-Gesellschaft. Das Durchschnittseinkommen betrug hier 230 000 US-$. Aber auch hier finden wir keine Gleichverteilung. Zwei Drittel des Zuwachses gingen wiederum an die oberen 0,1 %, deren Einkommen bei mehr als 790 000 US-$ lag. Und mehr als die Hälfte dieses Zuwachses ging an die oberen 0,01 % (13 000 Familien), die ein durchschnittliches Einkommen von 17 Millionen US-$ verbuchen.48 Die großen Gewinner sind also die ganz Reichen, die Superreichen. Dieser seit zwei Jahrzehnten zu beobachtende Trend zur Plutokratie beschleunigt sich gegenwärtig noch und stellt inzwischen eine ernsthafte Bedrohung der demokratischen Ordnung dar. Damit einher geht ein Wandel in der Unternehmenskultur, der Übergang zum Shareholder-Value-Prinzip, eine beispiellose Marktradikalisierung, die apologetische Interpretation des Leistungsprinzips, die Ausplünderung der Welt nach den Regeln der neoliberal globalisierten Ökonomie u. a. m.

Alles, was hier in Hinblick auf die Einkommen gesagt wird, gilt erst recht für die Vermögen. Diese differieren genauso wie die Einkommen, wenn nicht sogar noch stärker und untermauern so die zunehmend plutokratische Struktur der Gesellschaft. Die Chancen, durch den Staat hier noch einzugreifen und den Trend wieder umzukehren, sind gering.49 Möglicherweise ist es dafür schon zu spät und die großen Vermögen sind bereits dabei, "ein neues und weniger demokratisches Regime zu formen, eine Plutokratie", wie Kevin Phillips schreibt.50

Deutschland ist nicht Amerika - und doch ist die Parallelität der Tendenzen der Entwicklung beängstigend. Nicht zuletzt, um hierüber einigen Aufschluß zu erhalten, gab die Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht in Auftrag, dessen zentrale Aussagen lauten, daß "die Ungleichheit der Einkommen" in den letzten Jahrzehnten "tendenziell gestiegen" sei und daß "das Vermögen in Deutschland sehr ungleichmäßig verteilt" ist.51 Im weiteren gelangt der Bericht dann jedoch zu der Einschätzung, daß "die Verteilung des Privatvermögens ... langfristig tendenziell gleichmäßiger"52 geworden sei, eine Aussage, die auf den ersten Blick der These von der Zunahme der sozialen Polarisierung zu widersprechen scheint. Auf den zweiten Blick jedoch nicht unbedingt. Denn erstens werden diejenigen, die im üblichen Verständnis als reich gelten, von der Statistik (EVS) kaum oder überhaupt nicht erfaßt. Die Aussagen beziehen sich also nur auf die Unter- und Mittelschichten. Zweitens wird die für die Vermögenseinstufung und -reproduktion wichtigste Komponente, das Produktivvermögen, statistisch nur zum Teil abgebildet und unzureichend als Privatvermögen ausgewiesen. Drittens ist das Immobilienvermögen auf Grund der Unterbewertung des Grundvermögens wertmäßig unterrepräsentiert, was zu Verzerrungen im Ausweis der Vermögenslage führt. Und viertens ist das Geldvermögen wegen in der Statistik fehlender Auslandsgelder zu einem nicht unerheblichen Teil untererfaßt. Berücksicht man diese Aspekte gebührend, die, da sie vor allem die großen Vermögen betreffen, allesamt zu einer Nivellierung des Vermögensausweises führen, so ergibt sich ein etwas anderes Bild: Danach ist Deutschland zwar noch nicht auf dem Wege zur Plutokratie wie die USA, die Weichen in diese Richtung sind aber bereits gestellt, wobei die bislang im Sande verlaufende und inzwischen in Regierungskreisen als nicht mehr opportun geltende Debatte um die Wiedereinführung der Vermögensteuer hier einen wichtigen Wendepunkt markiert.

Diese Entwicklung, für die weniger Veränderungen in der Wirtschaft als Verschiebungen in der Sozial- und Machtstruktur die Ursache sind, hat ihren Preis. Dieser besteht darin, daß mit der Ungleichheit die gesellschaftliche Instabilität zunimmt, global wie national. Der politische Konsens der Wohlstandsgesellschaft früherer Jahre, an welcher nicht nur die Reichen, sondern auch der Mittelstand und die ärmeren Schichten partizipierten, zerbricht zusehends. An seine Stelle tritt eine mit dem Terminus "Brasilianisierung" treffend beschriebene Struktur, worin sich die verschiedenen Gruppen der Gesellschaft streng getrennt und unversöhnlich gegenüber stehen. Zum anderen hebt sich die "upper-class" immer mehr von der übrigen Gesellschaft, ihren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Standards, ab. Ihr Reichtum beruht nicht auf Leistung, wirtschaftlichem Erfolg o. ä., sondern ist ein Privileg, das sich aus sich selbst heraus reproduziert53, ohne jede Bedeutung für die ökonomische und kulturelle Entwicklung und ohne produktive Funktion. Dieser Reichtum ist rein parasitär. Krugman spricht in diesem Zusammenhang von einer Rekonzentration der Vermögen und erinnert an Francis Scott Fitzgerald (The Great Gatsby - 1925), der zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in der Zeit vor der großen Depression, ähnliche Erscheinungen einer parasitären Reichtumskonzentration beobachtet hat.

Unter diesen Bedingungen tendiert die Politik dazu, zu einer Interessenpolitik der Reichen zu werden. Dies funktioniert selbst in einer Demokratie, da mit Geld nicht nur Politiker, Wissenschaftler und Richter gekauft werden können, sondern auch die Medien, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Nur so ist es erklärbar, daß sich trotz objektiv anders gelagerter Interessen in den USA gegenwärtig eine Mehrheit für die Aufhebung der Erbschaftsteuer findet und im Deutschen Bundestag keine Mehrheit für die Wiedereinführung der Vermögensteuer zustande kommt. Beide Steuern würden eine absolute Minderheit von Vermögenden "treffen" und insofern mehrheitspolitisch durchsetzbar sein. Die gewachsene gesellschaftliche Machtposition der Vermögenden54 reicht aber aus, dies machtpolitisch zu verhindern.

Neuesten Angeben des US-Wirtschaftsmagazins Forbes zufolge gab es 2002 weltweit 476 Milliardäre bzw. Milliardärsfamilien. Ihr Gesamtvermögen umfaßt 1,4 Billionen US-Dollar. Die meisten von ihnen sind US-Amerikaner, insgesamt 222. Danach kommt Deutschland mit 43 Milliardären, dann Rußland mit 17, Großbritannien mit 14, Frankreich mit 13, Italien mit 11 und die Schweiz mit 9. Die Liste der Superreichen wird angeführt von den Amerikanern Bill Gates (40,7 Mrd. USD) und Warren E. Buffett (30,5 Mrd. USD). Auf Platz drei folgen Karl und Edo Albrecht (25,6 Mrd. USD). Weitere Deutsche finden sich auf den Plätzen 49 (Curt Engelhorn und Karl Friedrich Flick: je 5,7 Mrd. USD), 52 (August von Finck: 5,6 Mrd. USD), 54 (August Oetker und Michael Otto jeweils 5,5 Mrd. USD), 57 (Susanne Klatten: 5,3 Mrd. USD), 68 (Stefan Quandt: 4,3 Mrd. USD) und 71 (Reinhard Mohn: 4,1 Mrd. USD).

Ulrich Busch - Jg. 1951; Doz. Dr. oec. habil., Finanzwissenschaftler, Redakteur von UTOPIE kreativ; wichtigste Buchpublikation: Am Tropf - Die ostdeutsche Transfergesellschaft (Berlin 2002), zuletzt in UTOPIE kreativ zu diesem Thema: Vermögensbesteuerung und Neidperversion, Heft 147 (Januar 2003). E-Mail: Busch@rosalux.de

1 Vgl. Karl Marx: Ökonomische Manuskripte 1857/1858, in: MEW, Bd. 42, S. 322.

2 Karl Marx: Zur Kritik der Politischen Ökonomie, in: MEW, Bd. 13, S. 15 und Das Kapital. Erster Band, in: MEW, Bd. 23, S. 49.

3 Karl Marx: Das Kapital. Erster Band, in: MEW, Bd. 23, S. 11.

4 Ebenda, S. 145.

5 Vgl. Karl Marx: Ökonomische Manuskripte ..., a. a. O., S. 146 ff.

6 Vgl. Ulrich Busch: Geld und Reichtum - Zur Grundlegung eines Zusammenhangs bei Karl Marx, in: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Heft 2/2003.

7 Dagegen verkörpert inländisches Geld volkswirtschaftlich keine Vermögensposition, denn innerhalb einer Volkswirtschaft gleichen sich Forderungen und Verbindlichkeiten aus.

8 Vgl. Alfred Stobbe: Volkswirtschaftliches Rechnungswesen, Berlin u. a. 1989, S. 57 ff.

9 Demgegenüber werden Aktien und Investmentfondsanteile als mittelbare Unternehmensbeteiligungen in der Statistik dem Geldvermögen zugerechnet.

10 Dies betrifft zum Beispiel das Humanvermögen als Grundlage der Einkommenserzielung und die Renten-, Pensions- und Sozialansprüche als wichtigste Einkommensbasis der privaten Haushalte im letzten Lebensabschnitt. Auch bei internationalen Vergleichen sowie der Gegenüberstellung verschiedener Zeitperioden sind diesbezügliche Angaben von Bedeutung.

11 Die Berechnungen fußen auf Veröffentlichungen der Deutschen Bundesbank und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Vermögenslage der privaten Haushalte einschließlich der Organisationen ohne Erwerbszweck für das Jahr 2000.

12 Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin 2001, Materialband, S. 90. Dort ist für 1998 eine Ost- West-Relation von 35% ausgewiesen.

13 Vgl. Ulrich Busch: Der offenen Vermögensfrage erster Teil: Die Illusion gleicher Lebensverhältnisse, in: Hans Misselwitz/Katrin Werlich (Hg.): 1989: Später Aufbruch - Frühes Ende, Potsdam 2000, S. 196-221; Ders.: Am Tropf - Die ostdeutsche Transfergesellschaft, Berlin 2002, S. 289 ff.

14 Vgl. DIW: Perspektiven der Vermögensbesteuerung in Deutschland, Berlin 2002, S. 30 ff; Stefan Bach/Bernd Bartholmai: Reform der Erbschaftsteuer notwendig: Immobilien sachgerecht bewerten, Mehrbelastungen begrenzen, in: DIW Wochenbericht 22/2001, S. 327-336.

15 Vgl. Werner Rügemer: Arm und reich, Bibliothek dialektischer Grundbegriffe, Band 3, Bielefeld 2002, S. 19.

16 Edelbert Richter: Eine zweite Chance? Die SPD unter dem Druck der ›Globalisierung‹, Hamburg 2002, S. 64.

17 DIW: Perspektiven ..., a. a. O., S. 95, auch S. 85 sowie Deutsche Bundesbank: Die gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsströme im Jahr 2001, in: Monatsbericht Juni 2002, S. 15-40.

18 Laut Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung beläuft sich der Gesamtwert des betrieblichen Reinvermögens in Deutschland auf 1,1 Billionen EUR. Nicht erfaßt wurden alle Auslandsbeteiligungen und Unternehmen im Ausland (vgl. S. 61 f., Materialband, S. 110).

19 Vgl. Neues Deutschland, 21./22. Dezember 2002.

20 Sa lag der Erfassungsgrad des Geldvermögens bei der EVS nur bei 58% (1993) bzw. 66 % (1998). Das heißt, mehr als ein Drittel des Geldvermögens (über eine Billion Euro), taucht in der Statistik nicht auf. Da private Haushalte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 17 900 EUR nicht in die Befragung einbezogen werden, ist es naheliegend, daß die Untererfassung sich vor allem auf diese, in aller Regel nicht nur gut verdienenden, sondern auch vermögenden Haushalte bezieht.

21 Vgl. Klaus-Dietrich Bedau: Auswertung von Statistiken über die Vermögensverteilung in Deutschland. DIW: Beiträge zur Strukturforschung, Heft 173, Berlin 1998, S. 16.

22 Es handelt sich hierbei offensichtlich größtenteils um Datschen und Lauben mit geringem Wohnwert, Schrebergärten u.ä.

23 DIW: Immobilienvermögen privater Haushalte in Deutschland 1995, Wochenbericht 35/1998, S. 630 ff.

24 Vgl. Klaus-Dietrich Bedau: Auswertung ..., a. a. O., S. 16 (Angaben für 1993).

25 Statistisch läßt sich dies dadurch belegen, daß der Gini-Koeffizient als diejenige Kennzahl zwischen 0 und 1, die über die Ungleichverteilung bzw. die relative Konzentration der Vermögen Auskunft gibt, beim Produktivvermögen mit 0,969 signifikant höher liegt als bei allen anderen Vermögensformen. Für die Verteilung der Nettovermögen insgesamt wird von einem Gini-Koeffizienten von 0,656 ausgegangen (vgl. Richard Hauser: Entwicklung und Verteilung von Einkommen und Vermögen der privaten Haushalte in Deutschland. Gutachten im Auftrage der Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, Frankfurt a. M. 1997, S. 10; DIW: Perspektiven ..., a. a. O., S. 98.).

26 Vgl. Lebenslagen in Deutschland. Materialband, a. a. O., S. 92.

27 So fordert Norbert Schneider "Finanzinstrumente (zu) entwickeln, die es ermöglichen, daß die Geldbesitzer ihr Geld ›kostenlos‹ zur Verfügung stellen ... Die Geldkapitalbesitzer dürfen keinen Vorteil mehr daraus ziehen, wenn sie ihr Geld verleihen." (ND, 28. 11. 2002). Warum fordert er gleiches nicht auch für Vermieter, Landbesitzer oder Eigentümer von Produktivkapital? - Vgl. dazu Hans Tietmeyer: Geld und Moral, in: Deutsche Bundesbank: Auszüge aus Presseartikeln Nr. 70/1996 sowie Otmar Issing: Der Zins und sein moralischer Schatten, in: Der 3. Weg, Sonderdruck 3/1994, S. 3ff.

28 Vgl. Luthers Werke. Volksausgabe in 8 Bänden, Band 1, Berlin 1898, S. 286 f.

29 In der Marxschen Reproduktionstheorie bildet das Geldkapital, und um nichts anderes handelt es sich hier, lediglich eine Existenzform des Kapitalwerts, welche dieser im Kreislaufprozeß durchläuft und worin er sich im ersten und dritten Stadium desselben regelmäßig verwandelt (vgl. Karl Marx: Das Kapital. Zweiter Band, in: MEW, Bd. 24, S. 31 ff.).

30 DIW: Perspektiven ..., a. a. O., S. 94 (Angabe für 1998).

31 Lebenslagen in Deutschland, a. a. O., S. 69 f.

32 Vgl. ebenda, a. a. O., Materialband, S. 92.

33 Klaus-Dietrich Bedau: Auswertung ..., a. a. O., S. 15.

34 Vgl. Ernst-Ulrich Huster: Reichtum in Deutschland, in: Jörg Stadlinger (Hrsg.): Reichtum heute, Münster 2001, S. 17.

35 Vgl. Helmut Creutz: Das Geldsyndrom, Frankfurt a. M./Berlin 1995, S. 214 f.

36 Ernst-Ulrich Huster: Reichtum ..., a. a. O., S. 17.

37 Um die Vergleichbarkeit mit anderen Größen herzustellen, sind diese Zuwächse mit der kumulierten Inflation zu deflationieren. Die realen Zuwächse sind um ca. ein Drittel geringer als die nominalen.

38 Vgl. Lebenslagen in Deutschland, a. a .O., S. 25 ff.

39 Vgl. dazu Ernst-Ulrich Huster: Reichtum in Deutschland, a. a. O., S. 14 f.

40 Werner Rügemer, a. a. O., S. 21.

41 Vgl. Lebenslagen in Deutschland, a. a. O., S. 44.

42 Der Gini-Koeffizient ist beim Vermögen mit 0,672 mehr als doppelt so hoch wie beim Einkommen, wo er bezogen auf das Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit 0,322 beträgt (Lebenslagen in Deutschland, a. a. O., Materialband, S. 42 und 100).

43 Joachim Tesch machte darauf aufmerksam, daß es in Deutschland - zumindest bis jetzt - eine relativ breite vermögende Mittelschicht gibt, die für eine verteilungspolitische Entscheidung (Wiedereinführung der Vermögensteuer u. ä.) den Ausschlag geben könnte und deshalb bei entsprechenden Überlegungen nicht ausgeklammert werden darf (vgl. Joachim Tesch: Zur Vermögensverteilung in Deutschland und ihren Konsequenzen für die Politik, in: UTOPIE kreativ, Heft 94 [August 1998], S. 11-21).

44 Lebenslagen in Deutschland, S. 41 sowie Materialband S. 76 f.

45 Vgl. den Klassiker von Ferdinand Lundberg: Die Reichen und die Superreichen, Hamburg 1969; ferner Michael Jungblut: Die Reichen und die Superreichen in Deutschland, Hamburg 1971.

46 Dieser Trend einer zunehmenden Polarisierung in der Vermögensverteilung setzte in den USA bereits in der Reagan-Ära ein (vgl. Studs Terkel: Arm & reich, München 1990) und ist in Deutschland seit der Regierung Kohl zu konstatieren.

47 Paul Krugman: For Richer, in: New York Times, 20. October 2002.

48 Ebenda (Daten für Ende der 90er Jahre).

49 Bedenklich in diesem Zusammenhang stimmt die Abschaffung der Erbschaftsteuer in den USA und die 2003 beschlossene Aufhebung der Dividendenbesteuerung.

50 Zitiert nach Paul Krugman, a. a. O. (aus dem Englischen übersetzt - Ulrike Busch).

51 Lebenslagen in Deutschland, a .a. O., S. 43 und 45.

52 Ebenda, S. 68.

53 Vgl. Michael Hartmann: Der Mythos von den Leistungseliten. Spitzenkarrieren und soziale Herkunft in Wirtschaft, Politik, Justiz und Wissenschaft, Frankfurt/New York 2002.

54 Vgl. Christoph Deutschmann (Hrsg.): Die gesellschaftliche Macht des Geldes, Leviathan SH 21, Wiesbaden 2002.

 

Artikel mit Tabellen
in: UTOPIE kreativ, H. 150 (April 2003), S. 319-329