NPD

Stoppen - aber wie?

Es vergeht kaum ein Tag, an dem es den Nazis der NPD nicht gelingt, mit dem Mittel der gezielten Provokation sich nicht nur in Szene, sondern auch in die Schlagzeilen der Nachrichtensendungen und der Tageszeitungen zu setzen. Besonders nach jenem Auftritt der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, mit dem die Neonazis die Opfer der Shoa öffentlich verhöhnten, musste man sich vor Erstaunen die Augen reiben. Überraschend war die Überraschung. Was hatte man von Nazis erwartet? Dass sie sich wie Demokraten verhalten? Ist es wirklich so abwegig, das sich Nazis wie Nazis verhalten? Geschadet hat die seitdem anhaltende mediale Aufregung der NPD nicht. Und auch die neu gestartete Verbotsdiskussion schadet und beunruhigt die NPD nicht, warum auch?
Ein Verbot der NPD ist formaljuristisch heute genauso schwer durchsetzbar wie vor zwei Jahren. Kaum eine andere Organisation war und ist gerade in den Führungsspitzen mit inoffiziellen Mitarbeitern des "Verfassungsschutzes", sog. V-Leuten, durchsetzt wie die NPD. Ganze Landesverbände standen und stehen mutmaßlich noch immer unter der Führung von bezahlten V-Männern jener Behörde, die nicht nur die institutionalisierte Totatilitarismusdoktrin, sondern auch der zur Institution gewordene Dilettantismus ist. Gerade die Enttarnung von V-Leuten im Zusammenhang mit dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren offenbarte auch einer breiteren Öffentlichkeit, wie sehr die Schlapphüte mit der Naziszene verbandelt sind, wie sehr der braune Sumpf von V-Leuten unterwandert ist und mit erheblichen finanziellen Mitteln regelrecht alimentiert wird.
Ein noch unbekannteres Themenfeld ist die Rolle ausländischer Geheimdienste in der Naziszene. So wurde erst vor wenigen Jahren bekannt, dass Adolf von Thadden vor, während und nach seiner Zeit als NPD-Bundesvorsitzender Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes war.
Aber auch das kann nicht so wirklich verwundern, wenn man sich über die gesellschaftliche Rolle des Faschismus innerhalb des kapitalistischen Systems bewusst ist. Gerade in Krisenzeiten werden die braunen Kettenhunde an der langen Leine geführt, um ihre Funktion zu erfüllen: als Rammbock gegen soziale Proteste und als Spalter der sich zu wehren beginnenden Menschen zu fungieren.
Die Frage ist, wie man der wachsenden Gefahr von Rechts begegnet. Müßig ist es, über Verbotsforderungen zu diskutieren. Dieser Staat hat oft genug unter Beweis gestellt, auf wessen Seite er im Zweifelsfall steht und dass er real kaum ein Interesse hat, seine braunen Kettenhunde zu verbieten. Bestenfalls ist er aus opportunistischen Gründen der Imagewerbung für den Wirtschaftsstandort Deutschland bereit, sie vorübergehend an die kurze Leine zu nehmen.
Eine Gesellschaftsordnung, deren Existenz auf den Prinzipien der Ungleichbehandlung, der Ausgrenzung und der profitorientierten Verwertungslogik basiert, ist nicht befähigt, Neofaschisten und ihre Hintermänner wirkungsvoll zu bekämpfen und zurückzudrängen. Diese Aufgabe fällt den Menschen selber zu. Gerade die Organisationen der Arbeitenden, die Gewerkschaften, müssen von unten wieder zu kämpferischen Organisationen gegen Rechtsentwicklung und Neofaschismus werden. Gefordert sind aber auch andere fortschrittliche Organisationen der Selbstorganisation.
Gefordert ist die Verbindung des Kampfes gegen Rechts mit den sozialen Kämpfen der lohnabhängig Beschäftigten, der Erwerbslosen, der Jugend. Beim Kampf gegen Rechts - der auch ein Kampf gegen die gesellschaftlichen Ursachen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die das Entstehen von Faschismus verursachen und befördern, sein muss - sind auch und gerade die sozialen Bewegungen, globalisierungskritische Kräfte, Queer- Emanzipationsgruppen und viele andere gefordert. Der Kampf gegen Rechts ist keine alleinige Angelegenheit der klassischen Antifa - die reine Reduzierung des antifaschistischen Kampfes auf einen Kampf nur gegen Nazis greift zu kurz und ist zum Scheitern verurteilt. Hier liegen die Herausforderungen, aber auch die Chancen einer fortschrittlichen, emanzipatorischen Bewegung.

Jörg Fischer ist Sachbuchautor und freier Fernsehjournalist und aktiv in sozialen und schwullesbischen Bewegungen.