Nur immer so weiter

Nur immer so weiter, meine Herren und Damen, entschlossen voran auf dem rechten Wege. So bekämpfen wir die Arbeitslosigkeit: Wir verlängern die Arbeitszeit. Wenn jeder zwei oder drei Jahre länger

arbeitet, statt schon mit 65 in Rente zu gehen, wenn alle auf drei oder vier Feier- und Ferientage verzichten, um sie unseren Unternehmern zu schenken, und wenn die Wochenarbeitszeit um 18 oder 36 Minuten oder nur um wenige Stunden steigt, dann werden wir früher oder später keine Arbeitslosen mehr haben - logisch!

Die herrschende Logik will erlernt sein. Darum gleich noch einige weitere Lektionen:
Nur immer so weiter mit der Sozialreform. Wenn wir die Löhne immer noch ein bißchen reduzieren und die Renten selbstverständlich auch, dann wird die Wirtschaft aufblühen, und der Wohlstand wird sich ausbreiten im Lande, bis hin in den armen Osten. Aber auch die Arbeitslosen müssen dazu beitragen: Ihre Bezüge müssen immer deutlich unter den Löhnen bleiben, also ebenfalls immer noch ein bißchen gekürzt werden. Welch ein gutes Zeichen: Die Bundesagentur für Arbeit erwirtschaftet inzwischen schon Milliarden-Überschüsse. Weiter so!
Nur immer so weiter mit der Gesundheits- und der Bildungsreform. Wir müssen durch Kostensenkung unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken - bis keiner mehr mit uns konkurrieren kann.

Nur immer so weiter in Afghanistan, Irak, Iran und so weiter: Wir, der freie Westen, müssen da unten Ordnung und Frieden schaffen, bis sich nichts mehr rührt und kein Stein mehr auf dem anderen liegt. Nur konsequent bleiben, nicht auf halbem Wege anhalten, weitermarschieren!

Nur immer so weiter: Frieden durch Krieg, Wohlstand durch Verelendung, Beschäftigung durch Massenentlassung, Freiheit durch Geheimdienst. Nachdem wir Deutschen schon Weltmeister im Abhören sind, müssen wir nur immer noch mehr observieren - logisch! - und für die Menschenrechte gegebenenfalls mal ein bißchen foltern (lassen) und die Bundeswehr auch im Innern einsetzen.

Nur immer so weiter, meine Damen und Herren. Bleiben Sie auf dem rechten Wege, schauen Sie nicht nach links, lassen Sie sich durch nichts beirren. Vertrauen Sie Bush, Merkel, Müntefering, allen Parteiführerinnen und -führern, vor allem aber der Deutschen Bank, dem Deutschen Fernsehen, der Frankfurter Allgemeinen, der Bild- und Ihrer regionalen Monopolzeitung, glauben Sie den Medien jedes Wort - unseren freien Medien, die täglich aufs Neue fraglos, kritiklos den allerneuesten, allerliberalsten Monopolkapitalismus rühmen, ihn als alternativlos, weil gottgegeben preisen und uns alle zum rechten Glauben anhalten. Sprechen Sie nach: Nur in der Hand einiger weniger Milliardäre können unsere Medien ganz frei sein.

Nur immer so weiter. Hauptsache, die Gewinne steigen. Die Kapitalrendite muß mindestens 25 Prozent erreichen und nächstes Jahr 30, wie es Josef Ackermann den Aktionären der Deutschen Bank verheißt. Die Gewinne müssen jedenfalls schneller steigen, möglichst um ein Vielfaches schneller als das Bruttoinlandsprodukt.

Nur immer so weiter mit der Steuerreform. Die Reichen müssen ent-, die Armen belastet werden. So bauen wir den Sozialstaat um. Logisch!

Nur immer so weiter: Immerzu reformieren, aber nichts ändern. Wenn eine Medizin nicht wirkt oder das Gegenteil dessen bewirkt, was sie bewirken soll, dürfen wir nicht nach einer anderen greifen, sondern müssen dem Patienten die doppelte oder dreifache Dosis der alten verschreiben. Mag ihm die Behandlung noch so schlecht bekommen, Zweifel an unserer Kompetenz sind unzulässig. Immer konsequent bleiben. Nur die Methoden optimieren. Und das Tempo.

Soweit die herrschende Logik. Sie ist die Logik der Herrschenden.