Sexismus und Hip-Hop

Spiegel der Gesellschaft.

in (30.05.2007)

" Ich weiß, was mein Problem ist: ich denke pausenlos mit meinem Penis "

Sexismus und Hip-Hop

Der Sexismus ist im HipHop kaum zu
übersehen: Rumgepose und Mackerverhalten,
Videos mit leicht bekleideten
Frauen, die Reduzierung von Frauen
auf entweder Nutten/Schlampen
oder Mütter/Schwestern, die Ausbreitung
von Machtphantasien gegenüber
Frauen in den Texten und eine verschwindend geringe Minderheit weiblicher Raperinnen zeichnen das Bild einer extrem sexistisch strukturierten Kultur.

Dementsprechend sieht es im Normalfall auf einem Jam aus: die Männerquote ist knapp unter den 100 Prozent. Ist doch einmal eine Frau dabei, dann ist sie in der Regel die Freundin eines der Anwesenden. Nur im seltensten Fall geht sie auf die Bühne und trägt einen Freestyle vor. Ein Battlemit einem der anwesenden Herren findet erst Recht nicht statt.
Denn auf der Bühne reicht es nicht einfach nur zu rappen. Begleitet wird das Ganze von intensiv verinnerlichten
Praktiken, die vor allem eines ausdrücken sollen: Ich bin der Coolere, der Geilere und sowieso besser als der Rest. Noch härter geht es beim Battle zu: der Gegner muss zerschmettert werden, die Beleidigungen müssen bei aller Kreativität so verletzend sein, dass der Kontrahent, bildlich gesprochen, zu Boden geht. Der Härteste - und damit männlichste - gewinnt.
Dass Frauen auf so einen frauenfeindlichen Mackerscheiß keine Lust haben, ist einleuchtend.

Es ist kaum verwunderlich, dass diese Dominanzkultur nicht einmal selten in offenen Sexismus umschlägt. Ein Blick auf MTV/Viva reicht um das mitzubekommen: Der coole und absolut souveräne Mann trägt seine Texte vor. Dazu gibt es "schmückendes Beiwerk" in Form meist tanzender, halbnackter Frauen, über die der Mann verfügen kann. Der Anspruch selbst
denkende Wesen zu sein wird den im Video präsentierten Frauen abgesprochen, sie werden zu Waren, zur Aneignung durch den Mann geschaffen.
Die Texte der Lieder sind dabei keinen Deut besser, sondern strotzen von sexualisierter Gewalt. Deutlich wird das an Rappern wie beispielsweise Bushido, der sich 2005 in einem Interview mit der Bravo, in dem es um seine bevorstehende Verheiratung mit einer ihm unbekannten Frau aus dem Libanon ging, über den "großen Komplex der deutschen Frauen" ausließ, den nämlich "so krass emanzipiert sein" zu wollen: "Außerdem bin ich der Mann - ich habe eh immer recht!"
Eine klare Trennlinie scheint im Denkmuster der Machos vom Dienst zwischen ihrem eigenen familiären weiblichen Umfeld und allen anderen Frauen zu verlaufen, frei nach dem Motto: "Alles Schlampen, außer Mutti." Und so widerspricht es sich keineswegs, dass ein Sido in seinem Vokabular das Wort "Frauen" restlos durch "Schlampen", "Huren" und "Nutten" ersetzt zu haben scheint, aber dennoch einen Track schreibt, in dem er seine Mutter über alles lobt. Frauen sind, so die Logik, nicht grundsätzlich Schlampen, sie können sich auch fügen und, vermittelt durch das Instrument der Familie, sich dem Mann restlos zum Untertan machen. Die "Hure" muss sich also dem Mann unterwerfen um in diesem Prozess zur "Mutter" zu werden und damit den Status einer anständigen Frau zu erlangen.
Wirklich dem Trend zuwiderlaufende Tendenzen gibt es im HipHop kaum, und wenn kommen sie meistens von weiblichen MCs. Für eine wirkliche Veränderung müsste dem Sexismus im HipHop der Nährboden entzogen werden und das ist das in der gesamten Gesellschaft zu findende Patriarchat.

Denn letztlich ist auch HipHop nur ein Spiegel der Gesellschaft.