ProPorn oder PorNo III

In ihrer aktuellen Ausgabe startet die EMMA eine Kampagne gegen Pornografie. Es ist bereits die dritte. Ein Kommentar

In ihrer aktuellen Ausgabe startet die EMMA eine Kampagne gegen Pornografie. Es ist bereits die dritte.
"(Â…) Pornografie propagiert nicht zufällig in Zeiten der zunehmenden Gleichberechtigung Frauenverachtung und Frauenhass - ihr liebstes Objekt ist dabei die Powerfrau. Und die soll die Erniedrigung auch noch genießen", schreibt Alice Schwarzer. Nicht erst seit der ersten Kampagne 1978 haben Feministinnen viel über Pornografie diskutiert. Und sich dabei sowohl theoretisch als auch praktisch um lustvollere Alternativen zur schlichten Formel "Pornografie ist Gewalt" bemüht. Annie Sprinkles "ProPorn-Performances" sind ein Beispiel für diese ironische Aneignung pornografischer Posen und Positionen. Für Schwarzer sind Künstlerinnen wie Sprinkle hingegen "nicht etwa nur Mitmacher, sondern Schrittmacher bei der fortschreitenden Pornografisierung der Kultur."

Allgegenwärtig pornografisch belästigt zu werden, nervt. Und die Objekte dieser Belästigung sehen wenig wie selbstbestimmte Frauen aus. Sie sind daher als Rolemodels unserer Jugend nicht anzuempfehlen.
Warum nervt das so? Weil Sex schlecht ist? Nein!
Weil Frauen keine Sexobjekte sind? Ja!
Frauen sind Menschen, also Subjekte. Um dies anzuerkennen, muss man nicht mal FeministIn sein, sondern lediglich HumanistIn. Für alle Menschen gelten die Menschenrechte. Wo Pornografie gegen die Menschenrechte verstößt, ist sie zu unterbinden. In den meisten Ländern gibt es durchaus gesetzliche und exekutive Handhabe dafür. Wo diese ungenügend sind, sind wir aufgerufen, am legislativen Prozess teilzunehmen.
Menschen-Frauen sind Subjekte mit verschiedenen Bedürfnissen, auch sexuellen.
Also sind Frauen - unter anderem - auch Sexsubjekte. Als solche haben sie das Recht, ihre Sexualität zu leben und ihre sexuellen Begierden und Vorlieben zu äußern.
Der traurige Tatbestand, dass patriarchale Erotik Frauen als Dinge, somit als Besitz begreift, dass sie Sex nicht ausreichend von sexueller Gewalt abgrenzt, sollte uns nicht derart entmutigen und verwirren, selbst nicht mehr zwischen Sex und Gewalt unterscheiden zu können. Diese Unterscheidungsfähigkeit ist von essentieller Wichtigkeit, denn: Sex ist gut, Gewalt ist schlecht. Ich wiederhole: Sex ist gut, Gewalt ist schlecht. ("Gut und Schlecht" hier im pragmatischen Sinn von: Gut = dem Leben förderlich, Schlecht = dem Leben schädlich.) Sexualisierte Gewalt und ihre Darstellung ist nicht o.k. Jegliche einvernehmliche sexuelle Praktik zwischen erwachsenen Menschen ist nicht Gewalt. In diesem Sinne sind SM und Penetration keine Gewalt. Diese Praktiken künstlerisch darzustellen, medial zu vervielfältigen und zu konsumieren ist o.k.
Der Großteil auch der patriarchalen Pornos sind keine bösartigen Snuffmovies, sondern hirnlose Fick- und Blasfilme, deren Kriminalisierung mehr Schaden als Nutzen bringt.
Mir graut vor Schulterschlüssen von verdienstvollen Altfeministinnen mit (Neo)konservativen, die den weißen Bürgerfrauen schon wieder die eigene Lust absprechen wollen. Gesellschaftliche Phänomene wie "True Love waits" und Xavier Naidoo bereiten mir mehr Sorgen als z. B. die aktuelle nuttige Mode.
Lassen wir uns nicht erzählen, der künstlerische und mediale Ausdruck unserer sexuellen Begierden und Praktiken sei unmöglich. Pornografie ist wie jede Branche, in der man gutes Geld machen kann, großteils ein Geschäft von Männern mit Männern für Männer. Aber wie schon viele Männerdomänen den Verlust ihrer männlichen Exklusivität hinnehmen mussten, ist auch der Pornoindustrie diese Öffnung anzuempfehlen.

Dieser Artikel erschien in: an.schläge, das feministische Magazin,
www.anschlaege.at