Ausbruch aus der Erinnerung

Die biografischen Schatten der chinesischen Kulturrevolution [1]

China liefert sich gegenwärtig eine Olympiade der Erinnerung. In den folgenden 10 Jahren sollen 1000 Museen entstehen, viele davon beschäftigen sich mit der nationalen Geschichte. In Anren in der Provinz Sichuan entsteht die größte Museumsstadt Chinas, ein Disneyland der Geschichte mit insgesamt 25 verschiedenen Museen zu Chinas Revolutionsgeschichte, 12 allein zur Kulturrevolution. Relikte, Malereien, Porzellan, Poster, Möbel werden ausgestellt, finanziert von einem Unternehmer aus der mittlerweile auch in Europa und den USA bekannten "Zhiqing-Generation" [2]. Dominiert wird die Museumsstadt durch die Skulpturen und Plätze, die an den Anti-Japanischen Widerstandskrieg erinnern - u.a. entwarf der Japaner Araka Sushuyaki diesen Teil. Tschiang Kaisheks Statue als Inbegriff chinesischen Widerstandsgeistes empfängt den Besucher - ein revolutionärer Schritt in die Zukunft. Die Museen zur Kulturrevolution werden in Sichuan allerdings nicht in der Art aufgebaut werden, wie es der berühmte Schriftsteller Ba Jin schon 1978, vor fast 30 Jahren, forderte (Ba Jin 1995: 384): Es wird kein "warnendes" Museum, kein Museum der Selbstreflexion, indem die Lehren aus der Vergangenheit aufgezeigt werden. Nicht nur der Museenboom, auch Erinnerungs-Konkurrenz ist zu verzeichnen. Im Dezember 2005 wurde auf einer Konferenz der Nanjing Universität anlässlich des 60. Jahrestages des Kriegsendes klar herausgestellt, dass die Forderungen seitens der Chinesen und Ausländer nach einer vollständigen Aufarbeitung der Kulturrevolution die Aufarbeitung des Nanjing Massakers indirekt behindern. Der Grund: Die Japaner nähmen diese Forderungen zum Anlass, um Vorwürfe über eigene Versäumnisse der Vergangenheitsaufarbeitung abzuwehren. Krieg, Vertreibung, Flucht, Zwangsumsiedlungen und politische Massenbewegungen hinterlassen Spuren im Gedächtnis des Einzelnen, des Kollektivs und der Nation. Im Folgenden sollen nach einem Exkurs zur Funktion von Erinnerungszeugnissen anhand von zwei Fallbeispielen die individuellen Strategien der "Entpolitisierung" von Erinnerung sowie die Verflechtung zwischen kollektiver und individueller Erinnerung aufgezeigt werden. Gegenstand der Erinnerung ist die kulturrevolutionäre Massenbewegung "Hinauf-auf-die-Berge-hinab-in-die-Dörfer" der sog. "Großen Proletarischen Kulturrevolution" (1966-69/76) der VR China. Sie umfasste ca. 14-17 Millionen städtische Jugendliche und damit ein Zehntel der damaligen Stadtbevölkerung.

Was ist Geschichte? Wofür Erinnerung?

Geschichte wird gemacht (Fehlfarben) Erinnerung ist Verstehen (Was heute auf dem Spiel steht, ist die Existenz der Geschichte selbst, sofern sie verstanden und darum erinnert werden kann) (Hannah Arendt, 1951) Nur was nicht aufhört, weh zu thun, bleibt im Gedächtniß (Nietzsche, 1887) Nach Rüsen ist Geschichte "eine universelle kulturelle Praxis der erinnernden Vergegenwärtigung der Vergangenheit, die den Zweck verfolgt, die eigene Lebenspraxis in den Umständen der Gegenwart zu orientieren und dabei mit einer Zukunftsperspektive zu versehen" (Rüsen 1998: 22). Demnach würde die Erinnerung eine zentrale Rolle für die Konstruktion von Geschichte spielen. Biografie-, Lebensgeschichts- und Erinnerungsforschung erlebten vor allem im letzten Jahrzehnt ein beeindruckendes Come Back in der Transformationsforschung (Della Porta 1992, Blee 1996, Breckner 2000, Miethe & Roth 2000). Weltweites Interesse findet die biografische Perspektive auf die Gesellschaft in der Erforschung des politischen Denkens im Nachkriegs-Russland und -Estland. Nahezu zeitgleich ist jedoch auch eine neu aufgelegte Debatte zur "False Memory Debate" der 1990er Jahre zu beobachten. Engagiert wird u.a. von Hirnforschern nachgewiesen, wie "defizitär" das Gedächtnis und dass Erinnerung die Quelle vielfältiger Fehlinterpretationen sei. Erinnerung stehe im Dienste besonderer Interessen und verfälsche Geschichte eher, als dass sie sie "authentischer mache" (Singer 2005, Welzer 2005). Meines Erachtens werden in dieser Debatte erneut, wie schon vor 15 Jahren, "Äpfel mit Birnen verglichen". Es kann und konnte niemals Sinn und Zweck von Erinnerungszeugnissen sein, Geschichte anhand von Gedächtnisprotokollen "authentischer" zu machen. Gleichzeitig muss in Betracht gezogen werden, dass auch die textbasierten historischen Quellen Interpretation und Auswahl unterworfen sind. Dennoch - wir müssen klar zwischen verschiedenen Formen und Funktionen von Erinnerungen unterscheiden. Im Standardwerk zum Verhältnis von Erinnerung, Gedächtnis und Geschichte von Aleida Assmann (1999: 64-83) wird zwischen folgenden drei Formen der Erinnerung unterschieden: der kollektiven Erinnerung, die sich mit Konstrukten der nationalen Identität befasst und vorrangig in Museen zu finden ist, der sozialen Erinnerung, die sich aus der Verstehensleistung der Zeitzeugen speist und der kulturellen Erinnerung, die sich anhand kultureller Artefakte manifestiert. Welche spezifischen Anforderungen an den Umgang mit Erinnerungen an die Kulturrevolution gestellt werden, soll im Folgenden kurz skizziert werden.

Erinnerungsforschung zur Kulturrevolution

In der westlichen Forschung über die Kulturrevolution spielen Zeitzeugenberichte seit den 1980er Jahren eine große Rolle (vgl. Bernstein 1978, Chan u.a. 1983, Scharping 1981, Thurston 1984, Chan 1985, Feng Jicai 1987, Barmé & Minford 1988, White 1989, Yeh 1984). Die australischen, amerikanischen und deutschen sinologischen Untersuchungen zur Kulturrevolution, die mit Interviews arbeiten, thematisieren ihren Umgang mit Interviewmaterialien und die Erhebungsmethoden oft nicht oder nur sehr unzureichend. Äußerungen von Zeitzeugen werden selten in einen erzähltheoretischen und kommunikativen Kontext eingebettet. Das heißt, die latenten Bedeutungsinhalte und Steuerungsmechanismen einer Erzählung werden den manifesten Bedeutungen untergeordnet. Die Konstitutionsbedingungen der Erzählungen können jedoch gerade aufgrund der starken Tabuisierung des Zeitabschnittes der Kulturrevolution nicht außer Acht gelassen werden. Der biografische Blick auf China begann mit Benjamin Schwartz und seiner Erforschung verschiedener Generationen von Intellektuellen (Schwartz 1972: 55). Schwartz betonte, dass die Theorien und politischen Bewegungen der chinesischen Intellektuellen nicht nachvollziehbar seien, wenn man sich nicht mit ihren konkreten Erfahrungen - also mit der biografischen Dimension - auseinandersetzte. Die spezifische Verbindung zwischen Biografieforschung und Generationsparadigma blieb dann auch innerhalb der Chinaforschung dominant. Im Begriff der Generation steckt allerdings auch all die Widersprüchlichkeit, mit der wir konfrontiert sind, wenn wir uns mit lebensgeschichtlicher Erinnerung und Geschichte befassen. "Generation" birgt in sich die Gefahr der ideologisierten Generalisierung. Beschäftigen wir uns nun mit den Erinnerungen an die Kulturrevolution, so sind wir auch hier mit dem großen Begriff der "Generation" konfrontiert, denn seit Ende der Kulturrevolution spricht man bezüglich der politischen Führung nur noch von Führungsgenerationen. Diejenigen, die zur Zeit der Kulturrevolution Jugendliche waren, gehören zur "Verlorenen Generation", über sie forscht man aber auch als "verführte", "nachdenkliche", "skeptische" Generation. Jedes Begriffspaar bezieht sich auf ein spezifisches Kapitel der Erinnerung und Selbstdarstellung, der persönlichen wie kollektiven Sinnstiftung. SinologInnen und HistorikerInnen konfrontieren sich immer mit der Frage, wie "geschichtswissenschaftlich verwertbar" diese "Quellen" sind. Thurston (1984/85: 602-603) problematisierte die "Wahrheitsfindung" bei der Verwendung oraler Quellen für die Kulturrevolution-Forschung und validierte die Aussagen ihrer InterviewpartnerInnen, indem sie hervorhob, dass viele zu einer Ausländerin wie ihr mehr Vertrauen hätten als zu ihren eigenen Landsleuten. Pye (1986: 604-605) wiederum wies darauf hin, dass das westliche Misstrauen gegenüber den Äußerungen über erlittene Qualen in der Kulturrevolution nur aufgrund der Vorannahme zustande gekommen sei, die Informanten seien aufgrund ihres Status als Flüchtlinge in Hongkong nicht "objektiv" genug. Darüber hinaus hätte die von der Zentralregierung verordnete öffentliche Zurschaustellung der Leiden ("Speaking out of Bitternis") westliche Beobachter an der Echtheit der Aussagen zweifeln lassen. Dennoch, so Pye (ebd. 605), würden diese Umstände keine Gegenbeweise für das erlittene Unrecht darstellen. Bisher standen also viele WissenschaftlerInnen vor der Frage, wie die Konstitutionsbedingungen dieser Texte und ihre Abhängigkeit von Ideologien, persönlichen, kulturellen und politischen Umständen mit berücksichtigt werden können [3]. Um die Relevanz der Konstitutionsbedingungen aufzuzeigen soll im Folgenden der Historische Kontext kurz umrissen werden.

Historischer Kontext und Generationszusammenhang

Die Interviewpartnerinnen gehören zu einer Generation (im Sinne der Geburtenkohorte), die innerhalb des politischen und gesellschaftlichen Transformationsprozesses der 1980er und 1990er Jahre in politische und wirtschaftliche Führungs- und Spitzenpositionen aufstiegen. Die meisten von ihnen waren sowohl in die Rotgardisten-Bewegung als auch in die Massenmigration auf das Land involviert. Die Landansiedlung war vordergründig als "Umerziehung" der als bourgeois verunglimpften "Jugendlichen mit Schulbildung" propagiert worden. Dabei wurden 14-20jährige Jugendliche in Produktionsbrigaden im unterentwickelten Hinterland zur lebenslangen Ansiedlung von ihren Familien getrennt. Tatsächlich waren die Massenarbeitslosigkeit und die bürgerkriegsartigen Zustände in den Städten Grund der Kampagne. Die Massenmigration kann grob in drei Phasen eingeteilt werden: So gab es in der ersten Phase zwischen 1966 und 1968 sowohl erzwungene Migrationen (z.B. die Deportation von über 80.000 sog. "Klassenfeinden" aus der Stadt Beijing 1966) als auch die ersten freiwilligen Ansiedlungen von städtischen Studenten und Schülern [4], die sich an Modellen aus der prä-kulturrevolutionären Zeit orientierten und teilweise zum Zwecke der Mobilisierung selbst zu Modellen avancierten. Bei der zweiten Phase handelte es sich um die Zeit der fanatisch und idealistisch inspirierten Massenmigration zwischen 1968 und 1969. Die dritte Phase dauerte von 1969-1978. Auch nach dem Tode Maos war es noch eine patriotische Pflicht, mindestens ein Kind aus der Familie auf dem Land anzusiedeln. Diese Dreiteilung war für die Lebensgeschichten von eklatanter Wichtigkeit, weil innerhalb der "Erinnerungskollektive" im heutigen China nach Zwangsumsiedlung und "patriotischer Pflichterfüllung" unterschieden wird. Seit ca. 1993/94 wird diese Personengruppe in Fernsehserien und Taschenbüchern als "Dritte Generation der Revolutionäre" (bzw. Vierte Führungsgeneration), die für die Modernisierung des Landes gekämpft hätten, dargestellt. Diese Darstellung verfälscht die historischen Tatsachen, da die Betroffenen kaum über die ökonomischen Hintergründe wie urbane Arbeitslosigkeit informiert waren. Auch stand die patriotische Pflicht, sich zu bäuerlichen Kommunisten (Maoisten) "umerziehen" zu lassen, im Vordergrund der Propaganda. Darüber hinaus wird verschwiegen, dass nach dem sogenannten "blutigen August" 1966 Hunderttausende Angehörige von sogenannten "schlechten Klassen" zwangsdeportiert wurden. Während der erneuten Diskussion über die Kulturrevolution nach den Tiananmen-Ereignissen 1989 blieb es ein Tabu, die rebellischen Aspekte der Massenbewegungen zu betonen (vgl. Dittmer 1996/97; Chan 1992; Schwarcz 1996, 1998; Gao 1994, 1995). Die offizielle Neubewertung der Kulturrevolution nach 1989 produzierte ein dichotomes Bild der Landangesiedelten durch die künstliche Teilung der Ansiedlung vor bzw. nach 1968. Erstere galten als heroisch, da die Landansiedlung bis dahin noch nicht ausschließlich obligatorisch war, letztere als gemaßregelte Rotgardisten. Zwischen 1991 und 1993 gab es ein Vakuum über die Richtlinien der Vergangenheitsaufarbeitung. Anlässlich der Hundertjahrfeier von Maos Geburtstag Ende 1993 erschienen affirmative und patriotische Essays zur Landansiedlungsbewegung, die die patriotischen und revolutionären Eigenschaften der Zhiqing-Generation und ihre moralische Reifung betonten. Zu dieser Generation zählen im engeren Sinne die Geburtsjahrgänge 1948-1952, auch "Laosanjie", die Schulabgänger der "Drei Klassen" 66-69 (vgl. Sausmikat 1998: 305-310). Die durch ihre revolutionären Erfahrungen legitimierte Gruppe der Zhiqing wurde zu neuen Erziehern der nach den Tiananmen-Ereignissen scheinbar nach moralischer Führung suchenden Jugend stilisiert. Damit wurde diese Personengruppe als innenpolitische Stabilisierungsgröße funktionalisiert. Viele der inzwischen erfolgreichen Geschäftsmänner und -frauen betonen heute gerne den kausalen Zusammenhang zwischen ihrer entbehrungsreichen Zeit resp. ihrer patriotisch-aufopfernden Haltung und ihrem heutigen Erfolg. Die dominante und affirmierende Deutung der eigenen Lebensgeschichte war somit die der erfolgreichen UnternehmerInnen, PolitikerInnen oder KaderInnen, die ihre Positionen mit ihrer sozialistischen Einstellung und Ethik legitimierten. Diese Deutung ermöglicht eine unproblematische Kontinuität zwischen zwei verschiedenen Gesellschaftsformen und stellt den gesellschaftlichen Transformationsprozess als sozialevolutionären Fortschritt dar. Eine andere Porträtierung der Zhiqing findet sich in den von den Generationsverbänden eigens hierfür publizierten Zeitschriften der 1990er Jahre und bezieht sich auf weniger erfolgreiche Frauen, die jedoch ihre Arbeit gewissenhaft und aufopferungsvoll ausführen. Diese Pflichtbeflissenheit wird als positives Überbleibsel der Kulturrevolution der heutigen marktwirtschaftlich ausgerichteten Welt gegenübergestellt. Diese ehemals landangesiedelten Frauen verbindet ein Generationszusammenhang, der sich wiederum in unterschiedliche Kollektividentitäten auffächert. Diese Kollektividentitäten leiten sich aus ähnlichen Schicksalen ab. In den meisten Fällen gehörten die damals 15-20jährigen Mädchen und jungen Frauen verschiedenen, politisch antagonistischen Rotgardistengruppierungen an und diese Zugehörigkeit bestimmte in manchen Fällen auch das weitere Schicksal der Frauen in den 1989er Jahren. Heute wird diese Unterschiedlichkeit durch die homogenisierende Oberbezeichnung "RotgardistInnen" systematisch aus der Perzeption der Öffentlichkeit verdrängt. Ein weiteres wichtiges Kriterium, welches von außen auf die Lebensgeschichten einwirkt, ist das gemeinsame Stigma, welches diesen Frauen anhaftet. Insbesondere nach dem missglückten Putschversuch Lin Biaos 1971, seinem Tod und dem Beginn des ersten Rückkehrersturms wurden vor allem die Frauen mit problematischem Klassenhintergrund Opfer von gewaltsamen Übergriffen, Erpressungen, Vergewaltigungen und Zwangsheiraten (vgl. Liu Xiaomeng 1995: 57-65). Die Schicksale der jungen Frauen wurden in den 1990er Jahren über Fernsehserien zu einem landesweit diskutierten Thema. In den Serien werden die Frauen vornehmlich als Opfer männlicher sexueller Gewalt dargestellt, die hilflos und verzweifelt z.B. ihre Kinder bei der Rückkehr in die Städte verkauft oder verschenkt haben (vgl. Ye Xin 1995). Die "Potenzierung" und "Depotenzierung", die Heinz Bude (1987: 32) z.B. anhand der Verbundenheit der Lebensläufe der Flakhelfer-Generation mit der Zeitgeschichte feststellte, findet sich ganz ähnlich auch bei der Zhiqing-Generation. Nach dem Sturz der sogenannten Viererbande 1976 erodierte die revolutionäre Ideologie, und die Rückkehrflut in die Städte entwertete die Heldentaten der Frauen und Männer der Zhiqing-Generation. Sie wurden als Angehörige der sog. "verlorenen Generation" bezeichnet (oder "verspäteten Generation", vgl. Chen Yanping 1989: 41). Dies bedeutete für die Frauen eine Stigmatisierung als Frauen mit "moralischen Defekten", die nicht fähig waren, fachliches Wissen in die mit dem Einzug der Marktwirtschaft propagierten "Vier Modernisierungen" einzubringen. Ihr revolutionärer Enthusiasmus der Vergangenheit galt nunmehr als Naivität, sich für politische Experimente missbraucht haben zu lassen. Darüber hinaus fehlte es ihnen an Erfahrung, sich in den wiederbelebten Tugenden einer Hausfrau und Mutter zu üben. In den Städten erfuhren die Zhiqing Statusverlust und soziale Isolation, der Begriff "Zhiqing" wurde Anfang der 1980er Jahre gar zu einem Schimpfwort für geschlechtlich nicht weiter differenzierte verwahrloste kriminelle Elemente. Einige Interviewpartnerinnen beschrieben die Rückkehrprozeduren als einen "zweiten Kampf" um einen Platz in der Gesellschaft und als weitaus schwieriger und traumatischer als die Migration auf das Land. Die mit der Konsolidierung der Wirtschaft reich gewordenen Zhiqing konnten aber vor allem in den 1990er Jahren das Image der wenig angesehenen Zhiqing entscheidend aufbessern.

Methodik

Im Abstand von zwei Jahren wurden themenzentrierte Interviews mit zwanzig Frauen dieser Kohorte durchgeführt. Darüber hinaus wurden zusätzliche Interviews mit politisch aktiven Intellektuellen über einen Zeitraum von fünf Jahren (1998-2003) geführt. In der Regel überließ ich es den Interviewten, den Ort für die Befragung zu bestimmen, so dass ich von einer größtmöglichen Gelöstheit ausgehen konnte. Erst im Verlauf der Untersuchung machte ich die Erfahrungen, dass ich mit lebensgeschichtlichen Interviews mehr über das Thema erfahren hätte als mit themenzentrierten Interviews [5]. So waren z.B. Erlebnisse vor dem Beginn der Kulturrevolution entscheidend, welcher Fraktion sie sich schließlich anschlossen und wie sie im Nachhinein darüber denken. Die themenzentrierte Fragestellung verhinderte die sofortige Eröffnung eines lebensgeschichtlichen Zeitrahmens, der für viele meiner Interviewpartnerinnen eine dominante Strukturierungsfunktion übernahm. Meine Eingangsfrage stimulierte in erster Linie die stereotypen in der Öffentlichkeit ritualisierten Erzählfolien über den heroischen Aufbruch: "Kannst du dich noch daran erinnern, wie es damals war, als du Beijing verlassen hast. Bitte schildere mir doch einmal, wie alles anfing. Welche Schule hast du besucht? Kannst du dich noch an konkrete Situationen erinnern - wer hat dich verabschiedet, warst du alleine?" Ich konnte mit dieser Frage trotz der einschränkenden Formulierung narrativ ausgestaltete Erzählungen mit zum Teil hohem indexikalischen Gehalt stimulieren. In die Erzählungen flossen sowohl Elemente der stereotypisierten Zeitgeschichte über den Aufbruch der Massen auf das Land als auch lebensgeschichtlich konkrete Erfahrungen und individuelle Sinnkonstruktionen ein. Ein wichtiger Grund hierfür war, dass ich mit der oben zitierten Eingangsfrage zunächst Abgrenzungsbedürfnisse stimulierte. Viele der Frauen begannen ihre Erzählung mit den Worten "Bei mir war es nicht so wie bei den anderen" oder "Meine Geschichte ist etwas anders". Wer "die Anderen" waren und was nun so anders war, musste ich erst herausfinden. Das "Anders sein" stellte sich äußerst vielfältig dar und es war schwer zu erkennen, wogegen sich diese Frauen abgrenzen wollten. Auch die detailgetreue Rekonstruktion von institutionalisierten Tabus bei der staatlich gelenkten Vergangenheitsaufarbeitung half mir nur bedingt weiter. Erst mit Hilfe einer spezifischen Analysemethode gelang es mir herauszufinden, dass mit der Einleitung "Ich war ganz anders" die Brücke zur Gegenwart geschlagen wurde, die nötig war, um die eigene Geschichte vor dem Hintergrund der etablierten "Ikonen" erzählen zu können. Die oben ausgeführte Problematik im Umgang mit einer stigmatisierten bzw. heroisierten Generation macht es notwendig, die Kontextabhängigkeit der Aussagen zu explizieren bzw. zu rekonstruieren, um individuelle Sinngebungsprozesse, die die Anordnung der Lebensgeschichte steuern, von stereotypen Sinnbildungen abheben, unterscheiden bzw. erkennen zu können. Dafür schien mir die von Gabriele Rosenthal (1995) in Anlehnung an die Arbeiten von Schütze, Oevermann und Wolfram Fischer (1982) entwickelte Methode der hermeneutischen Einzelfallrekonstruktion sehr geeignet. Ich halte es wie oben ausgeführt für einen Fehler, lebensgeschichtliche Zeugnisse ausschließlich als eine zusätzliche Informationsquelle für die Geschichtsschreibung zu betrachten. Der Wert lebensgeschichtlicher Aussagen über eine rein zeitgeschichtliche Quelle hinaus wird innerhalb der sozialwissenschaftlich ausgerichteten Chinaforschung zu wenig in Betracht gezogen. Der individuelle Sinngebungsprozess der Zhiqing-Frauen muss deshalb in dem Spannungsfeld des Generationszusammenhanges, des offiziellen Diskurses und der interkulturellen Interviewsituation betrachtet werden.

Interkulturelle Interviewsituation

Interpretation von Wirklichkeit und Modifizierung von Handlung (hier auch des Sprechens) sind wechselseitige Vorgänge, in denen durch eigene und fremde "Erfahrensaufschichtung" ein "Bezugsschema" hergestellt wird (vgl. Schütz & Luckmann 1988: 28f). Diese Erkenntnis ist besonders in interkulturellen Interviewsituationen bedeutsam, denn natürlich unterliegen diese "Bezugsschemata" auch den oben genannten Einflüssen, wie das folgende Beispiel noch einmal verdeutlichen soll. So fragten mich viele meiner Interviewpartnerinnen nicht (wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre), warum ich mich als "weiße" Frau für ihr Leben interessiere, sondern warum ich mich als "jüngere" Frau für ihr "älteres" Leben interessiere. Hintergrund hierfür sind sowohl der eigene biografische Erfahrungshintergrund, als auch traditionelle soziale Hierarchieorientierungen und das auch in anderen Forschungskontexten relevante hegemoniale Verhältnis zwischen sog. "Erster" und "Dritter" Welt (fast alle feministisch ausgerichteten Arbeiten sprechen von dem "verzerrten Blick" durch die hegemoniale Übermacht der weißen Forscherinnen, vgl. Schultz 1989; Mohanty 1988). Besonders für die Frauen, für die der Abschluss einer Ausbildung und der Aufbau einer eigenen Familie durch die historischen Zeitumstände mit großen Schwierigkeiten verbunden war, muss es absurd gewirkt haben, dass eine gerade dreißigjährige junge Deutsche mit Baby sozialwissenschaftliche Forschungen in China durchführen will und kann. Ein anderer Grund für die dominante Wahrnehmung der Interviewerin als zu "Belehrende" ist die unbewusste Einbettung in einen selbstreferentiellen Bezug: viele dieser Frauen sind Mütter und sehen es als ihre Aufgabe an, ihren Kindern ihre Lebensgeschichte als Lehrgut mit auf den Weg zu geben (vgl. Guo Dong 1996). So befand ich mich also einerseits in der Rolle einer Sozialforscherin, anderseits in der eines zu belehrenden Kindes. Ein weiterer Faktor der Beeinflussung der "freien" oder "gleichwertigen" Kommunikation war die politische Brisanz, die der gesamte Themenbereich der Kulturrevolution hatte. Dies erforderte besonders sensible Techniken der Befragung, aber auch des Deutens und Verstehens, um die subjektiven Einstellungen und logischen Schlussfolgerungen der Forscherin als auch die Ängste und sozialen Zwänge der Interviewpartnerinnen nicht zu übersehen (vgl. Schöninger 1998: 62-63; Nadig 1986). In der von Nadig betriebenen Ethnopsychoanalyse werden Probleme wie Ängste und Gegenübertragungsmuster der Forschenden selbst thematisiert und auf die zentrale Bedeutung von kultur- und gesellschaftsbedingten Deutungs- und Verstehensmustern und Vorurteilen hingewiesen. So war es in meinem Fall zwar ein Vorteil, dass ich immer durch andere Vertraute aus der Umgebung eingeführt wurde, doch die Nähe zu staatlichen Institutionen wie der Universität ließ das Misstrauen aufkommen, wozu meine Recherchen denn dienen könnten. Es war daher nicht verwunderlich, dass den lebensgeschichtlichen Interviews oft längere Treffen informeller Art vorausgingen, um eine gewisse Vertrautheit herstellen zu können und mich aus der Rolle eines zu belehrendes Kindes emanzipieren zu können. Die Bewusstmachung von diskursiven Grenzen, Ängsten oder Repräsentationsabsichten war begleitet von einer Bewusstmachung eigener Vorurteile und Deutungsschemata der Forscherin als Außenstehende. Andererseits wirkte sich mein "Fremdsein" auch positiv aus. Viele meiner Interviewpartnerinnen meinten, gerade mir als "Außenstehende" Dinge erzählen zu können, die sie bisher nicht zur Sprache bringen konnten. Oft erstaunte mich die emotionale Vertrautheit schon nach kurzer Zeit, mit der manche Frauen unter Tränen ihr Schicksal schilderten und ihren Gefühlen freien Lauf ließen. Welche Sinnstiftungen finden wir nun in den erzählten Lebensgeschichten? Zwei Beispiele sollen der Demonstration von wichtigen alternativen Deutungsmustern und Sinngebungen neben den dominanten, nach außen getragenen und besonders für Ausländer ersichtlichen Sinngebungsprozessen dienen. Diese beiden Frauen wurden ausgewählt, weil sie die beiden Extreme entlang einer Skala von Sinngebungsprozessen verdeutlichen. Es kann hier leider nicht detailliert auf die unterschiedlichen Erinnerungstypen und die zu identifizierenden strukturierenden Wendepunkte der autobiographischen Erzählung eingegangen werden. [6] Daher sei nur darauf verwiesen, dass diese beiden Fälle herausgegriffen wurden, weil sie zeigen, welche Gewichtung dem Klassenhintergrund, der persönlichen Erfahrung, dem öffentlichen Diskurs, der Stigmatisierung und der gegenwärtigen Situation im Erinnerungsprozess zukommt. Beide Frauen litten übrigens unter demselben "Makel" - sie hatten beide eine Mutter, die zur Konterrevolutionärin erklärt wurde.

Frau Deng - Rückzug aus dem Kollektiv

Im ersten Fall handelt es sich um die 1950 geborene Xiao Deng. Ich führte mit Frau Deng zwei Interviews im Abstand von zwei Jahren. Nach mehreren informellen Treffen führte ich das erste Interview bei ihr zu Hause. Ihre Tochter war in den ersten 20 Minuten des Gesprächs anwesend, dann waren wir alleine und sie erzählte offen und sehr emotional. Während des gesamten zweiten Gesprächs war ihr Ehemann in der Wohnung. Das zweite Gespräch war bedeutend verkrampfter und Frau Deng wartete auf Fragen, die sie nur sehr knapp beantwortete. Die Verschlossenheit beim zweiten Interview ergab sich zu einem großen Teil sicher aus der Anwesenheit des Ehemannes. Es spielte aber auch ihr ganz spezifisches Schicksal und das sehr emotionale erste Treffen eine Rolle. Frau Deng brach schon kurz nach Beginn des ersten Gespräches und kurz nach der Verabschiedung der Tochter in Tränen aus und schilderte mir ihre Situation zum Zeitpunkt der Landansiedlung. Frau Deng gehört zu einer Gruppe, die 1966 zwangsdeportiert wurde und deren Geschichte bis heute ein Tabu ist. Diese Gruppe gehört nicht in das öffentlich propagierte Bild der heroischen Landansiedlerinnen. Sie erlitt starke Traumata vor und mit der Landansiedlung. Kurz vor der Deportation wurden sog. Kampfsitzungen gegen die damals 16jährige abgehalten, ihr wurde der sog. "Yin-Yang" Haarschnitt, eine Rasur in der Form des symbolischen Zeichens, unter Gewaltanwendung zugefügt und ihrer Mutter ein Schild, welches sie als sog. "Konterrevolutionärin" auswies, umgehängt. Auffällig ist, wie stark sie Details ihres Äußeren beschreibt und wie sie, unter Tränen, in einem stark literarisch geprägten Stil ihre Erinnerung an den Tag der Abreise aus Beijing schildert: "Im Sommer des unvergesslichen Jahres 1966 trug ich ein weißes Kleid, meines aber war damals mit Lehmflecken und Blutspuren übersäht. Meine Zöpfe, die mir bis zu den Knien reichten und viel Bewunderung und Neid hervorgerufen hatten, wurden mir abgeschnitten, so dass das Haar mir wirr und unordentlich vom Kopf stand. Ich sah aus wie ein Gespenst. Und das wurde mir, einem noch nicht einmal achtzehnjährigen jungen Mädchen, angetan. Vor lauter Scham wagte ich nicht, den Kopf zu heben. Ich hatte meine menschliche Würde verloren. Mutter hing das Schild 'Konterrevolutionärin' um den Hals und zitternd und bebend standen wir in einer Ecke des Bahnhofs. Der ganze Bahnhof war vom Lärm der Beschimpfungen der 'Revolutionäre', dem blutrünstigen Knallen von Peitschen und dem verzweifelten Stöhnen der 'Konterrevolutionäre' erfüllt. In der Umgebung schrien sie Parolen der revolutionären Massen wie 'Büßt eure Blutschuld'. So sind wir in den erbarmungslosen Zug eingestiegen". Der Umstand, dass Frau Deng nicht, wie viele andere, durch subtile Zwangsmaßnahmen, sondern durch offene Gewaltanwendung zum Verlassen der Stadt getrieben wurde, verleiht ihr das (zweifelhafte) Privileg, sich als Opfer der Umstände präsentieren zu können, während andere sich mit dem Eigenanteil an der Migrationsentscheidung auseinandersetzen müssen. Frau Deng war ein Opfer - aus ihrer Perspektive gibt es nichts Heroisches von der Landansiedlung zu berichten. Sie erzählt von der "Austreibung aus der Stadt", der harten Arbeit, von ihrer pflegebedürftigen Mutter und den unmenschlichen Lebensbedingungen der sog. "Schwarzen Kategorien" [7] auf dem Land. 1971 heiratete sie aus Verzweiflung, gebar 1972 ihre Tochter und konnte 1973 nach Beijing zurückkehren, doch erst 1976 durch die Scheidung von dem Bauern und einer erneuten Heirat eine legale Aufenthaltserlaubnis für die Stadt erwirken. Insgesamt heiratete Frau Deng dreimal und wurde deswegen stark diskriminiert. Nach einem missglückten Fluchtversuch heiratete sie 1971 einen an Tuberkulose leidenden Bauern, weil sie ihre Jungfräulichkeit nicht durch eine Vergewaltigung verlieren wollte. Dieser Erzählstrang weicht erheblich von allgemein gängigen Erzählungen ab, die eine Heirat mit einem Bauern aus der verzweifelten Hoffnung heraus begründen, damit den Klassenstatus verbessern zu können. Die Erzählung von Frau Deng ist eine Aneinanderreihung von Enttäuschungen. Dennoch erzählt sie in einem sehr distanzierten, eher literarischen Stil, so z.B. die Heiratsszene: "So kam es, dass ich meine Arbeitskleidung gegen ein rotes Kleid meiner Mutter tauschte und zu einem 'neuen Mädchen' wurde. Der Kader sagte: Es ist lange her, dass wir hier ein Mädchen im Hochzeitsgewand gesehen haben. Dieses Rot gleicht den Pfirsichblüten - warum also lachst du nicht auch wie die Pfirsichblüten? Ich lächelte, doch die Tränen konnte ich nicht verbergen. Auf dem irdenen Kang [8] liegend dachte ich an das Frühlingsfest in jenem Jahr (1966), als ich mit meiner einzig wahren Liebe (in Peking), den Fotoapparat tragend, in den Sommerpalast gegangen bin, um die Pfirsichblüten zu fotografieren." Diese Literarisierung ihrer Erfahrungen produziert einerseits eine emotionale Distanzierung, andererseits eine Dramatisierung. Diesen Stil behält Frau Deng das insgesamt zweistündige Gespräch bis auf einige Ausnahmen bei - sie nimmt auch oft verschriftlichte Erinnerungen zur Hilfe und liest sie mir vor. Ihre offen negative Haltung zur kulturrevolutionären Massenbewegung bricht mit den gesellschaftlichen Tabus. Vor allem aber unterscheidet sich ihre Erzählung durch die Entpolitisierung und Privatisierung der Erinnerung. Frau Deng sucht keinerlei narrativen Anschlüsse an die Stereotype der Heldengeschichten dieser Generation. Sie schildert ihre Bemühungen, das Leben in dem Lehmhaus "so angenehm wie möglich" zu gestalten. Schon zu Beginn unseres Gesprächs wies sie mich darauf hin, dass sie ein Mensch sei, der die "schönen Dinge" liebt. Auch ihre Erfahrungen, aufgrund ihrer Schönheit besonders auf dem Land unter den dortigen Kadern gelitten zu haben, werden nicht verborgen. Sie hebt aber auch die damalige Anerkennung ihrer "femininen Eigenschaften" durch ihre Mitschülerinnen hervor - eine Anerkennung, die ihr wieder ein Gefühl von Menschlichkeit gegeben hätte. Sie kleide sich heute "anständig" und achte sehr auf "freundliche Farben" in ihrer Wohnung. Sie zeigte mir wie zum Beweis für ihre besonders gut ausgeprägte Ader für alles Schöne einen Zeitungsartikel, der sie als ein positives Beispiel für die Erfüllung weiblicher Rollenerwartung und des Ideals einer modernen Frau porträtierte. Ich fand in dieser übersteigerten Betonung des "schönen Heute" und ihrer eigenen Weiblichkeit einen Mechanismus bestätigt, den auch Schwarcz (1998: 49) oder Rosenthal (1995: 173-185) beschrieben - die Heilung tiefer Wunden durch die Bejahung des gegenwärtigen Lebens. Problematisch dabei ist allerdings, dass ca. zwei Jahre vor diesem Gespräch eine Propagandalawine das Land überzog, in der dazu aufgerufen wurde, "durch das Beklagen der Leiden des Gestern das Heute zu loben" (yiku sitian) bzw. "der Jugend nicht hinterher zu trauern" (qingchun wuhui). Frau Deng war durchaus bereit, die Vergangenheit gegen das Heute auszutauschen - sie hat alle Fotos aus der Zeit vernichtet. Vor diesem Hintergrund begann ich an der emotionalen Erzählung und der betont entpolitisierten Erinnerung zu zweifeln. Frau Deng hat in ihrer Erzählung aus ihrem Leben eine rein private Angelegenheit gemacht - jegliche Anbindung an das Kollektiv, und sei es auch nur an die "Konterrevolutionäre", wurde vermieden. Auch Beschreibungen ihres beruflichen oder sozialen Lebens fehlen. Politisch habe sie sich nie engagieren können, da sie zu den sog. "Schwarzen Kategorien" gehört habe. Der Rückzug hinter die alles erklärende Formel "ich gehörte zu den Schwarzen Kategorien" eröffnet den Rahmen für ein vollständig fremdbestimmtes Leben [9]. Damit umgeht Frau Deng evt. politische Empfindlichkeiten und gibt die Verantwortung für zehn Jahre ihres Lebens in die Hand des Staates. Frau Deng hatte gar keine Möglichkeit, sich mit den unter den marktwirtschaftlichen Bedingungen entwickelten neuen Parametern des erfolgreichen, "heroischen" Lebens der ehemaligen Zhiqing zu identifizieren - denn diese waren ganz eng an den spezifischen Aufbruch auf das Land geknüpft. Sie entwickelte ihre ganz eigenen Sinnkategorien für Erfolg. Sie knüpfte an neue feminine Ideale, die mit der marktwirtschaftlichen Transformation Bedeutung gewannen, an und hat sich damit den Raum für eine unabhängige Identität fern der homogenisierenden Kollektive schaffen können. Darüber hinaus konnte sie sich auch vor Stigmatisierung als moralisch minderwertige und naive Ex-Revolutionärin schützen.

Frau Bao - "Konsequente Revolutionärin"

Im Falle von Frau Bao (Jahrgang 1948) haben wir es auch mit der Tochter einer Konterrevolutionärin und eines mittleren Kaders zu tun. Frau Bao wirkt sehr männlich und burschikos, sie begrüßt mich begeistert und freut sich sichtlich auf das Interview. Wir trafen uns in ihrem Büro. Ihrer Schilderung zufolge entschied sich Frau Bao "freiwillig" zur Landansiedlung. Sie wurde nach ca. einem Jahr auf dem Land als Konterrevolutionärin verurteilt und musste mit anderen politischen Häftlingen mehrere Jahre Schwerstarbeit leisten. In den 1970er Jahren erhielt sie nach ihrer Rehabilitierung einen leitenden Kaderposten und kehrte erst 1979 als eine der letzten aus der nördlichen Steppe in die Stadt zurück. Hier begann sie mit ihrem Studium, heiratete, gebar eine Tochter und arbeitet heute in einer Im- und Exportfirma. Frau Baos Erzählung beginnt mit einer ausführlichen Schilderung ihres Entscheidungsprozesses - sie schildert ihr Leben als eigenverantwortlich und selbstbestimmt - obwohl auch sie wie Frau Deng den sog. "Schwarzen Kategorien" angehörte. Im Gegensatz zu Frau Deng beschreibt Frau Bao Mutterschaft und Ehe kaum und behandelt diese Erfahrungen als "Nebenprodukte" ihres Lebens. Sie hob die Relevanz der richtigen revolutionären Einstellung für ihr eigenes Leben als auch für das aller anderen hervor. In diesem Zusammenhang fiel auch hier der Satz "Ich bin da anders als die Anderen". Der Dreh und Angelpunkt bleibt in dieser Lebensgeschichte das "richtige" revolutionäre Bewusstsein, welches sich vor dem Hintergrund ihrer Erlebnisse vor der Kulturrevolution entwickelte. Die Selbstdarstellung von Frau Bao ist weder die eines Opfers noch die einer Heldin. Im Gegensatz zu Frau Deng ist sie recht unzufrieden mit ihrer heutigen Position (sie wäre lieber Soziologin). Dies führt zu einer kritischen Evaluation ihrer damals getroffenen Entscheidung gegen eine akademische Karriere. Dennoch bewegt sich Frau Bao in den Bahnen des dominanten Diskurses und besonders im ersten Gespräch rekurriert sie auf viele der auch in den veröffentlichten Memoiren benutzten Stereotypen. Auch in den Heldengeschichten im öffentlichen Diskurs spielt das Bewusstsein als zentrale Kategorie der Persönlichkeiten eine wichtige Rolle. Frau Bao hebt die idealistisch geprägte Erziehung ihrer Generation hervor, ordnet sich also gleich zu Anfang kollektiven Porträts unter. Des Weiteren werden von ihr vor allem die Erlebnisse geschildert, in denen sie zwischen "Gut" und "Böse" entscheiden musste. So sind viele Schilderungen Rekonstruktionen von Argumentationen und Auseinandersetzungen, zwischen ihr und ihrem Vater (der gegen die Landansiedlung war), zwischen ihr und den Bauern (die ihrer Ansicht nach nicht die "korrekte Linie" verfolgten), zwischen ihr und ihren Peinigern (die ihr das Wort im Munde herum drehten). Ihr späterer Aufstieg zur Kaderin sei letztlich der Beweis dafür, dass sie ein guter Mensch sei. Sowohl der spätere Tod ihres Peinigers als auch die Zuwendung, die sie von den Bauern während ihrer Zwangsarbeit erfuhr, gaben ihr am Ende Recht: "Also, deswegen wusste ich später dann, dass wir.... wir, dass wir nicht wirklich böse waren. Wir waren absolut keine schlechten Menschen. Die Menschen, die das auch bemerkten, waren diejenigen, die sich für dich einsetzten. Ja! (...) Aufgrund dieser Erfahrung wussten wir, dass die einfachen Bauern warmherzige Menschen waren. Sie wussten genau, wie man eine Linie ziehen [10] musste - Gute Menschen sind eben gute Menschen, diese Menschen konnten klar erkennen, dass du nicht schlecht bist." Die Entwertung der "ideologischen" Parameter mit dem Beginn der Marktwirtschaft unter Deng Xiaoping hat sie jedoch in ihren Grundüberzeugungen erschüttert. Ihre Erinnerung wird daher sehr stark von der Orientierung an "Werte" geprägt, die während der Transformation Chinas in den 1980er und 1990er Jahren mehr und mehr verloren gegangen sind. In der Rückschau hat das "richtige Bewusstsein" Frau Bao geholfen zu überleben und ist bis heute ein wichtiger Teil ihres Selbstbewusstseins. Die Bestätigung als "guter Mensch" bleibt bis heute für sie ein zentrales Erlebnis und zeigt, wie wichtig es für sie immer noch ist, sich dies auch fortwährend selbst zu vergewissern. Sie identifiziert sich mit einem Kollektiv ehemaliger Revolutionäre, deren Heldentaten heute moralisch katalysatorische Wirkung erzielen sollen. Erst der in den 1990er Jahren entflammte Laosanjie-Kult, der wieder die ideologischen Grundüberzeugungen zur Grundlage eines wahren Revolutionärs erhob, schuf den Raum für Frau Bao, stolz auf ihre damalige fanatische Überzeugung sein zu können und ihre positive Identifikation mit ihrer eigenen Vergangenheit offen darstellen zu können. In dieser biografischen Erzählung können wir die Vermeidungsstrategien erkennen, weder als hilfloses Opfer noch als kriminalisierte Rotgardistin betrachtet zu werden. Die Beziehung zu ihrer (konterrevolutionären) Mutter und die Linie, die sie zwangsläufig zu ihr ziehen musste, um sich als "wahre Revolutionärin" zu beweisen, bleiben latente Strukturierungskraft in dieser Lebensgeschichte. Sie verschweigt die Kritik ihrer Mutter gegenüber und den Einfluss der Massen(-bewegung) auf ihren eigenen Aktivismus. Trotz ihrer politischen Argumentationen streift Frau Bao ihr eigenes Engagement bei den Rotgardisten und den städtischen Klassenkampf nur beiläufig. Der Beweis ihrer moralischen Reinheit bildet die narrative sinnbildende Kraft, die die Auslassungen und die Erinnerung bestimmen. So wird die Nähe ihres Vaters zu hohen Politikern genauso verschwiegen wie die Verurteilung ihrer Mutter 1966 und der Zwang, sich von dieser zu distanzieren. Die historische Sinnbildungsleistung von Frau Bao demonstriert, wie strukturierend der politisierte öffentliche Diskurs auf die Lebensgeschichte einwirken kann. Die ontologische Dimension einer im öffentlichen Diskurs eingesetzten zentralen Kategorie wie der des "Bewusstseins" führt in dieser Lebensgeschichte zur Modifizierung der Erinnerung. In der Detailanalyse können wir feststellen, welche Schwierigkeiten auftreten, wenn die Kollektividentität spezifische Erinnerungen "an den Rand" drängt.

Fallvergleich

Was wird im Vergleich dieser beiden rekonstruierten Einzelfälle deutlich? Es ist äußerst schwierig, das eigene Leben als bedeutungsvoll zu evaluieren, wenn der Transformationsprozess alle bisherigen zentralen Werte zerstörte. Frauen wie Frau Bao versuchen durch die Kritik an der heutigen Moral und dem positiven Gegenbild der Vergangenheit die Menschen ihrer Generation als Träger eines tief verwurzelten Altruismus darzustellen. Frau Deng dagegen entzieht sich jeglicher Einordnung in ein Kollektiv und möchte für sich entpolitisierte, feminine Werte in Anspruch nehmen. Auch diese Werte knüpfen an einen öffentlichen Diskurs an - an den des modernen, marktwirtschaftlichen Chinas. Beide Strategien versuchen die "biografischen Schäden" oder "biografischen Brüche" zu heilen und einen Anschluss an die Gegenwartsgesellschaft herzustellen. Als Element der Sinnstiftung wird das Gegenwartschina in die Vergangenheit durch die Thematisierung gesellschaftlicher Werte, kollektiver oder individueller integriert. Frau Bao stellt sich als "gute und wahre Revolutionärin" und als "ehrliche einfache Bürgerin" dar. Damit knüpft sie zwar an kollektive Stereotype zu ihrer Generation an, unterscheidet sich aber in einem anderen, ganz wesentlichen Punkt von Frau Deng. Während Frau Bao kollektive Erzählfolien für ihre Reflexion heranzieht, zieht sich Frau Deng auf einen ganz privaten Blickwinkel zurück. Der Grund hierfür liegt in der unterschiedlichen Fallspezifik, der unterschiedlichen Möglichkeit, auf öffentliche Stereotype einzugehen und auf die unterschiedliche Relevanz der interkulturellen Interviewsituation. Der Rückzug ins Private heute bedeutet bei Frau Deng gleichzeitig die Kontrastierung mit ihrem vergangenen Leben als Mitglied einer Gruppe, die kollektiv verurteilt wurde. Ihr selbstbestimmtes Leben fängt sozusagen erst mit den Freiheiten der Reform an. Zwar wurde Frau Deng als Frau in der Vergangenheit in eine Opferrolle gedrängt, doch emanzipierte sie sich aus dieser über eine positive Identifikation mit ihrem Geschlecht. Frau Baos selbstbestimmtes Leben ist in der Vergangenheit verortet, in ihrer eigenständigen, heroischen Entscheidung für ein Leben auf dem Land. Sie blickt mit einer kollektiven Brille auf ihr Leben, da sie das Kollektiv heute zum Überleben braucht.

Schlussfolgerung

Die Untersuchung von Lebensgeschichten aus der VR China zeigt, dass die wirtschaftliche Reform der 1980er und 1990er Jahre mit einer zunehmenden Individualisierung Hand in Hand ging. Es entstand mehr Handlungsspielraum und damit auch die Möglichkeit zur Wahl eines Lebensweges. Der Prozess der sich wandelnden Lebenspläne, den Marek Prawda (1996) für Polen beschrieben hat, findet sich ähnlich auch in China. Diese neue Entscheidungsfreiheit hat gemeinsam mit dem öffentlichen Diskurs zu völlig neuen, den Transformationsbedingungen angepassten Deutungsmustern von Leben und "sinnvollem Leben" geführt. Die Einsicht in diese Dynamik kann durch die erzählten Lebensgeschichten erreicht werden. Die Dynamik der Ausdifferenzierung der Gesellschaft hat den Frauen der untersuchten Generation die Möglichkeit geboten, unterschiedliche Erklärungen für ihr Leben zu finden. So ist es nun möglich geworden, einem vorerst fremdbestimmten Leben die Note einer Selbstbestimmung in der Gegenwart hinzuzufügen und damit gleichzeitig einem tabuisierten Teil der Geschichte Gesicht zu verleihen. Der Rückgriff auf öffentliche Stereotypen findet, so hat dieser Artikel gezeigt, zum Schutze einer positiven Identifikation mit der persönlichen Vergangenheit statt. Das Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung ist allen interviewten Frauen gemeinsam gewesen - doch die Parameter der Anerkennung unterscheiden sich stark. Diese hängen sowohl von der spezifischen Evaluierung der Lebenserfahrung als auch von der darauf fußenden Definition eines "erfolgreichen Lebens" ab. Die verschiedenen Porträts der Generation wirken Stereotypen und Homogenisierungstendenzen entgegen. Die öffentliche Diskussion über die politische Bedeutung und die Charakteristika dieser Generation und der sich daraus entwickelnde Laosanjie-Kult war in den 1990er Jahren sowohl Ausdruck einer patriotisch motivierten Verpflichtung gegenüber der inneren Stabilität der chinesischen Transformationsgesellschaft als auch Zeichen des Selbstschutzes einer Generation. Inwieweit das Kollektiv, eine gesellschaftliche Gruppe oder aber das Einzelwesen konstituierend für die Lebensgeschichte wurde, hing sehr stark von den Möglichkeiten ab, die im gesellschaftlichen Diskurs etablierten Sinnstiftungen für sich zu nutzen. Die unterschiedliche Adaption oder Ablehnung von Sinnstiftungen modifizieren diese Lebensgeschichten. Ich denke, ich habe gezeigt, wie notwendig es ist, die konkreten Entstehungskontexte der erzählten Lebensgeschichte zu berücksichtigen. So gehören sowohl die Fallspezifik, der öffentliche Diskurs als auch die interkulturelle Interviewsituation zu den Konstituenten der Lebensgeschichte. Das bedeutet, dass die hier dargestellten Fälle keinesfalls verallgemeinerbar sind, sondern aufzeigen, wie und warum die Kulturrevolution so divergent erinnert wird. Die Erinnerungen von Frau Deng und Frau Bao stellen zwei Extreme auf der Skala "Opfer/Täterbiographie" oder "verpfuschtes/sinnvolles Leben" dar. Dabei bedürfen die beiden Begriffe Opfer und Täter gerade im kulturrevolutionären Kontext einer genaueren Betrachtung, die hier leider nicht vorgenommen werden kann. Darüber hinaus darf natürlich nicht vergessen werden, wie ausschlaggebend die Fallspezifik für die Wahrnehmung ist. Dennoch, gerade die Reflexionen von Mitgliedern einer so stark stereotypisierten Generation, die in der Öffentlichkeit immer noch als "homogene Generation" dargestellt wird, können Aufschluss darüber geben, welchen Einfluss gesellschaftliche Transformationsprozesse auf die individuellen Sinnstiftungsprozesse haben.

Anmerkungen

[1] Die hier vorgestellte Untersuchung geht zurück auf die Dissertation der Autorin: Sausmikat, Nora (2000): Kulturrevolution, Diskurs und Erinnerung. Eine Analyse lebensgeschichtlicher Erzählungen von chinesischen Frauen, Frankfurt a.M. [2] Der vollständige Begriff lautet "Zhishi qingnian" und bedeutet "Jugend mit Schulbildung", womit alle diejenigen gemeint sind, die v.a. in der Kulturrevolution im Alter zwischen 14 and 20 Jahren auf dem Land zum Zwecke der Umerziehung angesiedelt wurden. [3] Zur ausführlichen Diskussion im Kontext Chinas vgl. Sausmikat 2002. [4] Es gab auch schon in den 1950er und Anfang der 1960er Jahre Umsiedlungen von Jugendlichen auf das Land, dies waren aber Ausnahmen und i.d.R. Jugendliche mit ländlichem Hintergrund, d.h. Jugendliche, die nicht in der Stadt geboren wurden. [5] Ähnliche Erfahrungen machte auch Ingrid Miethe in ihrer Untersuchung (vgl. Miethe 2000). [6] Dies findet sich in aller Ausführlichkeit in Sausmikat 2002, S. 357-414. [7] Die "Fünf Schwarzen Klassen" waren Angehörige von Grundbesitzern, Wohlhabenden, Konterrevolutionären, schlechten [kriminellen] Elementen und die 1957 zu Rechtsabweichlern erklärten Personen. (di, fu, fan, huai, you fenzi). Der Hinweis Mobo Gaos auf die Neudefinitionen von Klassenkategorien als ein zentrales Problem der Jahre 1966-1968 scheint meiner Ansicht nach viel zu oft außer Acht gelassen zu werden (Mobo Gao 1995: 54). 1964 schon eröffnete Mao den Disput zur Klassenzugehörigkeit, indem er von "neuer" und "alter" Bourgeoisie sprach. In der Folge konnte man durch entsprechendes Verhalten seinen Status aufbessern, Innerhalb der Kulturrevolution wurde durch die Blutslinientheorie (xuetonglun) die Vererbbarkeit der Klassen etabliert. Die unterschiedlichen Auslegungen Maos Schriften führten zu erbitterten Kämpfen unter den Rotgardisten. [8] Ein Kang ist die traditionelle Einrichtung nordchinesischer Wohnhäuser und stellt ein Lehmpodest dar, welches im Hohlraum beheizt wird und nachts als Schlafstätte, tagsüber als Sitzfläche dient. [9] Dass ein Engagement trotz des schlechten Klassenlabels möglich ist, zeigt Sausmikat 2002. [10] "Eine Linie ziehen" wurde zur revolutionären Pflicht eines jeden Einzelnen und bedeutete die Distanzierung und öffentliche Anklage und Beschimpfung von Verwandten, die als sog. Klassenfeinde bezeichnet wurden.

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