Einfälle statt Abfälle

Containern gegen die Wegwerf-Gesellschaft

in (10.07.2008)

Nachts in der Großstadt: Bei den Mülltonnen hinter den Supermärkten rascheln nicht nur Waschbären und andere Kulturfolger,... sondern immer häufiger auch Menschen, die dort nach Essbarem suchen.

Sie möchten sich „ressourcenschonend" ernähren oder „politisch vegan", das heißt sie essen tierische Erzeugnisse nur, wenn sie diese nicht bezahlen, also deren Erzeugung nicht mitfinanzieren. Nach Ladenschluss werden sie häufig fündig: Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum nur manchmal abgelaufen ist oder Dinge, die aufgrund ihres Aussehens als unverkäuflich gelten, werden weggeschmissen. Dabei könnten sie eigentlich noch gut verwendet werden.


Beim so genannten „Containern" werden die Müllcontainer der Lebensmittelmärkte systematisch nach Verwertbarem durchsucht. Das geht in den Hinterhöfen der Einrichtungshäuser weiter: Oft sind einfach nur gute Einfälle für die deklarierten Abfälle gefragt, wenn zum Beispiel Teppiche mit Webfehlern mitgenommen werden oder fehlerhaft lackierte Stühle neu bemalt werden. Die „Dumpster Diver" (deutsch: „Mülltonnen-TaucherInnen") möchten zum Einen Geld sparen, aber auch ein politisches Statement abgeben: Wenn eine Gesellschaft so viel wegwirft, nehmen wir uns, was übrig bleibt. Dabei sind die Nacht-Aktiven nicht unbedingt arm, und das stört viele HändlerInnen am Containern: Sie argumentieren, verwertbare Reste würden oft über die „Tafeln" an Bedürftige verteilt. Hinzu komme, dass sich die Supermärkte strafbar machten, wenn sie verdorbene Ware zugänglich machen und nicht für deren Vernichtung sorgen. Diese Argumente müssen herhalten um zu rechtfertigen, dass immer mehr Geschäftsleitungen ihre Müllcontainer einzäunen.


Der tatsächliche Grund für solche Maßnahmen ist wohl eher, dass die Marktleitung sich für die „Müllsuchenden" vor ihrer Kundschaft schämt und Angst davor hat, ihre KundInnen zu verlieren. Dass in Deutschland ca. 8 - 10% der produzierten Lebensmittel weggeworfen werden, obwohl sie eigentlich noch gut verwertbar sind, interessiert sie nicht. Dagegen stehen fünf bis acht Millionen Menschen, die in Armut leben.


Aber erreichen die „Dumpster Diver" mit ihrer Art der Nahrungsbeschaffung mehr als dass sie persönlich den Konsumterror umschiffen? Sie agieren schließlich im Dunklen und weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Trotzdem ist es unglaublich, was alles weggeworfen wird. Und da sollte sich niemand die Freiheit nehmen lassen, sich zu holen, was noch gut zu gebrauchen ist!