Die Vergesellschaftung der Stadt

Neuordnungen des Städtischen in kapitalistischen Gesellschaften


Es ist die Verknüpfung von hegemonialen Diskursen und Leitbildern mit stadtpolitischen Programmen und Instrumenten und einer Analyse der sozialen und sozialräumlichen Effekte dieser Handlungsorientierungen, die die Annäherung an das Wesen städtischer Neuordnungsprozesse erlaubt. Hier werden zunächst die historischen Entwicklungslinien der Urbanisierungsprozesse auf der Erscheinungsebene nachgezeichnet (1). Es folgt eine kurze Beschreibung der Stadtpolitiken, um die Regulationsweisen der entsprechenden Phasen zu skizzieren (2). Im Anschluss werden die aktuellen Neuordnungsprozesse des Städtischen (3) dargestellt und zum Abschluss werden mit dem Stichwort eines Protagonismus der Ausgegrenzten einige Überlegungen für eine alternative Stadtpolitik vorgestellt (4).



     1. Kurzer geschichtlicher Abriss der Urbanisierung

Die Stadt der Industrialisierung


Städte gibt es seit tausenden Jahren, doch die Stadt, von der wir heute sprechen und die wir kennen, ist zumindest in Europa und den anderen entwickelten kapitalistischen Gesellschaften untrennbar mit dem Prozess der Urbanisierung verbunden. Als Urbanisierung wird in der Regel das mit der Industrialisierung einhergehende rapide Wachstum der Städte bezeichnet. In Europa setzte dieser Prozess (zeitlich versetzt und in Abhängigkeit der jeweiligen Produktivkraftentwicklung) im Laufe des 19. Jahrhunderts ein. Insbesondere in den späteren Industriemetropolen stiegen innerhalb von wenigen Jahren die Einwohnerzahlen von einigen zehntausenden zu mehreren Millionen Bewohner/innen. Der Zustrom eines riesigen Heeres von Proletariern und Subproletariern verwandelte die traditionellen Bürger-, Hof- und Handelsstädte in hoch verdichtete Räume der industriellen Produktion und des sozialen Elends. Insbesondere die Lebensverhältnisse und Wohnbedingungen des Massenproletariats waren sichtbarer Ausdruck der frühkapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse. 

Überbelegung, schlechte Ausstattung und ungenügende Versorgung mit Wasser- und Abwassersystemen verwandelten das städtische Armutswohnen in eine hygienische und soziale Katastrophe. Eindringlich wird dies von Friedrich Engels in seiner Schrift „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ am Beispiel von London und Manchester beschrieben. So beschreibt er die extrem schlechten Wohnbedingungen, die hohe Belegungsdichte und den schlechten Bauzustand, sowie die mangelnde vertragsrechtliche Sicherheit der Mieter: „Die Häuser sind bewohnt vom Keller bis hart unters Dach, schmutzig von außen und innen (...) fast keine ganze Fensterscheibe ist zu sehen, die Mauern bröcklig, (…) die Türen von alten Brettern zusammengenagelt oder gar nicht vorhanden ...“1 Auf die Gesamtstadt bezogen verweist er auf eine deutliche Segregation, die durch die wohlhabende Bevölkerung durchgesetzt und verteidigt wird. Er spricht davon „wie durch bewusste ausgesprochene Absicht die Arbeiterbezirke von den der Mittelklasse überlassenen Stadtteilen aufs schärfste getrennt (...) werden“. 

Aber auch von bürgerlichen Sozialpolitikern wurden die miserablen Wohnverhältnisse zu einem Thema der wissenschaftlichen und politischen Debatte des 19. Jahrhunderts. In Reaktion auf diese Verhältnisse reagierten die Städte weltweit mit ersten Planungseingriffen in die Stadtentwicklung. Die Metapher der Haussmannisierung der Städte steht für den brutalen und repressiven Versuch, die als gefährlich und unkontrollierbar wahrgenommenen Wohnorte der Unterschichten aufzulösen und durch zentral geplante Wohn- und Nutzbauten zu ersetzen. Baron Haussmann ließ Schneisen für breite Magistralen durch die dicht besiedelten Slums von Paris schlagen. Polizeitechnische Motive nach mehr Übersichtlichkeit, gradlinige Transportrouten und einer freien Schussbahn paarten sich dabei mit sozialpolitischen Hoffnungen, mit der Auflösung der Armutsquartiere die sichtbaren Repräsentationen des sozialen Elends selbst aus der Stadt zu drängen. Die neu errichteten Wohnquartiere erfüllten in der Regel besseren hygienischen und baulichen Standard, konnten die Masse der verdrängten Bewohner/innen aus den Slums jedoch nicht aufnehmen. Neben der geringen Anzahl der Neubauten stellten sich insbesondere die gestiegenen Wohnkosten als eine wirksame Zuzugsbarriere dar. Mit der Strategie des slum cleaning im 19. Jahrhundert war somit eine zentrale Frage der Stadt- und Wohnungspolitik aufgerufen: die nach der Versorgung von Mittellosen und Ausgegrenzten mit angemessenem Wohnraum.2

Doch die philanthropischen und bürgerlichen Sorgen um die Wohnungsnot waren vor allem moralischer und hygienischer Natur. Zum einen spielte bei der Hinwendung zu Wohnungsbau- und Stadtentwicklungsprogrammen die Angst vor unkontrollierbaren Seuchen eine ebenso gewichtige Rolle wie die Angst vor unkontrollierbaren Arbeitermassen. In dieser Perspektive wurden die schlechten Wohnverhältnisse vor allem als Barriere für eine bürgerliche Lebensführung angesehen Mit der Errichtung von einfachsten Familienheimen, die sich auch ‚der einfache Mann’ leisten können sollte, verband sich die Hoffnung auf eine Widerherstellung einer städtischen Ordnung. Die eigene Wohnung, oftmals in der Konzeption des eigenen Hauses, sollte als Anreiz für eine Disziplinierung der gesellschaftlichen Massen fungieren. Zufriedene Hausbesitzer machen keine Revolutionen – so der Hintergedanke. Der erzieherische Charakter der Reformvorschläge drückt sich besonders prägnant in Gustav v. Schmollers ‚Mahnruf zur Wohnungsfrage‘ von 1890 aus. Für ihn stellen die Wohnverhältnisse der Arbeiterschaft den Ursprung für Alkoholismus, Ehebruch und Lasterhaftigkeit dar. Er vertritt die damals weit verbreitete Meinung, dass erst der Hausbau für die einzelne Familie das Familienleben erzeuge; so schreibt er: „Die vier Pfähle des eigenen Hauses umschließen und umfrieden ein eigenes Dasein, das Feuer auf dem Herde des eigenen Hauses, das nie erlöschen soll, gilt jetzt als das Symbol der zusammenhängenden Kette von Generationen, die innerhalb dieser Wände ihre Traditionen und Heiligtümer bewahren sollen.“4 Zur Umsetzung seiner Vorstellungen vom richtigen Wohnen schlägt er die moralische und geistige Hebung der unteren Schichten durch erzieherisches Eingreifen des Bürgertums vor. Praktische Umsetzung sollten diese Maßnahmen z. B. durch die Einführung strenger Hausordnungen und regelmäßige Kontrollbesuche durch Angehörige höherer Stände finden. Neben der Moralpanik gegenüber den arbeitenden Massen in den Mietskasernen werden aber auch von bürgerlichen Wohnungsreformen polizeitaktische Überlegungen ins Feld geführt. So betont Schmoller auch die bessere militärische Ausgangssituation in wohlgeordneten Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand.

Eine Sozialistische Wohnungsreform beschränkte sich lange Zeit auf Modellsiedlungen kollektiv geprägter Siedlungsstrukturen (Charles Fourier, Robert Owen), da sich die sozialistischen Bewegungen lange Zeit schwer taten, die Stadt und das Wohnen als eigenständiges politisches Feld anzuerkennen und politische Initiativen von einem Primat der Arbeitsverhältnisse geprägt waren.5 Ohne tiefer in eine Diskussion um vermeintliche Haupt- und Nebenwidersprüche einsteigen zu wollen: die grundsätzliche Orientierung an der Notwendigkeit umfassender gesellschaftlicher Umwälzungen verbaute vielfach den Zugang zu Reformen der Wohnungs- und Stadtpolitik.


Stadt der Moderne und Suburbanisierungsbewegungen

So wie die beschriebenen Urbanisierungsprozesse im 19. Jahrhundert als eine Voraussetzung und Folge der Industrialisierungsprozesse verstanden werden können, gilt die Stadt der Moderne als die räumliche Entsprechung fordistischer Arbeits- und Vergesellschaftungsverhältnisse. Als Geburtsstunde der modernen Stadtentwicklung kann die Gründung des Congrès International d’Architecture Moderne (CIAM) gelten. Der CIAM konstituierte sich 1928 im Chateau de la Sarraz in der Nähe von Lausanne, an der 28 europäische Architekten teilnahmen.6 Bekannt geworden ist die Arbeit des CIAM vor allem durch die 1933 verabschiedete Charta von Athen, die bis heute als Gründungsdokument der modernen Städteplanung angesehen wird. Im Kern geht es um die Vision einer funktional gegliederten Stadt. Eine Zonierung der Stadt sollte die vier wesentlichen Funktionsbereiche von Städten – Wohnen, Arbeiten, Erholung, Bewegen – baulich separieren, um die baulichen Strukturen in den jeweiligen Zonen den entsprechenden Nutzungsbedürfnissen besser anpassen zu können. Die idealen Städte sollten folgende Zonierung aufweisen:
• Innenstadt: Verwaltung, Handel, Banken, Einkaufen, Kultur,
• Gürtel rund um die Innenstadt: Von einander getrennt Industrie, Gewerbe, Wohnen,
• Peripherie: In Grüngürtel eingebettete Satellitenstädte mit reiner Wohnfunktion.
Flächennutzungspläne und Bauleitplanungen sind noch heute bestehende Instrumente einer damals geforderten administrativen Regulation der Stadtentwicklung. 

Insbesondere der vor allem in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg einsetzende Trend zur Suburbanisierung, also zur Verlagerung der städtischen Wohn- und später auch der Arbeitsfunktionen in die städtischen Randbereiche kann als ein städteplanerisches Abbild der Charta von Athen angesehen werden. Insbesondere Mittelklasse- und Facharbeiterfamilien prägten die Bewohnerstruktur in den typischerweise Einfamilienhaussiedlungen Suburbias. Das „familiengerechte Eigenheim im Grünen“ entsprach nicht nur den damals hegemonialen Lebensentwürfen, sondern dem Zeitgeist der Moderne. Die in den Städten entstandenen modernen Großsiedlungen wurden in Anspielung auf ihre Funktionalität für die fordistische Vergesellschaftung als „Wohnmaschinen“ und „Wohn-Ford“ bezeichnet.7 Insbesondere die zunehmende Technisierung des Wohnens und die Automobilisierung der Gesellschaft fanden in der Suburbanisierung ihren räumlichen Ausdruck. Was blieb, war die klassische Wohnungsfrage: insbesondere in den Altbauquartieren der Innenstädte konzentrierten sich durch die massiven Randwanderungen der Besserverdienenden all jene, die nicht zu den Gewinner/innen des Wirtschaftswunders zählten. In der Soziologie war mit Blick auf die Innenstädte seit den 60er Jahren die Rede von den so genannten A-Gruppen: Arme, Alte, Arbeitslose, Auszubildende, Ausländer und Alleinerziehende.8


Reurbanisierung und Aufwertung der Innenstädte

Seit den 1970er Jahren werden in den entwickelten kapitalistischen Gesellschaften und auch in der BRD Mobilitätsbewegungen zurück in die Innenstädte beobachtet.9 Als Gründe für die neugewonnene Attraktivität der Innenstädte werden in der Regel zwei Begründungen angeführt. Zum einen würde der Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft neue Arbeitsverhältnisse und Lebensstile hervorbringen, die sich in ihrer zeitlichen Flexibilität und Differenzierung in der Homogenität Suburbias nicht entfalten können. Innenstädte werden als Stadt der kurzen Wege, des pulsierenden Nachtlebens und der immerwährenden Begegnung mit dem Fremden und Neuen zum geeigneten Ort für die neuen Arbeitsverhältnisse und Lebensstile.10 

Ein zweiter, stärker wohnungswirtschaftlicher Erklärungsansatz argumentiert in erster Linie mit den steigenden Erschließungs- und Transportkosten in den zunehmend weit vom Zentrum entfernten Siedlungsgebieten. Diese steigenden Kosten würden das suburbane Wohnen zunehmend teurer und unattraktiver machen. Ein auf David Harvey zurückgehender Ansatz von zyklischen Investitionswellen in den zweiten Kapitalkreislauf führt die wohnungswirtschaftliche Aufwertung der Innenstädte und den deutlichen Preisanstieg innenstadtnaher Grundstücke auf das Anwachsen von Anlage suchendem Kapital zurück, das im ersten Kapitalkreislauf nicht mehr gewinnbringend eingesetzt werden kann. Der politökonomische Gedanke dabei ist es, die Immobilienbooms letztlich aus den Überproduktionskrisen und dem tendenziellen Fall der Profitrate in anderen meist industriellen Anlagebereichen zu erklären. Investitionen in den Wohnungs- und Immobilienmarkt werden von Harvey dabei als ‚spatial fix’ bezeichnet. Gemeint sind damit einerseits die tatsächliche räumliche Fixierung des Kapitals in realen Baukörpern und die Funktion dieser Investitionen als vorübergehende Lösung der immer wiederkehrenden Verwertungskrisen des Kapitals.11


Auf dem Weg zur gespaltenen Stadt

Die postfordistische oder neoliberale Stadt, die sich seit den 1980er Jahren als Urbanisierungstyp durchsetzt, wird auf der Erscheinungsebene oftmals als eine „geteilte Stadt“ beschrieben: Die zunehmende soziale, ethnische Polarisierung – so die Annahme – findet dabei ihren Niederschlag in einer starken räumlichen Segregation. Begriffe wie Zitadelle und Ghetto oder auch Modelle einer drei oder viergeteilten Stadt versuchen diese Tendenzen zu beschreiben.12 Peter Marcuse unterscheidet in seinem Konzept vier voneinander differenzierte Stadträume:

Aufgewertete Luxusstadt: Die Luxusstadt wird als räumliche Manifestation der gesellschaftlichen Macht in den Städten angesehen und muss räumlich keine klare Struktur aufweisen. „Die Luxusstadt ist kein bestimmter, fest umrissener Stadtteil, aber sie kann überall sein.“ Neben Niederlassungen von Konzernzentralen, Regierungseinrichtungen und exklusiven Konsumeinrichtungen dient die Luxusstadt auch als Wohnort der neuen Dienstleistungsklasse13. Insbesondere diese Wohnquartiere der Besserverdienenden werden als gentrified city, als aufgewertete Stadt bezeichnet. Ökonomischer Effekt solcher Gentrificationprozesse sind steigende Bodenwerte und Wohnkosten sowie eine soziale, generative und lebensstilbezogene Homogenisierung der Nachbarschaften. Frühere Bewohner/innen, die in der Regel mit weniger ökonomischen, sozialen und kulturellen Ressourcen ausgestattet sind, werden aus diesen Gebieten der Luxusstadt verdrängt.

Vorstädte als Wohnorte der Mittelklasse: einen zweiten Teil der viergeteilten Stadt bilden die Vorstädte und die vorstädtischen Areale, die als Weiterentwicklungen der Suburbanisierungsprozesse angesehen werden können. Der hier vorherrschende Siedlungsstil sind Einfamilienhäuser. Durch Umbrüche der regionalen Wirtschaftsstrukturen entwickeln diese Vorstädte zunehmend eine eigenständige und von den Kernstädten unabhängige Entwicklung – traditionelle Pendelbeziehungen lösen sich dabei schrittweise auf. In der amerikanischen Debatte ist dafür der Begriff der edge cities entwickelt worden. Als Ausdruck der Exklusivität der Wohnorte kann die zunehmende Bedeutung von Sicherheitssystemen angesehen werden. In amerikanischen Städten gibt es das Phänomen der gated communities bereits seit vielen Jahren, doch auch in Europa und anderen Teilen der Welt setzt sich der Trend zu eingemauerten, eingezäunten und wachschutzgesicherten Siedlungen durch.15

Mieterstadt: Als dritten Teil der viergeteilten Stadt bezeichnet Peter Marcuse die alte Stadt der Mietshäuser, die als Quartiere der industriellen Arbeiterklasse beschrieben werden können. Dieser Teil der Stadt ist von den ökonomischen Umbrüchen und den Prozessen der Deindustrialisierung am stärksten betroffen. Insbesondere die Ausbreitung prekärer, schlecht bezahlter Beschäftigungsverhältnisse bis hin zum working poor prägen diese Wohnquartiere. Die beschriebene Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen gilt nicht nur im Bereich der „blue collar“-Arbeit (Industriearbeit), sondern auch für viele „white collar“-Tätigkeiten (Büro, Verwaltung, Dienstleistungen). Aus einer sozialstatistischen Perspektive spiegeln sich in diesen Veränderungen die Prozesse der sozialen Polarisierung und der Auflösung der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ wider.16

Aufgegebene Stadt der Ghettoisierung: Am untersten Ende der hierarchisch strukturierten viergeteilten Stadt steht die ausgegrenzte, verlassene Stadt. Die Einwohner/innen dieser Viertel sind größtenteils von den ökonomischen Verwertungszyklen der Städte ausgeschlossen und für eine Existenz auf niedrigstem Standard auf staatliche Transferleistungen und informelle Zuverdienste angewiesen. Aus stadtökonomischer Perspektive steht die ausgegrenzte Stadt in keinem vorteilhaften oder auch nur funktionalen Austausch zum Rest der Stadt und wird als überflüssiger Ort und Ort der Überflüssigen stigmatisiert.17 Verstärken sich diese sozialräumlichen Zuschreibungen der ausgegrenzten Stadt wird der Wohnort selbst zur Quelle der Exklusion. Insbesondere in Bezug auf amerikanische Städte wurde für solche Prozesse der Begriff des Ghettos verwandt. In solchen Quartieren der Ausgrenzung ist ein Großteil der Bewohnerschaft von der Wirtschaft ausgeschlossen. Dies bezieht sich nicht nur auf die formellen Arbeitsmärkte sondern auch auf informelle Arbeitsgelegenheiten, die in der Regel in einer Dienstfunktion zur formellen Sphäre der städtischen Ökonomie stehen und meist in anderen Stadtteilen angesiedelt sind. Die Bewohner/innen solcher Gettos haben immer weniger Zugang zu den anderen Stadtteilen und zu städtischen Einrichtungen und Angeboten. Ghettos sind Orte einer räumlich verfestigten sozialen Ausgrenzung.18



     2. Wellen der Stadtpolitik

Der Begriff des Städtischen geht jedoch über die Aspekte der räumlichen und funktionalen Struktur und seiner sozialen und administrativen Gliederung hinaus. Der regulationstheoretischen Konzeption folgend ist vor allem die Vorstellung des Städtischen als Regulationsmodus von Belang. Als Regulation in diesem Kontext wird die Gesamtheit öffentlicher bzw. privat-öffentlicher Steuerungsinstrumente insbesondere wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen in der Stadt19 verstanden. Auch hierzu lässt sich die Geschichte der Urbanisierung vor allem als eine Erzählung von Veränderungsprozessen der Stadtpolitiken darstellen. Während sich die Formen der städtischen Regulation in den frühen Phasen der industriellen Urbanisierung auf das beschriebene slum cleaning, baupolizeiliche Verordnungen20 und ein Armenwesen21 beschränken, gibt es seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erste Versuche, die Wohnungsfrage – meist interpretiert als Kleinwohnungsfrage – zu lösen. 

Doch erst in den zwanziger Jahren (in Deutschland) wurden z. B. mit der Hauszinssteuer wirksame Instrumente für die Erstellung von preiswerten Schlichtwohnungen gefunden (Ruck 1988).22 Als eine marktwirtschaftliche Lösungsmöglichkeit (Mieten senken oder Einkommen erhöhen) orientierten sich die ersten wohnungspolitischen Instrumente an der Reduzierung der Wohnkosten. Trotz der systemstabilisierenden Ausrichtung der Wohnungspolitik – die Funktionsweisen des Marktes wurden nicht Frage gestellt – setzten einige der neuen wohnungspolitischen Instrumente einen marktfernen Modus der Wohnungsversorgung durch: von der rechtlichen Einhegung der Verwertungsmöglichkeiten (z. B. durch Mietgesetzgebung und Auflagen zur Gewinnbeschränkung) und der Übernahme der nichtrentierlichen Kosten durch Fördermittel bis hin zu Ausweitung der kommunalen und öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften. Insbesondere die Wohnungszwangsbewirtschaftung in den 1920er Jahren führte dazu, dass „die sonst üblichen Kapitalverwertungsinteressen … durch sozialpolitisch motivierte Eingriffe des Staates suspendiert“ wurden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die öffentlichen Interventionen in die städtische Entwicklung verstärkt und mit dem Sozialen Wohnungsbau, kommunalem Wohnungsbesitz in wachsendem Umfang und verschiedensten Fördermittel wurden Wohnungsbau und Stadtentwicklung zu einer „staatlichen Veranstaltung“.23 Sozialpolitischer Kern waren längst nicht mehr nur die gesellschaftlich abgehängten Schichten sondern „breite Kreise der Bevölkerung“. Regulationen und Eingriffe in die Stadtentwicklung und Wohnungspolitik lassen sich in dieser Phase als ein Modus der Kapitaleinhegung beschreiben. Die Wirkungstiefe der jeweiligen Eingriffe ließe sich an der jeweiligen Marktferne der Stadtentwicklung und Wohnungsversorgungssysteme beschreiben. Die zentralen Instrumente einer Regulation des Städtischen können mit den Steuerungsmedien Geld, Recht und Eigentum beschrieben werden. Bis in die 60er und 70er Jahre ist in vielen entwickelten kapitalistischen Ländern ein Ausbau dieser Regulationsinstrumente und der Wohlfahrtseffekte zu beobachten. Trotz einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Wohlfahrtsregime – Göran Esping Anderson23 unterscheidet konservative, sozialdemokratische und neoliberale Wohlfahrtstypen – lässt sich das Zeitalter des Fordismus als eine Phase der Klassenkompromisse und ausgeprägter Wohlfahrtsarrangements beschreiben. 

Ab den 1970er Jahren jedoch ist in fast allen entwickelten kapitalistischen Gesellschaften eine Wende zu beobachten, die mit dem schrittweisen und teilweise schockartigen Abbau der sozialen Sicherungssysteme einhergeht. Gemessen an den beschriebenen Steuerungsmedien lassen sich die Prozesse als Deregulierung (Geld), Liberalisierung (Recht) und Privatisierung (Eigentum) beschreiben. Diese Veränderungen schränken die Handlungsfähigkeit der Städte und der Stadtpolitik ein, mit den Herausforderungen veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen produktiv umzugehen. Sie bestehen im Einzelnen aus der Erosion der wirtschaftlichen Basis industrieller Produktion und dem Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft, dem Abschied von fordistischen Regulationsmodi und der Reduzierung staatlicher Eingriffe in vielen städtischen Bereichen24 sowie ökonomischen25, politischen27 und sozialen28 Globalisierungs- /Internationalisierungseffekten.



3. Neuordnungen des Städtischen im Zeitalter der Globalisierung

Veränderte Produktionsbedingungen in den Städten, Internationalisierung der Inwertsetzungsstrategien der Immobilienmärkte und die Durchsetzung zunehmend neoliberaler und repressiver Stadtpolitiken können als Bestandteile der aktuellen Neuordnungsprozesse angesehen werden.29 In diesem Beitrag sollen jedoch vor allem die daraus resultierenden Prozesse der zunehmenden Polarisierungstendenzen in den Städten eingehender skizziert werden. 

Ein wesentlicher sozialstruktureller Effekt, der im Zusammenhang mit den aktuellen Veränderungen der Stadtentwicklung beobachtet werden kann, ist eine zunehmende soziale Polarisierung, insbesondere zwischen den schnell wachsenden neuen Dienstleistungsklassen einerseits und dem neuen und alten Prekariat andererseits. Sozialstatistisch kann dieser Trend als Auflösung der Mittelschichten beschrieben werden. Die grafische Darstellung der Einkommensverteilung ließe sich dabei als Übergang von einer Zwiebelstruktur (breite Mittelschichten, wenige Extremeinkommen, geringe Polarisierung) zu einer Sanduhr (ausgedünnte Mittelschichten, Zunahme der Extremeinkommen oben und unten, starke Polarisierung) beschreiben.

Als eine zweite Folge der beschriebenen Veränderungen lässt sich ein Trend zur Individualisierung feststellen (und damit verbunden die schrittweise Auflösung traditioneller Familienbindung). Diese Versingelung der Gesellschaft und insbesondere der Städte kann als eine Form der gesellschaftlichen Anpassung an die Anforderungen der neuen Produktionsbedingungen verstanden werden. Weder das Jetsetleben der flexiblen Manager noch die Abhängigkeit von Hartz IV lassen sich als besonders familientaugliche Lebensbedingungen darstellen. Auch die aktuellen Diskurse der Familienpolitik stellen das gemeinsame Leben mit Kindern als eine Art Luxus dar, den man sich neben der Karriere leisten können muss oder auf den in der Situation der Transferabhängigkeit eigentlich kein Anspruch besteht. 

Eine Folge des veränderten Reproduktionsverhaltens aber auch deutlich gestiegener Lebenserwartungen sind die generativen Umbrüche, die als Alterungsprozesse der Bevölkerung oder ein wenig despektierlich als Vergreisung bestimmter Stadtviertel und Regionen beschrieben werden. Die daraus resultierenden Bedürfnisstrukturen an Wohnnutzungen aber auch an die Stadt allgemein werden bisher nur punktuell mit veränderten Versorgungsangeboten und Infrastrukturen aufgefangen.

Mit all diesen Veränderungen der Sozialstrukturen verbunden ist die Auflösung eines abgrenzbaren Subjektes städtischer Entwicklungen. Ausdifferenzierung von Lebensstilen und Milieus, die Auflösung traditioneller (oftmals betrieblich vermittelter) sozialer Formationen, und die nur teilweise erfolgreiche Herausbildung neuer Formen der Kooperation und Kollektivität stehen für eine Vervielfältigung von Interessen und Bedürfnissen in der Stadt und an die Stadt. Für eine linke Stadtpolitik stellt sich hier die Frage nach den Zielgruppen der eigenen Politik. Eine Stadtpolitik, die es allen recht machen wird, kann es unter den beschriebenen Bedingungen nur schwerlich geben. Entscheidungen für die Bedürfnisse einzelner Bewohnergruppen stellen oftmals Beschränkungen für andere dar. Linke Stadtpolitik wird sich nicht daran messen lassen müssen, ob es gelingt, möglichst alle Interessengruppen zu bedienen, sondern vor allem daran, inwieweit es gelingt, die getroffenen Entscheidungen für oder gegen bestimmte Einzelinteressen zu begründen und öffentlich zu vertreten. 



4. Perspektiven einer „alternativen Metropolenpolitik“

Aus einer sozialen Perspektive könnten insbesondere die folgenden Orientierungen als handlungsleitend für eine sozial orientierte Stadtpolitik angesehen werden: die ausreichende Versorgung mit und ein uneingeschränkter Zugang zu städtischen Infrastrukturen und Versorgungsleistungen für alle und insbesondere für die Ausgegrenzten; die Vermeidung von räumlichen Verfestigungen der sozialen Polarisierung in Form von steigender Segregation und der Entstehung von benachteiligten und benachteiligenden Wohnquartieren sowie das Auffangen der Verluste öffentlicher und parlamentarisch legitimierter Politik durch den Auf- und Ausbau von Beteiligungsmomenten.

Doch die typischen Strategien der Stadtpolitik weisen in eine andere Richtung. Antwort auf die sozialen Verwerfungen der Stadtentwicklung ist fast überall die Formierung einer unternehmerischen Stadtpolitik30, bei der die Städte nach innen wie nach außen als Unternehmen betrachtet werden und Stadtpolitik sich an einer angenommenen Konkurrenzsituation zu anderen Städten orientiert. Die Werbung um zahlungskräftige Bewohner/ innen, Unternehmensansiedlungen und internationale Großereignisse verschärft jedoch in der Regel die sozialen Widersprüche in den Städten weiter. Selbst die Bewältigungsstrategien, die zur Zeit als nachbarschaftsorientierte Partizipationsprogramme und Empowermentstrategien (wie z. B. dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“) ausgelegt werden, sind meist mittelschichtsorientiert und sollen den Rückzug aus traditionellen Sozialpolitiken kompensieren. Eine linke Stadtpolitik muss andere Wege beschreiten.

Abstrakter formuliert sind die sozialpolitischen Dimensionen der neoliberalen Stadtpolitik als ein Abschied von wohlfahrtsstaatlichen Orientierungen an „breiten Schichten der Bevölkerung“ und einer Residualisierung auf gesellschaftliche Gruppen gekennzeichnet, die sich in Marktbeziehungen nicht selbst ausreichend versorgen können.31 Dieser Einschränkung sozialpolitischer Interventionen steht eine scheinbare Ausweitung von Beteiligungsaspekten gegenüber, die viele der früheren Kritiken an einer autoritären Stadtplanung aufzugreifen vorgibt. 

Die Politikziele soziale Gerechtigkeit/sozialer Ausgleich und Beteiligung beziehen sich auf wesentliche Herausforderungen aktueller Stadtentwicklungsprozesse: die zunehmende soziale Polarisierung und Verfestigung von Strukturen sozialer Benachteiligung sowie die Verschiebung städtischer Machtverhältnisse zu Lasten einer politischen Repräsentation eben dieser benachteiligten Bevölkerungsgruppen. In Umkehrung der neoliberalen Handlungsorientierungen könnte ein expliziter „Protagonismus der Ausgegrenzten“ für eine wirklich andere Stadtpolitik stehen. Bezogen auf die Ausrichtung und den Wirkungsgrad städtischer Politiken könnte sich eine „linke Stadtpolitik“ in folgender Weise von den derzeit üblichen (neoliberalen) Mustern unterscheiden:

    Schema neoliberaler und protagonistischer Stadtpolitik

    Für die Zielgröße eines sozialen Ausgleichs könnte insbesondere eine Reorientierung an gesamtstädtischen Sozialprogrammen und wohnungspolitischen Instrumenten als eine Umkehr der räumlichen Verfestigungstendenzen stehen. So wären beispielsweise Formen eines sozialen Wohnungsbaus in Aufwertungsgebieten ein effektiveres Instrumentarium zur Vermeidung von Segregation als die Oberflächenkosmetik der Programme in benachteiligten Vierteln. Hinsichtlich der Stärkung einer politischen Repräsentanz ausgegrenzter und benachteiligter Bevölkerungsgruppen hingegen erscheint eine Zielgruppenorientierung sinnvoller als die egalitär erscheinenden Beteiligungsmomente der Stadtplanung, die letztlich vor allem die ressourcenstarken Haushalte bei der Durchsetzung ihrer Interessen begünstigen. 

    Voraussetzung für eine protagonistische Beteiligung sind in der Regel 'echte' Anreize, die den Beteiligten eine langfristige ökonomische und politische Perspektive geben. Im bisherigen Zuschnitt der stadtteilbezogenen Programme sind solche Anreize bisher nur unzureichend angelegt. Eine aktive Einbeziehung benachteiligter Bevölkerungsgruppen braucht mehr als eine veränderte Ansprache oder eine bevorzugende Beteiligung bestimmter Zielgruppen. Die theoretische Auseinandersetzung mit der Geschichte von Beteiligungserfahrungen weist insbesondere auf tatsächliche Entscheidungsmächte und die Beteiligungstiefe – verstanden als eine Mitbestimmung zu zentralen Fragen der Stadtplanung und nicht nur zur Implementationsebene eines konkreten Projektes – hin.32

    Eine Stadtpolitik, die sich an einem Protagonismus der Ausgegrenzten orientiert, ist nur durch eine Repolitisierung der Stadtpolitik denkbar. Insbesondere veränderte Zielorientierungen stadtpolitischen Handelns – weg von tauschwerter Wettbewerbsorientierung hin zu einer gebrauchswerten Gestaltung städtischer Verhältnisse – werden ohne eine Verschiebung städtischer Machtkonstellationen nicht zu haben sein. Eine sich links und sozial verstehende Stadtpolitik steht daher vor allem vor der Aufgabe, konkrete und umsetzbare Visionen für zentrale stadtpolitische Handungsfelder zu entwickeln und möglichst breite Bündnisse und Allianzen um diese Ziele zu mobilisieren. Die relativ breit angelegten Bewegungen um ein „Recht auf Stadt“ („Right to the City“) in amerikanischen Großstädten könnten eine Anregung für solche Politikansätze geben.33 Dort ist es gelungen, einen gemeinsamen Diskursraum von sozialen Bewegungen verschiedener Minderheiten, Wissenschaftler/innen und politische Initiativen zu kreieren, aus dem Forderungen für eine andere Stadtpolitik formuliert werden können.


     


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    1 Engels, Friedrich 1962 (1845): Die Lage der arbeitenden Klasse in England. MEW Bd. 2, Berlin 229-502

    2 U. a. Lesemann, Klaus (1982): Sanieren und Herrschen. Zur Gewaltstruktur gebauter Räume, Gießen

    3 Rodenstein, Marianne 1988: „Mehr Licht, mehr Luft“. Frankfurt/Main/New York

    4 Schmoller, Gustav von (1890): Ein Mahnruf in der Wohnungsfrage, in: Frank, Hartmut/Schubert, Dirk (1983) (Hrsg.): Lesebuch zur Wohnungsfrage, Köln

    5 Häußermann, Hartmut; Siebel Walter (1996): Soziologie des Wohnens, Weinheim

    6 U. a. Mümken, Jürgen 2006: Kapitalismus und Wohnen. Ein Beitrag zur Geschichte der Wohnungspolitik im Spiegel kapitalistischer Entwicklungsdynamik und sozialer Kämpfe, Lich

    7 U. a. Prigge, Walter; Kaib, Wilfried (Hrsg.) 1988: Sozialer Wohnungsbau im internationalen Vergleich, Frankfurt/Main

    8 Häußermann, Hartmut (1988): Stadt und Lebensstil, in: Hauff, Volker (Hrsg.): Stadt und Lebensstil, Weinheim/ Basel

    9 Kujath, Hans Joachim (1988): Reurbanisierung? Zur Organisation von Wohnen und Leben am Ende des städtischen Wachstums. In: Leviathan, Heft 1/1988

    10 Häußermann, Hartmut; Siebel Walter (1987): Neue Urbanität, Frankfurt/Main

    11 Harvey, David (1990): Flexible Akkumulation durch Urbanisierung. Reflektion über Postmodernismus, in: Renate Borst u.a. (Hrsg.): Das neue Gesicht der Städte. Theoretische Aufsätze und empirische Befunde aus der internationalen Debatte, Stadtforschung aktuell Bd. 29, Berlin, Basel, Boston

    12 U. a. Mollenkopf, John H.; Castells, Manuel (Hrsg.) 1992: Dual City. Restructuring New York, New York

    13 Marcuse, Peter 2000: Die „geteilte Stadt“, in: Scharenberg, Albert (Hrsg.) 2000: Berlin: Global City oder Konkursmasse? Eine Zwischenbilanz zehn Jahre nach dem Mauerfall, Berlin

    14 Marcuse ordnet die dort lebenden Haushalte einer „Professional and Managerial Class“ (PMC) zu. Zur PMC gehören bspw. TechnikerInnen, die zum Teil besser verdienenden AkademikerInnen, die IngenieurInnen, die sich mit Computertechnik beschäftigen, usw. Diese Bevölkerungsgruppe unterscheide sich – so Marcuse - auch in ihrer demographischen Zusammensetzung von anderen sozialen Schichten: Es sind eher jüngere Leute, es gibt weniger Familien und mehr Alleinstehende (Marcuse 2000: 30).

    15 U. a. Blakely, Edward J.; Snyder, Mary Gail 1997: Fortress America. Gated Communities in the United States, Washington DC

    16 Schäfers, Bernhard 2002: Sozialstruktur und sozialer Wandel in Deutschland, Stuttgart

    17 Knecht, Michi (Hrsg.)1999: Die andere Seite der Stadt - Armut und Ausgrenzung in Berlin, Köln 

    18 Sambale, Jens; Eick, Volker 2005: Das Berliner Ghetto – ein Missverständnis, in: Clara Meister, Anna Schneider, Ulrike Seifert (Hrsg.): Ghetto – Image oder Realität, Berlin

    19 Umgangssprachlich wird dabei das „Städtische“ oftmals mit dem „Öffentlichen“ gleichgesetzt. Etwa: „meine Kinder gehen in einen ‚städtischen’ Kindergarten“ oder „meine Wohnung wird von einer ‚städtischen’ Wohnungsbaugesellschaft verwaltet“.

    20 U. a. Bodenschatz, Harald (1987): Platz frei für das neue Berlin. Geschichte der Stadterneuerung in der größten Mietskasernenstadt der Welt seit 1871, Berlin

    21 Zadach-Buchmeier, Frank 1997: Integrieren und ausschließen. Prozesse gesellschaftlicher Disziplinierung. Die Arbeits- und Besserungsanstalt Bevern im Herzogtum Braunschweig auf dem Weg zur Fürsorgeanstalt (1834 bis 1870), Hannover

    22 Ruck, Michael 1988: Die öffentliche Wohnungsbaufinanzierung in der Weimarer Republik, in: Schildt, Axel; Sywottek, Arnold (Hrsg.): Massenwohnung und Eigenheim. Wohnungsbau und Wohnen in der Großstadt seit dem Ersten Weltkrieg, Frankfurt/Main/New York

    23 Heeg, Susanne 1998: Vom Ende der Stadt als staatlicher Veranstaltung. Reformulierung städtischer Politikformen am Beispiel Berlins, in: Prokla 110

    24 Esping-Anderson, Gösta (1990): Three Worlds of Welfare Capitalism, Princeton

    25 Insbesondere zu benennen ist hier der Abschied von einer Orientierung der Sozialpolitik an breiten Schichten der Bevölkerung und der Trend hin zur Residualisierung der Sozialpolitik in Workfare-Regimen, in der die Abhängigkeit von Transferleistungen zunehmend mit Stigmatisierungen begleitet wird und Züge eines Zwangscharakters annimmt. 

    26 Insbesondere die zunehmende Einbindung lokaler Wertschöpfung in internationale Handelsketten und Verwertungszusammenhänge aber auch Lokalitätseffekte durch die Konzentration von Entscheidungsfunktionen.

    27 Hier ist vor allem die Redimensionierung staatlicher Zuständigkeiten durch wachsenden Einfluss der supranationalen Ebenen (z.B. EU) auf der einen und subnationaler Verwaltungseinheiten (z.B. Kommunen) auf der anderen Seite gemeint.

    28 Von Bedeutung für die aktuellen Stadtentwicklungsprozesse sind hier insbesondere die verschiedenen Formen kultureller Adaptionen von internationalen bzw. als international interpretierten Lebensstilen und Konsummustern durch die steigende (auch räumliche) Flexibilität der heimischen Dienstleistungsklasse sowie durch Migrationsbewegungen. In der stadtpolitischen Alltagsdebatte begegnen uns diese Aspekte der Globalisierung sowohl in der vielfach kritisierten Uniformität touristisch vermarktbarer Angebotsstrukturen in den gentrifizierten Innenstadtgebieten als auch in Gestalt der Integrationsdebatten, die in schöner Regelmäßigkeit im Kontext migrantisch geprägter Quartiere Berlins geführt werden.

    27 Brenner, Neil; Heeg, Susanne 1999: Lokale Politik und Stadtentwicklung nach dem Fordismus: Möglichkeiten und Beschränkungen, in: Kurswechsel 2/99

    28 U.a. Heeg, Susanne, Fußnote 23

    30 Holm, Andrej (2006): Der Ausstieg des Staates aus der Wohnungspolitik, in: Altrock, Uwe u.a. (Hrsg.): Planungsrundschau, Kassel

    32 U. a. Selle, Klaus (Hrsg.) (1996): Planung und Kommunikation. Gestaltung von Planungsprozessen in Quartier, Stadt und Landschaft, Wiesbaden

    33 Mitchell, Don 2003: The right to the city. Social justice and the fight for public space, New York