Keine Scheidungspflicht für Transsexuelle

Rubrik Recht Kurz

in (19.03.2009)
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 27. Mai 2008 eine weitere im Transsexuellengesetz (TSG) angelegte Diskriminierung beseitigt.

Das Gesetz gibt Menschen, die sich einem anderen als dem ihnen bei der Geburt zugeordneten Geschlecht zugehörig fühlen, zwei Möglichkeiten, das nach außen hin wahrnehmbare Geschlecht dem empfundenen Geschlecht anzupassen. Zunächst ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, den Vornamen entsprechend zu ändern. Außerdem kann nach operativen Veränderungen der Geschlechtsmerkmale gerichtlich festgestellt werden, dass die Person auch aus amtlicher Sicht die empfundene Geschlechtszugehörigkeit erhält, um dies z. B. in Ausweisen einzutragen.

Für unvereinbar mit dem Grundgesetz wurde nun eine Regelung des TSG erklärt, nach der die gerichtliche Feststellung der geänderten Geschlechtszugehörigkeit nur möglich ist, wenn die betreffende Person nicht verheiratet ist. Dies hatte zur Folge, dass verheiratete Personen, die eine Geschlechtsänderung feststellen lassen wollten, sich zuvor scheiden lassen mussten. Diese Regelung diente dem nach Auffassung des BVerfG grundsätzlich legitimen Zweck, dass Institut der Ehe dadurch zu schützen, dass der Eindruck vermieden wird, gleichgeschlechtliche Personen könnten eine Ehe eingehen. Sind Transsexuelle aber bereits verheiratet und wollen auch mit ihrem/r PartnerIn zusammenbleiben, führt diese Regelung zu rechtlich absurden und menschlich untragbaren Folgen: Eine Scheidung kann nämlich nur erfolgen, wenn - so das Scheidungsrecht - die Ehe „gescheitert" ist. Auch glücklich verheiratete Transsexuelle müssten also entweder ihre Beziehung für gescheitert erklären oder aber weiter dem Geschlecht angehören, das ihnen so fremd ist, dass sie bereits dessen körperliche Merkmale haben operativ entfernen lassen. Der entschiedene Fall machte diese Folgen des Gesetzes besonders deutlich: Die Ehe bestand seit 1952. Die Ehefrau hatte ihrem - rechtlich gesehen - Ehemann jahrzehntelang beigestanden. Sie gaben an, füreinander als Lebenspartnerinnen unersetzlich geworden zu sein. Sie seien empört, dass ihre kostbare Lebensgemeinschaft juristisch wie eine zerrüttete Ehe behandelt und durch Scheidung beendet werden solle.

Die entscheidenden Probleme des TSG bleiben aber auch nach dem Urteil bestehen: Nach wie vor werden die Ziele verfolgt, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften das Etikett „Ehe" zu verweigern und zu verhindern, dass gleichgeschlechtliche Eltern Kinder bekommen können - Ziele, die der wirklichen Anerkennung der Persönlichkeitsrechte von Transsexuellen entgegenstehen.