Von der Ausschließung zum Klassenkampf?

Wie können wir zumindest einen Teil der Auswirkungen der neoliberalen Umstrukturierung von Sozialstaat und Ökonomie auf den Begriff bringen, und was lässt sich dagegen vielleicht sogar tun? Mit der ersten Frage, deren Beantwortung auch die Beantwortung der zweiten Frage zumindest erleichtern dürfte, beschäftigte sich kürzlich das Internationale Forschungszentrum Kulturwissenschaft in Wien. Geladen waren Heinz Bude, Prof. für Makrosoziologie an der Universität Kassel, die promovierte Sozialethikerin Michaela Moser von der österreichischen Armutskonferenz und dem European Anti-Poverty Network, der emeritierte Kriminalsoziologe Heinz Steinert (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main) sowie Prof. Hilde Weiss vom Institut für Soziologie der Universität Wien. Bei der Tagung sollte es „um die Lage jener Bevölkerungsgruppen, die mit unscharfen Begriffen wie ‚Prekariat’, ‚Unterschicht’ oder ‚ModernisierungsverliererInnen’ bezeichnet werden“ gehen.[1]

Die Arbeit an der Schärfung der Begriffe haben die geladenen SozialwissenschaftlerInnen und sozialpolitischen AkteurInnen (Heinz Bude bekannte sich als Schröderianer, der auch jetzt die von ihm beworbene Agenda 2010-Politik für richtig hält) weder den Kulturwissenschaften noch den sozialen Bewegungen abgenommen. Auch wenn Steinert dem (von ihm im übrigen kritisch behandelten) Ausschließungs-Begriff seinen „dynamischen“ Charakter zugute hielt, so war bei der Tagung doch kaum von dem Prozess der Ausschließung (und, wenn doch, dann von vermeintlicher Selbst-Ausschließung) die Rede. Vielmehr wurde „Ausschließung“ als Synonym für das Ergebnis „Ausschluss“ und selbst für die Gruppe der vermeintlich „Ausgeschlossenen“ verwendet. Was nicht gesehen wurde, ist, dass auch dieses Außen ein derridasches Außen, ein konstitutives Außen, ist. Die Gesellschaft ist weder ein Ding noch eine Ansammlung von Individuen, sondern ein Verhältnis – zwischen Gruppen in Bezug auf Dinge (Produktionsmittel)[2]. Und dieses Verhältnis sind Ausbeutungs- und Herrschaftsbeziehungen.

Von Ausbeutung und Herrschaft war freilich bei der Tagung nicht, ist auch ansonsten in der Diskussion über „soziale Ausschließung“, „Unterschicht“ etc. kaum die Rede. Das Podium in Wien war mit vier repräsentative Figuren dieser Diskussion besetzt: Dem Ideologiekritiker, der moralisch Betroffenen, der empirischen Sozialforscherin und dem, der sich im Blick nach unten selbst erhebt.

Letzteren part übernahm in Wien Heinz Bude. „Ausschließung“ ist für ihn vor allem eine kulturalistisch-psychologistische Sache, ein Gefühlssache, wie er im ORF-Interview ergänzte[3]. Er erzählt süffisant Geschichten von Bildungsverweigerern, die ein aufregendes Leben in der Drogenökonomie der Langeweile des einen-Schulabschluss-machens vorzögen und von alleinerziehenden Müttern, denen das Selbstbewusstsein fehle, Krisensituationen durch Netzwerk-Knüpfung zu überbrücken: sie zögen sich aus ihren sozialen Netzwerken, die ihnen weiterhelfen könnten, zurück.[4]

Demgegenüber sprach Michaela Moser aus einer Position moralischer Betroffenheit heraus. Titel ihres Vortrages war ein Zitat von TeilnehmerInnen des ersten österreichweiten Treffens von Menschen mit Armutserfahrungen: „Wir sind keine Bittsteller, wir wollen Respekt!“. Dabei erkannte die Referentin, dass wer/welche sich auf das Respekt wollen beschränkt (aber sich keinen verschafft, so sei hinzugefügt) von vornherein schon mal in einer schwachen diskursiven Position befindet: Was auf den ersten Blick offensiv klingt, erschöpft sich am Ende doch nur im Beklagen der Realität, wie BittstellerInnen behandelt zu werden. Moser berichtete dann über Selbstorganisierungs-Ansätze von Betroffenen und, wie sie von der österreichischen Armutskonferenz unterstützt werden: Reisen zu Treffen mit PolitikerInnen, die von der jeweiligen Frühjahrspräsidentschaft der Europäischen Union organisiert werden, Straßentheater, Saal-Theater, dieses und jenes. Alles sicherlich ehrenwert und mit der Bereitschaft, die Mühsal der Ebenen zu ertragen, aber eine politische Perspektive, die über den „Schnittpunkt von Lobbying, Forschung, Öffentlichkeits- und Empowermentarbeit“ hinausweisen würde, war damit nicht formuliert.

Hilde Weiss übernahm den statistisch-beschreibenden part – empirische Soziologie: Arbeitslosenkurven, Kurven von SozialhilfeempfängerInnen und ‚Armuts-Gefährdeten’ – garniert mit einem nostalgischen Blick zurück auf den sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat und der Hoffnung auf seine Regenerationsfähigkeit.

Gegenüber diesem Optimismus werden wir allerdings in Rechnung zu stellen haben, dass die Existenz einer industriellen Reservearmee der Normalzustand (in der Geschichte der Dominanz der kapitalistischen Produktionsweise) ist. Die Nachkriegs-Vollbeschäftigung + Sozialstaat im OECD-Raum war eine Ausnahmeepoche – geschuldet einer Ausnahmekonstellation: der Systemkonkurrenz mit dem ‚Realsozialismus’ (trotz dessen grundsätzlicher Fehlentwicklung nach dem Tod Lenins und der ungelösten Probleme, vor denen die Sowjetunion schon vor diesem Tag stand), der Erfolglosigkeit der faschistischen Option einiger europäischer Kapitalfraktionen, dem Wiederaufbaubedarf nach dem Krieg, einem bestimmten Geschlechterverhältnis (Familienernährer-Hausfrauen-Ehe) und einem zerstörerischen Naturverhältnis.

Auch wenn Hayek & Co. die Mont-Pèlerin-Gesellschaft (die kurz als Drahtzieher der „sozialen Ausschließung“ durch die Diskussion geisterte) bereits 1947 gründeten, Pinochet 1973 für deren Ideen in Chile gegen Allendes Volksfront-Regierung putschte und Thatcher  1979 an die Macht kam – Reagan war nicht neo-liberal, sondern militärkeynesianisch, die Kohl-Regierung in Deutschland fuhr in den 80er Jahren keinen Frontalangriff gegen die Gewerkschaften, sondern verschob die Gewichte innerhalb des sozialpartnerschaftlichen Modells und betrieb in den 90er Jahren deficit spending für den Anschluss an die DDR. Der neo-liberale Durchbruch erfolgte erst als der Sieg über den ‚Realsozialismus’ konsolidiert war – unter Schröder, Clinton und Blair. Auch wenn Wörter, z.B. die der Mont-Pèlerin- Gesellschaft, eine Waffe sind[5] – die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen[6]. Nicht der Neo-Liberalismus siegte über den ‚Realsozialismus’, sondern der ‚Realsozialismus’ war weder ökonomisch noch ideologisch in der Lage, auf Pershing II und Cruise Missiles mit einem weiteren Dreh an Aufrüstungsschraube zu antworten. Und ohne den ökonomischen, militärischen und ideologischen Zusammenbruch des ‚Realsozialismus’ wäre der neo-liberale Durchmarsch jedenfalls sehr viel unwahrscheinlicher gewesen.

Aber kommen wir zurück zu den Tagungsreferaten: Heinz Steinert schließlich gab die Rolle des Ideologiekritikers: Der Begriff der sozialen Ausschließung sei mit einer Förderlinie des 4. EU-Forschungsrahmenprogramms (1994-98) aufgekommen, die diesen Ausdruck im Titel führte, weil die EU-PolitikerInnen nicht von „Armut“ sprechen wollten. In Abgrenzung von diesem euphemistisch gemeinten Sprachgebrauch, plädierte Steinert einerseits für einen engen oder ‚harten’ Begriff von Ausschließung (bspw. in Bezug die Verweigerung des Wahlrechts für ArbeitsmigrantInnen sei er zutreffend) und andererseits sei wieder von Armut zu reden. Statt der ‚horizontalen’ Rede über drinnen und draußen, sei vertikal über oben und unten zu reden.

Die anti-euphemistische Intention in Ehren: Auch Armut ist ein Zustandsbegriff, kein Prozess- oder Verhältnisbegriff. Auch „oben“ und „unten“, das von Steinert bevorzugte „traditionelle hierarchische“ Schichtungsmodell, sagt noch nichts darüber aus, ob es eine Beziehung zwischen oben und unten gibt oder ob es sich um getrennte Schichten handelt. Und das traditionelle Schichtungsmodell sagt auch nichts zu der Frage, warum die einen ‚oben’ und die anderen ‚unten’ sind; oder präziser: warum es überhaupt ‚oben’ und ‚unten’ gibt.

Die Kulturwissenschaften haben sich in den letzten 20, 30 Jahren der Kritik des Essentialismus gewidmet: gesellschaftliche Gruppen sind keine Gegebenheiten, sondern ‚konstruiert’ (wie mit subjektivistisch-idealistischer Konnotation gesagt wird) oder ‚produziert’ (wie vom post/strukturalistischen/Marxismus gesagt wird). Diese Kritik richtete sich – zurecht! – nicht nur gegen einen essentialistischen Differenz-Feminismus (‚Frauen sind friedlich und emotional; Männer rationalistisch und gewalttätig’) und essentialistische Konzepte von ‚(nationaler) Befreiung’ als Rückkehr zu ‚authentischen Ursprüngen’, sondern auch gegen einen ouvrieristischen Marxismus, der um den Kult der  „schwieligen Faust“ (wogegen sich bereits Lenin in Was tun? wandte[7]) kreiste. Es dürfte freilich an der Zeit sein, zu erkennen, dass der historische Materialismus als Wissenschaft (anders als der Marxismus als Ideologie – mit allem, was dies an politischen Stärken und theoretischen Schwächen einschließt) im Gegensatz zu jedem Schichtungsdenken[8] die Klassen gerade nicht als Gegebenheiten denkt.

Die Klassen kommen, wie Althusser sagte, nicht vor dem Klassenkampf; die Klassen entstehen im Klassenkampf. Die Durchsetzung von Ausbeutungs- und Herrschaftspraxen ist bereits Klassenkampf[9]; ist doing class. Die ‚Ausgeschlossenen’ sind nicht außen; sie entstehen im Herzen der kapitalistischen Produktionsweise. Sie sind nicht nur der schmerzliche Preis, sondern die konstitutive Bedingung (s.o.: Derrida) des kapitalistischen Normalzustandes. Die ‚Ausgeschlossenen’ sind die Peitsche im Rücken der ‚Eingeschlossenen’ (bei der Tagung sprach dies Hilde Weiss mit einer kurzen Nebenbemerkung an). Wer/welche heute ‚drinnen’ ist, kann morgen ‚draußen’ sein; wer/welche heute ‚oben’ ist, kann sich morgen aus der Vorstandsetage einer Investmentbank stürzen und ganz ‚unten’ und am Ende sein. Und wer/welche heute ganz ‚draußen’ ist, kann morgen als 1-Euro-Jobber oder um Einkünfte aus den – von Bude erwähnten – Drogengeschäften zu ‚waschen’, wieder halb ‚drin’ sein. An der sozialen Struktur einer kapitalistischen Gesellschaft ändert diese unglaubliche soziale Mobilität nichts, sondern sie ist die nicht-identische Reproduktion dieses Verhältnisses. (Und wer/welche sein [weniges] Geld in der legalen Ökonomie ausgibt, ist als Mehrwert-, Tabak-, Alkohol- etc. SteuerzahlerIn ohnehin ‚drinnen’.)

Wer von Ausbeutung und Herrschaft nicht sprechen mag, soll also von ‚sozialer Ausschließung’ und Armut schweigen! Und zur Analyse von Ausbeutungs- und Herrschaftspraxen, zur Analyse von doing class, doing gender[10] und doing race, könnten Kulturwissenschaften durchaus vieles nützliches beitragen, wenn sie nicht erneut / weiterhin verdrängen, dass kulturelle Produktionen nicht die einzigen Produktionen auf der Welt sind; dass kultureller Klassenkampf nicht der einzige Klassenkampf ist. Der zentrale Mechanismus der kapitalistischen Produktionsweise ist – nicht anders als zu Marx’ Zeiten – die private Aneignung des in Lohnarbeit produzierten Mehrwertes durch Produktionsmittel-BesitzerInnen. Daß zahlreiche Individuen Einkünfte aus Lohnarbeit und Aktien (= anteiligem Produktionsmittel-Besitz) kombinieren, ändert an dieser Funktionsweise kapitalistischer Akkumulation nichts. Lohnarbeit ist Ausbeutung (auch wenn zahlreiche LohnarbeiterInnen einen Nebenverdienst als AktienbesitzerInnen haben). Und damit Lohnarbeit produktiv ist, nicht zu teuer wird und die Produktivität gesteigert werden kann, d.h. Mehrwert produziert und gesteigert werden kann, muss es eine  industrielle Reservearmee im Rücken der (mit dem weitaus überwiegenden Teil ihres Einkommens) Lohnabhängigen geben. Und wenn schließlich das „Drama der Exklusion“ (Tagungstitel) – das nach der Etymologie zunächst einmal eine Handlung ([drama] < [dráo] = tätig sein, tun, handeln, vollbringen) ist, bevor es ein Schauspiel auf der Bühne ist – ein Ende haben soll, dann wird es bei einer Analyse (selbst mit geschärften Begriffen) nicht bleiben können. Dann wird es notwendig sein, die Figur der Revolutionärin, die die reinigende [kata-strophe][11] organisiert, in dieses Drama wieder einzuführen. Diese Revolutionärin wird dann wahrscheinlich nicht mehr viel mit dem kommunistischen Funktionär des 20. Jh.s gemein haben, aber ihren Marx, Lenin, Mao und den Carl Schmitt[12] der Gegenseite gelesen haben.[13]

Email: DGSch@zedat.fu-berlin.de


[2] L. Althusser, Ideologie und Ideologische Staatsapparate, VSA: Hamburg/Westberlin, 1977, 51 - 88 (83); auf Engl. im internet unter: http://www.marx2mao.com/Other/ESC76ii.html#s3, p. 201.

[3] http://science.orf.at/science/news/154126: „Menschen haben das Gefühl verloren, dass sie Herr oder Frau ihres eigenen Lebens sind. Es geht nicht vorwiegend darum, ob sie arm sind oder sonstwie benachteiligt sind, sondern um das Empfinden, Teil der Gesellschaft zu sein.“

[4] B. Eder (Prekarität, Proletarität, ‚neue Unterschicht’, in: Kurswechsel 1/2008, 56 - 66 [57, 59, 60]) zeigt in ihrer Analyse der deutschen ‚Unterschichts-Diskussion’ des Jahres 2006, wie derartige vermeintlich bloß anschaulichen Beschreibungen in Bedrohungsszenarien für die ‚Mehrheitsgesellschaft’, die ‚bürgerliche Leitkultur’, übergehen und damit das repressive staatliche Eingreifen in Lebensbereiche, die bisher als ‚privat’ galten, rechtfertigen: „Das Aufrollen ‚devianter Fälle’ erfolgt zumeist mit einem definitiven Ziel: Die verstärkte staatliche Administration der ‚Unterschichtler’ stellt die ultima ratio einer Rettung der Resignierten dar. Jene Personen, die sich nicht ‚gut regieren’, müssen durch verstärkte Kontrolle aus ihrer Misere ‚geholt’ werden. […]. Die Rede von ‚chipsmümmelnden Kindern’ […] und anderen schwer ‚verwahrlosten’ Unterschichtsangehörigen lassen staatlich verordnete Diätmaßnahmen sowie andere Instruktionen zur Veränderung der Lebensweise plausibel erscheinen.“

[5] L. Althusser, Für Marx, Suhrkamp: Frankfurt am Main, 1968, 203 - 215 (213); auf Engl. im internet unter: http://www.marx2mao.com/Other/LPOE70.html#s1, p. 21; C. Schmitt, Der Begriff des Politischen, Duncker & Humblot: München/Leipzig, 1932, 7 - 65 (18 mit FN 16); online unter: http://petradoom.stormpages.com/sch_beg.html, S. 31 f. mit FN 8.

[6] Mao Tsetung, Ausgewählte Werke, Bd. 2, Verlag für fremdsprachige Literatur: Peking 1968, 255 - 274 (261); online unter: http://www.infopartisan.net/archive/maowerke/MaoAWII_255_274.htm.

[7] Werke. Bd. 5, 355 - 551 (478); online unter: http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1902/wastun/kap4c.htm.

[8] Vgl. die Kritik von G. Stedman Jones, Klassen, Politik und Sprache, Westfälisches Dampfboot: Münster, 1988, 43-59 (52-54); engl. Erstveröff.: British Journal of Sociology 1976, 295 - 305 (301 f.) und R. Johnson, Edward Thompson, Eugene Genovese, and Socialist-Humanist History, in: History Workshop. A Journal of Socialist Historians Iss. 6, 1978, 79 - 100 (90 f. mit FN 14 und 33 auf S. 99, 100); auch an der zitierten Stelle erheblich gekürzte dt. Übersetzung, in: Das Argument H. 119, Jan./Feb. 1980, 39 - 49 (43 f.).

[9] Vgl. die Kritik von G. Stedman Jones, Klassen, Politik und Sprache, Westfälisches Dampfboot: Münster, 1988, 43-59 (52-54); engl. Erstveröff.: British Journal of Sociology 1976, 295 - 305 (301 f.) und R. Johnson, Edward Thompson, Eugene Genovese, and Socialist-Humanist History, in: History Workshop. A Journal of Socialist Historians Iss. 6, 1978, 79 - 100 (90 f. mit FN 14 und 33 auf S. 99, 100); auch an der zitierten Stelle erheblich gekürzte dt. Übersetzung, in: Das Argument H. 119, Jan./Feb. 1980, 39 - 49 (43 f.).

[10] Regine Gildemeister / Angelika Wetter, Wie Geschlechter gemacht werden, in: Gudrun-Axeli Knapp / Angelika Wetterer (Hg.), Traditionen. Brüche, Kore: Freiburg i. Br., 1992, 201 - 254 (212 f.).

[11] = sowohl u.a. der Umsturz, die Zerstörung im Leben außerhalb des Theaters als auch der Wendepunkt, der letzte Akt, die letzte Drehung ([strophe]) des Dramas auf der Bühne.

[12] Vgl. M. Lauermann, Althusser und Carl Schmitt: „Vereinigung durch den Feind hindurch“?, in: kultuRRevolution, nr. 20, Dez. 1988, 32 - 35.

[13] Auch dazu könnte Kulturwissenschaft einen Beitrag leisten: Klassiker-Lektüren ist ja eine klassische Aufgabe der Kulturwissenschaften – nur daß es sich in diesem Fall um eine politikwissenschaftlich informierte Kulturwissenschaft handeln müßte: Marx, Lenin und Mao in der Geschichte des politischen Wissens / politisches Wissen und revolutionäre Handlungsfähigkeit (es müßte sich also um eine Lektüre handeln, die Marx, Lenin und Mao mal nicht als Ökonomen, Philosophen oder Historiker, sondern als Politikwissenschaftler liest). – Slavoj Žižek hat in „Die Revolution steht bevor. Dreizehn Versuche über Lenin“ (Suhrkamp: Frankfurt am Main, 2002) eine Neu-Lektüre Lenins begonnen und auch Jacques Rancières (Das Unvernehmen. Politik und Philosophie, Suhrkamp: Frankfurt am Main, 2002) Analyse und Gegenüberstellung der Revolte der Sklaven der Skythen (24 - 29) und der Sezession der römischen Plebejer (34 - 43) lesen sich wie ein impliziter Kommentar zu Lenins (a.a.O. [FN 7]) Unterscheidung zwischen spontanem, ökonomistischem sowie revolutionärem, politischem Bewußtsein (385 f., 396, 426, 436; online unter: http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1902/wastun/kap2a.htm#parta, http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1902/wastun/kap2b.htm, http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1902/wastun/kap3c.htm, http://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1902/wastun/kap3e.htm). Die römischen Plebejer „verschanzen nicht [… ihr] Lager nach Art der Sklaven der Skythen. Sie tun, was für jene undenkbar ist: sie errichten eine andere Ordnung“ (Rancière, a.a.O., 36).