Vorbildlich: militärische Strafverteidigung

Mit Runderlass vom 24. Oktober 2008 gilt nun mehr, dass Vater Staat die Kosten der strafrechtlichen Verteidigung für Bundeswehrangehörige trägt, die wegen einer dienstlichen Tätigkeit im Ausland einer Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit verdächtig sind.

Dieser Anspruch entsteht bereits dann, wenn staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu erwarten sind. Er entfällt nur nachträglich im Falle der Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat, also etwa nicht bei fahrlässiger Tötung.

Angestoßen wurde diese Regelung, weil am 28. August 2008 ein deutscher Oberfeldwebel an einer Straßensperre in Afghanistan einen Kleinbus aus etwa 100 Meter Entfernung mit automatischem Feuer aus seinem DINGO-gestützten Maschinengewehr anhielt. Dabei starben, wie wohl nicht anders zu erwarten war, mehrere Insassen. Die örtlich für den Dienstsitz des Soldaten zuständige Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder nahm Ermittlungen auf, eine Mutter mit ihren beiden Kindern war getötet worden, und die Truppe war empört: eine „gänzlich befremdliche Situation sei es für viele Soldaten, dass gegen sie ermittelt werden kann, wenn sie bloß ihre Pflicht tun", jammert ein Staatssekretär des Verteidigungsministeriums in der ZEIT vom 06. November 2008. Das ist schließlich nicht unbedingt geeignet, um die militärisch notwendige Entschluss- und Beschussfreudigkeit deutscher Bürger_innen in Uniform zu steigern.

Und so ist die Bundeswehr auch sonst nicht verlegen um warme Worte für Soldat_innen, die es fern der Heimat mit dem Dienst an der Waffe etwas übertrieben haben. In einer Informationsbroschüre vom 25. November 2008 heißt es etwa, dass Ermittlungen durch Strafverfolgungsbehörden keine Vorverurteilung darstellten, und es ebenso wenig als Schuldeingeständnis zu werten sei, sämtliche Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Den Betroffenen sei noch vor der ersten Vernehmung der Rat zu geben, anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Hierzu müsse angemessene Zeit und Gelegenheit gegeben werden, um zumindest telefonisch oder per verschlüsselter E-Mail vertraulichen Kontakt zu einer/einem Rechtsberater_in nach Wahl des/der Betroffenen aufzunehmen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Verbindungen nicht abhörsicher sind. Dienstliche Äußerungen, die der Wahrheitspflicht aus § 13 Abs. 1 des Soldatengesetzes unterliegen, sind gerichtlich selbstverständlich unverwertbar. Hält sich der Neid auf Soldat_innen sonst stark in Grenzen und schlägt oft in Mitlid um: so viel Fürsorge im Strafverfahren ist auch uns ordinären Zivilist_innen nur zu wünschen!

Philip Rusche, Berlin