436 potentielle Tschernobyls

in (16.07.2009)

Am 26. April 1986 ereignete sich im ukrainischen Kraftwerk Tschernobyl die wohl größte Katastrophe in der Geschichte der Atomkraft. Eingeleitet durch ein fatales Experiment, welches herausstellen sollte, ob die Turbinen bei einem Stromausfall immer noch genügend Strom liefern können, um die Notkühlung des Reaktors zu gewährleisten, kam es um 23:58 Uhr zu einer gewaltigen Knallgasreaktion. Dabei wurde der Reaktor und alles, was ihn umgab, zerrissen. Ein Großteil des radioaktiven Inhalts wurde nach draußen geschleudert.

Tschernobyl-heute
So sieht Tschernobyl heute aus: Um den Reaktor wird ein Sarkophag gebaut. Foto: Wikipedia

Durch die Explosion wurden zwei Männer durch herabfallende Trümmer getötet, 30 weitere Personen, vor allem Rettungskräfte, erlagen wenige Tage später der immensen Strahlung. Die meisten Todesfälle sind aber auf die Spätfolgen des Unglücks zurückzuführen wie zum Beispiel Krebserkrankungen. Eine eindeutige Zahl der Toten ist nicht bekannt, sie schwankt zwischen 10 000 und 250 000. Noch heute sind, vor allem in Weißrussland und der Ukraine, schwere Folgeschäden zu verzeichnen. Diese werden sich höchstwahrscheinlich nicht nur auf die Gegenwart beschränken.

Tschernobyl hat eins gezeigt: Sicher ist nur das Risiko!

Während in den deutschen Atomanlagen in Krümmel und Brunsbüttel vermehrt Störfälle auftreten, das "Forschungslager" Asse absäuft und aus der südfranzösischen Anlage Tricastin eine radioaktive "Uranlösung" austritt und teilweise in die Kanalisation gelangt, will uns die Atomlobby immer noch weismachen, Atomkraft sei die Energiequelle von morgen.

Atomkraft_Nein_Danke

Solange E.ON mit erneuerbaren Energien wirbt und gleichzeitig am Bau von über elf Atomanlagen beteiligt ist, wird die Klimaerwärmung weiter voranschreiten. Denn Atomstrom ist keineswegs so CO2- frei, wie gerne von den Befürworterinnen und Befürwortern behauptet wird. Die bei der Urangewinnung freigesetzten Treibhausgase liegen über denen der Wind- und Wasserkraft oder der von Solarenergie und Biogas. Dies ist aber nur einer von vielen Gründen, warum keine weiteren Atomkraftwerke und Wiederaufbereitungsanlagen in Betrieb gehen dürfen.

Es ist an der Zeit, den endgültigen Ausstieg aus dem Atomzeitalter in Angriff zu nehmen und Platz für erneuerbare Energien zu schaffen. Denn nur so kann der Klimawandel aufgehalten und die Zukunft unserer Nachkommen gesichert werden.

Atomstrom sei billig, wird den Verbraucherinnen und Verbrauchern versprochen, doch in Wahrheit verdienen nur die Konzerne an dem - für sie - billigen Strom, da dieser schließlich nicht preiswerter als anderer Strom weiterverkauft wird. Dabei werden viele Kosten und Risiken, die bei der Produktion von Atomstrom entstehen, noch nicht mal von den Konzernen getragen, sondern auf Staat und Gesellschaft umgelegt. Mittlerweile ist Ökostrom für jeden erschwinglich geworden und ein guter Anfang um zur Rettung des Klimas beizutragen.

gundremmingen-klimaschuetzer
Atomkraftwerke als Klimaschützer? Von wegen! Foto: Deutsches Atomforum

Das Wohlbefinden der Menschen steht an erster Stelle? Laut der KIKK- Studie
(Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken) ist die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, in der Nähe eines AKWs höher als anderswo. Die weltweit aufwendigste Untersuchung zu diesem Thema hat ergeben, dass die Erkrankungswahrscheinlichkeit im Umkreis von 5 Kilometern um 60% steigt. Die Befürworterinnen und Befürworter der Atomkraft versuchen diese Fakten entgegen aller Tatsachen herunterzuspielen, was nicht von ungefähr kommt, denn die Konzerne wie E. ON, Vattenfall und RWE verdienen jährlich Millionen an den Atomkraftwerken.

Endlagerfrage? Ungelöst!

Am 27. Juni 1954 ging in der Nähe von Moskau das erste AKW ans Netz. Seit diesem Tag war das Atommüllproblem in die Welt gerufen. Aber mit dem Wegwerfen ist das so eine Sache. Wenn man etwas wegwirft, ist es zwar erstmal verschwunden, aber immer noch da, nur eben woanders. Und genau darin liegt das Problem der Endlagerung.

Bis heute gibt es keine Einigung zu einer Lösung, zumal es nie ein absolut sicheres Endlager geben kann. Schacht Konrad, das stillgelegte Eisenerz- Bergwerk bei Salzgitter, taugt eben so wenig wie Asse II für dieses Vorhaben. Nachdem Asse I und III bereits abgesoffen sind, ist das marode Bergwerk keinesfalls eine Lösung des Problems. Bislang werden dort rund 130 000 Fässer mit leicht- bis mittelradioaktivem Abfall gelagert - umgeben von hochlöslichen Kalisalzen, die eine extreme Bedrohung für die Fässer darstellen. Durch den Einsatz sogenannter Zwischenlager wird die eigentliche Entsorgung des Atommülls nur herausgezögert. Egal ob Gorleben, Asse II oder Schacht Konrad, auf Dauer ist es nicht möglich radioaktiven Müll ohne Risiken zu lagern.

Desweiteren werden jährlich Milliarden für die gesamte Atomtechnologie ausgegeben, die auf jeden Fall sinnvoller genutzt werden können. Beispielsweise für erneuerbare Energien oder um die Folgeopfer der Tschernobyl- Katastrophe zu entschädigen bzw. zu unterstützen.

campact-aktion2-fw
Atomkraft oder Erneuerbare? Man muss sich schon für eins entscheiden. Foto: Felix Werdermann

Deutschland "genießt" zwar den Vorteil, dass "unsere" AKWs von einer dicken Betonhülle umgeben sind, aber dennoch können sie einem möglichen Flugzeugabsturz nicht standhalten. Das stellt sich als enormes Problem heraus, denn so etwas sollte man nicht dem Zufall überlassen. Im Falle eines Absturzes, könnte radioaktive Strahlung freigesetzt werden.

CDU-Wählerinnen: Schlauer als die Partei erlaubt

Einer Umfrage von Greenpeace nach zu urteilen, sind die CDU-Wählerinnen und -Wähler schlauer als die Parteilinie erlaubt. Auf die Frage: "Glauben Sie, dass durch die Beibehaltung des gesetzlich verankerten Atomausstiegs in Deutschland die Stromversorgung gefährdet ist?", antworteten 49 Prozent der CDU/CSU- Wähler mit Ja und 41 Prozent mit Nein.

Insgesamt gaben 59 Prozent an, nicht an eine Gefährdung der Stromversorgung zu glauben. Es scheint fast so, als würde die Bundesregierung gegen den Willen des mehrheitlichen Volkes den Atomausstieg herauszögern. Doch es gibt immer noch 436 AKWs und jedes von ihnen ist ein potentielles Tschernobyl.

-----

Die Artikel können gerne weiterverbreitet werden, unter folgenden Bedingungen:  Nennung der Autorin bzw. des Autors und des Erscheinens in der utopia; keine kommerziellen Zwecke; keine Bearbeitung. (Lizenz)