Abschiebung nach Griechenland gestoppt

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Abschiebung eines Irakers nach Griechenland in einer einstweiligen Anordnung untersagt (2 BvQ 56/09).

Nach den Grundsätzen der Dublin-II-Verordnung (VO) wäre der griechische Staat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig gewesen. Die RichterInnen begründeten ihre Entscheidung damit, dass dem Kläger im Falle einer Abschiebung in Griechenland die Obdachlosigkeit drohe und ihm eine Registrierung als Asylsuchender faktisch unmöglich sei. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

Nach dem gemeinschaftsrechtlichen Zuständigkeitssystem der Dublin-II-VO ist grundsätzlich der Staat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig, den der Flüchtling zuerst betreten hat oder in welchem er zuerst einen Asylantrag gestellt hat. Seit längerem wird in diesem Zusammenhang das griechische Asylsystem als besonders mangelhaft kritisiert. Berichte u.a von Pro Asyl und dem UNHCR belegen, dass neben fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten und einem lückenhaften Registrierungssystem viele Menschen gar keinen Asylantrag stellen können, weil die Behörden überlastet sind. Diejenigen Anträge, die bearbeitet werden, sind in den vergangenen Jahren fast durchgängig und ohne eine angemessene Begründung abgelehnt worden. Die Flüchtlinge können außerdem für die Verfahren keinen Dolmetscher hinzuziehen; auch ein Rechtsbeistand für Gerichtsverfahren wird nicht zur Verfügung gestellt.

Deutschland muss jedoch keine Rückabschiebungen vornehmen, sondern kann nach der Dublin-II-VO auch von einem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen und das Asylverfahren an sich ziehen. Obwohl die Zustände in Griechenland gegen verschiedene Bestimmungen des europäischen Flüchtlingsrechts verstoßen, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bislang von einem generellen Stopp der Überstellungen nach Griechenland abgesehen und nur in Einzelfällen bei besonderer Schutzbedürftigkeit der Betroffenen Asylanträge in Deutschland zugelassen. Auch die Gerichte hatten bislang nicht einheitlich zugunsten der Flüchtlinge geurteilt.

Die jetzige Entscheidung des BVerfG verspricht hier mehr Klarheit, kann jedoch nicht die grundsätzlichen Zweifel an der Dublin-II-VO aus dem Weg räumen. Diese legt nämlich einen gleichen Asyl-Standard in allen EG-Staaten zugrunde, der aber faktisch nicht besteht. Neben Griechenland weisen auch Italien, Malta und die osteuropäischen Staaten erhebliche Mängel im Asylverfahren auf. Deutschland aber profitiert von diesem System: Kaum ein Flüchtling erreicht die Bundesrepublik, ohne vorher einen jener Staaten betreten zu haben.

Matthias Lehnert, Münster