Vier gewinnt

Einführung der Vier-Tage-Woche in Gambia

Gambia ist eines der ärmsten Länder der Welt. Laut des United Nations Development Programms leben 60 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, wodurch der autoritär regierte Kleinstaat auf Platz 168 von 194 des Human Development Index steht. Auch im Zuge von Wirtschaftskrisen gab es einen Rückgang des Bruttoinlandprodukts: Schlechte Erträge aus der Landwirtschaft, stagnierender Tourismus, zurückgehende Geldüberweisungen von ehem. Gambiern – die Hauptsäulen des Haushalts, bezüglich dessen mittlerweile 22 Prozent zur Schuldentilgung aufgebracht werden muss. Auch Analphabetismus und eine geschätzte 40-prozentige Jugendarbeitslosigkeit machen der Bevölkerung zu schaffen.

Bei solchen Zahlen ist es kaum zu glauben, auf vermeintlich fortschrittliche Prozesse in der Arbeitswelt zu stoßen. Doch seit dem 1. Februar gilt in Gambia für den öffentlichen Dienst eine 4-Tage-Woche, verfügt durch den islamistischen Präsidenten Yayha Jammeh. Der vom Spiegel einst als „Präsident Gnadenlos“ betitelte Herrscher putschte sich 1994 als jüngster Staatschef mit 29 Jahren an die Macht, führte die Scharia als geltendes Recht ein und erregte mehrfach die internationale Aufmerksamkeit: Ob nun durch persönliches Aids-Heilen per Handauflegen und einem selbstgemixten Gebräu, unter der Voraussetzung das Aids-Erkrankte ihre Medikamente absetzen würden, oder über die Vollstreckung sämtlicher Todesurteile, wenn die Kriminalitätsrate nicht zurückgehen würde – Jammeh ist mitnichten zum Wohltäter mutiert. Auch die Verkürzung der Arbeitswoche entpuppte sich schnell als Finte. Während die reguläre Arbeitszeit bei acht Stunden täglich lag, also von 9-17 Uhr, liegt sie nun bei 10 Stunden, also bei 8-18 Uhr – die 40 Stundenwoche bleibt also erhalten. Weshalb gerade der Freitag zum „Beten und Ausruhen“ dienen soll, wo er gleichzeitig postuliert, dass am Samstag verloren gegangene Arbeitszeit bei Bedarf nachgeholt werden kann, bleibt schleierhaft. Womöglich gibt es auch gar keinen tieferen Sinn. Die Devise „Zurück auf das Land und anbauen, was wir essen und essen, was wir anbauen“ steht angesichts der Landwirtschaftspolitik ebenso im Zwielicht. Gambia, zu dessen Haupterzeugnissen Erdnüsse zählen, exportiert diese massenhaft. Gleichzeitig wird nicht ausreichend Reis, welcher ein Grundnahrungsmittel darstellt, angebaut, wodurch in der Vergangenheit der teure Import nötig wurde. Es lässt sich nur mutmaßen, ob der selbstherrliche Machthaber womöglich davon überzeugt ist, durch die Arbeitszeit-Umstrukturierung gegen Hunger ankommen zu können, weil nun mehr selbstständiger Anbau stattfinden würde und man sich teure Importe ersparen könne. Allgemein ist den meisten BeobachterInnen schleierhaft welche Intentionen hinter dieser Handlung stecken. Jermaine Jackson, Bruder des verstorbenen Popidols Micheal Jackson lobt Jammeh als „sehr, sehr echten Menschen“. Seine Vier-Tage-Woche mag vielleicht „echt“ sein, die Verkürzung von Arbeitszeit, in der mehr Zeit „zum Beten und Ausruhen“ bleiben soll, ist es jedoch nicht.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Direkten Aktion #216 - März / April 2013