„Europäische Schuldenkrise“ als Demokratiekrise

Zur diskursiven Interaktion zwischen Politik und Finanzmarkt

Finanzkrise, Schuldenkrise… Demokratiekrise?1

Worte machen Politik. So auch der Begriff „europäische Schuldenkrise“, der schnell zur gängigen Beschreibung für die Refinanzierungsschwierigkeiten mancher europäischer Staaten an den Kapitalmärkten geworden ist. Diese Bezeichnung macht Politik, da sie keine objektive Beschreibung der finanzpolitischen Realität, sondern eine eindimensionale Interpretation der Krisenursache ist: Auslöser der Refinanzierungsprobleme ist in dieser Lesart allein die exorbitante Staatsverschuldung einiger undisziplinierter Mitgliedsstaaten der Euro-Gruppe. Dabei geraten nicht nur die institutionellen Fehlkonstruktionen selbst aus dem Blickfeld, welche zu den zugrundeliegenden wirtschaftlichen Asymmetrien innerhalb des Euroraums beigetragen haben, so etwa der einheitliche Leitzins und die fehlende Koordination der Wirtschaftspolitiken einschließlich von Steuersätzen und Leistungsbilanzen. Mehr noch: Die dominante Situationsdefinition als „Staatsschuldenkrise“ lässt letztlich auch nur monetaristische Reformantworten zu. Die europäische Politik hechelt den Finanzmärkten hinterher und ordnet sich dabei blindlings der vermuteten Rationalität des ökonomischen Systems unter, um über Schuldenreduktion das „Vertrauen der Finanzmärkte“ zurückzugewinnen. Doch alle Reformbemühungen – Schuldenbremsen oder Austeritätsprogramme – werden bislang zumeist mit weiteren Abwertungen der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagenturen und den folgenden Zinsaufschlägen auf die betreffenden Staatsanleihen beantwortet. Den Maßnahmen der Politik liegen offensichtlich Annahmen über eine stabile Marktrationalität zugrunde, der die Finanzmärkte schlichtweg nicht gehorchen. Zugleich erweckt die Bezeichnung „europäische Schuldenkrise“ auch den Eindruck, es handele sich um ein singuläres Ereignis. Sie vertuscht, dass die finanzpolitischen Kalamitäten innerhalb des Euro-Raums letztlich nur die neueste Ausprägung einer einzigen langen Finanzkrise sind. Waren es während der 1990er Jahre noch vorrangig Entwicklungs- und Schwellenländer, die von Währungskrisen heimgesucht wurden, richten sich die Spekulationsattacken jetzt lediglich gegen einen Teil des Zentrums des globalen Kapitalismus. Die Finanzmärkte – gerade noch am Rande des Abgrunds – erheben sich nun gegen ihre eigenen Retter. Staaten, deren Haushalte durch milliardenschwere Zusatzausgaben für Bankenrettung und Konjunkturprogramme belastet wurden, werden jetzt von ehemals notleidenden Finanzmarktakteuren für ihre hohe Staatsverschuldung „zur Rechenschaft“ gezogen. Ob dieses Schauspiel schon seinen Höhepunkt erreicht hat, ist ungewiss. Mit dem Rollentausch der Staaten von Rettern der letzten Zuflucht hin zu Spekulationszielscheiben erster Wahl hat es sich aber allemal, frei nach Marx, von einer Tragödie zur Farce gewandelt.

Nicht selten werden das Zustandekommen und die sozialen Auswirkungen der europäischen Krisenpolitik als Ausdruck einer Demokratiekrise begriffen – Jürgen Habermas bemüht sogar das Diktum von derPost-Demokratie(Habermas 2011). Zum einen wird festgestellt, dass die Entscheidungen auf undemokratischem Weg getroffen werden – teils durch verbindliche Auflagen demokratisch nicht direkt legitimierter supranationaler Institutionen, teils an den Parlamenten vorbei auf intergouvernementaler Ebene oder in Verhandlungen zwischen Regierungsvertretern und Finanzwirtschaft – in jedem Fall aber unter Ausschluss der Regelungsbetroffenen selbst. Zum anderen wird ein Zerfall der sozialen Integration in Europa diagnostiziert. Der massive Einsatz finanzieller Mittel für die „Systemstabilisierung“ und die tiefgreifenden Sparmaßnahmen werden den Gestaltungsspielraum in allen Politikfeldern dauerhaft beschneiden und vergrößern die soziale Schere. Zugleich keimen nationale Ressentiments auf und Protestbewegungen, wie die spanische Democracia Real Ya! oder Occupy, verleihen dem zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen die Krisenpolitik Ausdruck – ohne jedoch bislang nennenswerten Einfluss auf sie zu erlangen.

Der vorliegende Aufsatz analysiert die europäische Finanzkrise ebenfalls als Ausdruck einer Demokratiekrise, er geht jedoch mittels einer diskurstheoretischen Betrachtung über die formalistische Erörterungen von Organzuständigkeiten oder akteurszentrierten Spekulationen über den Lobbyeinfluss der Finanzwirtschaft hinaus. Das eigentliche Ausmaß der Demokratiekrise in der Finanzkrise wird erst greifbar, wenn die strukturelle Beeinflussung der demokratischen Selbstorganisation durch das zu regulierenden Objekt – den globalen Finanzmarkt – in den Blick genommen wird. Die Demokratiekrise entsteht, weil die entscheidenden politischen Akteure nicht in der Lage sind eine Politik zu artikulieren, die den Primat der demokratischen Selbstorganisation aufrechterhält. Stattdessen greifen die europäischen Exekutiven nur auf Krisendeutungen (Schuldenkrise) und Krisenreaktionsmaßnahmen zurück, die sich durch den Versuch rechtfertigen das „Vertrauen der Märkte“ wiederzugewinnen. Sie verschreiben sich darin gänzlich der Illusion der neoklassischen Ökonomie, nach der die Finanzmärkte ein geschlossenes System seien, das einer stabilen Rationalität folgt.

Die demokratiegefährdenden Potentiale dieser Konstellation werden in diesem Beitrag verständlich gemacht, indem Habermas‘ Diskurstheorie der Demokratie mit post-strukturalistisch inspirierter Finanzmarktsoziologie in Beziehung gesetzt wird, um die diskursive Verschränkung zwischen Finanzmarkt und Politik zu erhellen. Das zentrale Argument lautet: Unter den Bedingungen des Wandels des kapitalistischen Produktionsregimes hin zum „Finanzmarkt-Kapitalismus“ (Windolf 2005; Windolf 2009) haben sich die strukturellen Rahmenbedingungen des öffentlichen Diskurses nachhaltig so verändert, dass er seines demokratiesichernden Potentials weitgehend beraubt ist. Durch die Präsenz globalisierter Finanzmärkte bei gleichzeitiger gesellschaftlicher Hegemonie einer neoliberalen episteme kann die gegenwärtige Krise von den politischen Entscheidungsträgern im öffentlichen Diskurs nur als „Schuldenkrise“ bezeichnet werden, der einzig durch Spardiktaten begegnet werden kann. Eine umfassende Regulierung des globalen Finanzmarkts als Antwort auf die Krise bleibt dagegen unter diesen Bedingungen für Exekutivpolitiker eine weitgehend unaussprechbare Alternative.   Die von jeglichen Kapitalkontrollen weitgehend befreiten Finanzmärkte sind nämlich selbst zur zentralen Öffentlichkeit geworden, an die sich regierende Politiker auf Grundlage neoliberaler Wissensformen argumentativ wenden, um ihr „Vertrauen“ zu gewinnen und so die staatliche Refinanzierung über die Kapitalmärkte sicherzustellen. In dem Maße wie sich die Sprechakte der Exekutive jedoch vom Publikum der Staatsbürger ab- und dem Finanzmarktpublikum zuwenden, werden politische Diskurse von der vermeintlichen Finanzmarktrationalität kolonisiert und verlieren ihre demokratisierende und integrierende Kraft. Die öffentlichen Artikulationen von europäischen Regierungspolitikern in der Finanzkrise sind ein wichtiger Indikator für diese demokratiegefährdenden Prozesse. Unter den Voraussetzungen einer schwachen, durch Eliten dominierten europäischen Öffentlichkeit käme gerade ihnen eine zentrale Verantwortung für die Aufrechterhaltung des demokratischen Primats in der europäischen Finanzkrise gegenüber dem Finanzmarkt und der offenen Diskussion über Lösungsalternativen zu. Wie in diesem Beitrag gezeigt werden wird, verdeutlicht jedoch die öffentliche Legitimationspraxis europäischer Regierungspolitiker in der europäischen Finanzkrise, dass im Finanzmarktkapitalismus für die politische Exekutive das Vertrauen der Märkte zur alles entscheidenden Bestimmungsgröße der Politik geworden ist – was ein entscheidendes Indiz für eine Demokratiekrise darstellt.

Die Erfassung der diskursiven Verschränkung zwischen Politik und Finanzmarkt über die Einbeziehung post-strukturalistischer Finanzmarktsoziologie ermöglicht es letztlich eine Ontologie der abgeschotteten Sphären Markt und Gesellschaft zu überwinden, wie sie etwa auch von Habermas vertreten wird.2 Da eine derartige Ontologie implizit den ersten Glaubenssatz der neoklassischen Ökonomie reproduziert, wonach die kapitalistische Wirtschaft systemischen Eigengesetzlichkeiten folgt, über die nur utilitaristische Modelle gesellschaftlich relevantes Wissen hervorbringen können, verspricht eine Emanzipation von dieser Annahme zweierlei. Einerseits kann erst auf diese Weise das demokratiegefährdende Potential der Finanzkrise in der diskursiven Interaktion zwischen Politik und Finanzmarkt verortet werden. Zum anderen erlaubt sie es den Sozialwissenschaften selbst einen Beitrag leisten, um die gesellschaftliche Hegemonie von neoliberalen Wissensformen der neoklassischen Ökonomie zu brechen.

Die weitere Argumentation ist in drei Schritte gegliedert. Zunächst wird eine diskurstheoretische Perspektive auf Finanzmärkte und deren Interaktion mit der institutionalisierten Politik entwickelt, wodurch sich eine spezifische Artikulationslogik der Exekutive im Finanzmarkt-Kapitalismus rekonstruieren lässt (2). Diese Artikulationslogik wird anschließend mit Hilfe einer interpretativen Inhaltsanalyse zentraler Reden europäischer Spitzenpolitiker aus dem Jahr 2011 in der europäischen Finanzkrise beispielhaft aufgezeigt (3). In der Schlussfolgerung werden die Erkenntnisse als Indizien einer Demokratiekrise diskutiert und Demokratisierungspotentiale durch die gesellschaftliche Politisierung sozioökonomischer Wissensformen besprochen (4).

Politische Artikulationslogik im Finanzmarkt-Kapitalismus

Folgt man einem diskurstheoretischen Verständnis von Demokratie (Habermas 1992) stellen öffentliche Kommunikationsprozesse den Kern des demokratischen Verfahrens dar. Durch einen öffentlichen Diskurs – der zwar massenmedial vermittelt und von Politikern dominiert wird – können die soziale Integration der Gesellschaft sichergestellt und gleichzeitig politische Entscheidungen kommunikativ rationalisiert werden. Schon in seiner „Theorie des kommunikativen Handelns“ verdeutlichte Habermas, dass das demokratisierende Potential öffentlicher Diskurse in modernen Gesellschaften jedoch stark gefährdet ist: Die Zweckrationalität des Marktsystem tendiert dazu, die durch kommunikatives Handeln hervorgebrachte Sozialintegration der Gesellschaft zu kolonisieren (Habermas 1981: 489 - 547). Als politisches Programm verwirklicht sieht Habermas diese Tendenzen im Neoliberalismus, welcher letztlich die gesamte Gesellschaft dem Marktprinzip und der Logik der Gewinnmaximierung unterordnet (Habermas 2001: 112). Habermas benennt damit die zentrale demokratietheoretische Problematik, die auch in diesem Artikel behandelt wird – die Kolonisierung des öffentlichen Diskurses durch vermeintliche ökonomische Imperative, wodurch demokratische Politik in ihrem dauerhaften Konflikt mit der kapitalistischen Wirtschaft wehrlos zu werden droht (vgl. Streeck 2011). Doch sowohl die Habermas‘ Problemdiagnose zugrundeliegende Konzeption des Marktes als auch das darauf aufbauende (Miss-)Verständnis der Interaktion zwischen Markt und Gesellschaft verstellen letztlich den Blick auf das Ausmaß der Kolonisierung, das in der europäischen Finanzkrise offensichtlich wird.

Auch wenn Habermas Gesellschaft zugleich als System und Lebenswelt versteht, liegt seiner Sozialtheorie doch implizit eine essentialistische Unterscheidung zwischen System- und Sozialintegration zugrunde. Auf dieser ontologischen Grundlage wird die Annahme gerechtfertigt, das ökonomische System funktional vernetzter Handlungsfolgen werde von Zweckrationalität getrieben, während dem öffentlichen Diskurs ein unzerstörbares demokratisierendes Potential innewohne. Diese theoretische Vorentscheidung führt zum einen dazu, dass der Markt als ein von kontingenten Bedeutungsstrukturen bestimmter Prozess selbst aus dem Blickfeld sozialtheoretischer Reflexion gerät und stattdessen neoklassischen Ökonomen überlassen wird. Auf Grundlage ihrer Modelle zum Gleichgewicht tendierender, mithin krisenresistenter und „effizienter“ Märkte können diese gar nicht anders als zur Dominanz einer neoliberalen episteme in der demokratischen Willensbildung beizutragen. Zum anderen sorgt die ontologische Unterscheidung zwischen System- und Sozialintegration a priori für einen Ausschluss der Möglichkeit, dass die demokratisierende Kraft des öffentlichen Diskurses verloren gehen könnte. Was aber wenn der Neoliberalismus nicht nur die Programmatik einer Gruppe politischer Akteure widerspiegelt, sondern eine strukturelle Bedingung des öffentlichen Diskurses geworden ist? Was, wenn sich im „Finanzmarkt-Kapitalismus“ (Windolf 2005), anders als in der „spätkapitalistischen“ Konstellation des letzten Jahrhunderts, System- und Sozialintegration auf einer diskursiven Ebene derart verschränkt haben, dass eine vermeintliche ökonomische Zweckrationalität konstitutiv für Regierungspolitik geworden ist? Im Folgenden soll eine theoretische Position expliziert werden, die ebendiese strukturellen Rahmenbedingungen der politischen Artikulationslogik vor dem Hintergrund des Wandels des kapitalistischen Produktionsregimes hin zum Finanzmarkt-Kapitalismus offenlegt. Dazu werde ich zunächst auf post-strukturalistisch inspirierte Interpretationen von Finanzmarktgeschehen zurückgreifen, die notwendig sind, um die diskursive Interaktion zwischen Politik und Finanzmarkt und somit auch die strukturellen Rahmenbedingungen der politischen Argumentationslogik überhaupt theoretisch greifbar machen zu können.

Eingeleitet durch die Aufkündigung des Bretton-Woods-Abkommens und den politisch forcierten Abbau der zwischenstaatlichen Kapitalverkehrskontrollen hat sich in den letzten Jahrzehnten ein ständig wachsender globaler Finanzmarkt entwickelt (Helleiner 1994). Er zwang den produktionsorientierten Wirtschaftssektoren seine Verwertungslogik auf und brachte letztlich eine neue Ausprägung des kapitalistischen Produktionsregimes hervor: den Finanzmarkt-Kapitalismus.3 Der Finanzmarkt-Kapitalismus ist gekennzeichnet durch eine „spezifische Konfiguration ökonomischer Institutionen“ (Windolf 2005: 20): zuvorderst Aktienmärkte, deren zentrale Operation die Kapitalisierung – also die Bestimmung eines Erwartungswertes für Zahlungsversprechen – ist, die Investment-Fonds, welche die neoliberale episteme des Aktienmarkts repräsentieren und diese als neue Eigentümerklasse auf andere Wirtschaftssektoren (und potentiell die gesamte Gesellschaft) übertragen, sowie Analysten und Rating-Agenturen, welche die zentralen Akteure der Wissensproduktion auf Finanzmärkten sind.

Die globalen Finanzmärkte bilden eine virtuelle und imaginäre Welt, in der keine konkreten Konsumbedürfnisse befriedigt oder Waren hergestellt werden. Ihre Logik besteht stattdessen in einer Transformierung von Unsicherheit in Risiko durch die Festlegung von Preisen für zukünftige Zahlungsversprechen (Windolf 2005: 27). Preise beziehen sich nicht direkt auf wirtschaftliche Fundamentaldaten, sondern auf in Zukunft erwartete Preise.

Basierend auf der kommunikationstechnischen Revolution des computerisierten Hochfrequenzhandels (vgl. Knorr Cetina/Preda 2007) und auf der Einführung von neuartigen Finanzinstrumenten (Derivaten) (vgl. Esposito 2010), entwickelt sich auf Finanzmärkten also ein selbstreferentieller, nervöser und radikal zukunftsorientierter Prozess der Preisbildung, bei dem sich Preise in der Gegenwart nur über die unsichere „Erwartung zukünftiger Preise“ (Vogl 2010: 152) konstituieren. In ihren antizipativen Markthandlungen („Spekulation“) operieren die Finanzmarktakteure nicht „mit bekannten Quantitäten, sondern versuchen, eine kontingente Zukunft danach zu bewerten, wie der Markt sie selbst gegenwärtig bewertet“ (Vogl 2010: 153).

Die Konsequenzen dieser Form der Preisbildung lassen sich besonders anschaulich am Beispiel Spaniens in der Eurokrise erläutern: Obwohl Spanien gute wirtschaftliche Fundamentaldaten vorweisen kann – die Wirtschaftsleistung ist wesentlich stabiler als die Griechenlands und der Schuldenstand immer noch niedriger als der Deutschlands – begann sich auf den Finanzmärkten im Sog der griechischen Dynamik schnell eine ähnliche Situationsdeutung durchzusetzen: ein drohender Zahlungsausfall.4 Spaniens Probleme, sich auf dem Kapitalmarkt zu verschulden, wachsen also nicht, weil es gegenwärtig seine Zinsen nicht bezahlen kann, sondern weil eine wachsende Mehrheit der Finanzmarktakteure vor dem Hintergrund der „griechischen Tragödie“ erwartet (bzw. will), dass das Land dies in Zukunft nicht mehr schaffen wird. Da dieser antizipative Prozess also letztlich dominante „Erwartungs-Erwartungen“ (Luhmann 1981) hervorbringt, schafft er ökonomisch Fakten in der Gegenwart und realisiert dadurch auch die erwartete Zukunft – Spaniens Staatsanleihen werden von Rating-Agenturen herabgestuft, die Zinsbelastung für Spanien erhöht sich dramatisch, es stürzt in eine realwirtschaftliche Rezession und seine Zahlungsunfähigkeit wird dadurch wiederum ein Stück wahrscheinlicher.

Wie in diesem Beispiel schon angedeutet wurde, entwickeln Finanzmarktakteure ihre Zukunftserwartungen nicht völlig zufällig, sondern sie interpretieren dafür Informationen (Wirtschaftsdaten, Äußerungen relevanter Akteure etc.) und beobachten gleichzeitig das Verhalten anderer Marktteilnehmer (siehe auch Langenohl/Wetzel 2012). Da die aktuellen Preise für sich genommen keine Orientierung für Zukunftserwartungen geben können, sind die Finanzmarktakteure auf eine diskursive Herstellung dominanter Deutungen der Preisentwicklung und wirtschaftlicher Ereignisse angewiesen (Hall 2009; Langenohl 2009) – auch auf den Finanzmärkten wird also eine soziale Ordnung kommunikativ erzeugt. Der Finanzmarkt ist nicht einfach ein hermetisch abgeriegeltes Funktionssystem, sondern bildet selbst einen öffentlichen Raum, in dem dominante Zukunftsdeutungen etabliert und kritisiert werden.  Nur im Rahmen der dominanten Situationsdeutung „Schuldenkrise“, die einen drohendem Zahlungsausfall impliziert, konnte etwa Spanien in den ökonomischen Abwärtssog gezogen werden.

Die „Rationalität“ des Finanzmarkt-Diskurses ist jedoch keineswegs stabil oder vorhersagbar. Wie jede andere soziale Ordnung ist auch der Finanzmarkt von Ungewissheit und Spontaneität geprägt. Die hegemonialen Wissensformen der neoklassischen Wirtschaftswissenschaften versuchen zwar den Anschein zu erwecken, als könnten sie die Kursverläufe auf den Finanzmärkten prognostizieren. Letztlich werden von ihnen aber nur auf Grundlage von mathematisierten Modellen und mit Hilfe der öffentlichen Artikulationen von „epistemischen Autoritäten“ wie Rating-Agenturen oder „Börsengurus“ dominante Zukunftsdeutungen auf dem Finanzmarkt etabliert und so durch die Konformisierung von Wissen über den Finanzmarkt finanzökonomischer Realitäten performativ erzeugt (MacKenzie 2006). Auch wenn es immer Marktakteure gibt, die gegen die dominanten Zukunftserwartungen spekulieren, so tendieren Finanzmärkte doch zu Trendverstärkung und positiver Rückkopplung. Gerade weil die Ordnung der dominanten Zukunftsdeutungen fragil ist und die grundsätzliche Ungewissheit über zukünftige Entwicklungen nicht gebannt werden kann, neigen Finanzmärkte nicht zu einem Equilibrium. Stattdessen sind sie im ökonomischen Sinne ineffizient und von wiederkehrender Blasenbildung und Instabilität gekennzeichnet (vgl. Minsky 1986).5

Wendet man sich nun der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Herausbildung des Finanzmarkt-Kapitalismus zu, so muss konstatiert werden, dass der Finanzmarkt trotz seiner inhärenten Krisenhaftigkeit seine eigentümliche Logik weiten Teilen der Weltgesellschaft aufgezwungen und diese mithin umfassend „finanzialisiert“ hat – Finanzmarkt und Gesellschaft werden gegenwärtig gleichermaßen von einer neoliberalen episteme dominiert. Oberflächliche Kennzeichen der Finanzialisierung sind zunächst eine drastische Ausweitung des Kredit- und Anlagegeschäfts für Privatkunden, Verschiebung von Lohneinkommen hin zu Profiten aus Finanzgeschäften und eine wachsende Bedeutung des Finanzmarkts für private Altersvorsorge oder Immobilienfinanzierung. Die parallele Rücknahme staatlicher Umverteilungspolitik fand in einer rasant steigendenden privaten Kreditaufnahme ihre logische Konsequenz (Crouch 2009). Immer mehr Bürger wurden durch ihre private Verschuldung in den Verwertungsprozess des Finanzmarkts integriert und das Spekulationskapital wächst. Eine weitere Ausprägung der Finanzialisierung der Gesellschaft ist die Dominanz marktliberaler Ansätze in beinahe allen Politikfeldern. Im globalen Maßstab abgesichert wird diese Entwicklung durch ein internationales Regime des „disziplinierenden Neoliberalismus“ (Gill 1995), das über verschiedene internationale Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank oder private Regulierungsinstanzen wie das International Accounting Standards Board die Reduktion von Kapitalverkehrskontrollen sowie sonstige finanzmarktfreundliche Regulierungspolitik festschreibt und neoliberalen Wissensformen zu dauerhafter Dominanz verhilft.

Während diese Entwicklung eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Marktautorität als selbstverständliches, wünschenswertes und legitimes Korrektiv der Politik hervorbrachte (vgl. Hall 2007), machte die gewachsene Bedeutung der Finanzmärkte für die staatliche Refinanzierung nationale Regierungen abhängiger von der Zinsentwicklung auf den Anlagemärkten (vgl. Heires/Nölke 2011: 42). Die vermeintliche Rationalität der Finanzmärkte erwuchs zur Bestimmungsgröße für die Politik. In der Logik des Finanzmarkts ist ein Staat aber kein Rahmengesetzgeber oder gar systemerhaltender Akteur. Selbst wenn der Staat mit öffentlichen Mitteln den Kollaps des Markts verhindert, gilt er als ein Schuldner unter vielen, dessen künftige Kreditwürdigkeit es zu bewerten gilt. Obwohl Staaten, sofern sie eine autonome Geldpolitik betreiben können, prinzipiell bestehende mit neuen Staatsschulden finanzieren können und somit als Schuldner vom Mythos ihrer unbegrenzten Lebensdauer zehren (vgl. Busch 2011: 22), kann in Krisenzeiten die Glaubwürdigkeit dieses Mythos durch die diskursive Interaktion zwischen Finanzmärkten und Politik nachhaltig gestört werden. Am Beispiel Griechenlands während der Eurokrise wird deutlich, wie eine derartige diskursive Erschütterung des Vertrauens in die finanzielle Überlebensfähigkeit eines griechischen Staates den unvermeidlichen Staatsbankrott letztlich performativ erzeugte  (vgl. Swedberg 2011; Tsingou/Zimmermann 2011). Dies alles zeigt, dass im Finanzmarkt-Kapitalismus ein zunehmend von der Politik wahrgenommener Zwang entstanden ist, sich die Massenloyalität der Finanzmarktakteure argumentativ zu sichern. Daraus folgt nicht nur die Orientierung der Politik an einer neoliberalen Agenda, darüber hinaus entstehen weitreichende Gefahren für den öffentlichen politischen Diskurs.

Aufgrund der zunehmend wahrgenommenen Abhängigkeit der Politik von den internationalen Finanzmärkten und der gleichzeitigen Orientierung dieser Märkte an diskursiv hergestellten Deutungsmustern muss die Exekutive in Zeiten des Finanzmarkt-Kapitalismus, insbesondere während einer Finanzkrise, „Finanzdiplomatie“ betreiben. Über öffentliche Artikulationen versucht die Politik in den Finanzmarkt-Diskurs einzugreifen, um so die Entwicklung marktleitender Zukunftsdeutungen zu beeinflussen. Mit ihren öffentlichen Statements versuchen die Politiker also Argumente zu entwickeln, die Vertrauen unter den Finanzmarktakteuren schaffen. Durch die Hegemonie einer neoliberalen episteme gehen diese Argumente aber nur in eine Stoßrichtung. Gemäß der Artikulationslogik der Exekutive kann das Vertrauen der Finanzmärkte nur erzeugt werden, wenn ihre Argumente der vermeintlichen, von der neoklassischen Ökonomie postulierten Rationalität des Finanzmarkts gehorchen und Konzepte aufgreifen, die dementsprechend für eine Stabilisierung positiver Zukunftserwartungen (Sparprogramme, Privatisierung, Einführung von Schuldengrenzen, Verschlankung des Staatsapparats, etc.) bürgen. Da die stabile Rationalität des Finanzmarktes jedoch eine neoliberale Illusion ist, können für „Krisenländer“ positive Zukunftserwartungen kaum diskursiv stabilisiert werden, selbst wenn sich die politischen Artikulationen der etablierten Argumente des Finanzmarkts bedient.

Aus dieser Dynamik ergeben sich ernstzunehmende demokratietheoretische Probleme, die nur aus einer Perspektive verständlich werden, die Finanzmarkt und Politik als diskursiv verschränkt begreift. Der Finanzmarkt-Kapitalismus hat zur Folge, dass sich vor allem in Zeiten von Finanzkrisen politische Sprechakte vom Publikum der Staatsbürger ab, und dem Publikum der Finanzmarktakteure zuwenden. Durch die gleichzeitige Dominanz einer neoliberalen episteme in Markt und Gesellschaft ist die vermeintlich stabile Rationalität des Finanzmarktes zur strukturellen Rahmenbedingung der politischen Artikulationslogik geworden und sorgt für eine Disziplinierung der öffentlichen Äußerung von Vertretern der Exekutive – was sich besonders eindrücklich anhand der öffentlichen Legitimationspraxis europäischer Spitzenpolitiker während der Eurokrise zeigen lässt.

Demokratiekrise in Europa?

Im Folgenden soll nun gezeigt werden, wie sich die auf der theoretischen Ebene herausgearbeitete, demokratiegefährdende Artikulationslogik im Finanzmarktkapitalismus – die Hinwendung zum Finanzmarktpublikum und die Unterordnung unter vermeintliche Marktimperative – in der politischen Begründungspraxis europäischer Spitzenpolitiker während der europäischen Finanzkrise widerspiegelt. Diese Perspektive geht über die etablierte Debatte zum „demokratischen Defizit“ der EU hinaus. Während diese Debatte vor dem Hintergrund einer voranschreitenden Übertragung von Hoheitsrechten an supranationale Institutionen verhandelt, ob das politische System der EU demokratischen Standards entspricht, steht hier ein anderes Verständnis von „europäischer Demokratie“ im Zentrum. Der Zustand der Demokratie in Europa wird nicht anhand der institutionellen Ausgestaltung der EU untersucht. Stattdessen wird der Frage nachgegangen, ob der öffentliche Diskurs, der auf verschiedenen Ebenen der EU geführt wird, die demokratische Selbstorganisation der europäischen Gesellschaft sicherstellen kann.

Diese diskurstheoretische Perspektive fußt demnach auf der Annahme, dass sich in der EU eine transnationale Öffentlichkeit (de Vreese 2007; Risse 2010) langsam konsolidiert. Gerade in genuinen EU-Fragen, wie etwa dem Euro, lässt sich zeigen, dass sich eine europaweite Debatte entwickelt hat, die zwar von Politikern der Exekutive dominiert wird, aber doch auf eine emergente transnationale Öffentlichkeit verweist (Koopmans/Statham 2010). Durch die Öffnung der nationalen Öffentlichkeiten füreinander ist in diesem Raum ein sozialintegrierender und kommunikativ rationalisierender Diskurs zumindest theoretisch möglich – ob er tatsächlich von den Regierungspolitikern realisiert wird, muss untersucht werden (vgl. Gaus 2009).

Betrachtet man verschiedene Entwicklungen während der europäischen Finanzkrise – der wachsende soziale Protest, allseitiger Rückgriff auf nationalistische Ressentiments, durch Sozialabbau finanzierte Bankenrettung – so scheinen die Symptome für eine Demokratiekrise eindeutig. Mit Habermas gesprochen: die Legitimationsprobleme des politischen Systems sind unbestreitbar und die wachsende soziale Desintegration ihre Folge. Um jedoch ergründen zu können, warum der öffentliche Diskurs nicht die soziale Integration im Euro-Raum und insbesondere die Solidarität zwischen den nationalen Gesellschaften sicherstellen kann, müssen die Inhalte des Diskurses und die politischen Argumentationsmuster näher untersucht werden.

Im weiteren Verlauf werden dazu vier Reden und Erklärungen führender europäischer Politiker einer interpretativen Inhaltsanalyse unterzogen. Die Konzentration auf die Artikulationen der europäischen Regierungsvertreter ist auf die zuvor erwähnte Dominanz dieser Akteure in der europäischen Öffentlichkeit zurückzuführen. Darüber hinaus geben die Artikulationen von Mitgliedern der Exekutive über die Begründung bestimmter politischer Entscheidungen Auskunft.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass hier keine vollständige Diskursanalyse durchgeführt wird. Weder finden Äußerungen von Politikern außerhalb der Exekutive Berücksichtigung noch Medienberichte oder der zivilgesellschaftliche Widerspruch. Die empirischen Befunde bilden dementsprechend nicht die Breite der Auseinandersetzung im gesamtgesellschaftlichen Diskurs ab. Die empirische Analyse produziert auch keine Beweise für eine „Hypothese“ über simplifizierte Kausalzusammenhänge. Sie soll lediglich aufzeigen, dass die politischen Entscheidungsträger tatsächlich allesamt innerhalb der Grenzen der zuvor theoretisch explizierten Artikulationslogik im Finanzmarktkapitalismus argumentieren. Dies stellt ein ernstzunehmendes Indiz für eine Demokratiekrise dar, weil demokratisch legitimierte Amtsträger zur Rechtfertigung ihrer Entscheidungen nicht mehr auf den Primat der Demokratie abheben, sondern ihre Entscheidungen gänzlich aus vermeintlichen Marktimperativen ableiten.

Die einzelnen Fälle wurden jedoch keinesfalls nach der Maßgabe ausgewählt, ob sich in ihnen diese Logik besonders deutlich nachweisen lässt. Auch wenn kein Anspruch auf Generalisierbarkeit erhoben wird, sollen sie doch eine unvoreingenommene Analyse und damit auch stichhaltige Ergebnisse ermöglichen. Analysiert werden verschiedene Reden und Erklärungen, die im Verlauf des Jahres 2011 von zentralen Akteuren in der europäischen Finanzkrise bis zum 28. September abgegeben wurden: eine Rede des damaligen griechischen Premierministers George Papandreou am 21. Februar; die Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 21. Juli; die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 7. September vor dem Deutschen Bundestages; sowie die Rede zur Lage der Europäischen Union 2011 von Kommissionspräsident José Barroso am 28. September vor dem Europäischen Parlament.

Gegenüber der empirischen Methode, inhaltliche Analysen öffentlicher Reden durchzuführen, wird oft der Vorwurf erhoben, lediglich rhetorischen Worthülsen nachzuspüren und dabei weder die „wahren“ Interessen der Akteure identifizieren zu können, noch die entscheidenden politischen Prozesse einzubeziehen, die „hinter verschlossener Tür“ stattfinden. Aus einer diskurstheoretischen Perspektive ist dem jedoch entgegenzuhalten, dass gerade in der Analyse öffentlicher Reden demokratierelevante Entwicklungen identifiziert werden können, da politische Artikulationen vieles über das Selbstverständnis von Politikern verraten, sozial effektive Begründungsmuster identifizieren und dabei auch diskursive Strukturen offenlegen, durch die politisches Handeln kanalisiert wird. Selbst wenn man die pessimistische Gleichsetzung öffentlicher Reden mit reiner Rhetorik teilen würde, so wären die Indizien für eine Demokratiekrise nur umso dringlicher, wenn sich selbst unter diesen Prämissen Begründungsmuster bei Politikern nachweisen ließen, die demokratische Selbstorganisation allein in der Befolgung einer vermuteten Finanzmarkrationalität realisiert sehen.

Rede des griechischen Premierministers George Papandreou am 21. Februar 2011 in der Humboldt-Universität zu Berlin

Vor dem Hintergrund einer drohenden Staatspleite, strengeren Auflagen von Seiten der Troika und heftigen Protesten gegen seine Regierungspolitik reiste der damalige griechische Premier George Papandreou am 21. Februar nach Berlin, um dort eine Grundsatzrede zur Finanzkrise zu halten und sich tags darauf mit Kanzlerin Merkel zu treffen. Eine besonders interessante Quelle stellt diese Rede auch deshalb dar, weil sie mehrmals durch protestierende Griechen im Publikum unterbrochen wurde und Fragen zugelassen waren.

Den Grundtenor setzt der griechische Premier gleich zu Beginn seiner Rede (Papandreou 2011). Er ist darauf bedacht, vorangegangene Fehler der griechischen Gesellschaft, insbesondere den hohen Schuldenstand und die geringe Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, einzugestehen und gleichzeitig seinen Willen zu einschneidenden Reformen zu demonstrieren. Von besonderem Interesse für die vorliegende Studie ist dabei, dass er die Herausforderung der Schuldenkrise als genuines Problem demokratischer Verfahren begreift.6 Seine Antwort auf die Krise lautet „democratic and responsible governance“ (S. 4) sowohl auf nationalstaatlicher Ebene als auch in der EU zu etablieren, um koordinierte Politiken zu ermöglichen, Nachhaltigkeit zu gewährleisten und so den nachkommenden Generationen Lebenschancen zu erhalten.

Diese Zielvorgabe leitet Papandreou zunächst aus einer Analyse der Gründe für die wachsenden Staatsschulden ab, die er als Hauptursache für die Krise seines Landes begreift. Korruption, Klientelismus und Steuerhinterziehung in der griechischen Gesellschaft verhandelt Papandreou als Demokratieprobleme, denen es durch ein nachhaltiges und transparentes Regieren zu begegnen gilt. In diesem Punkt stellt er nicht nur weiterhin griechische Versäumnisse voran. Er deutet Demokratie gleichzeitig zum Problem transparenten Managements um. Unter diesen Vorzeichen rechtfertigt der griechische Premier sodann die harten Sparprogramme, Privatisierungen, Lohnsenkungen und Rentenreformen als notwendige Schritte um Vertrauen wiederzugewinnen und das Haushaltsdefizit zu senken – wobei er zunächst offen lässt, wem gegenüber er Vertrauen zurückgewinnen will.

Nach seiner Rede wird er aus dem Publikum mit dem Vorwurf konfrontiert, er habe mit seiner Entscheidung gegen einen Schuldenschnitt und für Sparprogramme die härteste Option für das griechische Volk gewählt. Papandreou antwortet, dass alle Optionen auf dem Tisch gewesen seien, ein Schuldenschnitt aber katastrophale Folgen in verschiedenen Dimensionen gehabt hätte. In identischer Reihenfolge führt er aus, dass ein hair cut das Vertrauen der Märkte zerstört, für einen Zusammenbruch des griechischen Banken- und Pensionssystems gesorgt und die soziale Kohäsion gefährdet hätte.7

In Übereinstimmung mit dieser abgestuften Gefahrenwahrnehmung begreift Papandreou in seiner Rede das Haushaltsdefizit bemerkenswerterweise auch als Gefahr für die Volkssouveränität: „Our citizens have been burdened with massive new public debt, and in some cases watched their democratic souvereignty being put at risk“ (S. 10). Niedrige Schulden und Vertrauen der Finanzmärkte werden damit zur funktionalen Voraussetzung für die Verwirklichung der Volksherrschaft!

Auf der europäischen Ebene will der griechische Premier „democratic and responsible governance“ durch eine koordinierte Stabilisierung der gesamten EU erreichen. Als Mittel dazu sollen eine Wiederherstellung des Vertrauens in das europäische Bankensystem sowie die Überwachung der mitgliedsstaatlichen Haushalte durch die EU und ein dauerhafter europäischer Rettungsschirm dienen. Eine Regulierung des Finanzsystems könne zwar auch zur Stabilisierung der EU beitragen. Dies spielt aber in Papandreous Rede eine untergeordnete Rolle gegenüber dem betonten Ziel einer Beruhigung der Märkte. Überaschenderweise stellt Papandreou für die griechische Misere selbst keine Verantwortung der Finanzmärkte explizit fest – er bemerkt nur, dass fehlende Transparenz im Finanzsystem, etwa bei den Bewertungsgrundlagen von Ratingagenturen und der Konstruktion von Derivaten, zur Entstehung der US-Immobilienkrise beigetragen habe.

Auf Publikumsproteste am Veranstaltungsort selbst reagiert Papandreou zunächst gelassen – er betont die Notwendigkeit von Dialog und Debatte und bietet den aufgebrachten Griechen im Saal an, einen Repräsentanten zu wählen, der für die Gruppe sprechen soll. Nachdem einige der Demonstranten vom Sicherheitsdienst entfernt wurden, wird der griechische Premier gegen Ende der Fragerunde nochmals von einem Protestierenden angesprochen: Griechenland werde weniger und weniger demokratisch, seine Regierung sei nicht mit dem Programm gewählt worden, das sie jetzt umsetze, die griechischen Parlamentarier könnten keine freie Entscheidung treffen und Demonstranten würden gewaltsam bekämpft werden – ob das also seine Vorstellung von Demokratie sei (S. 18). Als Reaktion darauf betont Papandreou, dass Stabilität die Voraussetzung für Demokratie sei. Würde diese nicht gewährleistet werden, könnten Staaten zu bestimmten Entscheidungen gezwungen werden, ohne dass Deliberation möglich sei. Durch eine Rettung des Landes würde aber die Möglichkeit für mehr Demokratie geschaffen werden. Die Gesetzgebungsprozesse seien transparent und Akteure der Zivilgesellschaft würden in den deliberativen Prozess einbezogen werden. Er wolle, dass sich die junge Generation an einer Veränderung Griechenlands beteilige, Protest könne aber letztlich keine Veränderung bringen (S. 20).

Gerade in dieser Antwort wird noch einmal die grundsätzliche Argumentationslinie des griechischen Ministerpräsidenten deutlich: Eine Konsolidierung seines Landes und eine Stabilisierung der EU ist nur durch eine Rückgewinnung des Vertrauens der Finanzmärkte möglich. Die Politik muss sich also zunächst der Finanzmarktrationalität unterordnen, um den Schuldenstand zu verringern und Demokratie zu ermöglichen. Demokratie selbst versteht er in einem liberalen Sinn als transparentes Management – er kommt zwar auf deliberative Verfahren und die Volkssouveränität zu sprechen, finanzielle Stabilisierung nach neoliberalen Maßgaben stellt jedoch die funktionalen Voraussetzungen für deren Verwirklichung dar.

Erklärung des Rates der Europäischen Union am 21.Juli 2011 in Brüssel

Über die erste Jahreshälfte 2011 hinweg griff die Finanzkrise im Euro-Raum um sich: die Bonitätsnoten von Ländern wie Irland, Spanien und Portugal wurden von Rating-Agenturen mit sich widersprechenden Begründungen herabgestuft, wodurch diese Länder drohten, in einen ähnlichen Strudel der Finanzierungsprobleme wie Griechenland zu geraten. Als Reaktion auf diese Entwicklungen wurde am 21. Juli von den Staats- und Regierungschefs der Eurozone der sogenannte Rettungsschirm aufgespannt, der auch präventiv Staatsanleihen bedrohter Staaten aufkaufen können sollte.

Die anhängige Erklärung (Rat der Europäischen Union 2011) identifiziert die Sicherstellung von Finanzstabilität in der Eurozone als oberstes Ziel dieser Maßnahme – nachgeordnet sind die Ziele Konvergenz, Wachstumsgenerierung und Wettbewerbsfähigkeit (S. 1). Auch dieser Kollektivbeschluss fügt sich also vollständig in die Artikulationslogik im Finanzmarkt-Kapitalismus ein: Um die „Märkte zu beruhigen“ sollen Argumente geliefert werden, die die Zukunftsaussichten auf dem Finanzmarkt stabilisieren. Dementsprechend werden an verschiedenen Stellen die Sparanstrengungen Griechenlands, Irlands, Spaniens und Portugals begrüßt, im Falle Griechenlands kann sich der Rat sogar zu einer einstimmigen Anerkennung von Privatisierungsprogrammen durchringen (S. 1 und 3). Die Banken sollen an der Rettung Griechenlands auf freiwilliger Basis beteiligt werden, es wird jedoch betont, dass es sich dabei um eine „einmalige Lösung“ (S. 3) handele. Während die Staats- und Regierungschefs die Ausweitung des Rettungsschirms beschließen, um die in Not geratenen Mitgliedsstaaten zu stützen bis sie den Zugang zum Finanzmarkt wiedererlangen, verpflichten sie sich als Voraussetzung dafür zu einer strikten Einhaltung der „vereinbarten haushaltspolitischen Ziele“ und eine „makroökonomische Überwachung“ auf europäischer Ebene zu etablieren (S. 4). Mittelfristig werden also Instrumente eingeführt, die eine politische Intervention auf dem Markt für Staatsanleihen erlauben. Diese sollen jedoch nur zum Einsatz kommen, wenn bestimmte Forderungen (Haushaltsdisziplin etc.) zuvor erfüllt wurden. Unter dem Druck der Finanzmärkte entschließen sich die Regierungschefs also zu einer tieferen europäischen Integration, die sie in den folgenden Monaten in ihren nationalen Öffentlichkeiten erst durchsetzen müssen. Demokratie erscheint hier als exekutiv gesteuerter top-down-Prozess, der sich aber letztlich in der vollständigen Internalisierung der vermeintlichen Finanzmarktrationalität selbst begründet.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass das Konzept der Volkssouveränität keine Rolle in den Begründungsmustern der Erklärung spielt. Auch wenn es natürlich für den Rat der EU als Kollektivorgan schwierig ist, ein einheitlich gedachtes europäisches Volk direkt anzusprechen, so ist doch bemerkenswert, dass die Maßnahmen nie mit einer Umsetzung des Volkswillen begründet oder die Einholung dessen angestrebt wird. Die europäische Bevölkerung ist nicht einmal ein Bezugspunkt der Argumentation. Allein die Finanzstabilität, die als Voraussetzung für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit begriffen wird, ist das Telos der Erklärung. Erwähnung findet die Bevölkerung nur im Abschnitt zu Griechenland: Es wird betont, dass man sich der „Anstrengungen [...] für die griechischen Bürgerinnen und Bürger“ bewusst wäre, die „Opfer“ aber letztlich notwendig seien, um eine Stabilisierung zu erreichen (S. 1). Das Volk tritt demnach im Verständnis des Rats nicht als Souverän auf, dessen Willen es durchzusetzen oder zu repräsentieren gilt. Sofern es überhaupt erwähnt wird, bleibt das Volk eine passive Masse, der im Zweifel bestimmte Maßnahmen zugemutet werden müssen, um langfristig stabile Verhältnisse zu schaffen. Die Erklärung des Rates verbleibt daher nicht nur im vorgängigen Entscheidungsprozess, sondern selbst in der artikulierten Begründungspraxis im Modus des für diese Institution charakteristischen „postdemokratischen Exekutivföderalismus“ (Habermas 2011), der vermeintliche Sachzwänge über demokratische Legitimierung stellt.

Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Haushaltsdebatte am 7. September 2011 im Deutschen Bundestag in Berlin

Die Beschlüsse des Europäischen Rats mussten schließlich auch in Deutschland durchgesetzt werden. In der Bevölkerung und in der Regierungskoalition von Kanzlerin Angela Merkel bröckelte jedoch die Zustimmung für die umfangreichen Hilfskredite. Als Vorbereitung für die Abstimmung über den  Rettungsschirm Ende September benutzt sie daher die Debatte über den Bundeshaushalt 2012, um für ihre Euro-Politik um Unterstützung zu werben.

Die Argumentationslinie der Rede von Bundeskanzlerin Merkel (2011a) ist von einer einfachen Dualität geprägt: Deutschland stehe wirtschaftlich gut da, während Europa stabilisiert werden müsse. Dementsprechend definiert sie auch die „zentrale Aufgabe“ der restlichen Legislaturperiode: „So wie Deutschland [...] muss jetzt auch Europa stärker aus der Krise herauskommen, als es hineingegangen ist.“ Auch wenn sie das Volk nicht als handelndes Subjekt der Politik, sondern als deren Objekt versteht, so wendet Merkel zumindest in ihren einleitenden Worten den Blick hin zur Bevölkerung: Es sei von größter Bedeutung, dass es nicht nur der Wirtschaft gut gehe, sondern, dass es den Menschen besser gehe. Die Krisenbewältigung auf nationaler Ebene habe gezeigt, dass politisches Handeln dies sicherstellen könne: „Politik kann gestalten, Politik kann abfedern [...]. Das genau ist soziale Marktwirtschaft.“ Zumindest im nationalen Kontext kann Staatsinterventionismus also die destruktiven Konsequenzen ökonomischer Krisen für die Bevölkerung kompensieren. Gleichzeitig gibt sie aber zu, dass eine derartige Einhegung der internationalen Finanzwirtschaft auf der globalen Ebene noch nicht gelungen sei. Insofern äußert sie zumindest den demokratisierenden Anspruch, langfristig in das globale Finanzmarktsystem „Leitplanken“ einzuziehen.

Weitere Ausführungen zu dieser Zielsetzung fehlen. Stattdessen wiederholt Merkel die bereits aus den beiden anderen Reden bekannte Krisendefinition und die ihrer Ansicht nach adäquaten Lösungsmittel: Sie sieht keinen direkten Kausalzusammenhang zwischen Bankenkrise und europäischer Finanzkrise, sondern identifiziert letztlich die explodierenden Staatsschulden, die schon lange vor den großen Konjunkturprogrammen im Zuge der globalen Wirtschaftskrise angehäuft worden seien, als Hauptproblem. Sowohl für Deutschland als auch den Euro-Raum erhebt Merkel die Haushaltskonsolidierung zum obersten Ziel, das mit einer Schuldenbremse, die europaweit eingeführt werden soll, am besten zu erreichen sei.

Europa aus der Krise zu führen betrachtet Merkel als historische Aufgabe – sie führt das bekannte Narrativ der europäischen Integration als Pazifizierungsprozess aus und legitimiert ihre Politik über eine Gleichsetzung dieser Idee mit dem Erhalt des Euro: „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“ Zur Verhinderung dieses Untergangsszenarios strebt Merkel im Einklang mit den anderen analysierten Reden eine „Stabilitätsunion“ an: Griechenland müsse Strukturreformen durchsetzen, während eine wirtschaftspolitische Koordination auf europäischer Ebene verwirklicht werden soll, mit Haushaltskonsolidierung und nachhaltigem Wirtschaften als zentralen Prinzipien. In diesem Zusammenhang verdeutlicht Merkel nochmals, welchen Weg der Entscheidungsfindung sie auf europäischer Eben bevorzugt: Da es der Lissabon-Vertrag nicht ermögliche Mitgliedsstaaten zur Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakt zu zwingen, „die das nicht können [sic!] oder nicht wollen“, dürften Vertragsänderungen auf europäischer Ebene auch kein Tabu sein. Mit anderen Worten: Selbst Staaten, die nicht mehr in der Lage sind Sparprogramme durchzuführen, sollten dazu im Zweifel über die europäische Ebene gezwungen werden können. Gleichsam als Vorbereitung für diese Prozesse bittet sie den Bundestag künftig Weisungen der Kommission in der Haushaltspolitik Folge zu leisten, um so dauerhaft eine Koordinierung auf der europäischen Ebene zu ermöglich.

Trotz einer anfänglichen Betonung des Ziels durch politische Intervention die internationalen Finanzmärkte zu regulieren, verbleibt also auch Merkels Argumentation in der neoliberalen episteme verhaftet: In der Krise muss durch Austeritätsprogramme der scheinbaren Rationalität der Finanzmärkte nachgegeben werden. Sie lehnt sogar jede Diskussion über alternative Krisenlösungen, wie etwa Euro-Bonds oder eine Umschuldung, als unverantwortlich ab, da allein eine Debatte darüber die gesamte Finanzwelt verunsichern würde.8 Dieses, durch den Verweis auf das Finanzmarktpublikum jegliche Debatte unterbindende, Grundverständnis von Regierungspolitik treibt Merkel aber sogar noch argumentativ auf die Spitze: Letztlich müssten „Staaten die Fähigkeiten erlernen [...] – genauso wie es bei den Banken der Fall war –, mit Insolvenzproblemen umzugehen.“ Merkel hat also die Perspektive des Finanzmarkts scheinbar vollständig übernommen: Staaten sind Schuldner wie jeder andere private Akteur auch. Dass ein derartiges Verständnis demokratischer Politik vollständig von den vermeintlichen finanzmarktökonomischen Imperativen kolonisiert ist, dürfte unzweifelhaft sein.

Rede des Präsidenten der Europäischen Kommission José Barroso zur Lage der Europäischen Union am 28. September 2011 vor dem Europäischen Parlament in Straßburg

In seiner Rede zur Lage der Union umreißt der Kommissionspräsident jährlich die zentralen Herausforderungen der EU. Im Jahr 2011 stand sie natürlich ganz im Zeichen der europäischen Finanzkrise (Barroso 2011). Allerdings hatte Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit einem zunehmenden Bedeutungsverlust in der Krisenpolitik zu kämpfen, da die Ausrichtung der Reaktionsmaßnahmen vom Rat dominiert wurde.

Genauso wie Merkel oder Papandreou versteht Kommissionspräsident Barroso die europäische Finanzkrise als „eine Krise des Vertrauens sowohl in unsere Politiker als auch in Europa und in unseren Fähigkeit, die Dinge zum Besseren zu wenden“ – wobei sowohl das Vertrauen der Bürger als auch der Außenwelt in die EU beschädigt worden sei (S. 1). Um Vertrauen wiederherzustellen bemüht Barroso eine Ziel-Trias: Stabilität, Wachstum und politische Führungsstärke (S. 1). Anders als die beiden Regierungschefs und der Rat der Europäischen Union bietet der Kommissionspräsident eine differenzierte Analyse der Krisenursachen und benennt nicht nur hohe Staatsverschuldung, sondern auch mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, unverantwortliche Finanzmärkte und Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone als zentrale Gründe. Trotz dieser komplexeren Problemwahrnehmung strebt Barroso letztlich das bereits bekannte Ziel an: eine glaubwürdige Stabilitätsunion, die auf den Prinzipien Disziplin und Solidarität beruht. Damit wählt er zwar eine ähnliche Formulierung wie Merkel („Solidarität und Eigenverantwortlichkeit“), verwendet aber mit „Disziplin“ einen Begriff, der den maßregelnden Eingriff unabhängiger Instanzen in mitgliedsstaatliche Hoheitsbereiche bei Regelverstößen andeutet.

Ganz in Übereinstimmung mit diesem bürokratisch-überwachenden Politikverständnis definiert er auch den zweiten Schritt, der notwendigerweise zur Gründung einer Stabilitätsunion hinzugehört: die Etablierung einer Wirtschaftsunion (S. 5). Aus der Perspektive des Kommissionspräsidenten kann diese Institution aber nur von supranationalen Akteuren glaubwürdig und effektiv geführt werden, während die Regierungen dazu nicht in der Lage seien. Seine Begründung muss dem Leser jedoch schon bekannt vorkommen: „Der Euroraum ist nur glaubwürdig, wenn wir wirklich als Gemeinschaft handeln. Das sagen nicht etwa nur die europäischen Föderalisten, das ist die Botschaft der Märkte.“ (S. 5) Anders gesagt: Die supranationale Integration ist voranzutreiben, weil sie sowohl föderalistisch eingestellte Eliten als auch „die Märkte“ für glaubwürdig erachten und fordern.

Darüber hinaus plädiert Barroso eindeutig für eine rasche und umfassende Regulierung der Finanzmärkte und benennt verschiedene Initiativen, die dazu auf europäischer Ebene schon angestoßen wurden (S. 6 – 7). Er verkündet sogar, dass die Kommission nun einen Vorschlag für die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer vorlegen werde: „In den vergangenen drei Jahren  haben die Mitgliedstaaten – richtiger wäre es zu sagen: die Steuerzahler – dem Finanzsektor Finanzhilfen und Bürgschaften in Höhe von 4,6 Billionen EUR zur Verfügung gestellt. Es ist an der Zeit, dass der Finanzsektor der Gesellschaft etwas zurückgibt“ (S. 7). Im weiteren Verlauf verdeutlicht er, dass eine derartige Steuer aus Gründen der Fairness und des gerechten Lastenausgleichs einzuführen wäre – er begründet diese Initiative also nicht als Instrument zur Unterbindung der systemischen Instabilitäten des Finanzmarkts, sondern als reine Kompensationsmaßnahme für entstandene finanzielle Schäden.

Zusammenfassend ist festhalten, dass José Barroso zwar eine umfassendere Ursachenanalyse anbietet und eine breitere, sich leicht von den anderen Akteuren unterscheidende Maßnahmenliste vorschlägt. In seiner Legitimationspraxis hebt sich Barroso jedoch nicht bedeutend von den anderen analysierten Reden ab. Auch er betont explizit die Wiedergewinnung des „Vertrauens des Finanzmarkts“ als Begründung für eine tiefere Integration. Selbst an dem Punkt, an dem er sich für die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer stark macht, begreift er diese nicht als demokratisch zu legitimierende Intervention in das Finanzmarktsystem, sondern führt sie lediglich auf eine Kompensationsverpflichtung des Finanzsektors zurück, die sich aus Geboten der Fairness ergäbe. Es geht also nicht um die Durchsetzung des Primats demokratischer Politik gegenüber dem globalen Finanzmarkt, sondern lediglich um die Generierung finanzieller Mittel.

Im prä-demokratischen Zeitalter der Weltpolitik? Auf dem Weg zur Politisierung des sozioökonomischen Wissens

Auch wenn in diesem Artikel nur vier Reden und Erklärungen von Exekutivpolitikern analysiert wurden – die identifizierte demokratigefährdende Artikulationslogik im Finanzmarkt-Kapitalismus liegt dem gesamteuropäischen öffentlichen Diskurses zugrunde und wird unaufhörlich reproduziert. Dies zeigt sich nicht nur in neueren Äußerungen von Exekutivpolitikern – Angela Merkel deutete etwa die europäische Finanzkrise in einer jüngeren Regierungserklärung vollständig zur „Vertrauenskrise der Politik“ (vgl. Merkel 2011b) um und sprach in einem Radiointerview gar in Zusammenhang mit parlamentarischer Mitbestimmung von einer anzustrebenden „marktkonformen Demokratie“. Auch der Diskurs der Massenmedien in der Finanzkrise ist durch eine eigentümliche Uniformität und Unfähigkeit, Alternativen zu formulieren und zu diskutieren, gekennzeichnet (Fuchs/ Graf 2010). Selbst im Licht einer Finanzkrise, welche die Grundannahmen neoklassischer Modelle der Finanzökonomie dramatisch widerlegte, stellt sich in der Wirtschaftswissenschaft kein Paradigmenwechsel ein – stattdessen halten zentrale epistemische Autoritäten an ihren fehlgeleiteten „Weisheiten“ fest und leiten damit weiterhin die Politik an (Blyth 2012). Es besteht also ein begründeter Verdacht, dass die hier analysierten Reden nur Ausschnitt eines grundsätzlich defizitären öffentlichen Diskurses in der Finanzkrise sind, der auf Grundlage einer neoliberalen episteme nicht mehr dazu in der Lage ist, demokratische Politik abseits von ökonomischen Sachzwängen zu artikulieren und zu praktizieren. Verkürzt könnte man sagen: Der Neoliberalismus hat die von ihm initiierte Finanzkrise auf befremdliche Weise überlebt und dominiert die westliche Gesellschaften weiterhin (Crouch 2011).

In diesem Artikel wurde zunächst versucht auf theoretischer Ebene zu zeigen, welche strukturellen Rahmenbedingungen zu dieser Dominanz des Neoliberalismus in den Artikulationen von Regierungsvertretern führen und warum daraus eine Demokratiekrise erwächst. Da sie sich zunehmend dem auf Bedeutungsproduktion angewiesenen Finanzmarktpublikum zuwenden und von der Annahme einer vermeintlichen Rationalität des Finanzmarkts ausgehen, greifen die Exekutivpolitiker in ihren öffentlichen Stellungnahmen auf neoliberale Politikbegründungen zurück. Durch diese für den Finanzmarkt-Kapitalismus charakteristische Konstellation entsteht eine Demokratiekrise, da der öffentliche Diskurs strukturell nicht mehr in der Lage ist den demokratischen Primat über die Wirtschaft aufrechtzuerhalten und die Sozialintegration zu aktualisieren. Auch wenn die analysierten Reden selbst nur einen mittelbaren Beleg für dieses theoretische Argument bieten, da sie nur politische Begründungsmuster als Beispiele für die grundsätzliche Artikulationslogik heranziehen, liefern sie doch ein alarmierendes Bild – gerade weil diese Politiker zentrale Akteure in der emergenten europäischen Öffentlichkeit sind und sie letztlich die Ausrichtung der Krisenreaktionsmaßnahmen bestimmen. Die Regierungsvertreter begründen allesamt ihre Politik im Rückgriff auf das Vertrauen der Finanzmärkte und befürworten Maßnahmen, die von den Maßgaben einer angeblichen Finanzmarktrationalität verlangt werden, um auf den Märkten positive Zukunftsdeutungen zu stabilisieren. Verschiedentlich werden sogar zentrale demokratische Kategorien verdreht9, um diese Ausrichtung ihrer Politik zu rechtfertigen. Es mag nun manchen nicht überraschen, dass sich die Artikulationen der Politiker – gerade aus dem Umfeld der EU – einer Orientierung am Volkswillen entziehen. Es fällt jedoch auf, dass die analysierten Reden nicht einmal mehr die „freundliche Fiktion der Volkssouveränität“ (Enzensberger 2011: 41) aufrechterhalten, sondern umstandslos die Unterordnung unter eine vermeintliche Finanzmarktrationalität als Rechtfertigung für politische Entscheidungen verstehen. Die Folge ist eine stur monetaristische „Stabilitäts“-Politik, die in der hohen Verschuldung mancher Staaten die einzige Krisenursache erkennen will, und die auf brachiale Haushaltskonsolidierung und Sozialabbau setzt, während sie zugleich den Finanzinstituten Milliarden an Liquidität zur Verfügung stellt. Auch wenn diesen Maßnahmen langsam keynesianische Ideen beigemischt werden – da mittlerweile sogar die Märkte Wachstumsimpulse „fordern“, um einen langfristigen Schuldenabbau sicherzustellen – bleiben unter diesen diskursiven Rahmenbedingungen Reformen ausgeschlossen, die nachhaltig einen demokratischen Primat gegenüber dem Finanzmarkt durchsetzen könnten, wie etwa die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer oder die Regulierung von Steuerparadiesen.

Hier soll und kann keine Besserwisserei über die Krisenpolitik betrieben werden. Es geht nicht darum Haushaltskonsolidierung oder Sparpakete per se als undemokratisch zu diskreditieren. Da aber im vorliegenden Fall politische Entscheidungen von allen Seiten primär durch eine Ansprache des Finanzmarktpublikums begründet und legitimiert werden, muss von strukturellen Defiziten des öffentlichen Diskurses und damit von einem schwerwiegenden Symptom für eine Demokratiekrise gesprochen werden. Dieser Eindruck wird durch die Uniformität der Argumente und die Ablehnung einer Diskussion über Alternativen durch Verweis auf eine mögliche Beunruhigung der Finanzmärkte unterstrichen, die in der Analyse der Reden zu Tage traten. Ein derartig strukturell defizitärer Diskurs verschleiert nicht nur Verteilungsfragen hinter der vermeintlich alternativlosen Verfolgung von Marktimperativen und begünstigt die Kapitalbesitzer sowie insbesondere die großen Finanzmarktakteure (Streeck 2011), sondern er zerstört im selben Moment die soziale Integration der europäischen Gesellschaft.

Auf der Suche nach einem Ausweg aus dieser Demokratiekrise muss nochmals an das zentrale diskurstheoretische Argument dieses Artikels erinnert werden. Es handelt sich hierbei nicht um eine „empirische Frage“, ob sich die Regierungen den funktionalen Zwängen des Finanzmarkts unterordnen oder den Primat der demokratischen Selbstorganisation realisieren, denn hier treffen keine kontradiktorischen, essentialistisch unterscheidbaren Systemrationalitäten aufeinander. Vielmehr sind demokratische Öffentlichkeit und Finanzmarkt diskursiv verschränkt, sind beiderseits auf die Etablierung dominanter Situationsdeutungen angewiesen und werden von denselben hegemonialen Wissensformen geprägt. Der öffentliche Diskurs im Finanzmarkt-Kapitalismus ist strukturell defizitär und undemokratisch. So wird auch klar warum eine größere Partizipation der Regelungsbetroffenen – etwa durch stärkere Einbeziehung der Parlamente und das Abhalten von Referenden – oder eine voranschreitende europäische Integration, welche die wirtschaftlichen Asymmetrien innerhalb des Euro-Raums schonend abbaut, gleich zweifach keine Lösung der Demokratiekrise versprechen: Einerseits sind beide Optionen in der Artikulationslogik des Finanzmarkt-Kapitalismus gar keine „aussprechbaren“ Alternativen, andererseits könnten diese politischen Prozesse bei gleichbleibender Dominanz neoliberal-monetaristischer Wissensformen auch gar keine anderen politischen Ergebnisse als der gegenwärtige Diskurs des „Exekutivförderalismus“ produzieren.

Einen Ausweg aus dieser prekären Situation verspricht zunächst nur eine Verringerung der Abhängigkeit der Staatsfinanzen von den internationalen Kapitalmärkten durch eine Erweiterung der Steuerbasis, da sich nur so die Artikulationen regierender Politiker wieder von den vermeintlichen Imperativen der Finanzmärkte emanzipieren könnten. Das theoretische Argument dieses Artikels verweist aber letztlich auf einen anderen Schritt, der vorgängig nötig ist, bevor eine derartige Verringerung der Abhängigkeit überhaupt infrage kommt: Die Hegemonie des neoliberalen ökonomischen Wissens muss gebrochen werden. Die Finanzmärkte sind entgegen der Annahmen der neoklassischen Ökonomie und auch weiter Teile der deutschen Sozialtheorie kein abgeschlossenes funktionales System, das einer stabilen Rationalität folgt. Vielmehr handelt es sich auch bei den Finanzmärkten um diskursive Räume, die von dominanten Interpretationen geprägt werden. Folglich ist die Rationalität dieser Räume instabil und unberechenbar; es gibt keine „ehernen“ Finanzmarktimperative wie etwa Schuldenabbau oder Privatisierung, welche die nationalen Regierungen sinnvollerweise befolgen könnten, um die Refinanzierung ihrer Staaten zu sichern.

Da die Regierungsvertreter egal welcher politischen Partei in Anbetracht der strukturellen Bedingungen des öffentlichen Diskurses im Finanzmarkt-Kapitalismus zu einer derartigen „intellektuellen Rebellion“ nicht in der Lage sein dürften, kann diese nur jenseits des Nationalstaats von einer Politisierung durch zivilgesellschaftliche Akteure geleistet werden (vgl. Zürn/ Ecker-Ehrhardt 2012). Da die sozioökonomischen Wissensformen, welche die gegenwärtige globale Ordnung konstituieren, noch nicht umfassend zur Disposition gestellt wurden, kann in diesem Kontext gerade nicht von „Post-Demokratie“ gesprochen werden. Angesichts des noch nicht realisierten Politisierungspotentials der Zivilgesellschaft ist stattdessen optimistischer von einem „prä-demokratischen Zeitalter“ der Weltpolitik auszugehen. Für dessen Ende bietet die europäische Finanzkrise eine große Chance – noch nie war die grenzüberschreitende Aufmerksamkeit der nationalen Öffentlichkeiten für einander größer. Indem sie diese Chance nutzen und – im Sinne der in diesem Artikel skizzierten Theorie – das sozioökonomische Wissen politisieren, um die hegemonialen Wissensformen herausfordern, könnten zivilgesellschaftliche Akteure die europäische Demokratie- und Finanzkrise beenden helfen, indem sie uns einen Weg aus dem prädemokratischen Zeitalter der Weltpolitik weisen.

Anmerkungen

1   Dieser Beitrag geht aus dem Seminar „Krise der Demokratie“ bei Wolfgang Merkel und Dag Tanneberg an der Humboldt-Universität zu Berlin hervor. Für kritische Kommentare danke ich zudem Michael Zürn, Peter Dietsch und Christoph Mayer.

2   Mit seiner Unterscheidung zwischen System- und Sozialintegration (bzw. Lebenswelt) sichert Habermas eine Grenzziehung theoretisch ab, die in der modernen Sozialwissenschaft vor allem durch Talcott Parsons manifestiert wurde (vgl. Reichert 2009: 11 - 13). Diese Unterscheidung liegt auch Ansätzen zugrunde, welche die gegenwärtige Gesellschaftsformation westlicher Staaten als „demokratischer Kapitalismus“ begreifen (vgl. Streeck 2011). Im Gegensatz zu Fritz Scharpf und Wolfgang Streeck, die das zentrale Dilemma dieser Staaten in der Notwendigkeit erkennen sich das Vertrauen der Finanzmärkte sichern zu müssen um das Wählervertrauen zu erlangen (z. B. Scharpf 2011: 1), vollzieht das hier vorgetragene Argument eine Akzentverschiebung. Einerseits geht der vorliegende Aufsatz nicht davon aus, dass die Befolgung der vermuteten ökonomischen Rationalität die Voraussetzung für demokratische Selbstorganisation wäre – dies ist ja gerade das zentrale Credo neoliberaler sozioökonomischer Wissensformen. Andererseits werden hier auch nicht kontradiktorische Imperative identifiziert, die die Systeme Markt und Gesellschaft prägen würden. Wenn „systemische Imperative“ des Markts nämlich durch die diskursive Verschränkung zwischen Finanzmarkt und Politik maßgeblich für den öffentlichen Diskurs werden können, kann auch eine spezifische Rationalität gesellschaftlicher Selbstorganisation nicht mehr auf theoretischer Ebene identifiziert werden.

3   Da die größten Firmen der produktionsorientierten Sektoren diese kapitalisierte Verwertungslogik übernommen haben und auch einen Großteil ihrer Gewinne durch Geschäfte auf dem Kapitalmarkt realisieren, macht es auch keinen Sinn mehr zwischen „Realökonomie“ und „Finanzwirtschaft“ zu unterscheiden (Marazzi 2011).

4   Sogar mit Methoden und Modellen, die sehr nah am neoklassischen Mainstream der Wirtschaftswissenschaften orientiert sind, konnten Barry Eichengreen et al. (1996) nachweisen, dass spekulative Attacken auf verschiedene Währungen zeitlich in kurzen Abständen erfolgen. Währungskrisen sind demnach ansteckend und es lässt sich nicht eindeutig aus den makroökonomischen Fundamentaldaten ableiten, welche Länder zu den Spekulationszielen der Finanzmärkte werden.

5   In den vergangenen acht Jahrhunderten wurden Finanzmarktkrisen zumeist von Phasen der Deregulierungspolitiken, welche die internationale Kapitalmobilität erhöhten, initiiert (Reinhart/ Rogoff 2009: 155 -156).

6   „It may sound peculiar to talk about finances and yet say this is a democratic challenge” (S. 3).

7   Diese Passage kann nur am Ende der Version dieser Rede auf der Homepage des Premierministers (http://www.primeminister.gov.gr/english/2011/02/23/university-of-humboldt-in-berlin-prime-ministers-speech/) nachgelesen werden.

8   Gerichtet an die Opposition führt Merkel aus: „Die Weltwirtschaft ist wie ein feingesponnenes Netz. Wer da an irgendeiner Stelle irgendeinen Faden kappt, der kann das ganze Netz zum Einreißen bringen. […] Die Art und Weise, wie Sie über Umschuldung im europäischen Raum sprechen – unkontrolliert und ohne jede Basis dafür –, ist genauso verantwortungslos wie Äußerungen über Euro-Bonds. […] wir können nicht Schlagwörter in die Welt setzen und uns anschließend wundern, dass wir damit die gesamte Finanzwelt verunsichert haben. Das reicht für Oppositionsarbeit, aber nicht zum Regieren.“

9   So verklärt Papandreou finanzielle Stabilität zur Voraussetzung der Volkssouveränität und Sparprogramme zur Sicherung der Demokratie. Merkel fordert, Staaten müssten wie private Akteure lernen, mit Insolvenzproblemen umzugehen. Barroso schließlich begründet die Forderung nach einer weitergehenden politischen Integration Europas mit dem Vertrauen der Finanzmärkte.

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Erschienen in: Berliner Debatte INITIAL 23 (2012) 3, S. 108-124