Agrogentechnik: Trait Business made in Germany

Bayer und BASF bei Pflanzengentechnik bald ganz vorne

Mit der anstehenden Übernahme von Monsanto wird Bayer der führende Konzern im Bereich der Agrogentechnik werden. BASF wird zu Nummer vier aufsteigen. Damit wird der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Zukunft maßgeblich in der Hand zweier deutscher Konzerne sein.

Trait Business - so nennen KartellbeamtInnen und Finanzfachleute das Geschäft mit dem Verkauf von Saatgut gentechnisch veränderter (gv) Pflanzen, ein Geschäft, mit dem sich weltweit 13 Milliarden Euro umsetzen lassen, bei dem es hauptsächlich um die umsatzstarken Kulturarten Raps, Mais, Soja und Baumwolle geht und bei dem die Gewinne maßgeblich mit dem Verkauf ökologisch und gesundheitlich bedenklicher Herbizid-toleranter Sorten erzielt werden. Gegenwärtig floriert dieses Geschäft vor allem in Nord- und Südamerika, in Europa ist es hingegen nur von marginaler Bedeutung. In Zukunft wird seine Ausrichtung wesentlich von Bayer und BASF bestimmt werden, zwei Konzerne, in deren Heimatmarkt Deutschland das Trait Business auf breite Ablehnung stößt und deshalb nicht existent ist.
Der Grund, weshalb sich Kartellbehörden und Finanzfachleute derzeit rund um den Globus mit Saatgut von gv-Pflanzen befassen und Bayer und BASF in Zukunft maßgeblich darüber entscheiden werden können, wo welche gv-Sorten zu welchem Preis auf den Markt kommen, ist Bayers Absicht, den US-Konzern Monsanto zu übernehmen. Noch ist der 49 Milliarden Euro teure Mega-Deal nicht unter Dach und Fach, noch sind Entscheidungen bei Ämtern offen und Auflagen zu erfüllen. Doch die Zeichen stehen auf grün: Rund 20 der 30 Kartellbehörden, die weltweit die Übernahme wettbewerbsrechtlich prüfen, haben Bayer ihre Zusage bereits gegeben; neben den Behörden wichtiger Agrarländer wie China, Brasilien, Südafrika oder Russland gehört dazu auch die EU-Kommission. Sie hat den Deal kürzlich trotz breiten Widerstands aus der Zivilgesellschaft unter Auflagen abgesegnet (siehe dazu auch auf Seite 4). Da laut US-Medien auch das US-Wirtschaftsministerium demnächst sein Ok geben wird, dürfte Bayer nichts mehr im Wege stehen, sich mit Monsanto den bisherigen Branchenprimus im Trait Business einzuverleiben und damit vor DowDuPont und Syngenta der führende Konzern im Bereich der Agrar-Gentechnik zu werden.
Zur Nummer vier des Trait Business aufsteigen wird wiederum BASF. Der Konzern gilt als Profiteur des Mega-Deals, weil er diejenigen Geschäftsbereiche von Bayer kaufen kann, die mit denen Monsantos überlappen und als Auflage der Behörden vor Abschluss der Übernahme veräußert werden müssen. BASF wird von Bayer nicht nur die Geschäfte mit Raps-, Soja-, Weizen- und Baumwollsaatgut und das unter der Marke Nunhems laufende Gemüsesamen-Geschäft kaufen können, sondern auch den Liberty Link-Trait samt dem dazu gehörenden Herbizidgeschäft (siehe unten) sowie die Forschungs- und Entwicklungssparte im Bereich gv-Pflanzen. Auch wenn BASF bereits Forschung zu gv-Pflanzen betreibt und dabei mit Bayer und vor allem mit Monsanto zusammenarbeitet, waren seine bisherigen Erfolge trotz milliardenschwerer Investitionen bisher zu bescheiden, um einer der wichtigen Player im Trait Business zu sein. Mit dem Erwerb des Liberty Link-Trait ändert sich dies. BASF wird zudem auch zum bedeutenden Agrogentechnik-Konzern, weil er nun erstmals über ein eigenes operatives Saatgutgeschäft verfügen wird, das er für seine Forschung mit gv-Pflanzen nutzen kann.

Portfolios der umstrittenen Produkte

Bayer und BASF - nach dem Mega-Deal werden sie zusammen über rund die Hälfte der weltweit bestehenden Anbauzulassungen für gv-Pflanzen verfügen und damit vor allem für den heftig umstrittenen Anbau der gv-Sorten verantwortlich sein, die tolerant gegenüber Herbiziden sind und den Konzernen das lukrative Geschäft ermöglichen, Saatgut und Pflanzengift im Doppelpack zu verkaufen. Heftig umstritten ist der Anbau dieser gv-Sorten, weil er die Felder in Agrarwüsten verwandelt, zu einem weit verbreiteten Einsatz alter, gesundheitlich bedenklicher Herbizide führt und einen Teufelskreis am Laufen hält, in der Unkräuter sich beständig an die eingesetzten Herbizide anpassen und es damit fortwährend notwendig machen, die Dosis der Pflanzengifte zu erhöhen oder Mischungen verschiedener Herbizide zu spritzen.
Die entsprechenden Portfolios der beiden Konzerne: Bayer wird über den Roundup Ready-Trait verfügen, der gv-Pflanzen tolerant gegenüber Glyphosat macht - ein Pflanzengift, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein, und für das kürzlich mehr als eine Million EU-BürgerInnen in einer EU-Bürgerinitiative ein Verbot forderten.(1) Bayer hat zudem - unter Mitwirkung von Syngenta – Traits entwickelt, die gv-Pflanzen tolerant gegenüber Isoxaflutol oder Mesotrion machen und das Problem Glyphosat-resistenter Unkräuter beheben sollen. Letzteres gilt auch für das Dicamba-System, das zukünftig in den Portfolios von Bayer und BASF stehen wird: Der Trait stammt aus den Laboren Monsantos und BASF entwickelte die Formulierung des zugehörigen Pflanzengifts. Das in den USA von beiden Konzernen für gv-Soja vermarktete Dicamba steht gegenwärtig massiv in der Kritik, weil es wegen seiner leichten Flüchtigkeit Abdrift-Schäden auf Nachbarfeldern mit Pflanzen ohne Dicamba-Trait verursacht. 2017 zählte die Universität Missouri USA-weit 2.708 Schadensfälle. Auf rund 1,4 Millionen Hektar Soja sollen dabei Ernteverluste festgestellt worden sein.
Ein weiterer umstrittener Trait ist der Liberty Link-Trait. Er wechselt von Bayer zu BASF und steht in der Kritik, weil er gv-Pflanzen tolerant gegenüber Glufosinat-haltigen Herbiziden macht und damit den Einsatz eines Pflanzengifts fördert, das als reproduktionstoxisch gilt. In Deutschland ist das Gift denn auch seit 2017 verboten. In der EU, wo der Einsatz von Glufosinat 2013 massiv eingeschränkt worden ist, läuft die Wirkstoffzulassung Ende Juli 2018 aus. Bayer hat kürzlich den Antrag auf eine Verlängerung der Zulassung zurückgezogen; die Aussicht auf Erfolg war wegen der fortpflanzungsschädigenden Eigenschaft zu gering. Da der EU-Markt nur rund zehn Prozent des weltweiten Umsatzes mit Glufosinat ausmacht, wird der Wegfall des hiesigen Geschäfts für BASF zu verkraften sein. Vor allem auch deshalb, weil in den Hauptmärkten Nord- und Südamerika der Umsatz steigt, da dort wegen der Zunahme Glyphosat-resistenter Unkräuter zunehmend gv-Pflanzen angebaut werden, die tolerant gegenüber Glufosinat sind. Ebenfalls aushalten dürfte BASF die Haltung des EU-Parlaments, das sich wiederholt mehrheitlich gegen die Einfuhr Glufosinat-toleranter gv-Pflanzen in die EU ausgesprochen hat, weil es die Doppelstandards bei der Vermarktung des gefährlichen Glufosinats als unethisch einstuft.

Genome Editing made in Germany

Aus den Pipelines der Konzerne dürften in Zukunft weitere bedenkliche gv-Pflanzen auf den Markt kommen. Bayer zum Beispiel wird an der Entwicklung eines gv-Mais arbeiten, der gegen fünf verschiedene Herbizide gleichzeitig tolerant ist. Überdies erhält der Konzern durch den Kauf Monsantos auch Anteile an der argentinische Firma Bioceres, deren erklärtes Ziel es ist, weltweit als erstes Unternehmen gv-Weizen auf den Markt zu bringen. Bayer wie BASF arbeiten zudem zunehmend mit den umstrittenen Verfahren des Genome Editing.(2) BASF hat hier mit dem gegenüber Imazamox-Herbiziden toleranten CLB-1-Raps bereits ein marktreifes Produkt. Bayer wiederum wird durch die Übernahme Monsantos ein breites Arsenal an Genome Editing-Verfahren erhalten. Die Nutzungslizenzen, die der US-Konzern in den letzten Jahren erworben hat, umfassen die beiden CRISPR-Enzyme Cas9 und Cpf1 vom Broad Institute, die CRISPR-Technologie des südkoreanischen Konzerns Toolgen, das „T.GEE“-System des israelischen Startup Targetgene sowie die Editing-Technik der deutschen Firma Nomad Biosciences. Zudem arbeitet die US-Firma Pairwise mit dem neuen Base Editing-Verfahren bei Raps, Mais, Soja, Weizen und Baumwolle exklusiv für Monsanto.
Bayer und BASF - die beiden Konzerne werden an der bisherigen Ausrichtung der Agrogentechnik an einer ökologisch bedenkliche, industrielle Landwirtschaft nichts ändern, denn eine naturnahe und umweltfreundliche Landwirtschaft ist ihnen ebenso fremd wie die Idee, auf den Einsatz von Produkten zu verzichten, die den Umwelt- und Gesundheitsstandards ihrer Heimatmärkte nicht entsprechen.

 

Fußnoten:

(1) Siehe dazu auch den Artikel von Martha Mertens im GID 244 Seite 37.

(2) Siehe dazu die Artikel im Schwerpunkt des GID 243.

 

www.gen-ethisches-netzwerk.de/publikationen/gid/245