EXPO 2000: Lasst euch nicht verkaufen!

Aufruf des BUKO

in (12.04.2001)

Auf einer Weltausstellung wird die Welt ausgestellt. Eine Art Verkaufsausstellung der Erde 2000. Habt ihr mal drüber nachgedacht, wer die eigentlich kaufen soll?

Na klar: Ausserirdische Investoren. Wer sonst kann sich einen ganzen Planeten leisten. Aber wie werden wir TerranerInnen da eigentlich präsentiert? Wecken wir da nicht ganz falsche Erwartungen?

(1) Eine ganz neue alte Welt erwartet uns!

Das Harmloseste wäre noch, dass uns ein paar romantische ausserirdische Weltverbesserer ersteigern in dem irrigen Glauben, wir hätten endlich einen Kapitalismus ohne Schattenseiten erfunden. Die Kosten des herrschenden terranischen Weltsystems kommen auf der EXPO nämlich nicht vor. Probleme sind dort immer gleich "Chancen" und "Herausforderungen", noch leidenschaftlicher so weiterzumachen wie bisher. Bei näherer Betrachtung werden wir vermutlich umgehend zurückgebracht.

(2) Wollen wir aussehen wie Twipsy?

Unangenehmer wird es, wenn uns eine Spezies begeisterter Body-Former kauft - Leute, die zum Zeitvertreib neue Welten kaufen, um den dort lebenden Wesen drollige Hörner, Zusatzohren oder Watschelfüsse wachsen zu lassen. Laut EXPO warten wir nur darauf, uns gentechnologisch verbessern zu lassen. Besser heisst, besser angepasst an die Erfordernisse des herrschenden Systems. Ein Klick, und das Zuspätkomm-Gen ist für immer ausgeschaltet ...

(3) Sind wir wirklich so blöd, wie es scheint?

Mit Sicherheit zieht die EXPO das Interesse sämtlicher Trickbetrüger und Staubsaugervertreter aus fremden Galaxien auf uns. Uns kann man anscheinend ja jeden Bären aufbinden: dass Atomkraft sicher ist, dass das Internet die Demokratie bringt, dass die Unzufriedenheiten und Schikanen unseres Lebens sich am besten durch ein neues Modul von Siemens heilen lassen. Technologischer Machbarkeitswahn statt soziale und politische Phantasie eben.

(4) Werden wir alle reich sein?

Na, zumindest reich an Erfahrung ... die EXPO preist die Umverteilung von unten nach oben, denn vor allem sollen die "grossen Projekte" vorangetrieben werden, und High-Tech kostet Geld. Deshalb gilt ja auch Bevölkerungspolitik als so wichtig, denn anstelle von hunderttausend Äthiopiern kann man schon einen Eurofighter ernähren. All das macht uns attraktiv für bestimmte Alien-Arten, die von Leuten, die Entscheidungen über sich treffen und ihre Umwelt gestalten, Kopfweh kriegen. Denn wenn wir alles an die "grossen Projekte" abgeben, gibt's für uns auch nichts mehr zu entscheiden ...

(5) Wird unser Computer Lippenstift tragen?

Wahrscheinlich. Und er wird "Massa" oder "Bwana" zu uns sagen. Die Zukunft á la EXPO ist noch ein bisschen älter, noch ein bisschen konservativer, noch ein bisschen naiver als die Gegenwart. Es ist eine Welt, wo smarte weisse Männer unbehindert planen und forschen, und wo die Konzerne des Nordens weltweit den Widerstand gegen ihren segensreichen Einfluss brechen. Dankenswerte Einzelausstellungen wie die von Amnesty können nichts an der bescheuerten Gesamtbotschaft ändern, allen Unterdrückten dieser Welt hätte es bisher vor allem an technologischer Anpassung und kapitalistischer Aufklärung gefehlt. Und so wird die EXPO alle möglichen galaktischen Böcke anziehen, die sich für die Zukunft als Gärtner aufspielen wollen.

(6) Gibt es etwas Spannenderes als die Zukunft ...

... wie die EXPO sie vorstellt? Mit Sicherheit. Eine Zukunft ohne weltweite Ausbeutung, Patriarchat und Rassismus, wo Menschen etwas zu sagen haben und nicht Konzerne, und wo wir nicht ständig die Schulbank von Staat, Nation und Kapitalismus zu drücken haben, könnte ganz interessant sein. Natürlich sind alle Ideen, Projekte und Ansätze, die sich damit beschäftigen, weitestgehend aus der EXPO ausgeschlossen. Die Sponsoren bezahlen für eine gehorsame Welt. Ausserirdische Zivilisationen mit einem innovativen sozialen Potenzial werden wir auf diesem Weg daher nicht kennenlernen; sie werden gähnend vorbeiziehen.

(7) ... und alles made in Germany

Ganz nebenbei will sich Deutschland mit der EXPO 2000 in der Reihe der Gebrauchtweltenhändler wieder ganz vorne profilieren. Eigentlich zeigt ja die deutsche Geschichte, dass planerische Effizienz, "unverkrampfte" Haltung zur Technik und der Wille zur Herausforderung keine schöne neue Welt verbürgt, sondern sich genausogut zur industriellen Massenvernichtung einsetzen lassen. Mit solchen Nachdenklichkeiten sollen die ausserirdischen Zielgruppen aber möglichst nicht belastet werden. Die Entsorgung der NS-Vergangenheit soll mit der EXPO weiter vorangetrieben werden. Strotzend vor Normalität, buchhalterischer Solidität und neuem weltpolitischen Sendungsbewusstsein möchte Deutschland die EXPO durchziehen - damit die Zukunft auch morgen wieder made in Germany ist.

Alles in allem präsentiert die EXPO uns TerranerInnen als Spezies von geringen geistigen Fähigkeiten und sozialen Kenntnissen, die sich willig allen "grossen Projekten" unterwirft und die sich die Zukunft nur als eine grössenwahnsinnige Kopie einer schlechten Gegenwart vorstellen kann. Von Herrschaftsverhältnissen haben wir offenbar noch nie was gehört. Und so werden wir denn auch die Käufer kriegen, die wir verdient haben ...

Wer Einwände dagegen hat, sich an diese Art von Zukunft verkaufen zu lassen, sollte daher etwas gegen Weltausstellungen und EXPOs unternehmen. Am empfindlichsten lässt sich am Geld und an der Stimmung ansetzen. Ohne die eingeplanten 300.000 BesucherInnen täglich, wird die EXPO ein finanzielles Debakel. Und mit vielen Gegenaktionen, die unterstreichen, wie die Welt wirklich aussieht und wem das nützt, können wir der fröhlichen Verkaufsbotschaft ebenfalls einen Strich durch die Rechnung machen.

Geht nicht hin.

Macht was Schönes.

Beteiligt euch an den Gegenaktionen zur EXPO.

BUKO, Nernstweg 32-34, 22765 Hamburg, 040/393156

Redaktion alaska, Bernhardstr. 12, 28203 Bremen, 0421/72034