Die Rechte der Palästinenser stehen nicht zur Disposition

Die Interventionen der israelischen Armee in den palästinensischen Autonomiegebieten haben weder die Selbstmordattentate gestoppt, noch den Widerstandsgeist der Palästinenser gebrochen und ...

... auch nicht den Nachschub von Sprengstoff und Waffen unterbunden. Das eigentliche Ziel der Aktionen war ein anderes: die Zerschlagung der palästinensischen Selbstverwaltung.
Als vorläufigen Abschluss seiner Operationen hat das israelische Militär eine neue Territorialordnung mit acht separaten Enklaven geschaffen. Die im so genannten Friedensprozess erreichte volle Autonomie in den A-Zonen ist faktisch abgeschafft. Auch der Gaza-Streifen wurde militärisch und verkehrstechnisch in zwei Teile aufgespalten. Zwar ist durch die terroristischen Anschläge, die Militärinterventionen und die internationale Rezession auch die Wirtschaft Israels Ökonomie schwer getroffen, aber die zaghaften Ansätze einer eigenständigen Ökonomie der Palästinenser und der Entwicklung einer Kooperation in der gesamten Region sind vollständig zusammengebrochen. Die israelische Armee hat die Kontrolle übernommen, den Palästinensern bleibt die nicht viel mehr als Bettelei bei internationalen Hilfsorganisationen. Aber auch die Rechte der internationalen Organisationen sind weitgehend außer Kraft gesetzt und werden nur von Fall zu Fall von den israelischen Behörden geduldet.

Aufgrund dieser Situation wird die Lage der Palästinenser heute als schlechter eingeschätzt als unter der direkten Militärbesatzung, die bis 1994 andauerte. Das berichten auch internationale Beobachter. Durch die Aufteilung der A-Zonen in zersplitterte Großghettos kommt es zu einer massiven Verschlechterung der Lebensbedingungen, mit der Folge, dass Teile der palästinensischen Bevölkerung freiwillig auswandern. Dazu passt, dass unter der Regierung Sharon die Besiedlung des palästinensischen Gebietes fortgeführt wird. In der Rechtsregierung sind Strömungen vertreten, die die Aussiedlung der Palästinenser offen proklamieren. Bekanntlich hat die Likud-Partei - allerdings gegen das Votum Sharons - sich mit deutlicher Mehrheit gegen einen palästinensischen Staat ausgesprochen.

Der Likud argumentiert: Wir haben Arafat alles geboten, er hat es ausgeschlagen und seither ist Krieg. Fakt ist allerdings: Israel hat lediglich eine Autonomie über 78% des palästinensischen Gebiets zugestanden, wollte die besiedelten strategischen Zonen nicht räumen und beansprucht für die 22% Restterritorium eine dauerhafte Hegemonie. Folgerichtig erklärt der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa: "Das Problem im Nahen Osten ist nicht der Terroismus, das Problem ist die Besetzung der palästinensischen Gebiete durch eine fremde Macht." Sagen wir es anders: Israel muss glaubhaft machen, dass es nicht nur einem palästinensischen Staat zustimmt, sondern dass auch die Siedlungen auf besetztem und palästinensischen Territorium geräumt werden. Die in diversen UNO-Resolutionen festgeschriebenen Rechte des palästinensischen Volkes sind nicht verhandelbar; insofern dürfte gegenüber der arabischen Seite auch eine Einschränkung der Rechte der vertriebenen Palästinenser auf Rückkehr oder Entschädigung nicht zur Disposition stehen. Allerdings haben wichtige Repräsentanten der Palästinenser erkennen lassen, dass man über die Ausgestaltung dieser Punkte verhandeln könne.

Israel baut mit der Politik der militärischen Interventionen immer größere Hürden für einen Friedensprozess auf. Die jüngsten Umfragen zeigen, dass trotz schwerster Repressionen in den besetzten Städten immer noch mehr als die Hälfte der palästinensischen Bevölkerung eine Unterstützung der Märtyrer-Operationen signalisiert. Allerdings sprechen sich in derselben Umfrage zwei Drittel für eine friedliche Regelung und Koexistenz mit Israel aus. Es gibt also einen Weg jenseits von Terror und militärischer Gewalt.